Autor Thema: Was ist anders als SL?  (Gelesen 6916 mal)

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Offline DeadMatt

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #25 am: 13.10.2016 | 12:06 »
Das alles klingt sehr gut. Danke.
Habs in meinen "Szenenleitfaden" geschrieben vor allem das mit "Fail-Forward". Das ist eigentlich immer ein Problem von mir "Was wenn die Spieler es nicht schaffen?" :D

Nebenher: Hatte nun über Drachenzwinge meine erste Fate-Runde und muss sagen, mir gefiel es sehr, sehr gut! Es ist tatsächlich anders. Die Spieler beschreiben viel drum herum. Das passiert ehr weniger in meinen regulären runden.
Allerdings unterstreicht das meine Annahme, dass die Spieler extrem aktiv,engagiert sein müssen da die Story sonst nicht gut voran kommt. Es gibt ja immer diese passiven Spieler die auf Schlagworte warten :D Vor allem das ausschmücken gefiel mir pers. gut aber ich muss mich da dran gewöhnen mehr Einfluss zu haben.
Apropo...@Chruschtschow
Zitat
"Ok, du willst in den Büro vom Chef des Zolls einbrechen und die Unterlagen klauen? Gut, dann möchte ich gerne, dass du mir erklärst, wie du heimlich da rein kommst, die Sachen heimlich findest und genauso still wieder verschwindest. Je nachdem wie du es anstellen möchtest, legen wir die Fertigkeiten und Schwierigkeiten fest und die anderen können dir vielleicht mit irgendwas helfen. Dann erzählt mal."
Wenn er das nun vollkommen beschrieben hat, dann ist es doch genau so passiert oder soll er es dann nur grob anreißen/erklären weil die Würfe ja noch nicht festliegen? oder wird dann ehr mit folgenden Konsequenzen gehandelt die nach der Aktion stattfinden wie "Du hast gedacht, dass dich niemand gesehen hat. Aber du hast nicht bemerkt, dass der Chef mit der Sekretärin im Besenschrank war und alles mit bekommen hat!"

Offline Blechpirat

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #26 am: 13.10.2016 | 12:24 »
Persönlich finde ich, dass Fate recht gut skaliert. Wenn du einen oder mehrere weniger aktive Spieler hast, dann wird das Spiel traditioneller, funktioniert aber immer noch. Im schlimmsten Fall muss man dann etwas "helfen", vor allem bei Konsequenzen, weil die Spieler da die Benennung nicht umgehen können.

Offline Chruschtschow

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #27 am: 13.10.2016 | 14:29 »
Apropo...@ChruschtschowWenn er das nun vollkommen beschrieben hat, dann ist es doch genau so passiert oder soll er es dann nur grob anreißen/erklären weil die Würfe ja noch nicht festliegen? oder wird dann ehr mit folgenden Konsequenzen gehandelt die nach der Aktion stattfinden wie "Du hast gedacht, dass dich niemand gesehen hat. Aber du hast nicht bemerkt, dass der Chef mit der Sekretärin im Besenschrank war und alles mit bekommen hat!"

Im Prinzip genau das. Dafür gibt es Fail Forward. Das Beispiel ist aus einer Aether Sea-Runde und der Spieler hat den mittleren Wurf verhauen. Ein- und Ausstieg haben geklappt. Dokumente hatte er auch hinterher, aber weil er in den Papierstapeln des recht pedantischen Zolltypen rumgewühlt hat, fiel das auf ... später. Für die Hafenverwaltung hat es erst ein Mal gereicht. Aber die hatten ein Kriegsschiff an der Backe ... später.

Es gibt im Prinzip drei gute Methoden, um die Narration der Spieler nicht zu annulieren:
(1) Gewöhnt euch an, nicht zu Ende zu erzählen. "Ich mache folgendes, plane sowieso und es geschieht ..." *würfel* "... anderes, als ich vor hatte."
(2) Spieler: *Erzählerzählerzähl* *würfel* SL: "Wow, das passt nicht. Was geht schief?"
Der Spieler ändert also seine Narration.
(3) Spieler: *Erzählerzählerzähl* *würfel* *spiel weiter* SL: "Erinnerst du dich, als du so ein komisches Gefühl hattest mit dem Zollformular? Das beißt dir jetzt in den Hintern." Klassisches Fail Forward. Die Aktion gelingt, aber nicht so wie geplant. Die Dörfler sind nicht beruhigt, sie sind regelrecht euphorisch und ziehen mit Fackeln und Stricken gen Schloss. Der Diebstahl fällt doch auf. Du hast den Hobbit doch nicht übertölpelt und er hat auch noch den Ring.
« Letzte Änderung: 13.10.2016 | 14:31 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline DeadMatt

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #28 am: 14.10.2016 | 15:05 »
@Blechpirat
Das kann natürlich sein. Ich hoffe es sogar :) Finde das System nämlich sehr gut und habe großes Interesse mehr Erfahrungen zu sammeln.

