Originalbericht:
http://inyo.home.blog/2022/09/25/unamerican-cthulhu/Das Szenario Unamerican ist vom Autoren Scott Dorward (der unter anderem Unland oder Bleak Prospect verfasst hat) und Teil der „Time and Tides“ Reihe.
Die CharaktereAlan Shoreman: Anfang 30, ein hervorragender Verkäufer. Heute kommt sein Vorgesetzter zum Essen vorbei. Alles muss perfekt sein, damit Alan seine wohlverdiente Beförderung erhält.
Patty Shoreman: Alans Ehefrau. Sie ist gelangweilt vom eintönigen Hausfrauendasein, hat eine Affäre mit Alans bestem Freund Hank und jetzt ist sie auch noch schwanger. Das hat sie aber noch niemanden gesagt.
Hank Connell: Alans bester Freund, ein korrupter Polizist. Vor 3 Jahren ist seine Frau gestorben und jetzt hofft er, die Leere in seinem Leben mit Patty füllen zu können.
Shep Logan: Alans Vorgesetzter und Besitzer von „Logan and Sharpe“, einem erfolgreichen Elektronik-Unternehmen. Heute will er Alan auf Herz und Nieren prüfen, immerhin steht ihnen ein Jahrhundert-Deal bevor.
Jennifer Deepwater: Eine Frau, die vorgibt, Alans Schwester zu sein, von der er aber nie etwas erwähnt hat. Sie braucht seine Hilfe und zwar dringend. (Anmerkung: Heißt im Original Jael bzw. Jonah)
Die GeschichteIn Fairfield/Conneticut erfahren die meisten der 30.000 Einwohner von diesen Dingen aus dem Radio oder ihrer Zeitung, Fernseher sind weiterhin teurer Luxus. Fairfield liegt an der Ostküste zwischen New York City und Providence. Der größte Arbeitgeber ist General Electric. Zwei Drittel der Leute hier wählen republikanisch, und demnächst wird mal wieder der Sherriff gewählt. Amtsinhaber Max Kerry hat gute Chancen…
Willkommen bei den ShoremansDie Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Patty Shoreman hat die letzten Tage damit zugebracht, Haus und Garten auf Hochglanz zu bringen und ist gerade dabei, das Essen zuzubereiten. Es steht ein wichtiger Termin bevor, vielleicht der wichtigste bisher in ihrer Ehe mit Alan. Heute kommt Alans Vorgesetzter Shep Logan zu Besuch. Wenn sie einen guten Eindruck machen, bekommt ihr Mann eine Gehaltserhöhung.
Doch die Idylle wird gestört. Bereits am Vorabend, als Alan noch auf Geschäftsreise ist, hat eine fremde Frau bei Patty geklingelt. Sie erklärte, sie sei Alans Schwester und müsse dringend mit ihm wegen einer Familienangelegenheit reden. Patty wusste bisher nichts von einer Schwester, doch die Frau – Jennifer – erklärt, sie hätten sich arg verstritten und sie hoffe, dass er ihr überhaupt zuhört. Patty musste sie auf den heutigen Tag vertrösten und nun ist es soweit. Jennifer ist wieder da, sie hilft ein wenig mit, bis Alan von der Arbeit zurückkehrt.
Leider hat auch die Nachbarin Macy Little mitbekommen, dass Besuch da ist und ein Scheppern unterbricht Patty in ihrer Arbeit. Macy hat anscheinend versucht, über den Zaun zu spähen und ist dabei hingefallen. Sie tauschen ein paar freundliche Worte aus und Patty geht genervt zurück in die Küche. Doch sie kommt nicht weit, da plötzlich das Telefon klingelt. Es ist Sheriff Kerry, der Werbung für seine Wiederwahl macht und alle Bürger daran erinnern will, wie gut er in den letzten Jahren gearbeitet hat und wie sicher es in der Gegend ist – und vor allem kommunistenfrei. Sein Wahlspruch lautet entsprechend „Besser tot als rot.“ Patty bedankt sich und lädt ihn später auf ein Stück Kuchen ein.
