Autor Thema: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?  (Gelesen 6203 mal)

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Offline Falcon

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #25 am: 22.05.2006 | 13:08 »
boba schrieb:
Zitat
Das Regelsystem soll nicht nur das Flair der Welt und des "wie gespielt" unterstützen, es MUSS es sogar!
volle Zustimmung

UniSysteme sind wohl nur dahingehend universell (wenn sie es denn mal sind, ist ja auch eher Ausnahme) das sie den Flair bewusst ignorieren (müssen sie ja, weil kein Setting da ist) und reine Charakreraktionen damit darstellbar sind. Ignoriert man als Spieler den Flair sind sie also schoooon universell, aber das ist theoretisch, denn das macht ja keine Sau (obwohl ich da auch ein paar tragische Spielerbeispiele kenne, aber die sollen mal nicht als Regelfall herhalten).

EDIT: ich finde schon das Chiungallas Post was mit dem Thema zu tun hat. immerhin zeigt es ja, das auch universelle Systeme sich Gedanken um die Gewichtung des Flairs in den Regeln machen und sogar extra Bände dafür rausbringen.
Denn rein praktmatisch ist ein Kung Fu Band bei GURPS nicht nötig, das schafft auch das Grundsystem.
Die Kombination Flair und Regeln kommt also nicht von ungefähr.
« Letzte Änderung: 22.05.2006 | 13:11 von Falcon »
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Offline Bitpicker

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #26 am: 22.05.2006 | 13:40 »
Als beinharter 1-System-für-alles-Spieler möchte ich auch mal was dazu sagen. Zunächst einmal, ich finde, dass 1of3 zumindest so weit Recht mit seiner Kritik am Begriff Setting hat, dass man ihn auf verschiedene Weise verstehen kann. Für mich ist das Setting der Hintergrund des Spiels, also die Weltinformation. Was die Charaktere tun sollen und was die Regeln möglich machen, hat für mich nichts damit zu tun.

Einem Setting unterstelle ich zunächst einmal, dass seine Physik mehr oder weniger so funktioniert wie die der Realwelt. Dabei ist es mir herzlich egal, ob das die mitgelieferten Regeln auch so sehen. Mein Regelwerk, das ich benutze, geht davon aus, und deshalb wird es im Spiel so sein. Insofern bedeuten die Regeln ggfs. eine Veränderung, sie ändern -so würde ich es nennen- aber nicht das Setting, sondern das Genre. Ich trage das -ich nenn's jetzt einfach so und breche wieder einen Streit vom Zaun- realistische (im Sinne der literarischen Stilrichtung) Genre in das möglicherweise anders geartete Spiel hinein.

Was Regeln und Settings angeht, besteht übrigens oft eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Regeln und sogar oft die Setting-Beschreibungen anstreben, und dem, was außerhalb der Regelnutzung vor sich geht. Ein triviales Beispiel: es gibt genügend High Fantasy-Spiele, in denen es regeltechnisch unmöglich ist, jemanden mit einem Dolchstoß umzubringen; aber diese Tatsache ist nicht nur nicht Teil des Settings, indem sie irgendwo erwähnt wird, sondern es ist durchaus möglich, dass eine mit einem Dolchstoß ermordete Person zum Aufhänger eines Abenteuers wird, also eine mit den Regeln nicht darstellbare Situation sozusagen off-screen möglich ist, aber on-screen unmöglich. Nicht zuletzt solche Diskrepanzen haben mich von mitgelieferten Systemen weggetrieben.

Mit diesem System habe ich aber WoD, Kult, CoC, Skyrealms of Jorune, Cyberspace, Sturmbringer und andere Settings gespielt, und trotz der weitestgehenden Regelgleichheit fühlen sich die Settings anders an. Also vermitteln Regeln zwar einen Flair, den ich Genreflair nennen will, aber nicht Settingflair - jedenfalls nicht, wenn man Setting so eng fasst, wie es beim literarischen Begriff Usus ist.

