Zwischenspiele - Dev/Nulls Vision
Während einer Primogenssitzung bricht Dev/Null plötzlich zusammen. Konvulsivische Zuckungen erschüttern seinen Körper, blutiger Schaum steht ihm vorm Mund, Schreie dringen aus seiner Kehle.
Den Vampiren sträuben sich die Haare, ein Lufthauch streicht an ihnen vorbei – Stille.
Dann: Dev/Null liegt leicht zuckend auf dem Tisch...seine Augen sind geschlossen...und er spricht.
„Ein Ozean der Stille...eine schwarze Sonne...Wasser, so glatt wie Seide...Dann: Ein Kräuseln. Eine zitternde Bewegung im Spiegel, in dessen Schwarz sich das Sonnelicht bricht. Die Luft steht. Die Wellen beginnen sich auszubreiten. Erfassen das Wasser und treiben es auseinander. Zuerst ist es ein Stein, der den Spiegel zerbricht. Die Ruhe stört. Und dann ist es ein Felsen, der die Wasser teilt. Und dann ist es ein Berg, der aus den Tiefen eines unendlichen Ozeans emporsteigt und die Welt verändert.
Sie stehen am Strand – der Tremere, der den Sabbat so abgrundtief hasst – der Ventrue, der die Stadt versucht in Bande zu schlagen – der Brujah, der versucht zu überleben – die Malkavianerin, die das Unheil sieht – der Nosferatu, der in einem Haus der Lügen verstrickt ist – der Toreador, der nach agonischer Harmonie strebt – der Tzimisce, der die Stärke des Clans nährt...
Ein Palast...voller Wunder...blaue Wände, goldene Kuppeln...ein Sarkophag einer wunderschönes Weib...sie stehen um ihn herum und beraten...niemand weiß, was zu tun ist. Narren! Wie können sie auch, denn SIE ist NICHT für die Wahrheit geschaffen. Sie ist nicht für die Welt geschaffen. Sie ist für IHN geschaffen. Bereit, ihn zu empfangen, jungfräulich, wie einst Maria den Messias, denn auch er ist der Messias, der rachsüchtige Messias, bereit, die Welt zu zerschmettern und nach seinem Bilde neu zu formen...ein Geschöpf des Wyrms.
Und dennoch kann der Areopag nichts tun...denn nur Menschliches ist im gleichgültig...und totes Fleisch seine Nahrung...und die Realität sein Opfer...und die Welt wird neu erstehen.“
Zwischenspiele - Der Alte vom Berg
Gerüchte machten schon länger die Runde, doch jetzt wird es greifbar: Die Assamiten haben sich gespalten. Eine Abordnung aus Alamut ist auf dem Weg nach New Eden, um Asyl zu beantragen.
Angeführt werden sie von einem Ältesten...
Saif Al Khay’yid ist braungebrannt (!), hat ein absurd langgezogenes Gesicht, fast mumienhafte Züge. Er trägt ein dunkelgrünes, golddurchwirktes Gewand mit Mondsymbolik, einen zeremoniellen Krummdolch, auf dem Haupt einen dunkelgrünen Turban mit einem blutroten Rubin darin.
Er verneigt sich vor dem Rat.
„Mein Name ist Saif Al Khay'yid, Emissär des Alten vom Berge. Meere von Blut haben unsere Bande vor Jahren ertränkt und die Kinder Haqims fegten über die kainitischen Nachkommen wie der Sturm über das Weizenfeld. Den Ewigen Tod ihres Vaters zu rächen war ihre Aufgabe, und sie erfüllten sie mit Inbrunst und Hingebung. Der Endgültige Tod war ihnen nicht fremd, und so begrüßten sie ihn wie der Frierende den Sonnenaufgang begrüßt.
Die Clans entschieden, sich mit der einzigen Macht zu schützen, die sie gegen die dürstenden Kinder Haqims besaßen: Thaumaturgie. Generationen von Tremere arbeiteten an dem Fluch, der das Blut der Clans für uns vergifteten und unsere gerechte Sache zum Erliegen brachte.
Jahrtausende zwangen sie uns, den Sturm unter Kontrolle zu halten.
Doch nun, Rat von New Eden, hat sich der Sturm, der um Alamut tobte, losgerissen. Denn nicht länger stehen die Kinder Haqims im Banne der Hexenmeister. Nicht länger müssen sie warten, suchen, Geduld haben und ihre Kampfkunst perfektionieren.