@Chruschtschow
"Fail Forward" (3) und (1) gefällt mir besonders. Ich persönlich halte es seit Jahren in allen Rollenspiel wie in (1) aber wie gesagt finde ich (3) auch echt interessant und freue mich das das nächste mal anzuwenden :D


vlyrr

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #29 am: 7.11.2016 | 16:20 »
"Was ist anders als SL?"

Ich habe zwar noch kein FATE gespielt und bin erst noch auf dem Pfad zur ersten Session, doch bereits in der Vorbereitung sehe ich gravierende Unterschiede:

"Damals" (also bis vor Kurzem) habe ich bei neuen Settings, neu beginnenden Kampagnen, neuen Spielen einen Heidenaufwand betrieben oder betreiben müssen.

Das Setting vorbereiten, die Kampagne vorbereiten, das Abenteuer vorbereiten, die Erstsession vorbereiten, die relevanten Regeln vorbereiten, mich auf das Vorbereiten vorbereiten ("womit muss ich mich beschäftigen, wenn...?")

Jetzt, bei FATE, muss ich nix davon!

Ich muss kein Setting vorbereiten, denn das mach' ich gemeinsam mit den Spielern ("Spielgestaltung"). Ich muss keine Kampagne vorbereiten, denn das mach' ich gemeinsam mit den Spielern. Die Abenteuerideen werden bereits bei der Charaktererschaffung entwickelt resp. als SL fliegen einem da die Inspirationen nur so durchs Gehirn ("Charakteraspekte").

Die Erstsession entwickelt man dann ausgehend von dem Material, das die gemeinsam mit den Spielern entworfene Spielgestaltung/Charakterererschaffung fabrizierte.  Relevante Regeln muss man nicht vorbereiten, da es bei FATE nur drei gibt: Herausforderung, Wettstreit, Konflikt. Beherrscht man die kann man alle Szenen darstellen. Man muss also keine Subsysteme lernen, vorbereiten.

Es ist quasi nix zu tun! Die ganzen Ideen und Konzepte und Hooks, Szenarien usw. werden erst bei der Spielgestaltung/Charaktererschaffung getan. Und auch hier kann man sich als SL zurücklehnen und die Spieler machen lassen.

Das ist für mich, nunja, sehr ungewohnt und fühlt sich merkwürdig an. "Damals" habe ich mich richtig in die Vorbereitung reingesteigert, Settings gewälzt, Regeln studiert und abgewogen (wichtig, unwichtig, könnte wichtig sein). Habe mir alles aus den Fingern gesogen und aus den Rippen geleiert. Ja, ich bin ein Worldbuilder.
Massig Lebenszeit ging dabei drauf, und wenn dann ein Spiel nicht so funzte, oder die Spieler ganz anders wollten, war das frustrierend. Es kam selten vor, aber es kam vor.

Kurz: Bei FATE muss ich quasi keinen Finger rühren ehe die gemeinsame Spielgestaltung/Charaktererschaffung noch nicht begonnen hat.


Offline Chruschtschow

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #30 am: 7.11.2016 | 20:31 »
Übrigens KANNST du das immer noch tun.

Gerade für wichtigere Bösewichte lohnt es sich, auch mal Regeln zu wälzen im Sinne eines sinnvollen Charakterblatts. Vor allem nicht generische Stunts brauchen on the fly etwas Übung.

Ansonsten reicht es meist sich die Geschehnisse des letzten Abends zu greifen und sich was zu den Aspekten der SC für die Fortführung grob zurecht zu legen. Und vor allem: "Orte und Personen, nicht Handlung vorbereiten!" gilt für Fate, weil SC die Handlung oft schnell abservieren.
« Letzte Änderung: 7.11.2016 | 20:33 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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vlyrr

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #31 am: 7.11.2016 | 20:43 »
Zitat
Übrigens KANNST du das immer noch tun.

