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Die Uncoolen schlagen zurück
... denn Mathe kann nicht jeder
Sie verbringen das Leben hinter Computern oder im Labor, wagen sich höchstens mal für Rollenspiele und Star-Trek-Conventions aus dem Haus: Die "Nerds" oder "Geeks" sind inzwischen weltweit zum Inbegriff des Uncoolen geworden, auch der Internetboom konnte ihr Image nur kurzfristig verbessern. Zwischen ihnen und der glamourösen, sexy Welt der Rapper scheinen Welten zu liegen - zumindest bisher.
Algorithmen im Rhythmus
Doch jetzt schlägt die Hornbrillen-Fraktion musikalisch zurück: Mit Geeksta-Rap, auch Nerdcore genannt, will sie beweisen, dass auch sie ein Leben jenseits von Computern und Science-Fiction-Serien führen. Alles fing damit an, dass der kalifornische Chemieingenieur Rajeev Bajaj eine eigene Platte mit Rapstücken produzierte. Nach eigenen Angaben wollte er mit seinen Songs über Entropie, thermodynamische Gesetze und Algorithmen nicht die Charts stürmen, sondern das soziale Ansehen seines Standes erhöhen. Außerdem sollen sie junge Leute dazu bewegen, Naturwissenschaften zu studieren, anstatt eine Karriere als Zuhälter, Drogenhändler oder Profikiller anzustreben.
Doch ein kleines bisschen Gangster
Inzwischen hat sich um die Nerdcore-Szene eine eigene Kultur entwickelt: Die Geeksta-Rapper bekommen ihre Street Credibility nicht durch Schusswunden, Gefängnisstrafen und Gang-Mitgliedschaften, sondern durch die Promotionsurkunde der richtigen Uni. Immerhin, ein wenig Illegalität gehört inzwischen auch dazu: So verrät MC Plus+, Rapper und Informatik-Doktorant an der Purdue Univerität dem Magazin "Wired" stolz, sein komplettes Album mit Hilfe raubkopierter Software eingespielt zu haben. Er weist aber gleichzeitig in seinen Songs aber auch auf mögliche juristische Konsequenzen von Hacker-Attacken hin.
Die Top Ten lassen auf sich warten
Die Rivalitäten zwischen rivalisierenden Rapper-Gruppen haben inzwischen ebenfalls Einzug in die Nerdcore-Szene gehalten. Ihre so genannten Battles tragen sie aber nicht mit Schusswaffen, sondern Computertastaturen aus, was ihren Aufmerksamkeitswert deutlich reduziert. Breiten Erfolg können die Geeksta-Rapper daher auch nicht wirklich erhoffen: Zwar konnte sich die CD von Bajaj inzwischen von Platz 231.392 auf Rang 94.184 der Amazon-Verkaufcharts verbessern, trotzdem kann man nicht wirklich von einem Hitparadenstürmer sprechen.
Computer- und Hiphop-Experte Andrew Ryan erklärt in "Wired", warum das so ist. Die Texte seien oft nur mit Insider-Wissen verständlich. So warnt auch Bajaj mit einem Hinweis zu seiner CD: "Achtung - extrem technische Texte". Und für den dauerhaften Bestand würde der Nerdcore-Gemeinschaft vor allem eines fehlen, um sie richtig sexy zu machen: Frauen haben sich noch nicht in die Szene verirrt.
Quelle:
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4478532_TYP6_THE_NAV_REF_BAB,00.html