Da meine Frau und ich mit dem Pärchen, das mit uns auch die Werwolf-Kampagne spielt, Silvester feiern wollten, habe ich für den Abend ein Little Fears-Oneshot gebastelt. Grundlage war ein Artikel, den ich auf der englischen Unknown Armies-Mailingliste verlinkt fand:
http://www.guardian.co.uk/usguns/Story/0,,1977307,00.htmlIch habe das Abenteuer mit den Worten 'Dies ist eine wahre Geschichte' eingeleitet, weil nur sehr wenige fiktionale Elemente von mir hinzugefügt werden mussten. Allerdings hatten wir Little Fears noch nie zuvor gespielt, und schlussendlich wurde es eher 3 Fragezeichen als Horror, aber lustig war es.
Die Spieler entwickelten zunächst Kinder, die in Anchorage wohnten. Sie hatten einen Brief an den Weihnachtsmann (Santa Claus, North Pole) geschrieben, und dieser landete mit 800.000 anderen Briefen aus aller Welt in dem Örtchen North Pole, Alaska, wo das ganze Jahr Weihnachten ist. Dies war nicht das erste Mal, dass sie es taten, aber diesmal kam der Brief vor dem Wochenende des 3. Advent anstelle eine Antwort mit dem Stempel 'Return to Sender' zurück, und auf die Rückseite hatte jemand mit krakeliger Handschrift geschrieben 'Help us please'.
Die Charaktere waren ein Zwillingspärchen, 7-jährige Mädchen, aus intakter Familie, und deren 11-jähriger Nachbarsjunge, der einen ständig missmutigen Alkoholiker zum Vater und eine gleichgültige Mutter hatte. Little Fears Charaktere werden mit der Hilfe eines Fragebogens gebaut, allerdings war das meiste, was vorab festgelegt wurde, für das Spiel nicht relevant, da die Charaktere noch nicht existierten, als das Abenteuer geschrieben wurde, und das Spiel auch nicht zu Hause spielen sollte. Da das Spiel aber allen Spaß gemacht hat, werden wir vermutlich irgendwann zu den Charakteren und dem Spiel zurückkehren.
Kurz zusammengefasst, die Charaktere ermittelten, wo die Briefe tatsächlich hingehen (was für die Mädchen ein leichter Schock war). Eine Spielerin hatte sich als erwachsenen Vertrauten die eigene Oma aufgeschrieben, und dichtete dieser nun kurzerhand einen Pilotenschein an, so dass die Kinder schließlich mit der Oma zu einem Wochenende in North Pole aufbrechen konnten, ohne viel Zeit mit Reisen zu verschwenden. In North Pole herrschen um diese Zeit Temperaturen von -25°C und es gibt nur Tageslicht von 11.00h bis 15.00h.
Ein weiterer relevanter Punkt aus dem Fragebogen war, dass der Nachbarsjunge Eric die positive Qualität 'Visionen' hatte. Als er den Brief das erste Mal berührte, sah er eine kleine, schwarze Hand, die die Worte auf die Rückseite des Briefes kritzelte.
Immer in Begleitung der Oma zogen die Kinder nun durch North Pole und stellten Fragen. Sie kamen ziemlich schnell dahinter, dass hier einiges nicht stimmte. Sie sprachen mit einer Postangestellten, einer Radiomoderatorin namens Jessie, einem Lehrer an der Schule und verschiedenen anderen Personen und fanden so flott heraus, dass
1. Im April des Jahres ein Amoklauf von 12-jährigen Schülern an der North Pole Middle School knapp vereitelt wurde, und
2. Die Schüler dieser Schule und in diesem Alter seit Beginn des Schuljahres nach den Sommerferien die Schule nicht mehr verlassen haben, womit die Eltern scheinbar einverstanden sind, weil sie die Briefe an den Weihnachtsmann beantworten müssen.
In der Nacht, die sie im Motel von North Pole verbringen mussten, träumte Eric von Wölfen... Und am nächsten Tag fanden sie die Reifen ihres Leihwagens zerfetzt.
Zwar erfuhren die Personen, die in North Pole alle Fäden in der Hand haben, bereits kurze Zeit nach dem Eintreffen der SC, dass diese unbequeme Fragen stellten, aber sie konnten nur wenig unternehmen; der Sheriff legte der Oma nahe, dass sie früh am Nachmittag des zweiten Tages abreisen sollten, da sich das Wetter verschlechtern würde. Die verbleibende Zeit reichte aber aus, dass die SC mit einem Trick in die Schule gelangten und Eric sogar in die Klasse kam, die auch gerade jetzt über Antwortbriefen saß. Er fand dort einen schwarzen Jungen namens Huey Roley, Sohn der Postangestellten, mit der sie zu Anfang gesprochen hatten und die die SC gleich danach gemeldet hatte, und es zeigte sich, dass dieser tatsächlich mit einigen unterschlagenen Briefen aus der Schule abgehauen war und sie im Postamt mit dem Return to Sender-Stempel versehen und in einen abgehenden Sack geschmuggelt hatte, bevor seine Mutter ihn gefunden und wieder in die Schule zurückgeschickt hatte.
Die SC erzählten Jessie die ganze Geschichte, die sie in ihrer Radiosendung verwenden wollte; sie warfen beim Abflug Flugblätter mit Rettet die Weihnachtwichtel' und 'Die Kinder wollen nach Hause' über dem Ort ab und starteten später mit der Hilfe einiger Computer-Whizkids eine Online-Kampagne zur Aufklärung über die Sklavenarbeit der Kinder in North Pole, mit dem Erfolg, dass das Ganze ein kleinerer Randspaltenskandal in den Zeitungen wurde, aber immerhin scheint sich die Situation gebessert zu haben.
Insgesamt hat dieses Abenteuer wieder einmal gezeigt, dass das Leben die besten Storyelemente liefert. Ich musste die Situation, wie sie sich in Online-Quellen darstellt, nur ein wenig übertreiben. Die meisten Personen und Orte waren echt, ich habe auch einige Fotos verwendet, u.a. Aufnahmen von Google Earth, von dem Postamt und anderen Orten. Auf
www.duracell.com gibt es z.B. eine Flash-Animation zu North Pole, weil Duracell dort 'Batterie des Jahres' ist. Die Animation kann man sich auf jeden Fall anschauen, wenn man vorgibt, US-Bürger zu sein, sonst landet man auf der deutschen Seite (hab ich nicht ausprobiert). Auch Wikipedia und die offizielle Seiten von North Pole und dem Santa Claus House waren sehr hilfreich. Jessie und ihre Radiosendung gibt es wirklich, sie kommt in dem oben verlinkten Artikel vor (der primär von dem verhinderten Amoklauf handelt) und hat, wie dort erwähnt, eine Myspace-Seite (sogar drei), woraus man sich sogar einen Lebenslauf zusammenstückeln kann.
Insgesamt wurde eine Story über die rücksichtslose Kommerzialisierung von Weihnachten aus dem Abenteuer, die uns viel Spaß gemacht hat.
Robin