Ein weiteres Scheppern aus dem Garten irritiert Patty, doch sie hat wenig Zeit, nachzusehen. Jennifer glaubt, dass etwas mit den Wasserrohren nicht stimmt, das habe sie vor einigen Wochen in einer anderen Stadt schon mal mitbekommen. Als endlich Alan nach Hause kommt, begrüßt seine Frau ihn erfreut. Dann muss sie ihm allerdings sagen, dass jemand Unerwartetes zu Besuch gekommen ist. Als er seine Schwester sieht, wird Alan sofort wütend und versucht, sie rauszuwerfen. Doch Jennifer erklärt ihm, dass ihr Onkel sehr krank ist und fragt ihn, ob er sich auch schon hat testen lassen. Bevor sie sich nach oben zurückziehen, um ungestört miteinander über das Thema zu sprechen, bekommt Patty mit, dass es sich wohl um eine Erbkrankheit handelt, welche im späteren Lebensverlauf zu Deformationen führt. Nun macht sie sich schreckliche Sorgen um ihren Mann und ihr ungeborenes Kind.
Doch dann klingelt es erneut an der Tür. Dieses Mal ist es Hank, der seinem besten Freund moralische Unterstützung geben will. Patty informiert ihn über die Situation und auch Hank ist schockiert.
Der Ehrengast erscheintZu allem Überfluss erscheint Mr. Logan auch noch 90 Minuten früher als geplant. Patty schafft es gerade noch so, Jennifer ein gutes Kleid von sich zu geben, dann eilt sie zur Begrüßung. Logan ist überrascht, so viele Personen im Haus anzutreffen, aber es scheint ihm zu gefallen. Ein Familientreffen und ein Freund bei der Polizei, was für ein vorbildlicher Angestellter! Jennifer verschwindet direkt nach der Vorstellung wieder in der Küche, um Getränke zu holen. Plötzlich hört man ein lautes Gluckern und sie spricht kurz leise mit Alan, der daraufhin erklärt, es gäbe anscheinend ein Problem mit dem Wasserdruck. Er geht kurz in den Garten zu seinem selbergebauten Atombunker, um dort nach den Gerätschaften zu sehen. Logan ist überrascht: Warum kontrolliert Alan den Wasserdruck im Garten? Patty klärt ihn schnell über den Bunker auf.
Dann klingelt es erneut an der Tür, dieses Mal ist es Macy mit einem Kuchen. Ohne abzuwarten schlüpft sie ins Haus und macht es sich bequem. Ihr erster Blick fällt auf Jennifer, zu der sie leise flüstert: „Das Kleid passt Ihnen nicht so richtig.“ Dann versucht sie, ein bisschen mehr über Logan zu erfahren und als sie herausfindet, wie wohlhabend der Mann ist, ist ihr Interesse geweckt.
Alan kehrt zurück und berichtet über ein verklemmtes Ventil. Patty prüft den Wasserdruck in der Küche, alles scheint wieder in Ordnung zu sein. Macy will sich plötzlich unbedingt den neuen Strauch in der Nähe des Bunkers ansehen, doch Patty vertröstet sie auf später. Sie serviert jetzt nämlich die Vorspeise, eine Kürbiscremesuppe nach altem Familienrezept. Macy versucht ihr sofort, die Zutaten zu entlocken, doch Patty gibt diese nicht heraus und die anderen sinnieren ebenfalls über geheime Familienrezepte und die guten alten Zeiten. Die Gespräche gehen weiter, es geht um Kleinigkeiten und hin und wieder versucht Macy, mehr über Jennifer herauszufinden, die jedoch abblockt: Sie ist hier, weil es dem Onkel, den sie lange gepflegt hat, noch schlechter geht, aber dies sind Familienangelegenheiten, die jetzt nichts am Tisch verloren haben.
