Autor Thema: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?  (Gelesen 4538 mal)

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wjassula

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[Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« am: 3.08.2005 | 18:40 »
Hallo,

ich bin nicht glücklich mit der zentralen Rolle der Prämisse in der Definition von Narr. Ich finde das Konzept ist schwer verständlich, und lenkt zu sehr davon ab, worum es eigentlich geht. Ausserdem stimme ich mit Egri einfach nicht überein, was die Definition der Funktionsweise von dramatischer Erzählung angeht. Ich habe deshalb überlegt, ob man nicht eher auf eine Abgrenzung von Sim abheben kann, die bei der Art und Weise ansetzt, wie jeweils die Geschichte zustande kommt.

Kennzeichen der simulationistischen Zielsetzung ist es, unter der Führung eines Spielleiters einen ein sich stimmigen Tagtraum zu erleben, ohne dass die Beteiligten „zugeben“, dass der Traum nur ein Traum ist. Das wesentliche Merkmale von Simulationismus ist also „innere Stimmigkeit auf allen Ebenen um jeden Preis, OHNE dass diese Stimmigkeit bewusst herbei geführt werden darf“.

Bei beiden Zielsetzungen geht es um das Erzählen von Geschichten, aber beim Narrativismus leugnen die Spieler eben nicht, dass sie eine Geschichte erzählen, weil sie das Spielgeschehen bewusst so steuern möchten, dass sich eine ästhetisch befriedigende Geschichte ergibt. Sim – Spieler sind die Figuren in einer Geschichte, die der Spielleiter geplant hat, und ihr Vergnügen besteht im Erleben einer Geschichte. Narr – Spieler sind die Autoren einer Geschichte, die sie zusammen entwerfen, und ihr Vergnügen besteht im Erschaffen einer Geschichte. Beim Sim – Spiel soll sich die Geschichte aus der Stimmigkeit der Handlungen mit der geträumten Welt im Rückblick wie von selbst ergeben, beim Narr – Spiel stellen die Spieler diese Stimmigkeit durch die Handlungen ihrer Charaktere her.

Ich würde also den entscheidenden Unterschied darin sehen, ob die Geschichte entstehen soll, ohne dass jemand ausdrücklich als Autor fungiert(*) oder bewusst erschaffen wird, und alle Beteiligten Teile der Autorenfunktion übernehmen. Könnte man damit arbeiten?


(*) O.k., die Spielleitung ist bei Sim natürlich der Autor, sie darf es aber nicht zugeben, um den Traum nicht zu zerstören. cf. Unbelievable Thing before breakfast.
« Letzte Änderung: 3.08.2005 | 18:48 von Wjassula »

Offline Fredi der Elch

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #1 am: 4.08.2005 | 09:37 »
Hi Jürgen Fliege! ;)

Leider haben sich in deine Darstellung einige schwere Fehler eingeschlichen… Kurz gesagt: du hast Sim nicht richtig definiert. Sim hat nichts damit zu tun, ob Stimmigkeit bewusst herbeigeführt wird. Das ist Illusionismus! Du versuchst also die ganze Zeit, Narrativismus gegen Illusionismus abzugrenzen. Und das macht natürlich gar keinen Sinn.

Vor allem die zentrale Idee:
Ich würde also den entscheidenden Unterschied darin sehen, ob die Geschichte entstehen soll, ohne dass jemand ausdrücklich als Autor fungiert(*) oder bewusst erschaffen wird, und alle Beteiligten Teile der Autorenfunktion übernehmen. Könnte man damit arbeiten?
 
