Autor Thema: Spielleiterwillkür Revised  (Gelesen 8571 mal)

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Joe Dizzy

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #25 am: 27.11.2007 | 01:43 »
achso, gut. Bei dem Begriff Railroading stimme ich dir zu.

Hmm... irgendwie sehe ich das nicht so ganz. Vielleicht habe ich mich ja auch nur unklar ausgedrückt.

Railroading ist schlecht. Das ist keine "Mär" sondern steckt in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffes. Dieser wurde nämlich gerade nicht mal eben so benutzt, sondern hat seine Ursprünge in der verpönten Rollenspieltheorie.

Das eine Handlung in einer Runde "Railroading" ist und in einer anderen nicht, ist nicht verwunderlich, sondern unabwendbar. Schließlich gibt es keine für alle Rollenspiele oder alle Gruppen gültige Vereinbarung welche Entscheidungen über das Spiel dem SL zustehen und welche nicht. Das ist die eigentliche "Mär". Denn es gibt kein platonisches Ur-Rollenspiel und die Regelwerke die man sich kauft sind auch keine Variationen eines solchen. Viel zu oft treffe ich auf Leute die allen Ernstes glauben, dass sie "Rollenspiel" gelernt haben und die Regeln nur Details sind, die man austauschen kann. Das Rollenspiel irgendwie immer gleich ist, aber man je nach Spiel nur andere Würfel benutzt.

Was du Ignorierung der tatsächlichen Nutzung nennst, ist das Übergehen eines unsauberen Entlehnens von Begriffen. Das ist in einer normalen Gesprächssituation kein Problem, da man durch verschiedene andere Methoden deutlich machen kann, was gemeint ist. Wenn ich mich mit dir persönlich unterhalte, kann ich auch schon mal "das Dinges da" sagen und du weißt vermutlich wovon ich rede. Probier das mal in einem Forum und du kannst dir jede Form von sinnvollem Austausch abschminken.

Das Internet hat nur eine einzige Methode zur Kommunikation: den geschriebenen Text. Deshalb muss man im Internet genau formulieren, genau definieren und kann nicht nach belieben Worte umbenutzen "weil ja aus dem Zusammenhang klar ist, was gemeint ist". (Bzw. kann man das sehr wohl, aber dann sollte man sich auch nicht wundern, wenn Missverständnisse entstehen und fremde Leute einen andauernd korrigieren).

Railroading hat eine klare Bedeutung bzw. bezieht sich auf ein konkretes Phänomen. Wenn man den Begriff unbedingt für vieles benutzen will, was damit nichts zu tun hat, dann wird der Begriff nutzlos und früher oder später werden Leute sich einen neuen Begriff suchen der das ursprüngliche Phänomen beschreibt. Womöglich ist das schon passiert mit Railroading => SL-Willkür. Aber selbst SL-Willkür wird ja wieder ausgeweitet. Warum sich nicht diesen Kreislauf sparen und Railroading nur dann benutzen, wenn es passt? Dann klappt's auch mit der Diskussion.

Offline Falcon

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #26 am: 27.11.2007 | 02:26 »
ich denke ja in den wichtigen Punkten sind wir einer Meinung (was die Internetdiskussion betrifft). Das du es mit Railroading anders sieht, kann ich mit leben.

kannst du mir eine Quelle nennen, wo die "ursprüngliche Bedeutung" von Railroading hergekommen ist?
Ich kenne das seit grob '99 und da waren meine beiden Gruppen noch weit von regelmäßiger Forennutzung entfernt.

Georgies schrieb:
Zitat
Viel zu oft treffe ich auf Leute die allen Ernstes glauben, dass sie "Rollenspiel" gelernt haben und die Regeln nur Details sind, die man austauschen kann. Das Rollenspiel irgendwie immer gleich ist, aber man je nach Spiel nur andere Würfel benutzt.
Da bin ich deiner Meinung. Aber sage das mal Leuten, die meinen Regeln sind eine Sache, die man sowieso nach belieben biegen und auslegen oder ignorieren kann, egal welches Regelsystem man benutzt weil "gutes Rollenspiel" durch sie sowieso nur gestört wird ;)
« Letzte Änderung: 27.11.2007 | 02:28 von Falcon »
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cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #27 am: 27.11.2007 | 13:46 »
Also ich hatte mich ja eigentlich bereits vor geraumer Zeit schon aus der Diskussion verabschiedet. Aber angesichts des drohenden Konsens hier versuche ich es noch mal mit einer Aufmischung. Beim Parallelthread auf Alveran ist das fürchterlich in die Hose gegangen, aber da es die Gedanken nun schon mal schriftlich gibt, werfe ich sie hiermit schnell ein, nur um mich danach wieder feige zurückzuziehen. Also:

Generell finden sich für meinen Geschmack in der "Rollenspieltheorie" viel zu viele Klassifizierungen, die unzureichend definiert und voneinander abgegrenzt sind.

Speziell in diesem Fall bin ich immer noch der Meinung, dass der Übergang von zwangfrei bis railroading fließend ist und gebe noch mal nen Beispiel.

Formal:
Die Spieler sind in der Wildnis, nähern sich einem Fluß und wollen diesen überqueren. Der SL setzt die Schwimmenprobe fest. Gehen wir mal von einer Probe +0 aus. Ist das nun Zwangfreiheit? Oder Illusionismus? Oder gar Railroading?
Schwimmen +5. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +10. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +15. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +20. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?

Inhaltlich:
Nun zu den innerweltlichen Begründungen: Reißender Fluß, Stromschnellen, gigantischer Wasserfall in der Nähe, überall Krokodile, kochend heiß durch thermische Quellen, gigantische Klippen am Ufer etc. All diese Punkte erschweren die Überquerung des Flusses. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?

Schlußfolgerung:
All diese Begründungen können dazu führen, dass die Spieler den Fluß nicht überqueren. Je offensichtlicher (in den Augen der Spieler) die vom SL konstruierten Barrieren des SL einzig dem Zweck dienen, dass eine Flußüberquerung verhindert werden soll, desto eher nehmen die Spiel die Eingriffe (die aber eigentlich nur Beschreibungen der Spielwelt sind) als Railroading wahr. Außerdem sagt der SL ja nicht "Ihr seht die Krokodile im Wasser, weil ich eine Flußüberquerung verhindern möchte." Insofern liegt zwischen nichtsahnend und wissend noch die gesamte Spannweite der Vermutungen.
Das ist für mich vollkommen klar eine zumindest ordinale Skala.

Nun ist ja kein SL perfekt und unabhängig davon, ob ein Spieler eine Beschreibung der Spielwelt als mißlungen oder inkonsistent empfand, mag er nicht auf den Gedanken kommen, im Sinne von Railroading manipuliert worden zu sein. (Das nennt man zwar genau dann Illusionismus, wenn der SL in diesem Fall eine Manipulationsabsicht hatte. Das muss man aber hier gar nicht unterstellen, denn wir kommen bislang vollkommen ohne die Absicht des SL aus. Auch dies ist in meinen Augen eine sehr willkommene Entwirrung, mehr s.u.).

Die Wahrnehmung des Spielers mag sich vielmehr nach einiger Zeit im Lichte jüngerer SL-Eingriffe durchaus ändern und er könnte sich an zurückliegende Details erinnern, die er retrospektiv auf der Basis besagter jüngerer SL-Eingriffe anders beurteilt und insofern eher zu dem Eindruck kommt, dass wohl doch Railroading vorgelegen hat. Insofern finde ich es naheliegend, dass ein Spielleitereingriff zunächst unbemerkt bleiben kann, also Illusionismus genannt wird, sich aber später in ein Railroading wandelt.

Diese Überlegungen verleiten mich dazu, dass eine kategoriale Trennung von Railroading, Illusionismus und Zwangfreiheit aus theoretischer Sicht nicht nur unbefriedigend und unscharf, sondern sogar falsch ist und durch eine gemeinsame Skala "Massivität" aufgelöst werden könnte. Meinetwegen kann man dann noch eine zweite Dimension "Offensichtlichkeit" hinzufügen. Aber auch da muß man vorher erst mal noch ein wenig nachdenken, finde ich. Auch ist die Summenbildung streng genommen nicht ganz korrekt, da die Ereignisse im Zuge möglicher retrospektiver Umdeutungen voneinander keineswegs unabhängig sind.

Dennoch: der Schritt von den Kategorien Railroading, Illusionismus und Zwangfreiheit zu einer diesen Aspekten zugrunde liegenden, wie auch immer zu operationalisierenden und mindestens ordinalen Skala scheint mir zwingend.

Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass quasi die Rückbesinnung von jener mindestens ordinalen Skala zu den Begrifflichkeiten Railroading, Illusionismus und Zwangfreiheit keinen praktischen Wert hätte. Im Gegenteil! Die Verkürzung einer höherrangigen Skala macht im praktischen Gebraucht oftmals Sinn. So auch hier. Aber das ist für die Theorieentwicklung vollkommen unerheblich.

Solch eine Theorieentwicklung kann man dann meinetwegen sinnlos, unpraktikabel oder wie auch immer nennen, aber das scheinen mir keine angemessenen Einwürfe zu sein. Denn durch ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden, etwas tiefergehenden Struktur der Dinge wird auch die Abstraktion und Vereinfachung von Miß- und Fehlverständnissen befreit.

Würden wir beispielsweise bei der Temperaturskala nur "Rattenkalt", "Okay" und "Schön Warm" kennen, wäre das Verständnis von Temperatur nur unvollkommen. Es muß nämlich beispielsweise nicht nur "schön warm" sein, sondern es mag auch zu "zu warm" oder gar "gefährlich heiß" sein. So auch bei unserer Skala. Zwangfrei ist eindeutig positiv konnotiert, Railroading für meine Begriffe higegen negativ. Zwangfreies Spielen kann aber auch in objektiver oder subjektiver Stagnation enden und einen Eingriff im Sinne von Railroading durchaus nützlich erscheinen lassen. Das sind aber Empfindungen, die gruppenspezifisch und insofern höchst relativ sind. Die diesen Wertungen zugrunde liegende Skala ist dies aber nicht ;-)

Auch kann man selbstredend die SL-Motivation, den Gruppenvertrag oder das Vertrauensverhältnis SL-Spieler in die ganze Diskussion einbringen. Aber das Modell kommt aus meiner Sicht vollkommen problemlos ohne diese zusätzlichen Annahmen aus und ist insofern als theoretischer Ansatz ökonmischer und dadurch besser.

Zusammenfassung:
Railroading, Illusionsmus und Zwangfreiheit können über eine gemeinsame, mindestens ordinale Skala zusammengefasst werden und erlauben zudem eine elegante Brückenbildung zum Begriff der SL-Willkür. Über Erweiterungen (Offensichtlichkeit, Abhängigkeit von SL-Einflüssen) kann man diskutieren. Eine Rückbesinnung auf die Begriffe Railroading, Illusionsmus und Zwangfreiheit macht praktisch Sinn, ist aber theoretisch verkürzend.

So, ich habe fertig und klinke mich mal wieder aus, da ich noch nen bisschen malochen muss ;-)

Pyromancer

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #28 am: 27.11.2007 | 17:11 »
Speziell in diesem Fall bin ich immer noch der Meinung, dass der Übergang von zwangfrei bis railroading fließend ist und gebe noch mal nen Beispiel.

Formal:
Die Spieler sind in der Wildnis, nähern sich einem Fluß und wollen diesen überqueren. Der SL setzt die Schwimmenprobe fest. Gehen wir mal von einer Probe +0 aus. Ist das nun Zwangfreiheit? Oder Illusionismus? Oder gar Railroading?
Schwimmen +5. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +10. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +15. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?
Schwimmen +20. Zwangfreiheit? Illusionismus? Railroading?

In jedem Fall können die Spieler versuchen, den Fluß zu überqueren, und wenn sie die Probe schaffen, dann sind sie auf der anderen Seite. Railroading wäre es z.B., wenn die SL auf "Schwimmen" würfeln lässt, der Spieler mit der nicht geschafften Probe ertrinkt und es der Spieler, der die Probe schafft, nach zwei Kilometern und mit 2 Lebenspunkten an der gleichen Flußseite wieder angeschwemmt wird.

Joe Dizzy

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #29 am: 27.11.2007 | 17:45 »
Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen.

Wir sind uns alle einig, dass Railroading irgendwie etwas negatives, da unrechtmäßig, an sich hat. Railroading ist eine Entscheidung des SLs, die den Spielern etwas wegnimmt, von dem sie erwarten, dass es ihnen zusteht: die Macht durch ihre Entscheidungen den Fortlauf der Ereignisse maßgeblich zu beeinflussen.

"maßgeblich" ist dabei der springende Punkt. Denn wie stark die Spieler die Ereignisse beeinflussen dürfen, (bzw. der SL den Spielern Situationen liefert, die eine bestimmte Entscheidung aufdrängen) dafür gibt es keine objektive Maßeinheit. Es gibt lediglich die Einigung wie sie am Tisch getroffen oder als gültig anerkannt wird. Diese Einigung kann durch den Gebrauch von Regeln explizit gemacht werden ("Auf Seite XY steht dass der SL das, das und das darf und das, das und das nicht."), durch das Zusammenspiel quasi organisch entstanden sein ("Das hat sich bei uns so entwickelt.") oder sich auf persönliche Vorstellungen berufen ("Beim Rollenspiel muss  das so und so sein.")

Gerade der letzte Punkt kann sehr viele Probleme und Konflikte nach sich ziehen. Denn hier treffen häufig Vorstellungen aufeinander, die sich alle als vollkommen selbstverständlich, logisch und ohne jeden Zweifel richtig verstehen. Gerade in solchen Momenten mit "railroading", "SL-Willkür" oder ähnlichem um sich zu schmeissen ist fatal. Denn damit eskaliert das Ganze schnell zu einem unlösbaren Konflikt, der in Namen des guten Tons als "inkompatible Spielstile" abgehakt wird. Etwas dass man hätte vermeiden können, wenn man nicht an der fixen Idee hängen würde es gebe eine Reinform des Rollenspiels.

Die gibt es nicht. Darum kann es auch keine Reinform des Railroadings geben oder ähnliches. Lediglich Entscheidungen die in einem bestimmten Kontext Railroading darstellen.
« Letzte Änderung: 27.11.2007 | 17:49 von Georgios »

Offline Gaukelmeister

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #30 am: 27.11.2007 | 19:32 »
@ cmdlightning
Zurzeit verstehe ich Dich so, dass Du eine Skala einführen möchtest, auf der die durch die Spieler empfundenen Spielerleitereingriffe abgetragen werden. Zwangsfreiheit liegt vor, wenn die Spieler sich frei fühlen. Railroading liegt vor, wenn die Spieler sich nicht frei fühlen. Und Illusionismus liegt vor, wenn der Spieler eine Wahrnehmungstendenz hat, sich irgendwann gerailroadet zu fühlen.

Willst Du das subjektiv wahrgenommene Spielleitereingriffsverhalten betrachten?

Ich glaube, Deine Antwort wird nein sein. Deswegen bitte ich schon einmal im Vorhinein darum, kurz und knapp die für Dich relevanten Größen zu nennen (die noch zur Wahrnehmung der Spieler hinzukommen).

Ansonsten würde ich vorschlagen, dass Du die Begriffe Railroading und Illusionismus erst einmal nicht verwendest, sondern die einzelnen Punkte Deiner Skala einfach inhaltlich beschreibst. Ich stimme nämlich Georgios (und anderen vorher) zu, dass die Begriffe mit einem Vorverständnis belegt sind, das die Verständigung über Deinen Vorschlag unnötig erschwert (Railroading ist negativ konnotiert etc.).
« Letzte Änderung: 27.11.2007 | 20:10 von Gaukelmeister »
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Offline Famulant

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #31 am: 28.11.2007 | 16:12 »
@ cmdlightning
Zurzeit verstehe ich Dich so, dass Du eine Skala einführen möchtest, auf der die durch die Spieler empfundenen Spielerleitereingriffe abgetragen werden. Zwangsfreiheit liegt vor, wenn die Spieler sich frei fühlen. Railroading liegt vor, wenn die Spieler sich nicht frei fühlen. Und Illusionismus liegt vor, wenn der Spieler eine Wahrnehmungstendenz hat, sich irgendwann gerailroadet zu fühlen.

Willst Du das subjektiv wahrgenommene Spielleitereingriffsverhalten betrachten?

Ich glaube, Deine Antwort wird nein sein.

Ich glaube, die Antwort sollte ja sein. Denn nur das, was die Spieler subjektiv wahrnehmen, ist für sie relevant (bzw. Teil des SiS, kann man das so sagen?).
In der Psychologie (zumindest in einer der Hauptströmungen) geht man davon aus, dass die Art der Motivation, die eine Person in einer bestimmten Situation hat, entweder intrinsisch, also grob gesagt freiwillig, ohne Druck/Einschränkung von außen aus Spaß an der Tätigkeit, oder eben extrinsisch ist, d.h. du tut etwas nur, weil irgendjemand oder -etwas Druck auf dich ausübt oder dich belohnt- auf alle Fälle begeht man die Handlung eben nicht, weil man Spaß an der Handlung selbst hat, sondern um ein Ziel, das damit nichts zu tun hat zu erreichen.

Aufs Rollenspiel bezogen heißt das:
Ein SL der Druck auf mich ausübt, etwas zu tun, was meinem Verständnis von Rollenspiel widerstrebt, dem leiste ich nur Folge, weil ich ein anderes Ziel als wichtiger empfinde, als meine Vorstellung von Rollenspiel (z.B. Agenda, aber auch innere Konsistenz einer Welt) - durchzusetzen. So ein beispielsweise Ziel könnte das Vermeiden von Streit oder Diskussionen in der Spielergruppe sein. Aber selbst wenn ich dem Folge leiste, meine Freude an der Tätigkeit an sich wird dadurch geringer.

Soweit der erste Streich. Zusammengefasst:
etwas aus Spaß, freiwillig und um der Handlung selbst wegen tun = intrinsische Motivation -->  Zwangfreiheit, Idealzustand
etwas tun, weil man eigentlich etwas anderes erreichen/vermeiden will = extrinsische Motivation --> Bäh!

Ganz so einfach ist es aber dann doch nicht.
Man stelle sich jemanden vor, dessen Lebensglück es ist, wenig zu essen und den ganzen Tag zu rudern. Dieser jemand wäre der glücklichste Rudersklave der Welt. Warum? Das was andere Menschen als Zwang (bzw. "extrinsische Motivation") empfinden, nimmt er nicht als solche war, er muss nicht zum rudern gezwungen werden.

Moral von der Geschichte des glücklichen Rudersklaven: Ob dich etwas einschränkt, hängt nicht davon ab, ob man es als Einschränkung wahrnimmt. Alles andere ist irrelevant.

In der Motivstionsforschung nennt man den entscheidenden Faktor "Perceived Locus of Causality (PLoC)", bzw, Ort der Handlungsverursachung. Bei intrinsischer Motivation ist das klar, da liegt in einem selbst. Bei der extrinsischen dagegen kann er von außen kommen, oder aber auch aus einem selbst, dann aber wir die nicht mehr als Einschränkung wahrgenommen (wir sind wieder beim Rudersklaven). Daraus ergeben sich dann 5 Stufen der subjektiv empfundenen Autonomie (Hängt euch nicht an den Namen auf - wenn jemandem was griffigeres für den Alltagssprch einfällt, gerne)

(1) Externale Regulation - Railroading
Vollständige Fremdbestimmung, PLoC liegt völlig außerhalb eines selbst, keinerlei Autonomie bzw. Freiwilligkeit auf seiten der Spieler. Der SL blockt offensichtlich und GEGEN DEN WILLEN DER SPIELER mehrere Lösungsansätze oder baut Erzählpassagen ein. In RPG-Theorie gesprochen: Faktisch ein Bruch des Gruppenvertrags. Betreibt ein SL Illusionismus und fliegt auf, fällt das auch in diese Kategorie.

(2) Introjizierte Regulation
Hier wird kein offensichtlicher Druck von außen ausgeübt, die Spieler haben die Schere aber sozusagen im Kopf, d.h. sie fügen sich GEGEN IHREN WILLEN einem bestimmten Lösungsweg, den der SL durchsetzen will, allerdings ohne offensichtliche Einschränkungen wie direkte Erzähleingriffe. Unter den Bereich fallen m.E. auch das Erschweren bestimmter Proben (cmds Flussbeispiel), wenn unerwünschte Wege verfolgt werden. Kein richtiger Bruch des Gruppenvertrags, aber trotzdem Fremdbestimmung.

(3) Identifizierte Regulation
Obwohl man eigentlich gerne etwas anderes machen würde, wird  Verhaltensweise an den Tag gelegt, weil sie persönlich als sinnvoll und notwendig betrachtet wird. z.B. Spieler folgen dem Plothook des SL, damit das AB laufen kann, obwohl andere Handlungen ähnlich plausibel wären. Lord Verminard hat dazu glaub ich schon viel geschrieben. Die Spieler fügen sich hier aus eigenem Willen, und handeln selbstbestimmt, ohne sich groß eingeschränkt zu fühlen. Beim Spiel ohne SL wäre das sowas wie man legt eine Situation nicht nur zu seinem Vorteil aus, sondern auch mal selbstloser,so dass andere glänzen können (hab da aber keine Erfahrung, evtl. hat jemand auch ein besseres Beispiel aus dem Bereich)

(4) Integrierte Regulation - der glückliche Ruderer
Kontrolle/Einschränkung exisitert zwar, wird aber nicht als solche empfunden. Hier wäre dann auch der Partizipationismus (aber auch der (noch) unerkannte Illusionismus) anzusiedeln. Auch man einen SL akzeptiert bzw. im Idealfall alle Konventionen des Gruppenvertrags fallen in diesen Zustand. Alle Regeln und Vorgaben sind zu einem eigenen Verhaltensmuster geworden. Die Spieler sind um des Spiels willen motiviert, zu spielen, d.h. sie haben Spaß am Rollenspiel. Welcher Art der zustande gekommene Gruppenvertrag dann ist (SL darf Erzählpassagen einbauen, es gibt keinen SL, es wird nicht gewürfelt, es wird dasunddas System gespielt, whatever), ist irrelevant.

(5) Rein intrinsische Motivation - totale, objektive Zwanglosigkeit
Sozusagen der unerreichbare Idealfall- nichts wird als Einschränkung empfunden, weil es auch tatsächlich keine Einschränkung wie Regeln etc. gibt - das heißt aber auch: keine Einflussmöglichkeiten.


Das Selbstbestimmungsmodell hat drei Vorteile:
1. Es stellt einen klaren Zusammenhang zwischen Railroading, Illusionismus und Partizipationismus auf und gibt einem eine eindeutige Meßlatte an die Hand, ob eine Gruppe Spaß hat, oder nicht.

2. Es erklärt, wieso manche Leute mit SL mehr Spaß haben, und manche ohne, oder warum diesen dann manche Sessions mit SL besser gefallen, als manche ohne. Oder andersherum.

3. Es ist wissenschaftlich und wurde empirisch fundiert.


Um vorweg ein paar häufige Mißverständnisse auszuräumen:
Selbstbestimmung heißt nicht, dass die Spieler möglichst "empowered" sind, ohne SL mit viel Mitspracherecht usw., sondern, dass sie selbst bestimmt haben, welchen Grad an Empowerment sie ausüben wollen: Jemand der nur seinen SC spielen will, kann es als Zwang empfinden, die Umweltreaktionen (den SiS? ist das richtig?) auch noch mitzubeschreiben und vice versa.

Natürlich relativiert das Modell auch die Bösartigkeit von Illusionismus. Es mag für manche ethisch und moralsich fragwürdig sein, als SL trotz anderslautendem Gruppenvertrag Illusionismus zu betreiben, aber solange die Spieler nichts davon mitbekommen, macht es für ihre Motivation keinen Unterschied.
Das ändert sich natürlich, sobald sie den Illusionismus-Verdacht hegen. Natürlich kann das dann aber auch die die andere Richtung ausschlagen: Wenn es dumm läuft, und die Spieler unterstellen einem "ehrlichen" SL Illusionismus, dann macht das keinen Unterschied. Das soll aber nicht heißen, dass ich für Illusionismus bin.