Gerade für wichtigere Bösewichte lohnt es sich, auch mal Regeln zu wälzen im Sinne eines sinnvollen Charakterblatts. Vor allem nicht generische Stunts brauchen on the fly etwas Übung.

Ansonsten reicht es meist sich die Geschehnisse des letzten Abends zu greifen und sich was zu den Aspekten der SC für die Fortführung grob zurecht zu legen. Und vor allem: "Orte und Personen, nicht Handlung vorbereiten!" gilt für Fate, weil SC die Handlung oft schnell abservieren.

Klar, deshalb schrieb ich mehrfach "vor der Spielgestaltung/Charaktererschaffung".
Davor macht das alles keinen Sinn, denn ich weiß ja noch gar nicht, was genau gespielt wird.
Nachdem Spielgestaltung und Charaktererschaffung abgeschlossen sind beginnt natürlich die Fleißarbeit.

Also wenn ich nun Vanilla FATE Core spielen möchte. Freilich kann ich auch in alter und gutgeprüfter Manier die Spieler an den Tisch locken und ihnen was vorschlagen "Stellt euch vor, dass..."
Doch wenn die Spieler sagen "Nö", ist alles wieder offen. Mir gefällt eigentlich das Gruppengespräch in dem sich alle Spieler darauf einigen, was man überhaupt zocken möchte. Ggf. mit einem Stichwort durch den SL.

Da ich also vor diesem ersten Gruppentreffen weder weiß, was für ein Genre, was für eine Kampagne, was für ein Thema, was für Charaktere, was für Aspekte, .. am Tisch geschehen werden, wäre jede (Vor-)Arbeit umsonst.

Und hier sehe ich den krassen Unterschied zum klassischen RPG oder zumindest zu der Art und Weise, wie ich damit verfahren bin.
« Letzte Änderung: 7.11.2016 | 20:47 von vlyrr »

Offline haste nicht gesehen

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #32 am: 3.03.2021 | 21:56 »
Ich bin mir bewusste, dass ich hier vielleicht übelste Thread-Nekromantie zu betreibe, aber das Thema passt so perfekt zu meinem eigenen Anliegen. Von daher: Ihr möget mir verzeihen.

Zunächst einmal ein Vorwort: all jene, die Fate nicht mögen, bitte ich das Thema hier einfach zu ignorieren. Peace! ;) Ich möchte ungern das Für und Wider von Fate diskutieren.



Nun zum eigentlichen Punkt und entschuldigt wenn es etwas länger wird (ich muss dass erst selbst noch etwas sortieren):

Ich habe letztes Jahr Fate kennen gelernt und dann das Glück gehabt recht schnell einen Spielleiter und weitere interessierte Spieler zu finden. Wir haben im Grunde alle bei 0 angefangen und es macht bislang auch Spaß. Das Spiel läuft jedoch weitestgehen "traditionell". Der SL hat seinen Plot und wir agieren darin. Die Mechanik haben wir so langsam verstanden, wir erschaffen Vorteile, erklären diese auch durch die Fiktion, die Fatepunkte kommen auch zum Einsatz. So weit so gut.

Ich habe mich parallel weiter mit den Regelwerken beschäftigt und einiges aus dem SRD und dem dem Book of Hanz gelesen. Außerdem habe ich mir ein paar Lets Plays angesehen (zumindest in Teilen) und Fate-Themen in Reddit verfolgt.
Daraufhin habe ich Lust bekommen selbst zu Leiten (ich war viele Jahre notorischer Dauer-SL und kann es irgendwie nicht lassen). Ein paar Spieler habe ich auch gefunden und da alle früher sehr gerne Shadowrun gespielt haben, haben wir kurzerhand ShadowCoreXP als System ausgewählt.

Wir haben dann eine schöne, wenn auch etwas lange Session 0 durchgeführt (Spark in Fate Core) und dabei sowohl das Setting, als auch die Charaktere erschaffen. Wir waren damit auch alle zufrieden.

Dann ging es für mich daran "das Abenteuer" vorzubereiten. Also habe ich mir nochmal den Artikel "How I GM Fate Core" im SRD zur Brust genommen und angefangen mir die Charakteraspekte und die Probleme des Settings anzusehen. Dazu sind mir auch ein paar Ideen gekommen und nach einiger Zeit hatte ich dann eine Reihe von NSCs/Fraktionen mit ihren Zielen und Motiven, sowie eine Eröffnungszene mit denen ich den Spielern das aktuelle Problem so auf den Kopf hauen konnte, dass sie wussten, was das Problem ist und dass es für sie Konsequenzen haben dürfte, wenn sie es ignorieren. Bis dahin habe ich das Gefühl, dass ich zumindest nicht alles falsch gemacht habe.