Das ist der zentrale Unterschied zwischen Illusionismus und … na ja, eben allem anderen. Und damit kann man dementsprechend leider nicht arbeiten.
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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #2 am: 4.08.2005 | 11:50 »
Fredi, ich habe dein Post nicht wirklich verstanden. Die Aussage:

Zitat
Sim – Spieler sind die Figuren in einer Geschichte, die der Spielleiter geplant hat, und ihr Vergnügen besteht im Erleben einer Geschichte. Narr – Spieler sind die Autoren einer Geschichte, die sie zusammen entwerfen, und ihr Vergnügen besteht im Erschaffen einer Geschichte.

halte ich für zutreffend, wenn man Nar von dem Teil von Sim, der leicht damit verwechselt werden kann, abgrenzen will, nämlich Dramatism nach Threefold, egal ob illusionistisch oder, wie ich es lange praktiziert habe, ganz offen. Entscheidend ist, dass beim Dramatism der Spielleiter die Handlung scriptet und die Spieler sie nur "erleben". Beim Narrativism bestimmen die Spieler ganz bewusst die Handlung mit.

Dass die Nar-Definition über Prämisse Müll ist, habe ich immer gesagt. Das erste Problem ist, zu definieren, was eigentlich "Prämisse" ist, aber selbst wenn man das schafft, ist die zweite, viel schwerere Frage, die konkrete Prämisse, die durch das Spiel der Gruppe "adressed" wurde, herauszufiltern. Wie man sieht, kann das selbst auf der Forge keiner so wirklich:

http://www.indie-rpgs.com/forum/index.php?topic=16108.0

Was in Wjassulas Abgrenzung allerdings noch fehlt, ist der Aspekt, "eine Aussage zu treffen". Narrativism Marke Forge bedeutet halt, das die Konflikte und Handlungen der Charaktere in irgend einer Form bedeutsam sind, dass sie etwas aussagen über diese Charaktere als Menschen. Das müsste irgendwie noch mit rein. Außerdem sollte nicht unerwähnt bleiben, dass Narrativismus auch durchaus über das "reine" Spielen eines Charakters, also ohne Director Stance, funktioniert, solange ein entsprechender "Autorenwille" dahinter steht. Stichwort "Vanilla Narrativism". Nur das der wirklich fast unmöglich von Sim abzugrenzen ist.
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #3 am: 4.08.2005 | 12:07 »
Die Aussage:
Zitat
Sim – Spieler sind die Figuren in einer Geschichte, die der Spielleiter geplant hat, und ihr Vergnügen besteht im Erleben einer Geschichte. Narr – Spieler sind die Autoren einer Geschichte, die sie zusammen entwerfen, und ihr Vergnügen besteht im Erschaffen einer Geschichte.
halte ich für zutreffend, wenn man Nar von dem Teil von Sim, der leicht damit verwechselt werden kann, abgrenzen will, nämlich Dramatism nach Threefold, egal ob illusionistisch oder, wie ich es lange praktiziert habe, ganz offen. Entscheidend ist, dass beim Dramatism der Spielleiter die Handlung scriptet und die Spieler sie nur "erleben". Beim Narrativism bestimmen die Spieler ganz bewusst die Handlung mit.
Das Problem ist für mich dabei die Definition von „bewusst“. Das hört sich irgendwie nach Author Stance an und das muss ja nicht sein. Was heißt also „bewusst“? Ohne das zu klären, nutzt die Definition IMO nicht viel.

Zitat
Was in Wjassulas Abgrenzung allerdings noch fehlt, ist der Aspekt, "eine Aussage zu treffen". Narrativism Marke Forge bedeutet halt, das die Konflikte und Handlungen der Charaktere in irgend einer Form bedeutsam sind, dass sie etwas aussagen über diese Charaktere als Menschen. Das müsste irgendwie noch mit rein.
Nicht nur das: die Konflikte sind bedeutsam für die Spieler! Und siehe da: genau das ist doch eben Prämisse. Wenn dir das Wort nicht gefällt ist das ja ok, wenn du das anders definieren willst. Aber

Zentrale Menschliche Konflikte, die was über die Charaktere aussagen und den Spielern was bedeuten
+
Willen und Möglichkeit der Spieler, auf diese Konflikte und ihren Ausgang auch einen Einfluss zu üben
=
Prämisse + adress

So einfach. All das machst du mit einer komplizierten Definition, von der es dann wieder jede Menge Ausnahmen gibt (Vanilla Narr, Nicht-Dramatism Sim usw.), auch nicht besser.
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wjassula

