Autor Thema: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games  (Gelesen 7470 mal)

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Offline Horadan

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #50 am: 25.07.2019 | 14:55 »
Vorab als Anmerkung, dass ich mich bislang noch kein PtbA-Sytem gelesen oder gar gespielt habe. Grundsätzlich aber bin ich daran interessiert und schleiche auch schon eine Weile um DW (weil deutschsprachig und Fantasy) herum.
Die Ausführungen von Thaddeus dazu fand ich interessant und hilfreich und versuche mal meine Gedanke dazu darzulegen. (Das „Auseinanderreißen“ deines Posts soll dabei nur dem Verweisen dienen und dich nicht „zerlegen“.)

Es gibt nämlich realweltlich keine Wahrscheinlickeit dafür, ob ich den Bösewicht mit meinem Schwert treffe oder nicht. Es gibt auch keine Wahrscheinlichkeit dafür, ob es mir gelingt, die Kiste zu öffnen oder nicht.
Naja, die gibt es schon. Und auch wenn es üblicherweise nahezu unmöglich sein dürfte, die konkrete Wahrscheinlichkeit zu benennen, ist es doch so, dass für einen unerfahrenen Kämpfer oder Schlossknacker eine geringere Wahrscheinlichkeit besteht als für einen erfahrenen - bei ansonsten gleichen Umständen. Und eben dass die Umstände eine Rolle spielen (bspw. kompliziertes vs. einfaches Schloss).
Insofern halte ich
Die Annahme, der Dieb hätte in dem beschriebenen Beispiel eine "höhere" Chance die kleine Kiste zu öffnen, als die große, ist eine Illusion, die dem Spielsystem geschuldet ist. Tatsächlich gibt es überhaupt gar keinen Grund für diese Annahme. Denn: Entweder er kann sie öffnen oder er kann sie nicht öffnen. Es gibt kein Vielleicht, dass einer Simulation zugänglich wäre.
auch für falsch.

Trotzdem finde ich dein Kistenbeispiel und die nachfolgenden Ausführungen dazu sehr spannend, und glaube langsam zu verstehen wohin das zielt.

Dazu will ich versuchen, das Beispielszenario nochmal traditionell vs. PtbA zu betrachten (soweit ich das verstehe):
Beispielszenario:
Der Dieb betritt den Raum und findet eine einfache kleine Holzkiste (mit einfachem Bundbartschloss meinetwegen) und eine monströse Stahlkiste (mit ebenso monströsem Schloss) vor. Der Dieb entscheidet sich nur eine der beiden Kisten zu öffnen.
Hier bleiben mMn zwei Fragen offen: Warum entscheidet er sich nur eine der Kisten zu öffnen? Und wie bzw. warum entscheidet er sich für welche der beiden Kisten?
Lassen wir die erste Frage erst einmal weg - obwohl es vielleicht die eigentliche ist, aber hier verstehe ich das ganze vielleicht noch nicht genug – und nehmen an, es kann halt nur eine sein.
Und nehmen wir zusätzlich an, dass der Inhalt der kleinen Holzkiste weniger wert ist als derjenige der monströsen Stahlkiste.

Im traditionellen Rollenspielsystem (Szenario A) hätte man allein durch die unterschiedlichen Erfolgswahrscheinlichkeiten Anreize zum einen oder anderen Verhalten: Als Spieler bekomme ich ziemlich sicher eine kleine Belohnung oder aber mit nur geringer Wahrscheinlichkeit eine große Belohnung oder eben gar nichts.
Bei DW (Szenario B) ergibt sich das eher indirekt. Die große oder die kleine Belohnung bekomme ich mit der gleichen Wahrscheinlichkeit, aber je nachdem ob ich auf das eine oder andere aus war, kann es im Falle eines Teilerfolges oder gar Scheiterns „teurer“ für mich werden.
Das kann ich aber auch in Szenario A haben, indem festgelegt wird, dass beide Kisten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit aufbekommen werden – bspw. indem dies bspw. beim Erreichen von „DC 12“ eintritt, wenn aber im Falle der Stahlkiste nicht mindestens „DC 35“ erreicht wird, wird zusätzlich eine Falle ausgelöst o.ä.


Die Beschreibung der Kisten hätte die Spielleitung [in Szenario A] aber auch komplett weglassen und auf die Aussage reduzieren können: Es gibt zwei Kisten, eine hat einen DC von 12 und eine einen DC von 35.
Kann man so sehen. Normalerweise würde in einem traditionellen Spiel, so wie ich es spiele, aber der konkrete Wert gar nicht genannt (bzw. erst nach der Entscheidung) und es wäre anhand der Beschreibung und ggf. einer „verregelten Schwierigkeitsspanne“ abzuschätzen, wie groß die Erfolgswahrscheinlichkeiten jeweils sind.

Offline Suro

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Re: Vergleichende Analyse zwischen PbtA und Trad Games
« Antwort #51 am: 25.07.2019 | 14:59 »
@Alexander Kowalski:

Zwei Abweichungen in meinem Verständnis:

1. Thema: Genre ist definiert über Plotelemente + Setting(s)
Weiß ich nicht so genau. Meiner Meinung nach ist die Aussage "Spiel X erweitert das Genre Y um ein neues Setting Z" nicht widersprüchlich, also z.B. ist "Ashen Stars ist ein Rollenspiel aus dem Genre der Detektivabenteuer in einem Science-Fiction Setting" völlig plausibel. Man kann spezielle Settings in ein Genre packen (Space Horror würde ich durchaus auch als Genre annehmen) muss man aber nicht. Aber o.k, wegen mir kann man auch "Volle Genre-Emulation" und "Genre-Plot-Emulation" unterscheiden.

Edit: Ah sorry, hatte die Unterscheidung zwischen Genre-Welten und Genre-Story überlesen, dann gibg es da wohl wenig Unterschiede im Verständnis.

2. PbtA (Beispiel Dungeon World) legt kein Setting fest

Bei PbtA ist dir genaue Ausgestaltung des Settings oft Teil des Spiels; es ist aber auch keineswegs der Fall, das Dungeon World (oder irgendein PbtA-Spiel das mir bekannt wäre) Setting-Neutral wäre. Ich hatte oben genug Beispiele: Welche Monster gibt es, in welches Biom gehören sie? Welche Arten von Gefahren sind zu erwarten? (Vgl. Liste der Gefahrentypen, DW S. 274ff) Welche Cyberware gibt es, was passiert so in der Matrix (the Sprawl)? Das mag nicht so detailliert sein wie du es gerne hast, aber PbtA stellt typische Settingelemente ebenfalls bereit.
« Letzte Änderung: 25.07.2019 | 15:08 von Suro »
Suro janai, Katsuro da!