Die erste Spielsitzung lief super, den Spielern hat es Spaß gemacht und alles war top :D

Dann brauchte ich wieder Material für die zweite Spielsitzung. Ich habe mir angesehen, was sich geändert hat und wie die NSCs darauf reagieren. Zweite Session lief gut. Vielleicht nicht ganz so spannend wie die erste, aber ich hatte dafür am Ende einen echt guten Cliffhanger, der einiges verspricht.

Eigentlich kann ich mich also nicht beschweren. ABER... Irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass wir Fate noch nicht so spielen wie es gedacht ist. Während der Szenen läuft im Grunde vieles wie früher in anderen Spielen auch. Ich beschreibe etwas, die Spieler reagieren darauf, gelegentlich frage ich nach um die Mechanik besser beurteilen zu können. Neu ist, dass ich viele Punkte als Frage an die Spieler zurück gebe, dass ich Aspekte reize, dass ich immer versuche "Fail-Forward" anzuwenden - das macht den Spielern und mir auch Spaß. Aber im Grunde definiere ich die Szene und irgendwie auch den Plot. Ich versuche auf ihre Ideen einzugehen und so haben sich auch schon nicht geplante Szenen entwickelt, aber so ganz richtig kommt es mir noch nicht vor.

Aus diesem Gefühl heraus habe ich mich wieder versucht schlau zu machen und stoße im englischsprachigen Raum immer wieder auf die Begriffe "player agency" und die Analogie "TV-Serie" und dass die Spieler und der SL im "Writers Room" seien und der SL der "showrunner" ist. Nun habe ich zwar ungefähr eine Idee was damit gemeint ist, aber ich habe das unbestimmte Gefühl dass mir etwas entgeht.

Ich möchte es mal an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen:

Die Charaktere befinden sich gerade in einer Stadt, die ca. 500km von ihrem Heimatort entfernt ist. Sie wurden dort zuletzt mit einem Mord verwickelt, den sie aber nicht selbst begangen haben, sie waren nur am selben Ort. Die Person hinter dem Mord versucht nun sie zum Sündenbock zu machen. Da der ermordete eine wichtige Figur der örtlichen Mafia ist, hat sich diese Organisation nun auf die Suche nach den Charakteren gemacht. Leider ist es ihnen gelungen Bilder von den Charakteren zu bekommen. Es läuft nun ein Kopfgeld gegen sie. Im Setting wurde festgelegt, dass die Polizei korrupt und in der Hand Mafia ist. Dadurch läuft nun auch eine offizielle Polizeifahndung. Im Gegenzug haben die Charaktere den eigentlichen Täter erkannt und durch ein Aspekte-Reizen ist der Täter von diesem Spieler selbst vor einiger Zeit in die Stadt geschmuggelt worden. Zudem hat sich in einer späteren Szene herausgestellt, dass es dabei auch zu einer Verfolgung durch eine mir unbekannte Gruppe gab, über die ich bislang nur weiß dass sie den Attentäter verfolgt hat, sie von dem Attentat irgendwie wussten und zudem Magieanwender sind.
Nun haben die Charaktere davon erfahren, wie schlimm es gerade um sie steht. Einer hat Familie um die er sich Sorgen macht, der andere eine Partnerin (Fernbeziehung) die gerade unerwartet zu Besuch in die Stadt gekommen ist und nun natürlich ebenfalls gefährdet ist.

Ursprünglich hatte ich vor die Familie verhaften und die Freundin entführen zu lassen und die SCs dürfen sie dann retten.

Zurück zur "Writers Room"-Analogie:
Wie läuft das ab? Soll ich nun zu Beginn der nächsten die Spielsitzung mit den Spielern gemeinsam die Situation erörtern und dann zusammen die möglichen Bedrohungen ausarbeiten? Ich könnte mir vorstellen dann eine Art Wettstreit zu veranstalten, bei der es darum geht wer die Familie/Freundin zuerst erreicht? Das ganze dann vielleicht als halbrecherische Fahrt über die Landstraße ausspielen? Und dann je nach Ergebnis dessen was wir besprochen haben die Situtaion vor Ort auspielen?