Nein, denn Dank unerschöpflicher, jahrhundertelanger, tiefer und ergebener Bemühungen haben unsere eigenen magischen Lehrmeister einen Weg gefunden, den Fluch zu brechen, der über Alamut und seiner Nachkommenschaft lag.
Unser gemeinsames Ziel rückte in greifbare Nähe – die Auslöschung kainitischen Lebens auf diesem Planeten. Wir hatten Jahr um Jahr geduldig daran gearbeitet, wie die Spinne ihr Netz webt, erduldeten Rückschläge und behielten unermüdlich die Welt im Auge, wie sie ohne die Nachkommen Kains wäre.
Als unsere Arbeiten von Erfolg gekrönt waren, wähnten wir uns am Ziel unserer Träume. Freudentaumel ergriff Alamut, als unser aller Meister die freudige Nachricht überbrachte.
Doch die Freude währte nicht lange. Sofort stürmten die Kinder Haqims in die Welt. Sie begannen wieder, ihre Brüder und Schwestern in Kain zu erschlagen. So wie sie einst wüteten, so wüteten sie heute wieder.
Alamuts Rat sah dies mit Sorge. Eine weitere Niederlage wie der Fluch der Tremere würde das große Ziel erneut in weite Ferne rücken.
Doch viele sprachen, die Hexenmeister seien schwach, die Bande der Camarilla zerrüttet, die Hierarchie des Sabbat durch Machtkämpfe nur noch ein Schatten in der Zeit.
Die sei die Zeit der Assamiten.
Die Beratungen in Alamut wurden zu Diskussionen, Disputen, schließlich zu offener Feindschaft.
Die einen erklärten, Haqim, unseren Vater, nicht enttäuschen zu wollen und sein Ziel sogleich zu verwirklichen. Die anderen hielten dagegen, dass die Macht der Kainiten nach wie vor ungebrochen sei und ihre Lethargie nur ein Ablenkungsmanöver.
Sie hießen die Zauderer Verräter. Und so kam das hehre Werkzeug des Todes nach Alamut selbst. Die erste Nacht des verräterischen Blutes überlebten nur wenige. Alamut ist in der Hand der Wahren Kinder Haqims. Die Welt wird einen Blutrausch erleben, wie er nie zuvor gekannt.
Und so bin ich zu euch gekommen. Ein Ausgestoßener aus seiner Familie. Ein Emissär des Friedens. Des Friedens zwischen den Kindern Haqims, die sich nicht der Schmach hingeben, erneut in Bann und Fluch geschlagen zu werden. Die Kinder, die alte Ideale der Einheit nicht vergessen haben und die diese Zwistigkeiten als Bruch der Traditionen ansehen. Traditionen, die mit den alten Propheten Adam, Mohammed und Jesus begannen und die Allah als Leuchtfeuer in einer immerwährenden dunklen Nacht ansehen.
Sie sind nun die gejagten im eigenen Land. Ihnen eine sichere Zuflucht vor der heidnischen Flut blutrünstiger Mörder zu geben, ist eine meiner Aufgaben. Deshalb bin ich hier.
Denn ich bitte um Zuflucht. Für mich und dreißig Kinder Haqims, die ihre Ideale nicht verraten haben und denen ihr Glaube noch immer Halt und Trost ist.
Dies ist mein Angebot: New Eden ist groß und mächtig. Nirgendwo sonst ist der Stein der Camarilla so fest wie im Zentrum der Konklave und hier in New Eden.
Wir sind hier, um diesen Stein zu bewachen in einem Meer aus Feuer und Blut, aus Zerstörung und Chaos. In einem Meer voller Unsicherheiten bieten wir New Eden einen starken Arm der Gerechtigkeit. Unser Glaube ist unser Schild, und New Eden soll die Festung sein, die unseren Glauben birgt wie eine Mutter ihren wahren Sohn und ihn verteidigt wie ein Vater seine Familie.
Dafür leiste ich einen heiligen Eid. Und dreißig Kinder Haqims werden es mir gleichtun.
Entscheide Dich, o Rat von New Eden.“
Nach langer Diskussion stellt sich der Primogen von New Eden der Abstimmung über die Aufnahme der verfolgten Assamiten. Lord Belford: Dafür. Black Velvet: Dagegen. Gladius: Dafür. Mandrake: Dagegen. Foucheau: Dafür
Winthorpe: Dagegen. Ionescu: Dafür.
Der Emissär bedankt sich und bezieht Quartier im zweiten Elysium der Stadt, dem alten Luxusliner CATO im Hafen von New Eden.