Ich muss vorausschicken, dass ich Pathfinder als System überhaupt nicht schätze - für mich hat Paizo so gut wie alle Dinge, die mich an 3.5 gestört haben (LFQW, enorme Nützlichkeitsschwankungen bei Feats [Run vs. Quicken Spell] und Skills [Profession vs. Perception], aufgeblähte NPC-Stats, bei denen man dann in 3 pdfs nachschlagen muss ...), behalten und behauptet, die Probleme von 3.5 wären gefixt. Und selbst bei meinem allerersten RPG-Spiel (3.5 Age of Worms) hat mich das Vancian Casting System schon gestört - und ich hab einen Druiden gespielt, der davon profitierte! Ich habe es einfach nie intuitiv gefunden, dass jemand, der in 8 Zauberleveln nie einen Conjuration-Spruch genommen hat, ganz plötzlich Gate beherrscht - kommt mir so vor, als würde jemand, der sich nie für Physik interessiert hat, plötzlich über String-Theorie mit Physikern diskutieren. DSP hat mit Ultimate Psionics vages Interesse in mir geweckt, vielleicht doch mal einen Paizo-Abenteuerpfad für meine Gruppe zu leiten ... aber Spheres of Power hat diese Tür aufgestoßen. Ich konvertiere es und Spheres of Might zwar gerade zu Fantasy Craft (und habe keine Ahnung, wie das mit Paizo-APs funktionieren wird), weil ich nichts mit den PF-Regeln auf Spielerebene zu tun haben will, aber ja - es hat mich genug beeindruckt, um mir all die Konvertierungsarbeit anzutun. Also schaun wir:
Layout
Das Layout ist in Ordnung, nicht mehr. Persönlich kann ich wenig mit den Zeichnungen im Buch anfangen - sie wirken häufig recht grob. Aber es ist ein 3PP, also was soll's. Wichtig ist mir, dass die Kapitel einfach strukturiert aufgebaut sind. Zunächst ein kurzes Kapitel über die Eigenheiten des System (Caster Level als Zauberer-BAB [je höher, desto mehr Schaden/höher die DCs], Magic Talents anstelle von frei wählbaren Spells). Was ich daran nicht so schätze, ist der Casting Ability Modifier, das magische Hauptattribut, das wieder für alles Wichtige von DCs über Angriffsspruch-Modifikator bis zur Höhe der Spell Points zuständig ist - SAD-Mages again. In meinem Homebrew hab ich festgelegt, dass Spell Points von einem - für jede Klasse aus zwei wählbaren - anderen Attribut abhängen. Gespalten bin ich auch wegen Magic Skill Bonus (MSB) und Magic Skill Defense (MSD), die wie CMB und CMD funktionieren und bei Zauberer-Duellen oder gegen Spell Resistance eingesetzt werden und vom Caster Level abhängen - hört sich für mich nach noch mehr Buchhaltung an.
Danach kommt das Basic-Magic-Kapitel, das immer gleich aufgebaut ist: Jede Sphere beginnt mit einer Kurzbeschreibung, was sie tut (z.B. Alteration legt dar, wie viele Spellpoints es kostet, sich selbst bzw. Gegner zu verwandeln und wie viele Traits man der neuen Form geben kann), dann folgen die einzelnen Talente (z.B. Additional Limbs, das den Alteration-Formen Extra-Traits wie ein Extra-Paar Arme, ein Schwanz mit Tail Slap- oder Stinger-Attacke, ein Extra-Paar Füße für Stabilität oder einen Extra-Kopf geben kann oder Energy Wall, das es erlaubt, den Destructive Blast der Destruction Sphere zu einer Energiewand zu formen). Die Spheres sind ein Baukasten-System - je mehr Talente man in einer Sphere erwirbt, desto vielseitiger, nicht unbedingt mächtiger, wird man in dieser Sphere. Dazu später mehr.
Dann kommen die Sphere-Klassen. Da gibt es den Armorist (kann wie Erza Scarlett aus Fairy Tail temporär magische Waffen herbeirufen) und den Mageknight (Kampftricks wie High Jump, Enhances Physicality, Resist Magic, Imbued Weapons ... erinnert mich ein bisschen an Jedi) als Low Caster (hoher BAB, niedriges Caster Level/wenige Magic Talents); den Elementalist (Boni auf Elementarschaden/-resistenz), den Eliciter (Boni auf Sozialfähigkeiten/Gedankenkontrolle, kann Zustände wie Rage, Fear, Charm oder Moralboni durch Touch hervorrufen), die Hedgewitch (Traditions-Baukasten, Academic gibt Boni auf Crafting, Charlatanism Rogue-Fähigkeiten wie Trapfinding und Evasion, Green Magic einen Animal Companion), den Shifter (Shapeshift-Fähigkeiten auch ohne Alteration Talents) und den Symbiat (psionischer Buffer) als Mid Caster (Medium BAB, mittleres Caster Level/durchschnittliche Magic Talents); den Fey Adept (Illusionsspezialist, kann sie durch Schattenmagie beinahe real werden lassen), den Incanter (Baukasten - viele Bonus-Talente, die man für Cleric Channelling, Sorcerer Bloodlines oder Sphere-Spezialisierungen für Boni in einer Sphere aufgeben kann) und den Soul Weaver (Channel Energy, Summon Spirits, Flüche, Heilen ... Mix aus Heiler und Necromancer) als High Caster (niedriger BAB, hohes Caster Level/viele Magic Talents) und den Thaumaturge als Sonderfall mit Medium BAB, hohem Caster Level (Power), aber wenigen Magic Talents (nicht vielseitig) - erinnert in der Hinsicht an den Wilder von Ultimate Psionics.
Und dann gibt es noch Sphere-Archetypen für die PF-Klassen (wie man einzelne Class Features ersetzen könnte, wie viele Magic Talents und Spell Points sie im Austausch für Spellcasting bekommen und welche Casting Traditions Sinn machen würden, z.B. Somatic Casting oder Divine Petitioner) und den Bokor, eine Prestigeklasse, die PF-Magie mit Sphere-Magie vermischen soll. Recht nette Auswahl insgesamt mit zwei magischen Kämpfern, mehreren spezialisierten Magiern und den zwei Baukästen Hedgewitch und Incanter (neben den Sphere-Archetypen) - aber da Letzterer massiv mehr Magic Talents bekommt als die anderen Klassen, führt kein Weg an ihm vorbei, wenn man einen Meister möglichst vieler Spheres spielen will. Bei allen anderen Klassen muss man sich die Magic Talents eher einteilen und wohl auf eine bis drei Spheres spezialisieren, wenn man im Endgame effektiv sein will.
Das nächste Kapitel ist Advanced Magic - ab hier beginnen die Regeln für den Spielleiter. Hier kommen zunächst die Talente rein, die Gamebreaker sein könnten (etwa Permanent Undead in Death, Geas in Fate oder Planeshift/Teleport in Warp). Die KANN der DM erlauben, aber er wenn er seine Magier lieber auf Tier 3 hat, kann er sie auch verbieten. Dann gibt es Rituale für PF-Sprüche, die nicht in den Sphären vorhanden sind, z.B. Heroes's Feast oder Floating Disk, die ein bisschen Gold und Zeit kosten. Spellcrafting ist die Möglichkeit, aus mehreren Magic Talents (auch aus verschiedenen Sphären) vielseitigere/mächtigere Talente zu basteln, die aber mehr Spell Points kosten. Und Incantations schließlich sind für weltverändernde Zauber gedacht, die mehrere Skill Checks, stundenlange Casting Time, teure Material Components und häufig auch Backlashes wie Schaden für den Zauberer haben, wenn ein Skill Check schiefgeht ... mit denen man aber auch dauerhafte Portale zu anderen Welten, extreme Wetterereignisse oder das Binden mächtiger Kreaturen hinkriegen kann. Die Entscheidung, diese Systeme optional zu machen, finde ich richtig - sie können das Spiel bereichern, aber auch komplizierter und unausgewogener machen.
Schließlich folgen die Player Options mit Feats, Drawbacks (Selbstbeschränkungen wie z.B. Alteration nur auf sich selbst möglich, nicht auf andere, dafür mehr Spell Points) und Casting Traditions (mischt Nachteile wie Verbal/Somatic Casting oder Wild Magic für Zufallstabellen mit Vorteilen wie Easy Magic für leichte Konzentrationschecks - auf diese Weise könnte man "arkane" und "göttliche" Magie, für die es hier in SoP keine Trennung gibt, künstliche Trennungen leicht einführen, indem etwa arkane Magie Somatic Casting benötigt), Customizations (grob umrissene Sphere-Welten, wenige vorgebaute NPCs und Sphere-Organisationen) und das Magic-Items-Kapitel. Da das die eh schon komplizierten Crafting-Regeln aus Pathfinder noch um Sphere-Komponenten anreichert, ist es für mich der unintuitivste Teil dieses Buches und ich bin froh, dass ich es in meinem Homebrew dank der Fantasy-Craft-Craftingregeln nicht brauche. Kann man ohne Probleme weglassen.
Die Spheres
Generell kann man sagen, die Spheres machen Magie thematischer, aber reduzierter - man kann nicht wie in Pathfinder einfach die besten Sprüche, egal welcher Schule, aus allen Splatbooks zusammensuchen und gut is. Wer ein Talent in Alteration investiert, kann erst mal shapeshiften, keine Feuerbälle werfen oder Illusionen erzeugen. Ich persönlich finde, dass Magier so mehr Persönlichkeit bekommen, weil ihre Magie einzigartiger wird und weniger "kitchen sink", aber es beschneidet die ungeheure Vielfalt eines Pathfinder-Wizards unbestreitbar. Ein Vorteil, den Spherecasters gerade auf den Anfangsleveln haben, ist, dass Spell Points benötigt werden, um ohne Concentration Checks wirken zu können oder um Schaden zu verstärken - aber generell ist die meiste Magie auch ohne Spell Points unbegrenzt oft am Tag wirkbar, das das 5-Minuten-Tag-Problem signifikant entschärft. Es benötigt ein einzelnes Talent in Destruction, um den ganzen Tag über eine ranged bludgeoning attack mit 1d6/2 Caster Levels Schaden zaubern zu können und ebenso ein einzelnes Talent, um den ganzen Tag THP verteilen zu können. Alle Spheres bekommen gerade von Drop Dead Studios Splatbooks für noch mehr Archetypes, Feats und vor allem Talente - die braucht man sicher nicht unbedingt, aber lächerlich-lustige Dinge wie Ooze Transformation, Gravity Shift oder Hemoglobin (Gegnern Magneto-like das Eisen aus dem Blut ziehen) findet man eher dort als im Hauptbuch.
Alteration: Gestaltwandeln für sich selbst, Allies und Gegner (benötigt Spell Point). Unterteilt in Transformation-Talente, die Formen mit festgelegten Traits ermöglichen (Avian, Animal, Dragon, Ooze, Fey ...) und Talente, die Extra-Traits bereitstellen, die man als Extra an Formen anhängen kann (z.B. Tentacles, das eine Tentakel-Attacke, free Grapple- und/oder Constrict-Checks gibt)
Conjuration: Jede herbeigerufene Kreatur beruht auf einer standardisierten Tabelle mit HD, BAB, Skill Points, Feats, Natural Armor Bonus, Saves etc. Darauf werden Form-Talente gesetzt, z.B. Aligned Creature für Smite, Armored Companion für mehr Natural Armor und HD oder Skillful Companion für mehr INT und Skills.
Creation: Reparieren, Zerstören und Schaffen von Gegenständen (ja, auch Steine über dem Gegner). Talente wie Exquisite Detail, Lengthened Creation oder Expanded Materials bestimmen, wie kreativ der Spieler werden kann. Nicht so kampfgeeignet wie andere Spheres, aber siehe Stein-Beispiel.
Dark: schafft Dunkelheit in kleinem Radius und gibt dieser Zusätze wie CON-Verlust, Fear-Effekte, Disorientierung oder Entanglement für Gegner darin oder Vorteile wie Fast Healing oder kurze Teleports von Schatten zu Schatten für den Dark Mage.
Death: Aufgeteilt in Ghost Strikes (Ranged Touch Attack für negative energy, Bluten, Drain oder zum Kontrollieren von untoten Gegner) und Reanimation (kurzfristiges Auferwecken einer Caster-Level-abhängigen Anzahl von HD von Gegnern als Zombies oder Skelette)
Destruction: Sphere gibt bludgeoning Ray Attack für 1d6 damage/2 Caster Levels, Talente modifizieren Schaden (fire, sonic, shadow ...) und Blast Shape (Energy Wall, Bomb, Nova, Orb ...)
Divination: aufgeteilt in Sense Talents (nicht mehr flankbar, Defensiv-Boni durch Voraussicht, Sprachen verstehen, Ghost Sight ...) und Divine Talents (Dinge, Informationen und Gegner aufspüren)
Enhancement: Enhancement-Boni für Equipment, Attribut-Boni für Allies/Mali für Gegner, Gegenstände beleben
Fate: Die "kitchen sink" der Spheres - alles von Bless, Hallow, Curses, Zone of Truth, Freedom of Movement, Open
Illusion: Ein Talent schafft visuelle Illusionen, andere addieren Akustik, Geruch, Fühlbarkeit oder Unsichtbarkeit und Geräuschlosigkeit
Life: Mit der Grundsphäre kann man THP verteilen und "Restoration" wirken, gegen Spell Points auch "Cure Wounds"-Effekte wirken. Mehrere Talente erhöhen die anfangs geringen Werte oder ermöglichen es, gleichzeitig Restoration und THP zu verteilen.
Light: ironischerweise der Dark-Sphere ähnlich - belegt Personen oder Dinge mit Glow-Effekten wie Moral-Boni, Desorientierung, Feuer- oder nonlethal Schaden oder Repelling Light, um Subtypen von Gegnern zu bannen
Mind: umfasst Gedankenlesen, Buffen durch Inspiration, Fear, Mind Control, Sleep, Confusion ... durch Spell Points mächtigere Boni/Mali oder auf mehrere Gegner
Nature: vielfältigere Sphere - umfasst Spirit Talents für etwa Speak with Animals/Plants und "Packages" für die Elemente, z.B. Vortex/Fog/Freeze-Fähigkeiten für Wasser und Entangle/Pummel/Growth für Plants, mit mehr Fähigkeiten durch Talente (auch Mischungen wie "Boil Water", wenn man das Fire und das Water Package besitzt).
Protection: aufgeteilt in Aegis (Defensiv-Boni für einzelne Kreaturen) und Wards, die in einem Radius vor definierten Dingen schützen, z.B Repel Evil oder Energy Resistance innerhalb der Sphäre
Telekinesis: grob gesagt Dinge (und gegen Spell Points Gegner) schweben lassen, gegeneinander schleudern und durch Kraftfelder Dinge abwehren
Time: Haste- und Slow-Effekte, garniert mit Fähigkeiten wie Alter/Mirror Image, Age (Gegner altern lassen) oder Steal Time (erase enemy turn from existence).
War: hauptsächlich Buff-Fähigkeiten durch radiusbasierte Totems und Rallies (immediate actions, die Allies bestimmte Aktionen ermöglichen, z.B. move if the enemy moves)
Warp: Teleportieren auf kurze Distanz (auch unwillige Gegner für Spell Points) und Raumverzerrungen wie Extradimensional Storage. Mir persönlich etwas zu mächtig, ich habe im Homebrew fatigued eingebaut, wenn man zu oft pro Minute teleportiert, um Spam im Kampf zu verhindern.
Weather: die am wenigsten gut ausbalancierte Sphere - kann das Wetter (Hitze/Kälte, Windstärke, Feuchtigkeit) in medium range (also ziemlich weit) verändern. Das Problem ist, dass das einerseits auf Severity 7 Tornados, Sturmfluten oder jede Runde Schaden durch Hitze/Kälte bedeutet und STARK überpowert sein kann, vor allem gegen viele Gegner - auf der anderen Seite dauert es mehrere Runden (mindestens 4, glaube ich), die Stärke dieser Phänomene von 1 auf 7 zu verändern, was die Sphere zu einer unberechenbaren im Kampf macht, weil man in diesen Runden nichts machen kann außer sich konzentrieren. Noch schlimmer: Die Sphere bietet kaum Möglichkeiten, die eigenen Allies zu schützen. Würde ich gänzlich aussparen, wenn ich selbst leite.
Fazit
Ich mag das Baukasten-System im Spheres of Power-Buch und ich muss auch endlich mal die Zeit finden, Spheres of Might und Champions of the Spheres im Detail durchzulesen (hab sie überflogen - schien auch gut, vor allem die coolen mundane classes). Da ich ein Balance-Freak bin, spricht es mich durch die Beschränkungen, die es Magie in Pathfinder auferlegt, und die viel selteneren Gamebreaker (hauptsächlich Conjuration/Weather) natürlich an - aber ich verstehe jeden, der gerne Spellcaster in PF spielt und die Nase rümpft, weil seine riesige freie Auswahl plötzlich eingeschränkt ist. Auch muss man natürlich sagen, dass es gerade für Anfängergruppen nicht zu empfehlen ist, Spellcasting UND Spherecasting zu implementieren - das wäre noch einmal eine ordentliche Schippe Komplexität auf einem eh schon recht regellastigen Spiel. Für ca. 18 Euro auf drivethru kann ich das pdf aber bedenkenlos jedem empfehlen, der Interesse an einer Baukasten-Alternative zum Vancian Casting hat. Jemand, der mit PF-Magie zufrieden ist, findet hier eher nichts - die Klassen und Feats sind den Preis nicht wert, weil sie natürlich komplett auf Spherecasting aufbauen und dieses System dann implementiert werden müsste.