Damit würden wir quasi vorab gemeinsam eine Art grobes Skript definieren und dieses dann nachspielen. Durch die Entscheidungen in der Situation und jeh nach Würfelglück weichen wir dann davon ab. Aber wir hätten gemeinsam definiert was auf dem Spiel steht.
Spielt Ihr so? Funktioniert das? Gegenvorschläge? Wie würdet Ihr das machen?

Offline Lord Verminaard

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #33 am: 3.03.2021 | 23:02 »
Du bist nicht der erste, der versucht herauszufinden, wie FATE eigentlich gespielt werden "will". Spoileralarm: Es gibt gar nicht die eine Art, wie FATE gespielt werden will. Sondern die Stärke und Schwäche von FATE zugleich ist seine Anpassungsfähigkeit. Du kannst FATE traditioneller oder weniger traditionell, ergebnisoffener oder weniger ergebnisoffen spielen, es passt sich an, solange DU weißt, was du willst. In dem Moment, wo du selber nicht genau weißt, was du willst, darfst du allerdings von FATE keine Hilfestellung erwarten. (Disclaimer: Habe FATE Core nicht gelesen und bin auf Stand FreeFATE.)

Die Frage ist doch, was suchst du, bzw. warum willst du was anderes als das, was du momentan schon machst? Die Writer's Room Analogie ist nicht falsch aber sie ist doch eigentlich so gemeint, dass man durch das Spiel das Skript schreibt, und nicht so, dass man vorher ein Skript macht und es dann nachspielt. Erzählerisches Rollenspiel ist wie ein Tanz, mal Push und mal Pull, mal führen die Spieler und mal der SL, schlecht ist aber, wenn du als SL zuerst führst und dann plötzlich ohne Vorwarnung einfach damit aufhörst, weil du meinst, allein dadurch entsteht dann Player Agency und Empowerment und irgendwie Collaborative Storytelling. (Been there, done that.)

In den letzten Jahren bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass oft Improvisation mit Player Agency und gute Vorbereitung mit SL-Tyrannei verwechselt wird. Dabei kann man Player Agency aber auch mit guter Vorbereitung zusammenbringen, indem man sich Input in der Vorbereitung holt. Dieser Input sollte aber nicht die eigentliche Handlung vorwegnehmen, sondern sich eher auf Hintergründe, Themen, NSCs oder einzelne Szenen, die man gerne im Spiel sehen würde, beziehen. Oft reicht hierfür eine Session Zero nicht aus und es braucht einen ausgedehnteren Dialog, in dem die Hintergründe der SCs und der Kampagne überarbeitet und verfeinert werden, man an einzelnen Punkten feilt, über Ungereimtheiten noch mal nachgrübelt, etc. Trotzdem bleibt es der Job des SL, dann auch Enthüllungen und überraschende Wendungen und ggf. geskriptete Szenen parat zu haben und die Handlung voranzutreiben. So mache ich es jedenfalls. Hoffe das trifft irgendwie das Thema?
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Offline Rollenspielotter

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #34 am: 4.03.2021 | 15:53 »
Ich stimme Lord Vermindaard zu, DAS FateCore gibt es einfach nicht. Daher ist es auch schwer zu sagen, ob bzw. was das richtige Fate-Gefühl erzeugt. Ich hatte neulich noch den Fate-Cast dazugehört und stimme dem zu, dass Fate das Rollenspiel mit den Aspekten ist - and that's it. Ansonsten gilt (für mich), ähnlich wie in allen anderen Systemen, wenn es euch Spaß macht und ihr eine gute Geschichte erzählt ist doch alles gut.
Du scheinst (ist nicht als Kritik gemeint), sehr verkopft/analytisch an die Sache zu gehen. Berichte lesen, Let's plays gucken,.... Ich kenne dein Spielstil jetzt nicht und kann da nicht viel zu sagen, aber manchmal ist weniger mehr. Ich nutze manchmal nur ein ERM (Entity-Relationship-Modell) um die Charaktere oder ggf. Orte miteinander in Verbindung zu bringen (und schreibe mir ein paar Grundzüge zu den NSCs auf). Wie das ganze dann mit Leben gefüllt wird und welche Relationen tatsächlich genutzt werden entscheiden die Spieler dann selbst. Dann könnte es, bei deinem Beispiel z.B. nur belastendes Material gegen die SCs geben und die Spieler legen fest, welcher Art dieses Material ist, oder es ist der negative Effekt eines (großen) Hakens, dass der Bösewicht die Runner erkannt hat bzw. einen aus der Familie kennt und so kann man gemeinsam die Geschichte entwickeln.
Bin mir nicht sicher ob das deine Frage richtig beantwortet, da ich nicht so sehr in der Rollenspieltheorie (Player Agency,Writers Room,...) drinstecke. Ich habe es am Anfang ähnlich gemacht wie du, nachdem ich dann aber auch einige sehr unterschiedliche Runden gespielt habe bahnt sich so langsam mein eigener Fate-Stil raus und ich weiß, was für mich gut funktioniert.