Robin
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Offline Merlin Emrys

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #27 am: 22.05.2006 | 13:55 »
Die Frage stellt sich mir: warum eigentlich?
Ich würde mal vermuten: Weil es
- langwierig ist, überhaupt ein System auszuarbeiten,
- schwierig ist, den "Flair" einzufangen und angemessen in Regeln zu konvertieren (siehe z.B. Bitpickers Kritik),
- und das Ergebnis dann eben nur sehr eingeschränkt nutzbar ist, nämlich grad für diesen kleinen Teil aller möglichen Rollenspiele, die diesen Flair haben sollen.

Unisysteme schreiben sich leichter (schon, weil sie ohne die "Jagd nach dem Flair" auskommen) und sind dann weiträumiger einsetzbar. Die ergänzenden Hausregeln muss man nicht so gut ausarbeiten, weil sie ja ohnehin nur in begrenztem Rahmen und oft auch nur "unter der Hand" genutzt werden. Es scheint also zunächst mal "effizienter", ein Universalsystem zu schaffen.

Die nächste sich anschließende Frage wäre also, ob angepasste Systeme dem Aufwand angemessen mehr liefern als Universalsysteme. Dazu ist zu sagen: Es hängt vom Spieler und der Gruppe ab. Bitpicker und seine Gruppe kommen mit einem Universalsystem gut zurecht, wie er sagt; für diese Kontellation wären angepasste Systeme also zumindest überflüssig (wenn nicht wegen des höheren Lernaufwandes kontraproduktiv). Wylie MacFarlane und Boba Fett empfinden ein angepasstes Regelwerk offenbar als merkliches "Plus", in dieser Konstellation geht die Antwort also deutlich Richtung: "Ja, es ist den Aufwand wert."

Offline Bad Horse

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #28 am: 22.05.2006 | 14:02 »
Ich finde schon, daß die Regeln Settingflair vermitteln sollten. Daß sie es können, finde ich relativ klar: Versuch mal, mit Cyberpunk-Regeln auf Aventurien zu spielen. Ja, da fehlt schon mal der Magieteil...  ;)

Es gibt einige Systeme, die versuchen, mit ihren Regeln das Setting zu unterstützen - sowohl den Hintergrund der Welt als auch die gewünschten Aktionen. Vampire gibt uns den Humanity-Mechanismus, in 7th Sea gibt es verschiedene Fechtschulen, Cthulhu hat Regeln für Wahnsinn. Wenn wir jetzt in Vampire Fechtschulen, in 7th Sea Regeln für Wahnsinn und bei Cthulhu Menschlichkeit einführen, dann verändern wir den Fokus der Spiele... (denke ich zumindest).

Universalsysteme sollten eigentlich immer an das jeweilige Setting angepasst werden - d20 macht das eigentlich ganz gut vor. Iron Heroes fühlt sich ganz anders an als Arcana Evolved. Hat aber auch ganz andere Regelausprägungen, die teilweise auch relativ tief in das System eingreifen (grade was Magie angeht).
Gurps wird nicht so flexibel gehandhabt, sondern versucht immer, Gurps zu bleiben - möglicherweise würde es mit etwas mehr Flexibilität und Anpassung auch häufiger verwendet werden.
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Offline Boba Fett

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #29 am: 22.05.2006 | 14:09 »
Für mich ist das Setting der Hintergrund des Spiels, also die Weltinformation. Was die Charaktere tun sollen und was die Regeln möglich machen, hat für mich nichts damit zu tun.

Einem Setting unterstelle ich zunächst einmal, dass seine Physik mehr oder weniger so funktioniert wie die der Realwelt.
Genau das muss aber nicht sein.
Ich meine jetzt nicht Magie oder dergleichen, sondern viel profaneres:
Mantel Degen Schwertkämpfe stellen da zum Beispiel eine sehr große Abweichung von der Realität dar:
- Der Held überwindet Statisten mit wenigen Handlungen.
- Der Held kämpft ewig gegen den Hauptantagonisten.
- Statisten sind nach ein oder zwei Treffern überwunden.
- Der Held steckt von solchen Treffern einige ein und bleibt trotzdem handlungsfähig.
...
um mal nur ein paar zu nennen.
In unserer Realität wäre das nicht der Fall. Ein Treffer würde sich beispielsweise immer gleich auswirken.