Waschbären und RazzienNach einer Weile hört man ein lautes Scheppern von draußen, es scheint aus dem Bunker zu kommen. Verärgert geht Alan nachsehen, seine Schwester folgt ihm. Macy bietet an, Eiscreme für später zu holen, versucht aber, durch den Garten zu gehen. Patty, die sich denken kann, dass sie Nachbarin nur herumschnüffeln will, weist sie darauf hin und die Frau geht durch die Vordertür raus. Logan fängt nun an, die Suppe anzupreisen und überhäuft Patty nur so mit Komplimenten. Sie bedankt sich und Logan meint, dass Alan gute Chancen hat, sich bald ein größeres Haus ohne Rohrpfusch leisten zu können. Dann erzählt er über ein besonders teures Radio, welches er selbst besitzt.
Als Alan wiederkommt, hat er etliches Gartenwerkzeug dabei, welches er neben dem Bunker abstellt. Er murrt, dass er demnächst einen Kammerjäger rufen muss, da habe sich anscheinend eine Waschbärfamilie im Bunker eingerichtet. Hank bietet natürlich sofort an, das Problem zu beheben, immerhin hat er seine Dienstwaffe dabei, doch Alan beschwichtigt ihn. Dieses Problem hat Zeit, jetzt sollten sie sich auf das Essen konzentrieren. Logan ist ein wenig entsetzt. Sein bester Angestellter muss in solchen Umständen leben. Und was für ein Zufall, dass diese Probleme genau heute auftreten!
Macy kommt mit der Eiscreme zurück und als sie diese in der Küche einräumen, schwärmt sie Patty vor, wie toll Logan sei. Sie ist verwitwet und einsam, ob sie eine Chance bei ihm hat? Das Telefon klingelt und Alan hebt ab. Es ist der Sheriff, der mit Hank sprechen möchte. Diesem erzählt er, morgen soll im Ort eine Razzia stattfinden, es gibt ein paar Verdächtige und er soll sich noch einmal genau umhören und dafür sorgen, dass die Bürger morgen kooperieren. Die anderen bekommen ein paar Wortfetzen vom Telefonat mit und wieder wendet sich Logan an Alan: Er dachte, die Gegend hier sei ruhig und sicher, was ist denn nur los?
Derweil macht Macy ein paar Cocktails und Patty tischt den Hauptgang auf, einen ordentlichen Truthahn, ganz im Sinne von Thanksgiving. Dazu gibt es Logans Lieblingswein. Die anderen löchern Hank mit Fragen zum Telefonat. Geht es vielleicht um den neu Zugezogenen von schräg gegenüber? Der ist zumindest Macy unheimlich und sie warnt Jennifer davor, abends alleine draußen herumzulaufen. Die beiden scheinen sich mittlerweile ganz gut zu verstehen, nachdem Macy mehrmals nachgebohrt hat, als was Jennifer denn eigentlich arbeitet und was ihre Familie so gemacht hat. Alans Schwester hat daraufhin angefangen, sie mit Komplimenten zu überschütten, was die Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt hat.
BeschwerdenWährend die Männer sich über Sport und Politik unterhalten, trinkt Macy einen Cocktail nach dem anderen. Als wieder ein lautes, gurgelndes Geräusch aus dem Bunker ertönt, will sie nachsehen, doch sie ist nicht mehr sicher auf den Beinen und so bringen Hank und Patty sie zu sich nach Hause. Als sie zurückkommen, geht es noch immer im Gespräch der anderen noch immer um Kommunismus und was für Personen diesen betreiben: Schauspieler und deren Manager, eben Leute, die keiner ordentlichen Arbeit nachgehen, Autoren und Musiker, all diese Leute sehen Alan und Logan als besonders anfällig. So wie zum Beispiel die Familie Doe, die zwei Häuser weiter wohnt. Die beschäftigen sich auch viel zu viel mit Literatur, reden komisches Zeug und bleiben unter sich.
Ein Großteil der Hauptspeise ist verdrückt, als es schon wieder an der Tür klingelt. Dieses Mal ist es das Ehepaar Doe, welches sich im Namen einiger Nachbarn über den Lärm beschwert, welcher aus dem Garten der Shoremans kommt. Alan holt Hank dazu, um zu zeigen, dass auch ein Polizist ein Auge auf die Situation hat, sie aber um diese Uhrzeit keinen Handwerker mehr bekommen, der nach den Rohren sehen kann. Als die Does weiter herumkeifen, dass nun die Nachbarschaft diesen Lärm ertragen muss, konfrontiert Alan sie mit den Anschuldigungen, sie würden des Kommunismus verdächtigt, woraufhin die beiden schnell das Weite suchen.