Offline Hell van Sing

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #35 am: 4.03.2021 | 15:59 »
Vielleicht eine Sache zu deinem Punkt:
Der Writer's Room kann auch zum Kinderzimmer werden, aus dem nur einige Ideen geflogen kommen, je nachdem, wie aktiv deine Spieler in die Welt eingreifen. Je passiver sie sind, umso "traditioneller" wird alles. Den beschriebenen Writer's Room habe ich eigentlich immer nur dann erlebt, wenn so ziemlich alle Spieler sonst auch Spielleiter waren, da dann das allgemeine Mindset anders ist. Ist letzteres dann das "richtige" Fate? Nein, lediglich ein Extrem des Spektrums.
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Offline haste nicht gesehen

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #36 am: 4.03.2021 | 18:44 »
Vielen Dank für Eure Antworten :)

Zitat
Du scheinst (ist nicht als Kritik gemeint), sehr verkopft/analytisch an die Sache zu gehen. Berichte lesen, Let's plays gucken,.... Ich kenne dein Spielstil jetzt nicht und kann da nicht viel zu sagen, aber manchmal ist weniger mehr.
Ja so kommt es wahrscheintlich rüber. Vielleicht bin ich das auch ein wenig ...  ::)
Wenn mir eine Sache gefällt, dann kann ich mich schon recht intensiv damit beschäftigen. Wenn dann alle davon schwärmen, wie toll Erzählrollenspiele sind und wie viel anders das im Vergleich zu "normalen" Rollenspielen ist, dann will ich natürlich auch wissen wo genau der Unterschied liegt. Was also wird da anders gemacht?

Der größte Unterschied, den ich bislang festgestellt habe ist, dass die Regeln nicht der Simulation der Welt dienen, sondern Mechaniken sind um die Geschichte zu verändern. Also nicht "treffe ich mit meiner Akt den Ork?", sondern "schaffe ich es den Verlauf der Geschichte durch das Überwinden dieses Gegners zu verändern". Klingt erst einmal banal (und ist vielleicht auch kein perfektes Beispiel), aber ich glaube dieses Umdenken hat sehr große, weitreichende Auswirkungen auf die Art wie ein Spiel funktioniert.

Daraus resultieren dann Regeln wie...
  • die Idee, dass jede Probe immer irgendwie die Handlung vorranbringt und nicht einfach zum Stillstand führt (fail forward). Ich finde das super und kann mir das aber auch sehr gut als Hausregel bei regulären Rollenspielen vorstellen.
  • der Ansatz, dass ein Spieler Details in der Welt / der Geschichte einführen kann (bspw. mittels Fate-Punkt oder über Flashbacks wie in BitD usw.).
  • dass Charaktere durch einen blöden Wurf nicht einfach Sterben, sondern der Tod eines Charakters / NSCs immer nur dann geschieht, wenn ein Konsens am Spieltisch herrscht, dass es der spannenden Geschichte dient.
  • ... was wiederum bedeutet, dass Aufgeben und Niederlagen ein natürlicher Teil des Spiels werden können und nicht in einem Gruppentod enden müssen.

Das sind alles Punkte, wie die Regeln funktionieren. Was mich mehr interessiert ist eben der Part des Spielleiters und die Methodik des Leitens selbst.

Du bist nicht der erste, der versucht herauszufinden, wie FATE eigentlich gespielt werden "will". Spoileralarm: Es gibt gar nicht die eine Art, wie FATE gespielt werden will. Sondern die Stärke und Schwäche von FATE zugleich ist seine Anpassungsfähigkeit. Du kannst FATE traditioneller oder weniger traditionell, ergebnisoffener oder weniger ergebnisoffen spielen, es passt sich an, solange DU weißt, was du willst. In dem Moment, wo du selber nicht genau weißt, was du willst, darfst du allerdings von FATE keine Hilfestellung erwarten. (Disclaimer: Habe FATE Core nicht gelesen und bin auf Stand FreeFATE.)
Das ist sicher alles richtig und ich kann zumindest den Part bestätigen, dass sich Fate auch wie ein anderes Rollenspiel spielen lässt. Sehr gut sogar. Ich würde eben nur gerne auch mal die andere Seite des Spektrums kennen lernen.

