Helena kann spüren wie sie etwas von hinten berührt, oder war es nur Einbildung, der zarte Hauch sanfter Finger auf ihrer Schulter.
Dann ertönt ein Flüstern an ihrem linken Ohr.
„Oh, mein Bruder war nicht ganz ehrlich zu ihnen werte Frau, er selbst ist es der stirbt und uns bald folgen wird. Ich spüre es, der Tod ist ganz nahe. Es ist die Angst die ihn quält und der kleine Junge konnte es nicht wissen, doch der Mann sehr wohl!“
Ein hohes Kichern ertönt das euch einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt.
Leicht Schritte sind zu hören, als wenn jemand in Ballschuhen in dem Raum auf und abgeht.
„In meiner Geburt lag der Tod und Vater hat es mich immer spüren lasse!“ die Stimme die ertönt ist erst nachdenklich dann traurig und bricht fast am Ende „Aber was kann ein kleines Mädchen dafür das die Mutter im Kindsbett stirbt, so zart und unschuldig. Ist es nicht schon eine Strafe ohne Mutter aufzuwachsen, muss der Vater sich auch noch von ihr abwenden!“
Dann wandelt sich die Stimme wieder, nimmt einen kalten, distanzierten Ton ein.
„Du weißt es Johann, ein Fluch liegt auf unserer Familie und DU hast alles nur schlimmer gemacht! Hättest du uns doch nie mit auf die Insel genommen und uns nie bei den stehenden Steinen beten lassen!“
Johann will mit einem schwachen „Aber…“ antworten aber Lisbeth oder besser gesagt ihr Geist unterbricht in herrisch.
„Wage nicht dir ausreden einfallen zu lassen großer Bruder, wage es nicht! Es ist deine Schuld, DEINE SCHULD, deine Schuld! Alva und August und selbst Konrad, nicht einer hat es überstanden nur du bist noch da und wir WARTEN großer Bruder!“
Lisbeth Stimme wird wieder weich.
„
Weist du in den Nächten in denen ich nicht schlafen konnte habe ich aus dem Fenster hinüber zu den Ruinen der alten Abtei gesehen. Das Wasser was uns trennt hat das Mondlicht in meinem Zimmer reflektiert. Kleine tanzende Lichter aus silbrigem Glanz huschten über die Wände. Und wenn ich leise genug war…“ jetzt wird die Stimme zu einem ehrfürchtigen, kindlichen Flüstern „…konnte ich die Gesänge der Mönche hören, wie ein himmlisches Schlaflied und es hat meinen Körper so mit Frieden erfüllt das mir ganz warm wurde!“
„Aber wie kann etwas das mir so viel Frieden beschert mich gleichzeitig so in Angst versetzen, mich so verfolgen! Um Mitternacht, wenn die Gesänge aufhörten verloschen die Lichter der Abtei. Nur am Ausgang ihrer Tunnel erglomm noch ein einzelnes, flackerndes Licht. Während ich das Licht anstarrte sah ich die Schatten der Mönche.“
Die Stimme des Mädchens erzittert vor Furcht und die Kraft der Kerzen lässt erneut nach, Dunkelheit breitet sich aus.
„Tief aus meinen Eingeweiden kroch eine Frucht in mir empor, es war als wenn die Insel Macht über mich hätte. Ich habe mich umgehört und schnappte Gerüchte auf, dass die Mönche der Abtei einen schrecklichen Tod gestorben seien und dass ihre Seelen aufgrund ihrer Taten niemals frieden finden könnten. Ihre gemarterten Seelen liegen begraben in den Katakomben unter der Abtei und noch immer halten zwei ihrer Brüder Wacht am Eingang der Katakomben.“
„Ich weiß nicht wieso, ich kann es mir nicht erklären! Worauf warten sie, was hoffen sie noch erreichen zu können. Sind sie durch die gleiche unbändige Macht an die Insel gebunden wie ich seit diesem Mittsommertag?“
„Der Herr wirkt auf mysteriöse Weise aber wie kann ein Gott zusehen, wenn seine eigenen Untertanen auf geheiligter Erde sterben? Und was blüht mir?“
„Eine andere Kraft muss dort wirken, eine von finsterer und böser Herkunft. Ein liebender Gott würde solch Schmerz und Leid nie zulassen! Ist es diese Kraft die an mir zerrt in all den Nächten, die mir in meinen Träumen keinen Frieden oder Erholung gibt? Sind die Wasser ausreichend um mich zu schützen? Was würde ich dafür geben diese Alpträume loszuwerden, nur einmal möchte ich in dem Hohen Gras bei der Abtei schlafen und diesen Visionen ein Ende bereiten!“
Dann verstummt die Stimme des Mädchens und ihr hört wieder die kalte, überhebliche, mit Selbstmitleid gefüllte Stimme der erwachsenen Lisbeth.
„Nichts was ich tat hat die Träume jemals enden lassen und die Insel hat mich zurückgeholt!“
Erneut ertönt ein Kichern, doch es drückt nicht Freude aus, sondern Wahnsinn.
„Weißt du Johann, wenigsten habe ich jetzt Mutter zurück!“