Zuguterletzt noch was zur Praxistauglichkeit:

Selbstbestimmung entsteht grob gesagt durch drei Faktoren, die alle gegeben sein müssen, und auf die am Spieltisch Augenmerk gelegt werden sollte:

1. Autonomieempfinden (ich erlebe, dass ich Entscheidungen, die mir wichtig sind, selbst treffen kann)
2. Selbstwirksamkeit (ich erlebe, dass das was ich tue auch die gewünschten Auswirkungen hat - "i made a difference")
3. Soziale Anerkennung (ich erlebe, dass die Menschen um mich herum Notiz von mir nehmen, und mich respektieren, ohne mich kontrollieren zu wollen)

Was das ganz konkret heißt, welche Methoden bzw. Techniken dafür geeignet sind, oder nicht, das hängt immer von jeweiligen Gruppenvertrag ab.


So, ganz schön viel für den Einstand. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich was in der RPG-Theorie nicht verstanden haben sollte, hab nich nicht alles verstanden, und mir auch noch kein festes Urteil darüber gebildet.

Und jetzt zerreißt dürft ihr mich zerreißen ;-)

Offline Gaukelmeister

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #32 am: 28.11.2007 | 18:45 »
@ Famulant
... und ich dachte schon, dass cmdlightning den Preis fürs längste Posting bekommt  ;)

Ich habe noch einmal ein paar Zitate von cmdlightning zusammengestellt, aus denen mMn nach hervorgeht, dass er zwischen verschiedenen Positionen schwankt.

Je offensichtlicher (in den Augen der Spieler) die vom SL konstruierten Barrieren des SL [...] desto eher nehmen die Spiel die Eingriffe [...] als Railroading wahr.

Hier geht es um die Wahrnehmung der Spieler. Was der SL tatsächlich tut, ist - im Prinzip - irrelevant.

Nun ist ja kein SL perfekt und unabhängig davon, ob ein Spieler eine Beschreibung der Spielwelt als mißlungen oder inkonsistent empfand, mag er nicht auf den Gedanken kommen, im Sinne von Railroading manipuliert worden zu sein.

Hier geht es abermals ausschließlich um die Wahrnehmung der Spieler.

Das nennt man zwar genau dann Illusionismus, wenn der SL in diesem Fall eine Manipulationsabsicht hatte. Das muss man aber hier gar nicht unterstellen, denn wir kommen bislang vollkommen ohne die Absicht des SL aus.

Hier vermischen sich plötzlich zwei Dinge: (i) die Wahrnehmung der Spieler spielt immer noch eine Rolle, aber hinzu kommt (ii) die Absicht des SL ("Manipulationsabsicht"). Verwunderlich ist der Zusatz, dass die Überlegungen "bislang vollkommen ohne die Absicht des SL aus[kommen]".  Damit wird die Illusionismusdefinition des vorhergehenden Satz gleich wieder zurückgenommen.

Die Wahrnehmung des Spielers mag sich vielmehr nach einiger Zeit im Lichte jüngerer SL-Eingriffe durchaus ändern und er könnte sich an zurückliegende Details erinnern, die er retrospektiv auf der Basis besagter jüngerer SL-Eingriffe anders beurteilt und insofern eher zu dem Eindruck kommt, dass wohl doch Railroading vorgelegen hat. Insofern finde ich es naheliegend, dass ein Spielleitereingriff zunächst unbemerkt bleiben kann, also Illusionismus genannt wird, sich aber später in ein Railroading wandelt.

Hier ist auf den ersten Blick auch nur von der Spielerwahrnehmung die Rede. Allerdings passt dazu nicht die Rede von "SL-Eingriffen" - das klingt nach etwas Objektivierbaren. Insbesondere die Passage, "dass ein Spielleitereingriff zunächst unbemerkt bleiben kann", kann nicht mehr als Wahrnehmung der Spieler gelesen werden, sondern suggeriert, dass es eine Tatsache gibt: den Spielleitereingriff.

Außerdem wird der Begriff des Railroading nun doppeldeutig. Nach der ersten Lesart liegt  Railroading ganz im Auge des Spielers: Railroading liegt dann vor, wenn der Spieler sich gerailroadet fühlt. Der zweiten Lesart zufolge ist Railroading irgendetwas, was der Spieler entdecken kann ("Railroading hat wohl doch vorgelegen"). Der Begriff beginnt also zu schillern.


[...] eine elegante Brückenbildung zum Begriff der SL-Willkür.

Hier ist nicht von einer empfundenen Willkür die Rede, sondern geradewegs von "SL-Willkür" - das klingt nach einem irgendwie objektivierbaren Tatbestand.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich meine Nachfrage an cmdlightning, welche Faktoren für seine Skala relevant sind. (Ich komme hier immer wieder auf meine erste Anfrage zurück: Geht es um (i) die tatsächlichen Eingriffe des Spielleiters (unabhängig davon, ob die Spieler diese Eingriffe mitbekommen oder nicht) oder (ii) nur um die von den Spielern bemerkten Eingriffe - oder irgendwie um beides - und kommt noch ein Drittes hinzu - und wie mischt man das Ganze dann?)

Das Gefühl der (Selbst-)Bestimmungsmöglichkeiten genauer zu systematisieren, ist mMn durchaus interessant - aber auf die Details Deines Vorschlages jetzt noch einzugehen, übersteigt meine aktuelle Motivation  ;) Vielleicht später mehr dazu.
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cmdlightning

  • Gast
Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #33 am: 28.11.2007 | 19:24 »
Ganz schnell:

Für mich sind alle Aktivitäten des SL während des Spiels Eingriffe. Die Heftigkeit dieser Eingriffe in die Spielwelt aus Sicht der Spieler zu messen, ist das Ziel der Skala. Die Brückenbildung zum Begriff der SL-Willkür Ziel des Modells.

Für den Illusionismus zitiere ich die offizielle Version, mit "hier" meine ich hingegen die von mir vorgeschlagene Skala. Und da hängt nix mehr vom SL ab, sondern nur noch von der Wahrnehmung der Spieler. Sorry für den mißverständlichen Ausdruck.

Zitat
Der zweiten Lesart zufolge ist Railroading irgendetwas, was der Spieler entdecken kann ("Railroading hat wohl doch vorgelegen").
Der Spieler kann nichts entdecken, sondern Railroading werden auf der Skala höhere Werte zugeordnet als Illusionismus. Es kommt also zu einer retrospektiven Aufwertung der erlebten Massivität des SL-Eingriffs. Ich handle die Begrifflichkeiten nicht sonderlich sauber, das stimmt. Sorry. Aber vielleicht isses ja nun klarer.

Es geht nur um die Wahrnehmung der Spieler, Hilfskonstrukte werden nicht benötigt.
« Letzte Änderung: 28.11.2007 | 19:26 von cmdlightning »

Pyromancer

  • Gast
Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #34 am: 28.11.2007 | 20:04 »
Für mich sind alle Aktivitäten des SL während des Spiels Eingriffe.

Wenn wir im "Theorie-Sprech" bleiben, dann ist das zentrale Element des Rollenspiels das Schaffen, Verändern und Erleben des gemeinsamen Vorstellungsraumes ("SIS" im forger-Jargon).

Im klassischen Spiel haben Spieler und SL unterschiedliche Einflußmöglichkeiten auf den SIS, aber diese Einflußmöglichkeiten unterliegen immer einer gewissen Willkür.

Ob mein Charakter NSC A umbringen oder sich mit ihm verbünden will, das unterliegt im klassischen Spiel meiner Willkür. Wenn diese Entscheidung halbwegs konsistent mit dem Bild ist, dass die übrigen Spieler inklusive SL von meinem Charakter haben, dann wird es keine Proteste gegen diese Willkür geben, andernfalls schon ("Wie, dein Charakter greift ihn an? Ich dachte, der ist Pazifist?")

Und genauso, wie ich weitestgehende Autonomie über meinen Charakter habe, hat die SL weitestgehende Autonomie über den ganzen Rest. Willkür ist da selten ein Problem.

Ein Problem entsteht nur, wenn entweder
-die SL versucht, ihren Gestaltungsrahmen zu überschreiten und beispielsweise in die Autonomie eines SC eingreift ("Dein Charakter will den Fluß nicht überqueren!") oder
-Inkonsistenten entstehen (der kleine Fluß mutiert auf einmal zum unüberquerbaren reißenden Strom).

Offline 1of3

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #35 am: 28.11.2007 | 21:17 »
Zitat
Für mich sind alle Aktivitäten des SL während des Spiels Eingriffe.

Schon mal SL-freie Spiele probiert?

cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #36 am: 28.11.2007 | 21:21 »
Zitat
Schon mal SL-freie Spiele probiert?

Nein. Hatte das oben schon mal erläutert. Das entscheidende Argument für die Unterscheidung SL-Spieler ist in Kürze das quantitative angesichts der Spieler- und Marktverteilungen macht für mich die Aufhebung der Unterscheidung noch keinen Sinn.

Offline 1of3

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #37 am: 28.11.2007 | 21:25 »
Hab ich gelesen. Aber offenbar ist für dich das Handeln des Spielleiters grundsätzlich problematisch. Was will man also mit dem Mann?

cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #38 am: 28.11.2007 | 21:34 »
Ne, finde den SL keineswegs problematisch. Aber Du hast recht, man könnte den Begriff "SL-Eingriff" als negativ konnotiert ansehen. War aber nicht so gemeint.

Mir widerstrebt halt insgesamt, dass in diversen Kontexten der Rollenspieltheorie die Motivation des SL einfliesst. Das finde ich unnötig, da die Interpretation von Motivationen nen zusätzliches Faß ist. Deshalb versuche ich, den SL aus der Railroadingdefinition zu nehmen und SL-Willkür ohne Rückgriff auf SL selbst in die Skala zu integrieren. Auch CA, Gruppenvertrag und die ganzen anderen Begrifflichkeiten braucht man erst mal nicht. Das finde ich angenehm entschlackend  ;)

Joe Dizzy

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #39 am: 28.11.2007 | 21:55 »
Das finde ich angenehm entschlackend

Oder halt bis zur Unbrauchbarkeit vereinfacht. Das ist denke ich der grundlegende Unterschied an Sichtweisen in diesem Thread.

Offline Gaukelmeister

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #40 am: 28.11.2007 | 22:15 »
Mir widerstrebt halt insgesamt, dass in diversen Kontexten der Rollenspieltheorie die Motivation des SL einfliesst.

Ganz abgesehen davon, dass ich Handlungsmotive für ziemlich wichtig erachte, um Handlungen zu beurteilen, ist die Motivation des SL sicherlich nicht der einzige Aspekt, der in die gebräuchlichen Erläuterungen von Railroading und Illusionismus einfließt. Im Zentrum steht - beim Railroading zumindest - vielmehr, ob sich jemand Gestaltungskompetenzen an Land zieht, die ihm laut Gruppenkonsens gar nicht zukommen. Das kann durchaus unterschiedlich motiviert sein. Aber wenn jemand die Gestaltungsrechte anderer Teilnehmer auf illegitime Weise einschränkt, dann liegt Railroading vor.

Übrigens finde ich, dass Du einen weiten Weg gegangen bist von Deinem ausführlichen Einstiegsstatement bis zur Klarstellung, dass es Dir um die Wahrnehmung der Spieler geht.
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cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #41 am: 29.11.2007 | 00:41 »
Zitat
Übrigens finde ich, dass Du einen weiten Weg gegangen bist von Deinem ausführlichen Einstiegsstatement bis zur Klarstellung, dass es Dir um die Wahrnehmung der Spieler geht.

Es geht mir ja auch gar nicht um die Wahrnehmung der Spieler. Ziel war eine Zusammenführung der Begriffe Railroading, Illusionismus, Zwangfreiheit und Spielleiterwillkür. Dies sollte zudem so geschehen, dass wir für die Definition auf keine weiteren, in meinen Augen wackeligen Konstrukte zurückgreifen, also keine SL-Motivation, Gruppenverträge, CA oder was auch immer.

Hier noch einmal mein Ursprungsvorschlag ohne Erläuterungen:

Spielleiterwillkür bezeichnet eine Heftigkeit der Spielleitereingriffe, welche als Summe der Eingriffsmassivitäten den individuellen Schwellenwert eines Spielers überschreitet.

Aber die Diskussion ist nun auch mal abgehakt, oder? Ich finds entschlackt, andere findens inhaltsleer, was solls.

EDIT: Und keineswegs will ich Handlungsmotive für unwichtig erklären. Aber das ist ein kompliziertes Thema, welches ich besser aus einer Definition rauslassen würde, wenn es nicht unbedingt nötig wäre  ;)
« Letzte Änderung: 29.11.2007 | 00:42 von cmdlightning »

Offline Dr.Boomslang

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #42 am: 29.11.2007 | 01:34 »
Ganz abgesehen davon, dass ich Handlungsmotive für ziemlich wichtig erachte, um Handlungen zu beurteilen, ist die Motivation des SL sicherlich nicht der einzige Aspekt, der in die gebräuchlichen Erläuterungen von Railroading und Illusionismus einfließt.
Die Motivation des SL fließt gar nicht ein. Denn wie du schon ganz richtig sagst kann es sehr viele Motivationen geben, die für das Resultat das beschrieben werden soll, nämlich den Bruch des Gruppenkonsens, unerheblich sind, abgesehen davon dass wir sie auch nicht wirklich ermitteln könnten.

Spielleiterwillkür bezeichnet eine Heftigkeit der Spielleitereingriffe, welche als Summe der Eingriffsmassivitäten den individuellen Schwellenwert eines Spielers überschreitet.
...
Ich finds entschlackt, andere findens inhaltsleer, was solls.
Die neue Definition ist erstmal nicht nur inhaltsleer, falls nicht ein völlig neuer Rahmen aufgebaut wird, sondern sie ist auch nicht entschlackend.
Während man in den ursprünglichen Definitionen von Railraoding und Illusionismus nur auf das Konzept des Social Contract verweisen muss (das darüberhinaus grundlegend ist), braucht man bei dir noch Erklärungen für "Spielleitereingriff", "Eingriffsmassivität" und den "individuellen Schwellenwert". Diese Begriffe sind sicher nicht einfacher zu erklären oder gar mit praktikablen Inhalten zu füllen, als die bisherigen. Ich kann da keine Entschlackung erkennen. Außerdem werden verschiedene Sachen in einen Topf geworfen und eindimensional gemessen. Dann wurde die Definition auch noch unnötig eingeschränkt auf die Spiele die du für relevant hältst, und das ohne große Notwendigkeit. Besser ist da nichts.

cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #43 am: 29.11.2007 | 07:38 »
Seufz. Du hast mit Deinem Post wie immer vollkommen recht. Das kann man auf keinen Fall anders sehen als Du und es war früher alles besser. