Jetzt weiß ich endlich auch, warum Clausustus so sauer war...
Ich war übrigens gar nicht sauer.
Das Obige war lediglich der Hinweis darauf, dass deine Präferenzen (nicht nur in diesen drei Punkten) meinen (sehr häufig) diamentral gegenüberstehen. Das einzige, was ich damit vielleicht auch zeigen/andeuten wollte:
Die Ablehnung von bestimmten Design-Elementen muss spätestens seit den 2010ern genauer begründet werden. DCC RPG hat z.B. das Zufallselement rehabilitiert. Seit TSoY/Solar System wissen wir, dass horizontale Steigerung (also Charakterverbesserung) absolut kein zwingendes Element in Rollenspielen sein muss. Weitere Entwicklungen, die das Hobby nachhaltig verändert haben: Savage Worlds, Fate, OSR, ApocWorld, BRP-Renaissance.
Print on Demand, PDF-Shops wie DrivethruRPG, Crowdfunding (Kickstarter, StartNext, Prometheus-Crowdfunding) wären weitere Faktoren.
Heute muss niemand mehr irgendwas "trotz der Regeln" spielen. Es gibt zu fast jedem Thema und Genre Möglichkeiten ein Regelwerk zu benutzen, das die eigenen Präferenzen (bzw. die der Spielrunde) unterstützt.
All diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass es keine Moden mehr gibt, deren Anhänger bestimmen könnten, was "gutes Rollenspiel" sei oder welche Regelelemente "per se" von gestern sind. Das einzige was zweifelsfrei "von gestern" ist, ist der Versuch Deutungshoheit zu proklamieren. Was man heute umso mehr kritisieren kann, ist die Implementierung von Spielregeln in das Gesamtsystem und wie das der Zielerreichung (die i.d.R. mit spezifischer Spielstilunterstützung einhergeht) dient.
Und um den Kreis zu schließen:
Die meisten hier vorgeschlagenen Spiele. Insbesondere
DSA 3, Aborea, DungeonSlayers, FantasyAge, Barbarians of Lemuria sind gute Tipps für Neulinge. Die
Einsteigerboxen von Splittermond oder Pathfinder haben so viel Material, dass auch die eine Überlegung Wert sein können. DSA 5 oder Midgard 5 ... halte ich auch nicht für völlig abwegig. Man sollte sich allerdings sicher sein, dass man mehr will als Reinschnuppern und dann entscheiden, ob man dabei bleiben will. Savage Worlds bewegt sich irgendwo dazwischen. Man kommt einigermaßen schnell rein, bis man aber wirklich verstanden hat, wie das Spiel tickt, dauert es eine Weile. Bei Fate (auch bei Turbo Fate) würde ich die Sache ähnlich einschätzen.
Wenn elektronische Ausgaben reichen (weil man mit Tablets statt physischen Büchern/Heften spielen kann oder will), dann sind
Beyond the Wall oder auch (das
derzeit kostenlose)
Warhammer Fantasy Rollenspiel 2te eine gute Option.
Was man allerdings wissen muss: Obwohl alle genannten Spiele grundsätzlich tauglich sind und relativ flexibel was die Passung für verschiedene Spielstile angeht,
werden sie
bestimmte Spielpräferenzen nicht bedienen können.
13th Age würde ich raus nehmen, da das Spiel davon ausgeht, dass man a) weiß wie Rollenspiele grundsätzlich funktionieren und b) dass man D&D-Grundkenntnisse mitbringt.
Deswegen würde ich da gern noch mal nachhaken:
Jetzt hat sich eine Gruppe zusammengefunden (...alles alte Hasen, wobei die Betonung "nur" auf
alt liegt , da Anfang 40zig), die ein Pen & Paper starten möchte. Für fast alle Mitspieler ist das jetzt Neuland
und ich darf die Funktion des Spielleiters übernehmen. Soweit die Ausgangslage.
Jetzt hab ich überlegt, mit welchem System ich in der Gruppe starten soll, dabei steht "hack'n'slay" eher
letzter Stelle und es geht mehr um das gemeinsame erleben von Abenteuern und das lösen von Rätseln.
