Ein theoretisches "Was wäre schön?" finde ich gar nicht mal so hilfreich. Bei einem Los-Muertos-Einsteigerabenteuer habe ich auch nach 20x auf Cons spielen noch Sachen entdeckt, die man wirklich sinnvoll ändern könnte. Da ist also alles nach oben offen, und viele Indie-RPG-Autoren prahlen ja auch gern damit, dass sie ihren Kram 500x gespielt und 50x überarbeitet haben.
Aber zur Notwendigkeit: Das hängt tatsächlich sehr an den Autoren. Ich habe Leute erlebt, die schreiben praktisch 100% spielbaren Kram im ersten Draft, und auch Leute, die das selbst mit zehn Feedback-Durchgängen nicht hinkriegen würden, weil sie schlecht darin sind, sich aus ihrer (Vorstellungs-)Welt herauszubewegen.
Darüber hinaus hängt es auch sehr am Spielsystem und der Art des Abenteuers. Ist es bspw. ein System, in dem Kampfbalance eine (evtl. sogar wichtige) Rolle spielt, finde ich einen Playtest, und sei es nur ein "trockener" gegen sich selbst oder so (xD) definitiv SEHR sinnvoll, ist es dagegen ein sehr narratives System, das der Autor gut durchdrungen hat, und/oder ein sandboxiges Abenteuer, ist sehr viel mehr Platz für ""Fehler"" – in großen Anführungszeichen, weil die Frage, was ein "Fehler" ist, bei sowas halt verdammt relativ wird.
Legen wir doch mal die anekdotischen Karten auf den Tisch:
– Von den 17 fertigen Abenteuern in Los Muertos habe ich zwei (nämlich die Einsteigerabenteuer) mehrfach getestet. Das war hilfreich, hat die Abenteuer aber mehr erweitert (mehr beschriebene Optionen, wirklich nützliche Infos etc.) als irgendwie groß verändert. Problematisch waren sie also nicht. Die wirklich krassen Änderungsideen sind meistens erst Jahre später gekommen, und auch nicht vorrangig beim Testspielen. Und das sind auch keine "musts", wenn ich ehrlich bin.
– Wenn ich mich recht entsinne, hat mindestens eine andere Person eins dieser Abenteuer geleitet. Das war mehr eine Bestätigung und hatte wenig praktischen Mehrwert; dass sie mein Abenteuer gelesen hat oder ich ein vernünftiges Lektorat bekomme (heißt andere Leute lesen den Kram!), ist tendenziell deutlich wichtiger als ein Playtest.
– 8 weitere Abenteuer habe ich im Zuge einer Kampagne einmalig getestet. Da haben sich auch eher Kleinigkeiten verändert. Nur bei einem Abenteuer habe ich noch mal eine größere Änderung am Setting vorgenommen (für die Fans: Die Funktionsweise des Spiegels). Das war also ECHT gut.
Aber eher eine Ausnahme.
– Die restlichen Abenteuer habe ich nicht vor der Veröffentlichung getestet. Beschwerden habe ich aber auch von den Leuten, die sie dann mit dem Buch gespielt haben, nicht bekommen, und als ich sie später gespielt habe, ging es auch problemlos.
Was ich gemerkt habe: Meistens hat man als Autor schon einen höheren Anspruch an das Abenteuer als die Spieler, oder zumindest geht es mir so. Es ist selten, dass Spieler irgendwas bemerken, in das ich a) besonders viel oder b) besonders wenig Arbeit gesteckt hätte. Und das ist auch der Grund, weshalb ich Playtests nicht so waaahnsinnig wichtig finde. Meisten denke ich eh zwei Schritte weiter.
(Ich kann mich auch erinnern, dass im DorpCast der Aufwand angesprochen wurde ... Meistens tut es dem Abenteuer gut, die Zeit in was anderes zu investieren.)
Man muss das aber in dem Licht sehen, dass LM-Abenteuer praktisch keine harten Regelelemente enthalten. Ich würde mir bspw. im Leben nicht trauen, ein Splittermond-Abenteuer ohne Spieltest abzugeben ...
Und bei einem neuen Regelsystem ist das dann noch mal was komplett anderes.