Letztendlich stellt sich die Frage, ob das Rollenspiel klischeehaft (einem Genre entsprechend) sein soll oder nicht.

in erstem Fall ist ein Setting einem oder mehreren Genre(s) zugehörig.
Und ein Genre bestimmt das Verhalten der Welt. Das kann das Vehalten von Personen oder einfach den Ablauf von Ereignissen (James Bond wird immer irgendwann von wahnsinnigen Bösewicht eingesperrt, der ihn dann an die Weltvernichtungsmaschine kettet und ihm seinen irrsinnig aber genialen Plan verrät, von wo aus er entkommen und den Plan in letzter Sekunde vereiteln kann) sein, aber es kann auch um Regeln gehen, die direkt das Verhalten der Welt definieren (Protagonisten sterben nicht, wichtige Antagonisten sterben erst am Ende, Statisten sterben massenweise).
Natürlich kann man solche Spiele auch mit anderen Verhalten spielen, aber dann durchbricht man letztendlich die Struktur eines Genre.
Das kann (!) sogar sehr interessant sein. James Bond wird gefangen und kurzerhand erschossen - die Welt ist in der Hand des Bösewichts, der nicht dem typischen Genre-Klischee entspricht... Letztendlich bedeutet das aber doch nur, dass man sich auch wieder darauf verlässt, dass die Gerne-Klischees bekannt sind und der Kontrast zu diesen wahrgenommen wird.

Genres beschreiben also ein klischeehaftes Verhalten (von Personen, Handlungsverläufen oder der Welt an sich).
Wer keine Genres einsetzt, weil ihm Klischees zuwider sind, der braucht logischerweise auch kein Regelsystem, dass diesem Genre entgegenkommt (in dem seine Regelstruktur das Verhalten der Welt wiederspiegelt).
Allerdings bietet ein gutes Klischee einen Vorteil: Vertrautheit mit der Umwelt. Wer das Genre kennt, der weiss, was klischeehafte Ereignisse bedeuten.

Wenn Bogart mal wieder als Max Spade in seinem Büro sitzt und die atemraubende Schönheit in seinen Laden rauscht, weiss jeder, dass es sich um einen Auftrag handelt, bei dem es um ihren Ehemann handelt, der stirbt (oder starb) und das an der Sache viel mehr dran ist, als der erste Blick vermuten lässt. Und deswegen schenkt man sich den Wiskey ein und hört ihr zu... Es ist eben wieder mal einer jener Tage...

Wenn das nicht so wäre, wäre es nur ein ziemlich alter Dektivschinken in der 1000sten Wiederholung.
Klischees leben davon, dass es sich wie "immer" verhält. Und sie geben einem die Sicherheit, dass es sich wie immer verhalten wird.
Und Spielregeln, die in Klischeehaften Settings agieren, sollten diese Sicherheit wiederspiegeln.

Denn ansonsten wird James Bond erschossen oder stirbt in der Anfangsverfolgungsjagd an einem Verkehrsunfall (oder an HIV), die Musketiere werden von einem Haufen Statisten dahingemetzelt, weil Hellebarden besser sind als Degen, Luke Skywalker wird über dem Todesstern abgeschossen und Yavin IV wird vernichtet und alle gehen am Ende frustriert nach Hause... ;)
Naja, okay, Boba würde nicht in den Scaarlac fallen, aber sonst fällt mir nichts positives ein. ;D
« Letzte Änderung: 22.05.2006 | 14:10 von Boba Fett »
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Offline Kardinal Richelingo

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #30 am: 22.05.2006 | 14:17 »
ich denke auch, Genauigkeit / Komplexität / Schnelligkeit des Systems (etwa skillsystem und der Kampfablauf), Tödlichkeit, Art der kewl powers, Flexibilität des Systems (Magie flexibel oder formulaisch, stark oder schwach etc.) sollten einfach insgesamt in sich stimmig sein. Ist das gegeben reicht mir das.
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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #31 am: 22.05.2006 | 14:20 »
@Boba

Wovon du aber gerade redest ist Genre. Und daß Regeln ein Genre zulassen, nicht zulassen, unterstützen oder sperren können ist wohl klar. Ich kann mit Rolemaster genausowenig OverTheTop-Action spielen, wie ich mit Wushu eine Hard&Gritty Warhammerrunde spielen würde.

ABER: Ich kann im Warhammer Setting durchaus beides spielen: Einmal Hard&Gritty mit einem Mordsgefährlichen und richtig blutigen/realistischem Regelwerk und dann wieder OvertheTop Actionkino mit Wushu.

Auser ein paar Details, wie ,,Gibt es Regeln für Magie?'' oder ,,Gibt es Regeln zum Schußwaffengebrauch?'' bin ich sogar der Meinung, das Regeln und Setting verdammt wenig miteinander zu tun haben, sondern eher nebeneinander existieren, um gemeinsam ein Genre wiederzugeben.
Also nicht:
Regeln => Setting => Spiel
sondern:
Regeln =>  \
                 Genre => Spiel
Setting => /

Gruß,
raVen
#define EVER ( ; ; )


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Eulenspiegel

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #32 am: 22.05.2006 | 14:33 »
Für mich ist das Setting der Hintergrund des Spiels, also die Weltinformation. Was die Charaktere tun sollen und was die Regeln möglich machen, hat für mich nichts damit zu tun.
Das mit dem Setting sehe ich auch so.
Die Frage war aber nicht, ob Regeln das Setting beeinflussen.
Die Frage war, ob sie das Settingflair beeinflussen.

Wenn wir jetzt in Vampire Fechtschulen, in 7th Sea Regeln für Wahnsinn und bei Cthulhu Menschlichkeit einführen, dann verändern wir den Fokus der Spiele... (denke ich zumindest).
Also ich denke, dass die Regeln für Cthulhu-Wahnsinn und die Regeln für WoD-Menschlichkeit sich sehr ähnlich sind.
Der einzige Unterschied ist imho, dass das eine für 1W100 geschrieben wurde und die andere Regelmechanik für xW10.

Aber ansonsten sind sie austauschbar: In beiden mache ich eine Probe auf meinen aktuellen Wert. Gelingt mir die Probe passiert nichts. (bzw. nur wenig.)
Misslingt mir die Probe, dann sinkt der Wert.

Eine Probe ist immer nach Maßgabe des SLs fällig. Sie wird gewürfelt, wenn ein besonderes Ereignis eintritt.
Insofern sind die beiden Regeln fast identisch. (Ihre ingame Auswirkungen mögen sich zwar leicht unterscheiden. Von der regeltechnischen Seite her unterscheiden sie sich nicht.)

Was möchte ich damit sagen:
Man könnte z.B. Cthulhu ohne Probleme mit den WoD-Regeln spielen. (Und Menschlichkeit müsste zman zwar in gesitige Stabilität umbenennen. - Die Regeln dafür müsste man aber nicht ändern.)
Andererseits kann man auch WoD-Charaktere mit Cthulhu-Regeln spielen. (Ein Mensch der WoD wird wie ein Cthulhu Mensch generiert. - Vampire und anderes übernatürliche Zeug aus der WoD werden wie die Dienerrassen aus Cthulhu generiert.)

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #33 am: 22.05.2006 | 14:36 »
Okay, Vergleich Wahnsinn/Humanity war nicht gut. Egal. Stell dir die Cthulhu-Wahnsinns-Regeln in 7th Sea vor. Oder noch besser, spiel Cthulhu mit 7th Sea-Regeln.

Wobei es klar ist, daß Regelsysteme ähnlicher Genres leichter auszutauschen sind als Regelsysteme verschiedener Genres.
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Offline Skar

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Re: Können Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #34 am: 22.05.2006 | 14:44 »
@1of3
Ich hab grade auf Nordcon einen Workshop gehalten und als erstes mal empfohlen, den Begriff aus dem Repertoire zu streichen. Denn entweder bezeichnet Setting die Hintergrundwelt, wie Vampirgesellschaft mit Camarilla und Sabbat, oder es bezeichnet das was die Charaktere typischer Weise tun, etwa Intrigen spinnen, oder die Vereinigung von beidem.
Ich habe am Workshop teilgenommen und fand ihn SEHR gut. Einiges ist mir davon noch mal durch den Kopf gegangen, deshalb das hier:

Trotzdem würde ich den  Begriff "Setting" nicht gleich aus meinem Wortschatz streichen. Denn wenn ich ein Regelbuch auspacke, dann fallen mit erst mal zwei Teile ins Auge. Harte und weiche Teile.

In den meisten Fällen trennen sich diese beiden Teile recht klar, sicher gibt es Überschneidungen und das soll auch so sein. Aber das Setting als Hintergund + Core Story lässt sich nunmal kaum trennen. Von daher müsste doch ein Rollenspiel in der Regel aus Setting + Regeln bestehen. Das Setting splittest sich dann aber zu einer besseren Betrachtung in Hintergrund + Core Story auf.

@all:
Was das eigentliche Thema angeht, würde ich sagen dass Regeln das Settingflair unterstützen sollten, wo es nur geht. Die Einsatzmöglichkeiten können sehr vielfältig sein. Ob ich settingbeeinflusste Deskriptoren für Skills oder Vor-/Nachteile nehme, ob ich in einem Göttersetting die Charaktere mit mehr Macht ausstatte, ob ich zu Karten statt Würfeln tendiere, weil in dem Setting Würfelspiele nicht zu der spielenden Gesellschaftsstruktur passen, oder ob ich Pokerkarten nehme, um ein Westernsetting zu unterstützen, ob ich Kämpfe belohne oder nicht, ob ich über mehrere Generationen spiele, um ein Feudalsystem zu unterstreichen usw...
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Offline Bitpicker

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #35 am: 22.05.2006 | 14:45 »
Stimmt, Boba, und deshalb meine Aussage, dass ein Regelsystem durchaus ein Genre unterstützt, was ich aber nicht als Teil des Settings begreife. Mein Satz, den du zitiert hast, soll dem nicht widersprechen, sondern ausdrücken, dass ich in dem betreffenden Setting Realweltphysik verwende, auch wenn die eigentlichen Regeln des Spiels oder sogar das Setting etwas anderes behaupten. Die mir bekannten Spiele sagen ja eben nicht ausdrücklich als Setting-Information so etwas wie:

Zitat
- Der Held überwindet Statisten mit wenigen Handlungen.
- Der Held kämpft ewig gegen den Hauptantagonisten.
- Statisten sind nach ein oder zwei Treffern überwunden.
- Der Held steckt von solchen Treffern einige ein und bleibt trotzdem handlungsfähig.

... sondern schieben einem das im Regelpaket einfach unter, selbst wenn das Setting dem sogar widerspricht. Wenn es im Setting selbst thematisiert wäre, dann gäbe es, überspitzt gesagt, z.B. Sprichworte wie 'Du weißt, dass du ein Held oder Schurke bist, wenn ein Messerstich dir nicht weh tut', oder es gäbe Schurkenausstatter mit dem Mook-Zweihänder +2 und der Evil-Overlordnagelfeile +20. Ein Mook wüsste, dass er gegen den Helden keine Chance hat, und würde sich ihm deshalb gar nicht in den Weg stellen. Aber es ist Genre-Konvention, dass er es trotzdem tut. In keinem Setting steht, dass Mooks keinen Selbsterhaltungstrieb haben.

Mal abgesehen von Wushu, das ich nur auf Deutsch korrekturgelesen habe, kann ich mich an kein System erinnern, in dem solche Abweichungen von der Realweltphysik (auch ich spreche nicht von Magie usw.) setting-intern begründet wurden oder auch nur als Regeln bewusst thematisiert wurden. Wenn man bei DSA 2 als Spieler wusste, dass der Charakter zwei, drei volle Schwerttreffer wegstecken konnte, dann gab es dafür trotzdem keine Erklärung innerhalb des Settings. Umgekehrt wusste man auch, dass man Ork X nicht einfach von hinten erdolchen konnte, weil man wusste, dass ein Ork mehr Lebenspunkte hat als ein Dolchstoß maximal anrichten konnte; also ließ man so was gleich. Dennoch ist war in der Setting kein Sterbenswort zum Thema 'Dolche sind nicht tödlich' zu finden. Ein Shadowrun-1st-Troll, den ein Spieler mal gebaut hatte (ohne dabei gegen irgendwelche mir bekannten Regeln zu verstoßen), konnte in seiner ausgestreckten Hand eine Granate explodieren lassen, ohne dass es innerhalb der Regeln dadurch einen relevanten Schaden für ihn geben konnte; das ist durch das Setting offensichtlich in keinster Weise abgedeckt. Liest man die Shadowrun-Romane, werfen die Magier Feuerball um Feuerball um sich, als SC fällt man aber spätestens nach dem zweiten ausgepowert um.

Man vergebe mir, wenn diese Beispiele nicht hundertprozentig genau sind, es ist schon ewig her, dass ich diese Spiele gespielt habe. Aber der Effekt als solcher dürfte wohl jedem bekannt sein und nicht nur auf falscher Regelauslegung basieren.

Bei mir kann James Bond also durchaus bei einer verpatzten Verfolgungsjagd draufgehen; das heißt aber nicht, dass ich das James Bond-Setting nicht benutzen kann, sondern lediglich, dass ich auf das Genre pfeife.

@Eulenspiegel: Das Settingflair ist für mich das Gefühl, das ich beim Lesen der Setting-Informationen habe. Die WoD ist düster. Kult ist düsterer. Jorune ist bunt, fremdartig, abenteuerlich. Nichts davon hat irgendwas mit Regeln zu tun. Im Extremfall lese ich die Regeln überhaupt nicht, und trotzdem kriege ich ein Settingflair mit. Schaue ich mir die Regeln hingegen an, dann sehe ich vielleicht, worauf die Designer Wert gelegt haben. Wenn die Regeln stimmig sind, bringen sie mir ein gewisses Genre, dessen Flair sie wiederum gut oder weniger gut transportieren. Aber in der Regel steht, wie oben gesagt, rein gar nichts im Setting, was die Aussage der Regeln über das Genre unterstützt.

Ich spiele mit meinem System sowohl CoC als auch Vampire. Mein System enthält einen Stabilitätswert, der in CoC ziemlich genau so funktioniert wie der originale, du würfelst auf Stabilität, wenn etwas deinem Weltbild widerspricht. Das passiert in CoC, durch das Setting begründet, dauernd, im Vampire seltener (hey, du bist ein blutsaugender Untoter, was bringt dich noch aus der Ruhe?). Der Wert findet also seltener Anwendung. Würde ich einen Krimi in der heutigen Welt spielen, käme er vielleicht noch seltener dran. Ein anderer Wert, Kreativität, hat in den meisten Spielen wenig Nutzen, kommt aber in Changeling zur Geltung. Die Gewichtung der verwendeten Werte ist also von Spiel zu Spiel unterschiedlich, aber die Nutzung der Regeln als solche ist es nicht. Dank des unterschiedlichen Settingflairs fühlen sich diese Spiele trotzdem unterschiedlich an. Das Genreflair ist jedoch immer das gleiche, nämlich das des (meinetwegen magischen) Realismus.

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Offline Merlin Emrys

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #36 am: 22.05.2006 | 14:55 »
In unserer Realität wäre das nicht der Fall. Ein Treffer würde sich beispielsweise immer gleich auswirken.
Das dürfte, soweit ich weiß, definitiv falsch sein. Es gibt massenhaft Faktoren, die die Wirkung eines Treffers mitbestimmen - aber das sprengt den Rahmen dieses Threads. Nur kurz: Ob ich ein schreibtischverweichlichter Tastaturheld bin oder ein schmerzgewohnter Straßenschläger, macht einen enormen Unterschied darin, wie ich auf den ersten Schlag in die Magengrube reagiere. Desgleichen: Wenn ich etwas habe, was ich verteidige, kann ich deutlich mehr ab, als wenn ich gerade nur vorhatte, die Straßenbahn zu besteigen. Und: Schon, ob man nach Verletzungen Schmerz empfindet oder nicht, ist erstaunlich situationsabhängig (wie z.B. Berichte belegen, daß ein Teil von im Kampf verletzten Soldaten keine Schmerzmittel gebraucht hat...) Des weiteren: Wie ich mich von einer Verletzung erhole, hängt vom Immunsystem ab, was wiederum nicht ganz unbehelligt von meinen Lebensumständen ist. Usw. usf.
Es gibt "Treffer", die sind immer tödlich. Aber schon kurz danach hört es auf mit der Gleicheit der Auswirkungen "gleicher" Treffer, scheint's...
(Ich gebe aber zu, dass das Problem mit den Regelwerken einfach noch ein anderes ist...)