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #4 am: 4.08.2005 | 13:31 »
Fredi, ich bin mir noch nicht sicher, ob ich deinen Punkt nicht verstehe, oder ob du mich missverstehst. Bitte nicht sauer sein, dass ich erstmal nicht in allen Punkten  auf dein Posting eingehe. Ich versuche kurz, meiner Überlegung noch etwas hinzuzufügen, wenn das aus deiner Sicht nichts ändert, dann bitte einfach posten "Siehe oben" oder "Hab ich schon kommentiert" oder so, ja? Mit Vermi scheine ich mehr auf einer Wellenlänge zu sein, mal sehen, ob sich das jetzt ändert...

Der Witz ist doch, dass "Prämisse" sowohl  in Sim als auch in Nar beobachtet werden kann. Wenn man sich das Transkript einer gelungenen Sim- Sitzung anguckt, kann man möglicherweise auch feststellen, dass die Figuren eine Prämisse durchspielen. Man kann also aus dem Transkript auf eine implizierte Prämisse rückschliessen.

Die Abgrenzung zu Narr liegt also nicht an Prämisse oder nicht, sondern daran, ob die Spieler während des Spiels wenigstens zeitweise bewusst das Verhältnis zwischen dem, was sie gerade tun, und dem, was sie als Endergebnis erwarten (nämlich die komplette Story) betrachten, und ihre Handlungen auf dieses zu erreichende Endergebnis abstimmen.

Du hast natürlich recht, dass sie nicht dauernd Author Stance verwenden müssen. Aber sie müssen wenigstens gelegentlich (mindestens einmal halt) nicht vollständig mit dem Charakter identifziert sein.

Das ist bei Sim verboten! Hier soll die Geschichte entstehen, nicht gemacht werden. Die Hoffnung ist, dass eine kohärente fiktive Welt in Kombination mit kohärenten Charakteren auch eine kohärente Geschichte ergibt. Man darf bei Sim wohl aus der Actor Stance fallen, aber man darf den augenblicklichen Stand der Geschichte nicht mit einem angenommenen Endergebnis abgleichen, und dann den Charakter entsprechend führen.

Also, es geht mir überhaupt nicht um verschiedene Stances oder Illusionism oder nicht (glaube ich jedenfalls - korrigiert mich, wenn ich mich irre), sondern darum:

ob die Spieler Entscheidungen treffen, die ihre gegenwärtigen Handlungen mit einer gedachten vollständigen Story in Beziehung setzen, die sie als ästhetisch befriedigend empfinden (und das wäre mein Ersatz für"Prämisse verfolgen", weil "ästhetisch befriedigend" weg führt von der Verengung auf "moralisch bedeutsam" oder so, es aber auch nicht ausschliesst).

Ich bin ein Fan von bildlichen Erklärungen, und würde deshalb sagen: Narr - Spielen ist wie ein Gemälde malen. Man malt, macht dann einen Schritt zurück, guckt sich den Gesamteindruck an, und nimmt die Erkenntnisse daraus mit ins weitere Malen. Wie oft man zurücktritt oder wie lange man nur malt ist zweitrangig. Minimal muss man vorher einen Plan haben und am Ende gucken, ob das Bild dann auch so aussieht.

"Eine Prämisse verfolgen" ist meiner Ansicht nach ein Sonderfall von Narr, und im Big Model eher bei den Techniken einzuordnen, als bei den CAs. Prämisse erleichtert Narr, ist aber keine Bedingung.

Ändert das irgendwas an deiner Meinung, oder hab ich mich nur tiefer reingeritten? Die Antwort sehen sie morgen. Passens sie auf sich auf.

Offline Fredi der Elch

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #5 am: 4.08.2005 | 14:38 »
Hi Wjassula,

ich kann deine Argumente teilweise nachvollziehen. Allerdings hast du wie gesagt auch einige schwere Fehler in deiner Argumentation. Ich werde versuchen, erst einmal so weit alles auf zu zählen, dem ich zustimme und werde dann auf die Hilfs (aus meiner Sicht) Fehler eingehen.