Bevor Patty aber endlich den Nachtisch servieren kann, entdeckt Alan Macy, die versucht hat, über den Gartenzaun zu klettern und nun an ihrem Kleid daran herunterbaumelt. Er entschuldigt sich für den Zwischenfall und geht mit seiner Schwester hin, damit eine Frau bei dem peinlichen Vorfall dabei ist. „Es hat gequakt“, lallt Macy. Gerade, als sie die Betrunkene nach Hause bringen wollen, fährt ein schwarzes Auto vor und ein Mann im Anzug steigt aus.
Aufmachen, FBI!Der Mann stellt sich als Special Agent Traynor vom FBI vor. Er ist auf der Suche nach vier Flüchtigen, vermutlich Kommunisten, welche hier in der Gegend untergetaucht sein sollen. Er bittet Alan, alle Anwesenden in den Garten zu bringen, damit er sie kontrollieren kann. Sie leisten dem Folge und alle bleiben ruhig – außer Jennifer. Sie kann sich nicht ausweisen und die Anwesenheit des Mannes scheint eine Panikreaktion bei ihr zu verursachen. Sie wird hysterisch und fängt sogar an, Alan anzugreifen und beschuldigt ihn, das hier eingefädelt zu haben, um ihr eins auszuwischen.
Patty holt ihr Beruhigungsmittel, doch nachdem Alan seiner Schwester diese einflößt, erbricht sich die Frau nur. Hank und Patty bringen sie nach drinnen und die betrunkene Macy folgt ihnen, während sie immer wieder murmelt: „Da drüben hats gequakt.“ Sie meint den Bunker. Jennifers Haut fühlt sich seltsam an, irgendwie glitschig, als wäre sie massiv verschwitzt.
Ein lautes Geräusch ertönt aus dem Bunker, woraufhin der Agent seine Pistole zieht und Alan befiehlt, die Tür zu öffnen. Hank gesellt sich zu ihnen, während Patty Jennifer ins Bad bringt, um sie abzuduschen.
Als Alan die Tür öffnet, kommt ihnen ein muffiger Gestank entgegen. „Mist, es muss doch ein Rohr geplatzt sein“, meint er nur verärgert. Dann erklingt eine verzerrte Stimme: „Caleb, hilf uns.“ Und eine menschenähnliche Hand mit Schuppen und Schwimmhäuten zwischen den Fingern wird ihm aus der Dunkelheit entgegengestreckt.
Alan hat sich eine der Schaufeln genommen und schlägt den FBI Agenten damit tot, woraufhin Hank zu seiner eigenen Waffe greift und Alan anschießt. Logan schnappt sich die Waffe des toten Agenten und schießt damit ebenfalls auf Alan, der nun am Boden liegt und ausblutet, während eine große, Gestalt aus dem Bunker tritt, die wie ein Hybrid zwischen Mensch, Fisch und Kröte aussieht. Sie fleht um Hilfe und bietet den Männern Gold an, wenn sie ihr helfen.
Oben im Bad sehen die Frauen das Wesen und Jennifer drängt Patty dazu, mit ihr zu fliehen. Patty ist bereit. Ihr Mann scheint tot zu sein und ein Leben auf der Flucht – das klingt aufregend. Doch als sie unten sind und sie das Wesen genauer sieht, fragt sie: „Wird mein Kind auch so ein Ding?“ Jennifer versichert ihr, dass es keins wird und auch Alan keucht, dass das Kind ganz normal aufwachsen wird. Dann – vermutlich, um seine Familie zu schützen – schlägt er sich den Kopf an einem Stein ein. Als Jennifer versucht, die Lage zu erklären – „Die Regierung hat uns zu dem hier gemacht. Sie haben an uns experimentiert und wir wurden zu Mutanten“ – erschießt Hank sie.
Überall um sie herum ist Chaos, Nachbarn haben die Polizei gerufen und das Wesen schaut immer noch traurig drein und bittet um Hilfe. Doch niemand tut etwas. Als die Polizei eintrifft, wird die Kreatur sofort erschossen. Das andere Wesen, welches sich im Keller versteckt, sowie die Leichen von Alan, Jennifer und der Kreatur, werden an einen geheimen Ort gebracht. Logan nimmt Patty zur Seite und beruhigt sie: „Sie wussten offensichtlich nichts von alledem. Ich kann gerne sagen, dass das Kind meins ist, dass wir eine Affäre hatten.“ Patty willigt ein.
Hank erzählt dagegen, dass Pattys Kind von Alan ist, doch es steht Aussage gegen Aussage, sodass sich nichts weiter daraus ergibt und bald ist Frau Shoreman Frau Logan und lebt wohlhabend in einer anderen Nachbarschaft. Vielleicht ändert sich ihr Leben jetzt zum Besseren. Hank wird zum Helden des Tages und kurz darauf befördert.
FazitVorab: Das Szenario wurde ursprünglich für das System Hot War geschrieben, wir haben es aber auf CoC konvertiert, damit das Würfeln flüssiger abläuft.
Ein sehr geniales Szenario, welches ausschließlich von der Interaktion der SC lebt. Es gibt keine vorgeschriebene Story, nur vorgegebene Verbindungen und die Tatsache, dass Jennifer ein paar Tiefe Wesen Hybriden bei ihrem Bruder im Bunker versteckt hat.
Jeder SC hat eigene, geheime Motivationen, welche sehr schnell zur Eskalation der Lage führen können. Je nach Konfliktwillen der Gruppe kann das Szenario bereits nach einer halben Stunde beendet sein, wir dagegen haben sehr konfliktscheu gespielt und so gute 3 Stunden benötigt. Viele Gespräche, die die Geschwister heimlich geführt haben, habe ich im Bericht nicht aufgenommen, um dem Leser nicht zu viel zu verraten, aber die beiden haben häufig über die Lage ihrer Verwandten im Bunker diskutiert. Bei uns waren sie sehr verschiedener Meinung, was das weitere Vorgehen anbelangt. Unser SL hatte zuvor das Szenario als Spieler erlebt und war die männliche Version von Jennifer. Er konnte seinen Bruder recht schnell auf seine Seite ziehen, sodass sie alle am Ende gemeinsam geflohen sind. Es kann also sehr unterschiedlich ausgehen…
Für mich war das Szenario ein Highlight des Jahres. Hilmar bzw. Nicola_Tesla, der SL der vorangegangenen Runde (bei der unser SL Spieler war), hat noch ein paar Worte zu seinen Eindrücken:
3x Unamerican in Kurzform
Die AutorenrundeMeine erste Runde „Unamerican“ spielte ich beim Autoren des Szenarios, Scott Dorward. Er hat eine Serie von vier Abenteuern rund um die „Innsmouth Diaspora“ geschrieben, die er seit Jahren auf Conventions leitet, aber nie veröffentlicht hat. Die lose Kampagne heißt „Time and Tides“. Jedes Abenteuer spielt in einem anderen Jahrzehnt, aber alle beleuchten das Schicksal der hybriden Tiefen Wesen nach dem „Sturm auf Innsmouth“ 1928. Unamerican ist das Szenario für die 50er Jahre.
Die Spielrunde fand online auf Discord statt, mit den vier Rollen des Original-Szenarios (also ohne Shep Logan, den ätzenden Chef). Ich bekam die Rolle zugewiesen, die sich als die schwierigste von allen herausstellen sollte: Jael, die gejagte Hybride, die ich in den männlichen Jonah umwandelte. In der Runde bekam ich von Anfang an viel Contra: Alle anderen SC waren gegen mich – mein Bruder Alan war ein krasser Macho und super abweisend, seine Frau Patty wollte auch nichts von mir wissen, und dann noch der Cop, der immerhin einigermaßen still war. Der krasse Antagonismus von Anfang an führte bei mir zu hohen Adrenalin-Leveln, die sich sonst selten einstellen beim Tabletop-Pen-and-Paper. Kaum saß ich in der Küche meines Bruders, ballerten schon meine Verwandten an den Türen des Bunkers, und die Tragik nahm ihren Lauf. Die Nachbarn wurden aufmerksam, und sehr schnell kam es an der Bunkertür zum Kampf. Den verlor ich leider – auch weil Patty immer wieder entscheidend gegen mich eingriff. Sie wurde von Graham Walsley verkörpert, dem Autor von „Cthulhu Dark“, der die 1950s Frauenrolle der desperate housewife so gut ausfüllte wie nur wenige Frauen es könnten (trotz seines Bartes J).
Der Konflikt am Bunker war kurz und heftig, ich konnte gerade noch so ins Gebüsch fliehen. Draußen tauchte dann noch das Auto des FBI-Agenten auf. Auch Alan und Patty hatten genug und wollten nur noch weg. Beide also in ihr Auto, und als sie rückwärts aus der Ausfahrt kommen, werfe ich mich noch mit letzter Kraft in den Wagen, um dem FBI-Agenten zu entkommen. Ein letzter verzweifelter Appell an meinen Bruder, mich zu retten – natürlich sprach Patty dagegen: „Er oder ich!“ Da wir mit den Regeln von „Hot War“ spielten, wurde dies zum letzten großen Konfliktwurf des Abends. Nach den Niederlagen zuvor und gegen alle Wahrscheinlichkeit konnte ich diesen Wurf für mich entscheiden. Also nickte Alan mir zu: „Blut ist dicker als Wasser, family is family, er kommt mit.“ Patty starrte Alan ungläubig an, stiegt aus dem Auto – und geriet in den Kugelhagel des FBI-Agenten.
Für mich persönlich eines der denkwürdigsten Finals aller Zeiten, als die beiden Brüder grummelnd aber vereint aus der Stadt fuhren, dem Sonnenaufgang entgegen…
Die GartenrundeDie zweite Runde habe ich dann selbst geleitet, und zwar weitgehend freeform als halbes Lirp (Mini-Larp). Ein Freund hat ein Gartenhaus mit Garage, was wir alles 1:1 als Kulisse fürs Spiel nutzten. Sein Bungalow war das Vorstadthaus, die Garage der Atombunker, dazu gab es Grill, Terrasse etc., und alle waren passend gekleidet. Wir waren wieder 4 Spieler in den klassischen Rollen. Gespielt haben wir mit den Regeln von Hot War, so wie der Autor es angelegt hat. Das funktionierte gut. Für die wenigen gewürfelten Konflikte setzten wir uns an den Gartentisch, danach ging es dann immer live weiter. Im Hintergrund spielte ich echte 1950s Radiosendungen ab.
Das Live-Setting funktionierte perfekt, und es kam ständig dazu, dass zwei Spieler in einer Ecke, zwei in der anderen miteinander sprachen, im andauernden Krisenmodus. Die Hybride Jael weihte ihren Bruder Alan recht früh ein, dass im Bunker die Verwandten steckten, und der legte alles darauf an, dieses Geheimnis zu bewahren – fing dann aber an, über viele Banden zu spielen und alle anderen zu manipulieren. Mittenrein ins Chaos platzte der Chef rein, der sich selber eingeladen hatte und nun Patty hart angrub, z.B. in einer 1:1-Szene im Haus.
Diese Zeit nutzten Alan und Jonah, um mich als Spielleiter total zu überraschen. Denn als sie kurz darauf den Freund von Alan (den Cop) in den Bunker lassen, flüstert mir Alan zu: „Sie sind nicht mehr da…“ Sie hatten die Tiefen Wesen zwischenzeitlich in den Pool verfrachtet und eine Plane über den Pool geschmissen (in dem Garten gab es diesen Pool tatsächlich).
Am Ende fand Hank, der Cop, dann doch heraus, dass da was im Pool steckte, draußen kurvte schließlich auch schon ein auffällig unauffäliger Wagen herum… der Agent. Am Pool kam es zu einem Kampf, bei dem Alan, Jonah und die Hybriden den guten Hank töteten und dann die Flucht ergriffen, denn es heulten schon die Sirenen, weil Hank vorher unbemerkt Verstärkung angefordert hatte. Also flohen die Hybriden aus der Gartentür (alles live gespielt), wo aber der Special Agent schussbereit wartete. Schüsse hallten durch die Nacht, Jael warf sich vor ihren Onkel, um diesen zu retten, und brach getroffen zusammen, während die drei Hybriden im Dunkel der Nacht verschwanden….
Die Convention-RundeAuf der Anrufung 2022 habe ich Unamerican dann als halbe Freeform-Runde geleitet, wir hatten einen großen Raum zur Verfügung, den ich mit Sofa, Stühlen etc. in einen Bereich „Haus“ und einen Bereich „Garten mit Terrasse und Atombunker“ aufteilen konnte. Regeln waren wieder Hot War, und es gab die vier vorgesehenen Rollen.
Die Raumaufteilung funktionierte nach anfänglichen kleinen Verwirrungen sehr gut. In dieser Runde traf Jonah auf einen sehr viel verständnisvolleren Bruder Alan, als er ihn einweihte, wer der im Bunker wartete. Alan tat alles, um die Verwandten zu verbergen, brachte ihnen sogar Essen (Fisch) und legte einen Gartenschlauch in den Bunker, damit sie es schön feucht hätten. Später würde er sich um einen Transporter von der Firma kümmern, um die Verwandten hier wegzubringen.
Im Garten wurde sehr viel geredet, über Politik, moderne Radios etc. , und natürlich nervte die Nachbarin immer wieder übern Gartenzaun. Dann platzte Shep Logan herein, der nervige Chef von Alan, und wurde bewirtet und von allem möglichst ferngehalten. Dazu hatte ich eine Verkleidung mit einem Jackett und einer alten Hornbrille gewählt.
Hank wurde immer misstrauischer und musste vom Bunker ferngehalten werden, als zu allem Überfluss FBI Special Agent Traynor anklingelte. In der Stadt sei eine Bande von drei Kommunisten auf der Flucht, und sie wurden zuletzt hier in der Nähe gesehen. Alan bat den Agenten herein und es entpuppte sich ein Gespräch, bei dem der FBI-Mann Alan hart unter Druck setzte: „Wenn Ihre Firma demnächst die Regierung beliefert, werden sie ganz genau geprüft werden, vor allem auf kommunistische Umtriebe…“ Dann ging der Agent wieder, aber nicht ohne sich nochmal mit Hank zu unterhalten: „Lassen Sie mich wissen, wenn Sie irgendwelche kommunistischen Aktivitäten bemerken…“ Und tatsächlich sollte Hank sich im späteren Verlauf noch unscheinbar nach draußen begeben, um mit dem Agenten abzumachen, den Schuppen zu kontrollieren.
Das Finale kam jäh und plötzlich: Hank ließ sich nicht mehr davon zurückhalten, den Schuppen zu öffnen, aus dem ständig seltsame Geräusche kamen. Weil der Fallout Shelter abgeschlossen war, schoss er das Schloss mit seiner Dienstwaffe auf, woraufhin Alan und Jonah ihn von hinten mit Gartenstühlen niederschlugen. Kurz darauf kam der Agent von der anderen Seite in den Garten geschlichen und griff in den Kampf ein, in dem aber die Familie „Shoreman“ (Marsh) die Oberhand behielt. In dieser Konfliktszene ging es hin und her, wobei die Regeln von Hot War den Spielfluss zu stark aufhielten und die Live-Szenen zu stark unterbrachen. Dennoch kam es zu einem denkwürdigen Finale, in dem Alan, Jonah und Patty die Flucht ergriffen. Hank und Agent Traynor lagen tot in den Pfützen vor dem Fallout Shelter. Und Shep Logan, Alans Boss, türmte schnell noch aus dem hinteren Fenster…