Wie seht Ihr das? Was würdet Ihr mir als Einstieg empfehlen und was benötige ich für die ersten 3-4 Abende?
a) Wie viel Zeit seid ihr bereit in die Spielvorbereitungen zu stecken?Davon hängt wie einarbeitungsintensiv ein Spiel sein darf. Viele Spieler.innen möchten gern eine Spielfigur nach ihren Wünschen und Vorstellungen "durchdesignen". Das kann man machen, aber es braucht Zeit. Am schnellsten ins Spiel einsteigen kann man, wenn es vorgefertigte Spieler.innen-Charaktere gibt. Allerdings sind die Hintergründe, die Spielwerte und die Persönlichkeit der Figur dann schon relativ festgeschrieben. Das muss kein Nachteil sein. Manche Leute mögen sowas aber nicht. Zufällige Charaktererschaffung geht von Zufallsereignissen aus, welche die Grundlage für eine Spielfigur liefern. Aus Würfelergebnissen und eigenen Ideen entwickelt sich ein Charakter. Mit Eigenheiten, Persönlichkeit, Spielwerten und Hintergrund. Das geht relativ fix. Verlangt aber von den Spieler.inne.n, dass sie nicht mit einer Vorstellung, was sie denn für einen Charakter spielen wollen an die Charaktererschaffung herangehen.
Was die Regeln angeht: Hier ist die Frage, wie kleinteilig bzw. grobkörning Dinge geregelt sein sollen. Kleinteiligkeit ermöglicht, dass Regeln Spielinhalte und/oder Prozesse genau darstellen und abbilden können. Häufig werden so Settingeigenheiten sichtbar gemacht. Allerdings können solche Regeln auch limitierend wirken.
Grobkörnigkeit dagegen geht oft mit einem höheren Abstraktionsniveau einher oder lässt die Regeln unspezifisch wirken. Das kann dazu führen, das Spieler.innen die Regeln als farblos oder aus "gleichmacherisch" wahrnehmen oder, dass sie sich von dem notwendigen Mehr-Input an freier Kreativität überfordert fühlen.
Für die Spielleitung sind grobkörnigere Regeln meist einfacher zu handhaben.
Dann gibt es noch die Frage:
b) Wie lange habt ihr denn Zeit für einen Spielabend? Und:
c) Was ist euch wichtig?Soll das Eintauchen in eine Spielwelt, die auch ohne die SC lebt im Vordergrund stehen? Geht es um Entdeckung und Exploration? Enwickelt die Runde gemeinsam eine Geschichte? Wird eine solche von der Spielleitung präsentiert, durch welche die Spieler.innen sich "durchspielen"? Soll die Geschichte erst durch den Spielprozess selbst entstehen und ist vom Verlauf her überhaupt nicht festgelegt?
Manche dieser Dinge schließen sich aus. Auch bei den Sachen, die sich nicht ausschließen, kann ein Spiel nicht alles gleichermaßen umsetzen. Es gibt immer eine Gewichtung. Die Frage ist, was für eine euch bzw. dir taugt.Bei den
d) Rätseln stellt sich die Frage, ob das die Spieler.innen durch eigenen Hirnschmalz lösen sollen, mit Hilfe von Spielmechanismen (wie Würfelwürfe) oder eine Mischung aus beiden. Und dann: Welcher Art sollen die Rätsel sein? Baulicher Art, ggf. auch Fallen? Eher sozialer Art? Klassische Rätsel (wie man sie in Rätselheften oder Büchern zu logischen Rätseln findet)? Oder geht es um das Zusammenpuzzeln von Informationsbruchstücken, wie das klassischerweise bei Ermittlungsabenteuern der Fall ist?
Wenn du nicht weißt, was die Spieler.innen wollen (könnten), dann musst du als SL entscheiden. Einerseits nach dem, was dir Spaß macht und andererseits nach dem, wovon du erwartest, dass die Mitspielenden Spaß haben könnten.
Die Antworten müssen nicht lang sein. Sie sollten uns nur eine (bessere) Vorstellung davon vermitteln, was dir bzw. euch beim Rollenspiel wichtig ist. Anders gefragt: Wie stellst du dir vor, dass die Runde laufen könnte? Was sind Elemente die gut ankommen werden? Was könnte schwierig sein?