Herr mehrere Der Witz ist doch, dass "Prämisse" sowohl  in Sim als auch in Nar beobachtet werden kann. Wenn man sich das Transkript einer gelungenen Sim- Sitzung anguckt, kann man möglicherweise auch feststellen, dass die Figuren eine Prämisse durchspielen. Man kann also aus dem Transkript auf eine implizierte Prämisse rückschliessen.
Da hast du völlig Recht. Tatsächlich kann man den Unterschied zwischen Sim und Narr nicht allein an der Prämisse festmachen. Eine gewisse Bewusstheit ist schon vorauszusetzen. Allerdings kann diese Bewusstheit auch darin bestehen, dass man sich vor oder nach dem Spiel mit dem Spielergebnis konfrontiert. Die Konfrontation muss nicht während des Spiels stattfinden. Das heißt, es muss keine Author Stance im engeren Sinne vorhanden sein. Das heißt auch, dass man an der Bewusstheit oder der Author Stance selber den Unterschied zwischen Sim und Nar nicht festmachen kann.

Um es noch mal deutlich zu sagen:

Zitat
Das ist bei Sim verboten! Hier soll die Geschichte entstehen, nicht gemacht werden. Die Hoffnung ist, dass eine kohärente fiktive Welt in Kombination mit kohärenten Charakteren auch eine kohärente Geschichte ergibt. Man darf bei Sim wohl aus der Actor Stance fallen, aber man darf den augenblicklichen Stand der Geschichte nicht mit einem angenommenen Endergebnis abgleichen, und dann den Charakter entsprechend führen.
Ich weiß nicht, wo du dass her hast. Es ist bei Sim absolut nicht verboten, den augenblicklichen Stand der Geschichte mit einem Endergebnis abzugleichen und den Charakter dementsprechend zu führen. So etwas sieht man zum Beispiel häufig bei Genre-Sim. Wenn man zum Beispiel Mantel und Degen Filme nachspielt ergibt sich oft die Situation, dass ein Bösewicht entkommen muss, um dann später wieder aufzutauchen. So etwas ist bei Sim durchaus möglich. Dementsprechend lässt sich diese Eigenschaft eben gerade nicht als Unterscheidungskriterium zwischen Sim und Nar verwenden.

Zitat
ob die Spieler Entscheidungen treffen, die ihre gegenwärtigen Handlungen mit einer gedachten vollständigen Story in Beziehung setzen, die sie als ästhetisch befriedigend empfinden (und das wäre mein Ersatz für"Prämisse verfolgen", weil "ästhetisch befriedigend" weg führt von der Verengung auf "moralisch bedeutsam" oder so, es aber auch nicht ausschliesst).

Eines der Hauptprobleme unserer Diskussion könnte sein, dass der Begriff "Geschichte" nicht besonders gut definiert ist. Jeder stellt sich unter Geschichte doch etwas anderes vor. Und dementsprechend ist es einfach schwierig auf der Basis dieses Begriffs zu argumentieren. Man könnte eben behaupten, dass es gar keine richtigen Geschichten ohne Prämisse gibt (wie es Ron Edwards tun würde).

Insgesamt sehe ich es schon so, dass für Nar nicht zwingend etwas " moralisch bedeutsames" dabei sein muss. Aber eben für die Spieler relevante menschliche Konflikte und genau das ist eben Prämisse. Deswegen sehe ich auch keine Notwendigkeit, die Definition zu ändern.

Aber ganz ehrlich gesagt: es ist mir auch ziemlich egal. Ob man es nun Nar oder Sim oder Pfannkuchen nennt.  ;) wenn Unterschiede in der Spielweise oder den Spielpräferenzen das Aufkommen einer kohärenten CA verhindern, wird man die Probleme relativ deutlich sehen können. Wenn hingegen eine Gruppe sehr harmonisch miteinander spielt, dann ist eine ganz genaue Festlegung der CA auch nicht nötig.

Zusammengefasst: ich kann verstehen, wenn die ihr die Definition von Nar nicht gefällt. Allerdings ist es eben so definiert. Wenn du jetzt eine Kategorie aufmachen möchtest, bei dem er die bewusst Autorenschaft einer Geschichte eine zentrale Rolle spielt, dann würde ich sie am Besten auch anders nennen und nicht bei dem alten Begriff "Nar" bleiben. Denn so erreicht man nur noch eine größere Verwirrung in einem Gebiet, das von Verwirrungen sowieso schon nur so strotzt. Und ich denke, dass damit dem gesamten Theoriesektor nicht besonders gedient wäre. ;D
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Zitat von: 1of3
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Offline Lord Verminaard

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #6 am: 4.08.2005 | 15:33 »
"Du hast einige schwere Fehler in deiner Argumentation" finde ich kein besonders angemessenes Statement. Ich bitte hier noch einmal, einen Blick auf die Spielregeln zu werfen:

Zitat
1.  Benehmt euch

Behandelt eure Diskussionspartner mit dem gebührenden Respekt. Wer hier seine Ideen postet, macht sich auch angreifbar. Es ist unhöflich und der Vielfalt und Produktivität abträglich, sich abfällig über diese Ideen zu äußern, da solche Äußerungen unweigerlich auf den Autoren persönlich, und nicht nur auf die Thesen oder Argumente zurückfallen.

2.  Lest verständig und vollständig

(...) Geht davon aus, dass niemand, der hier postet, ein kompletter Idiot ist. Die Leute werden sich etwas bei dem gedacht haben, was sie schreiben. Stellt sicher, dass ihr verstanden habt, was gemeint ist, ehe ihr antwortet.

Nachdem das gesagt ist, noch mal zum Inhaltlichen:

Zitat
Zentrale Menschliche Konflikte, die was über die Charaktere aussagen und den Spielern was bedeuten
+
Willen und Möglichkeit der Spieler, auf diese Konflikte und ihren Ausgang auch einen Einfluss zu üben

funktioniert m.E. viel besser, wenn man sich nicht zusätzlich fragt, welche offene Fragestellung dem Ganzen jetzt zugrunde liegen könnte und wie man "die Antwort durch das Spiel" gegeben hat. Dann verstehen die Leute auch viel eher, worauf man hinaus will. Als zusätzliche Krücke finde ich Wjassulas Ansatz, Nar-Spiel von Dramatist-Sim abzugrenzen, sehr sinnvoll, da diese Grauzone regelmäßig für die größte Verwirrung sorgt.

Also, Dramatist-Sim: Der SL hat das Sagen und lenkt das Spiel, die Spieler "erleben" nur, selbst wenn sie den SL vielleicht unterstützen, indem sie sich an Genre-Konventionen halten oder seinen "Regieanweisungen" Folge leisten. Das System, was ich hier brauche, bildet die Gesetzmäßigkeiten des Genres ab und lässt dem SL freie Hand bei der Gestaltung der gemeinsamen Vorstellung. Die Spieler bleiben von ihren Einflussmöglichkeiten her im Wesentlichen auf ihre Charaktere beschränkt, durch die hindurch sie das Spiel erleben. Im Zentrum steht der Plot des SL.

Pervy-Nar: Die Spieler lenken das Spiel gezielt zu den Dingen hin, die ihnen wichtig sind. Die Entscheidungen der Charaktere haben maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Handlung. Das System, das ich hier brauche, gestattet den Spielern Mitbestimmung, indem es ihnen bei der Charaktererschaffung und/oder durch Erzählrechte während des Spiels Gestaltungsmacht einräumt. Beziehungs-Regeln sind ein wichtiger Teil des Systems. Im Zentrum steht die Entwicklung der Charaktere als Persönlichkeiten.
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wjassula

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #7 am: 4.08.2005 | 16:20 »
Hallo Vermi, ich fühlte mich gar nicht angegriffen  :).

Fredi:

Zitat
Allerdings kann diese Bewusstheit auch darin bestehen, dass man sich vor oder nach dem Spiel mit dem Spielergebnis konfrontiert. Die Konfrontation muss nicht während des Spiels stattfinden. Das heißt, es muss keine Author Stance im engeren Sinne vorhanden sein.

Ah, ok. Darüber muss ich noch mal nachdenken, das hatte ich nämlich bisher wirklich noch nicht verstanden. Dann weiss ich nicht, ob ich Sim und Narr wirklich so verstanden habe, wie Mr. Edwards es gemeint hat. Es fällt mir schwer, Narr ganz ohne Author Stance von Sim - nach - Narr - Drift oder sowas abzugrenzen.

Zitat
Wenn du jetzt eine Kategorie aufmachen möchtest, bei dem er die bewusst Autorenschaft einer Geschichte eine zentrale Rolle spielt, dann würde ich sie am Besten auch anders nennen und nicht bei dem alten Begriff "Nar" bleiben.

Das ist ein guter Hinweis. Ich glaube, es geht mir wirklich um eine ganz andere Kategorisierung, aber bevor ich das formuliere kann, muss wohl noch einige Zeit vergehen...

Zitat
Aber ganz ehrlich gesagt: es ist mir auch ziemlich egal. Ob man es nun Nar oder Sim oder Pfannkuchen nennt

Mir ja auch. Ich denke nur, dass eine Einteilung nach Bewusstseinsgrad der Autorenschaft vielleicht einfacher sein könnte. Zumindest erscheint es mir so. Aber da gehen im Forge - Sinne dann vielleicht wirklich Stances, Techniken und CA durcheinander. Ich sehe mal, ob ich Zeit, Lust und Gehrin gfenug habe, mein Modell klarer zu machen.

Erst mal vielen Dank für deine Antworten.

@Vermi: Hm, offenbar sind meine Ausführungen ja zumindest als unterstützende Erklärung brauchbar. Das ist ja auch schon was.

Von mir aus kann der Thread zu, wenn nicht noch jemand anders was zu sagen hat.

Offline Fredi der Elch

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #8 am: 4.08.2005 | 16:25 »
Wjassula,
mich würde dein Modell interessieren. Falls du also mal Zeit und Nerven aufbringen solltest... :)


Zitat
Zentrale Menschliche Konflikte, die was über die Charaktere aussagen und den Spielern was bedeuten
+
Willen und Möglichkeit der Spieler, auf diese Konflikte und ihren Ausgang auch einen Einfluss zu üben
funktioniert m.E. viel besser, wenn man sich nicht zusätzlich fragt, welche offene Fragestellung dem Ganzen jetzt zugrunde liegen könnte und wie man "die Antwort durch das Spiel" gegeben hat.
Aber: für "adressing Premise" braucht man das auch nicht. Die Frage muss nie explizit oder sauber formuliert sein. Die Antwort muss nie explizit oder sauber formuliert sein. Und vor Allem muss sich das nie irgendwer fragen.
Ich denke die Idee, dass man die Prämisse als Frage formulieren sollte, ist nicht wirklich grammatikalisch gemeint. Sie bezieht sich einfach nur darauf an, dass die Antwort nicht schon vorher gegeben ist sondern durch das Spiel gegeben wird. Wobei immer nur ganz kleine Teilantworten gegeben werden. Und so wird Theme produziert.
Das bedeutet "adressing Premise". Ist zwar blöd, dass man das erst wissen muss, bevor man es verstehen kann, aber so ist es leider. Aber deswegen muss man doch die Definition nicht in eine ändern, die noch mehr Probleme mit sich bringt.

Dine Ideen zu Dramatist-Sim und Pervy-Nar sind ganz ok. Sie beschreiben eben jeweils nur einen kleinen Ausschnitt des größeren Gebiets Sim und Nar. Wenn man das weiß, sind sie sicher sehr hilfreich. Aber man darf nie vergessen, dass sie nicht für Sim oder Nar als Ganzes gelten.
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Zitat von: 1of3
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Offline Bitpicker

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #9 am: 4.08.2005 | 16:31 »
Zitat
Wjassula:
Ich sehe mal, ob ich Zeit, Lust und Gehrin gfenug habe, mein Modell klarer zu machen.

Das würde mich auch interessieren, denn ich kann deiner Arguemntation hier wesentlich mehr abgewinnen als dem GNS-Modell.

Robin
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Offline Boba Fett

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #10 am: 4.08.2005 | 16:33 »
Dem stimme ich zuhu!
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

flesh

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #11 am: 4.08.2005 | 20:10 »
Warum dürfen die Definitionen der CAs denn keine Überschneidungen zulassen?
Wenn ich Genre-Sim "Krimi" spiele, ist das für mich Sim und Gam.
Wenn ich Genre-Sim "Soap" spiele, kann es auch Sim und Nar sein.

Was ich meine, ist, dass ich nicht den Sinn sehe, zwei Sachen voneinenander abzugrenzen (Vanilla-Nar&Sim), die ohne weiteres nebeneinander existieren können.

Oder habe ich etwas falsch verstanden?

Eulenspiegel

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #12 am: 4.08.2005 | 20:47 »
Warum dürfen die Definitionen der CAs denn keine Überschneidungen zulassen?
Wenn ich Genre-Sim "Krimi" spiele, ist das für mich Sim und Gam.
Wenn ich Genre-Sim "Soap" spiele, kann es auch Sim und Nar sein.
Damit man weiß, wo man beim Krimi die Schwerpunkte stecken will.

- Einer spielt gerne Krimis, um dann Spuren aufzunehmen, und den Fall zu lösen. (Gam)
- Einer spielt gerne Krimis, um etwas über die Polizeiarbeit zu lernen. (Sim)
- Einer spielt gerne Krimis, in denen der Mörder nicht unbedingt der böse ist: Vielleicht hat ihn das Opfer erpresst, das Opfer hat in der Verghangenheit etwas angetan und kam straffrei davon (also Selbstjustiz.) Und als Ermittler steht man vor der Frage, ob man den Täter überführt oder ihn laufen lässt. (Nar)

Das gleiche kann man auch bei Soap machen:
- Man versucht, in eine Clique aufgenommen zu werden, das Herz des Schulschwarms zu gewinnen oder die Aufgabe für die nächste Klausur zu bekommen, bevor diese geschrieben wird. (Gam)
- Vielleicht liegt der Schwerpunkt aber nicht, darin, in der Clique/Gang aufgenommen zu werden. Vielmehr stellt sich die Frage: "Will ich überhaupt in die Clique oder versuche ich, mein Leben alleine in den Griff zu bekommen?"
Und wenn man den Schulschwarm erobern will, stellt sich die Frage: "Ist in der Liebe jedes Mittel erlaubt? Darf ich zu unfairen Methoden greifen, um ihr Herz zu erobern?" (Nar)
- Man spielt aus Nostalgie gründen eine Teenie-Soap (um sich an seine eigene Kindheit zu erinnern), oder man spielt jemanden aus einer anderen sozialen Schicht, weil man diese lieber kennenlernen möchte. (Sim)

Wie in einem anderen Thread bereits gesagt, ist die Zeit begrenzt:
Natürlich könnte man alles gemischt spielen. Wenn aber kein einziger Sim möchte, dann ging ca. 1 Drittel der Spielzeit für unnötiges raus. In der Zeit hätte man auch etwas spielen können, was alle interessiert.
Oder man hätte nur 10% Sim gespielt, weil die Leute nunmal zu 10% gerne Sim spielen.

Zitat
Was ich meine, ist, dass ich nicht den Sinn sehe, zwei Sachen voneinenander abzugrenzen (Vanilla-Nar&Sim), die ohne weiteres nebeneinander existieren können.
Stell dir 3 Reisegesellschaften vor: Die eine wirbt mit Komfort, eine andere wirbt mit einer niedrigen Reisezeit. Und die dritte wirbt mit Sicherheit.
Natürlich könnte man auch alles unter einem Hut bekommen. Aber wenn ich jetzt dringend nach Paris möchte und mich deswegen für die Reisegesellschaft mit der niedrigen Reisezeit entscheide, dann wäre es ärgerlich, wenn der Reiseveranstalter eigentlich meinte: "Bei uns haben sie einen so hohen Komfort, da vergeht die Zeit wie im Fluge. - Die Reise wird ihnen überhaupt nicht lange vorkommen."
Die Gesellschaft spricht also von niedriger Reisezeit, meint aber in Wirklichkeit einen hohen Komfort. (Da wäre es gut, wenn man vorher geklärt hätte, was denn der jeweils andere meint.) - Vielleicht ist diese Reisegesellschaft auch noch schnell. Komfort und Geschwindigkeit schließen sich ja nicht aus. Aber sie bedingen sich halt nicht gegenseitig.

Oder auf RPG übertragen:
Wenn jemand Nar spielen möchte und eine Gruppe gerne Sim spielt, so kann er Glück haben und der SL ist bereit Nar und Sim zusammen zu leiten. Wenn die Gruppe aber kein Nar möchte, dann hat er Pech (oder er passt sich an).

Und ganz zum Schluss, das (in meinen Augen) Hauptargument:
Um eine Theorie aufbauen zu können (ganz gleich in welchem Gebiet), braucht man ein solides Fundament.
Und für ein solides Fundament braucht man eindeutige Definitionen.
Nichts ist schlimmer für eine Theorie, als wenn die Definitionen, auf denen sie beruht, ungenau sind. Das gilt nicht nur für RPG-Theorie, sondern für jede Theorie.

flesh

  • Gast
Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #13 am: 5.08.2005 | 00:03 »
Ich sehe schon, ich hätte meine Beispiele genauer ausführen müssen.
Zum Genre-Sim "Krimi"- Beispiel:
 Gehen wir mal von folgenden Annahmen aus: Das Opfer wurde nicht von einem Ermittler umgebracht & es gibt genug Hinweise, damit die Ermittler herausfinden können, wie das Opfer gestorben ist & moralisch-ethische Entscheidungen tauchen nicht auf, der Täter ist einfach der böse
 Wenn "logische Schlussfolgerungen" nun die Herausforderung dieses Abenteuers sind (Gam), kann ich gleichzeitig nachempfinden, wie es  ist, ein <Ermittler einer Krimi-Serie> zu sein (Sim, oder nicht?)

Zum Genre-Sim "Soap"-Beispiel:
 Da in Soaps kaputte Beziehungen und moralische Dilemmata häufig auftauchen, wäre es ohne weiteres möglich, jede Szene im Abenteuer damit zu füllen (Nar) und gleichzeitig erlebt man seine Rolle in der Soap (Sim)

Zitat
Und ganz zum Schluss, das (in meinen Augen) Hauptargument:
Um eine Theorie aufbauen zu können (ganz gleich in welchem Gebiet), braucht man ein solides Fundament.
Und für ein solides Fundament braucht man eindeutige Definitionen.
Nichts ist schlimmer für eine Theorie, als wenn die Definitionen, auf denen sie beruht, ungenau sind. Das gilt nicht nur für RPG-Theorie, sondern für jede Theorie.

Die Definitionen sind ja nicht ungenau; sie lassen (meiner Meinung nach) nur mehrere Dinge zum selben Zeitpunkt zu.

Offline Lord Verminaard

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Re: [Forge]Narr - Definition ohne Prämisse?
« Antwort #14 am: 5.08.2005 | 14:48 »
@ flesh:

Exakt! Diese Konstellationen werden auf der Forge unter dem Stichwort "Kongruenz" (congruency) diskutiert. Hat bisher nur wenig Aufmerksamkeit erzeugt, obwohl ich persönlich es ziemlich einleuchtend und auch interessant finde. Allerdings wird man sich wohl in der Regel nicht eine ganze Spielsitzung lang in einer solchen kongruenten Schnittmenge zweier CAs aufhalten.
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