Offline Boba Fett

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #37 am: 22.05.2006 | 14:58 »
Okay, verbleiben wir erstmal dabei.
Da stossen wir genau an die Grenzen, die 1o3 oben benannt hat - "Was ist Setting?"
Dementsprechend konzentrieren wir uns darauf, was der Thread-Initiator Falcon genannt hat:
Es geht ihm ja ums "Setting-Flair", also ums Genre.
Wobei da ja eigentlich auch Einigkeit besteht...

OT@Merlin:
Es geht bei der Aussage mit dem Treffer nicht um die Auswirkungen durch Naturgesetze. Natürlich wäre jeder Treffer anders.
Es geht darum, dass wenn man zwei Klone hat, die gleich getroffen werden, in dem einen Genre der eine überlebt weil er ein Protagonist ist, während der andere stirbt, weil er ein Statist ist. Das Genre (Mantel & Degen) schreibt vor, dass dem so sein soll.
Das muss man nicht mögen oder für sinnvoll halten. Aber so sieht das Klischee bei Mantel & Degen nun mal aus.
Der Held fechtet sich durch Schwärme von Statisten, die nach einem einzelnen Treffer zu Boden sinken und als Gefahr ausscheiden, während er selbst bei einem Treffer der gleichen Schwere kurz zuckt, schmerzhaft das Gesicht verzieht und dann weitermacht. In der nächsten Szene ist dann bis auf eine Blutspur am Hemd nichts mehr verfügbar.
« Letzte Änderung: 22.05.2006 | 15:14 von Boba Fett »
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Offline Arkam

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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #38 am: 31.05.2006 | 13:05 »
Hallo zusammen,

eigentlich vermitteln die puren Regeln kein Flair. Aber es gibt einen Bereich indem sich Weltbeschreibung und Regeln überschneiden.
Wenn etwa die Regeln bei der DSA Charaktererschaffung sagen: Würfle einen W20 und je nach Zahl bekommst du einen Bonus so ist das die Regel.
Es steht aber würfle einen W20 um deinen Geburtsmonat zu bestimmen. Dazu wird noch jeder Monat einem Gott zugeordnet der wiederum jedem der in diesem Monat geboren ist den Bunus ermöglicht.
So werden doch einige Sachen vermittelt die die reine Regel nicht mit sich bringt.
Etwas ähnliches bei den Skills.
Die Regel sagt werfe je nach Skill drei W20 und vergleiche diese Würfe mit den angegebenen Attributen. Würfelst du über deinen Attributwert merke dir diese Wert. Dann nehme deinen Skillwert subtrahiere alle Werte alle Attribustswerte die du übergewürfelt hast und addiere / subtrahiere eventuelle Boni oder Mali. Hast du Null oder ein positives Ergebniss erreicht hast du die Probe bestanden.
Darüber das es jetzt unter anderem auch Skills für Nähen, Lederarbeiten und Lesen / Schreiben gibt wird wieder Flair vermittelt. Denn wenn die Skills so differenziert sind spricht das für eine ausdifferenzierte Welt.

Ein Regelwerk erledigt diese Verschränkungen schon und nimmt einem damit eine Menge Arbeit ab. Von da aus gibt es teilweise starke Widerstände dagegen den Hintergrund mit einem anderen System zu bespielen.

Gruß Jochen
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Re: Können oder SOLLTEN Regeln Settingflair vermitteln ?
« Antwort #39 am: 1.06.2006 | 19:39 »
Magiesysteme bewirken normalerweise Magieflair, da den Unterschied "freies" Zaubern und Spruchzauberer schon als regeltechnisch betrachten würde. Wenn Magier Regeln zum Lernen aus Büchern haben, macht es auch Sinn, dass es im Setting so ist (wenn es im Setting nur behauptet würde, würde ich es vielleicht glatt ignorieren).