Dann lese ich immer wieder Sachen wie das hier...
Die Art, wie ich Fate erlebt habe, hat auch meinen Spielleitungsstil beeinflusst. Ich trenne die Geschichte deutlich in Szenen, die ich zu Beginn einer Szene kurz mit den Spielern definiere (meistens nur in Form der zu erreichenden Ziele und des Szenenaspektes).
... und denke "cool". Nur wie läuft das dann praktisch im Spiel ab?

Oder so Sachen wie im Fate SRD, dass empfohlen wird mit den Spielern nach einer Szene zu besprechen, was sich nun im Spiel verändert hat. Quasi das gleiche nur hinterher. Den Sinn dahinter verstehe ich, aber wie macht man das ohne, dass es total "verkopf" wird und die Stimmung den Bach runter geht?

Oder auch so etwa hier:
Tatsächlich würde ich dir als "Fate-Neuling" eher TurboFate empfehlen, das ist etwas schlanker, übersichtlicher und kommt ohne Fertigkeiten aus - was erfahrungsgemäß praktischer ist um Leute vom "klassischen Rollenspiel" an das Fatesystem heranzuführen, eben weil man nicht so schnell in Gefahr läuft auf "alte Marotten" zurückzufallen. Ist also auch etwas entspannter für den Rest der Gruppe^^
Auch das stimmt sicher irgendwie. Aber wie hilft einem Fate-Anfänger-SL das? Welche Marotten genau sollten denn die Spieler ablegen? Was sollen sie dafür im Gegenzug neu machen?

Tut mir leid, dass ich so hartnäckig bleibe, aber vielleicht kann mir das ja doch jemand erklären.
« Letzte Änderung: 4.03.2021 | 18:49 von haste nicht gesehen »

Offline Lord Verminaard

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #37 am: 4.03.2021 | 19:45 »
Hm okay, wenn du dieses sehr meta-mäßige Spiel willst, dann wäre es vielleicht nützlich, erst mal etwas zu Spielen, wo das hart in die Spielregeln codiert ist. Ich bin da nicht auf dem neuesten Stand aber früher hätte man da z.B. Primetime Adventures empfohlen. Oder vielleicht Fiasko oder Durance?
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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #38 am: 4.03.2021 | 19:54 »
Fiasco ist tatsächlich auf der Liste der Spiele, die ich gerne mal spielen will. Aber leider habe ich noch niemanden gefunden, der da mitspielen möchte.  :'(

Ob ich dann langfristig an dieser Art zu Spielen wirklich Gefallen finde kann ich gar nicht sagen. Es gibt ja einen Grund, warum ich viele Jahre sehr glücklich mit Rollenspielen war. Aber ausprobieren will ich es eben mal.

Offline Lord Verminaard

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #39 am: 4.03.2021 | 19:57 »
Aber leider habe ich noch niemanden gefunden, der da mitspielen möchte.  :'(

Normalerweise würde ich jetzt hier das Tanelorn-Treffen pitchen, aber in Jahr 2 der Corona-Zeitrechnung ist alles anders. :'(
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Offline Crimson King

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Re: Was ist anders als SL?
« Antwort #40 am: 4.03.2021 | 20:05 »
Fiasko hat den Vorteil, dass es den Aspekt des metagamigen kooperativen Geschichteerzählens essenzialisiert. Da gibt es nicht anderes mehr. Sämtliche quantifizierten Sachen, gegen die sich was verproben ließe, sind über Bord geworfen.

Davon abgesehen: je nachdem, was du unter Stimmung verstehst, schließen sich Stimmung und stark metalastiges Spiel tatsächlich gegenseitig weitgehend aus. Ich habe aber auch noch nie in einer FATE-Runde gespielt, in der zum Abschluss der Szene groß Metagaming betrieben wurde. Das lief alles implizit. Zu Beginn Szenenaspekte definieren habe ich immerhin vereinzelt erlebt, aber die ergeben sich meiner Erfahrung nach ebenfalls implizit aus der Erzählung.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe