@ Fredi
Stell dir vor, du bist ein Pazifist. Du kommst abends nach einem anstrengenden und regnerischen Arbeitstag nach Hause. Du stellst den Regenschirm in die Ecke und bemerkst aus den Augenwinkeln, wie eine maskierte Gestalt deine beiden Kinder hinrichtet. Wie reagierst du?
Ich denke, wenn hier der Spieler spontan entscheidet (und bereits eine Immersion in seinen Charakter hat), kommt die glaubwürdigste Reaktion hervor.
Wenn der Spieler aber einen Schritt zurückgeht und sich überlegt: "Einerseits bin ich Pazifist, aber andererseits könnte ich ja jetzt auch sehr aggressiv werden. - Hmm, das hängt wohl davon ab, wie sehr ich meine Kinder mochte. Mal überlegen."
In diesem Fall bezweifle ich, dass er zu einer besseren Handlung kommt.
Die Reaktion aus dem Bauch heraus ist auf alle Fälle realistischer (wenn auch nicht unbedingt interessanter) als die Reaktion nach reiflichen Überlegen.
Und ich finde, mit der Veränderung, die aus dem Bauch raus getroffen wurde, kann der Spieler auch besser arbeiten, da sie ebend nicht rein rational getroffen wurde, sondern er auch emotional versteht, wieso der Charakter so handelte.
Dann muß sich Spieler A nun überlegen ob er IC reagiert (und mit Spieler Bs Charakter einen Streit anfängt) oder den Streit vermeidet.
Und wieso ist es der Charakterentwicklung dienlich, wenn Spieler B keinen Witz gerissen hätte. Oder wenn Charakter A jetzt darauf verzichtet auszurasten?
Es mag vielleicht aus gamistischer Sicht hilfreich sein, über den Witzt hinwegzusehen.
Und für die Story mag es auch hilfreich sein, wenn die Charaktere unverletzt den Gegnern gegenüberstehen und sich nicht vorher halb tot prügeln.
(Story und Gamismus sind also 2 Gründe, wieso man OOC - Überlegungen anstellen sollte. - Und wenn man in der RPG Gruppe Probleme hat, sollte man auch häufiger in's OOC fallen.)
Aber für die Charakterentwicklung ist es disfunktional:
Wenn der Charakter aus OOC Gründen eine Tat nicht begeht, dann ist dieser Charakter unglaubwürdig und eine interessante Charakterentwicklung nur erschwert möglich.
(Anders sähe es aus, wenn Spieler A die ganze Zeit in Immersion ist (schreibt man das so?) und sein SC denkt: "Verdammter Schnösel auf seinen Gaul. Am liebsten würde ich ihm eine reinschlagen. Aber ich brauche ihn noch. Also mache ich ihn erst fertig, wenn wir den Auftrag erledigt haben und wieder auf dem Rückweg sind. - Rache wird am besten kalt serviert. / Das wirst du noch büßen." Aber nach einiger Zeit ist sein Jähzorn verraucht und er hat es dem "arroganten Schnösel" bereits verziehen.)
In diesem Fall hat er aus IC Gründen auf eine Tracht Prügel verzichtet. (Der Spieler hatte niemals eine OOC Betrachtung) Und deswegen ist der Charakter für Spieler A immernoch glaubwürdig.
Für Spieler B und den SL macht es keinen Unterschied, ob der Charakter aus IC oder OOC Gründen die Zähne zusammenbeißt und nichts tut. Sie nehmen schließlich nur am äußeren Geschehen teil.
Für Spieler A macht es aber einen riesen Unterschied und es könnte die Glaubwürdigkeit seines SCs zerstören, eine kurze OOC Betrachtung zu machen.
Würde hier rein nach IC Gesichtpunkten gehandelt käme es vermutlich zum Konflikt.
Das käme darauf an, wie stark sich Spieler A in seine Rolle hineinversetzt hat.
Und solange sich der Konflikt nur im Spiel abspielt und nicht herausgetragen wird, kann es für die Charakterentwicklung nur positiv sein.
M, der pures IC-Spiel für eine Illusion hält.
Oh doch. Das gibt es.
Ist komischerweise die anstrengendste (aber für mich auch interessanteste) Art RPG zu spielen.
Wovon man sich allerdings befreien sollte, ist die Vorstellung, dass man einen Plot lösen muss.
Es existiert schon ein Plot. Aber der dient nur als Kulisse für Handlungen der SCs. Wichtig sind die Motive der SCs.
(Was auch schonmal dafür gesorgt hat, dass man den Plot sprengt und irgend etwas scheinbar nichtiges macht.)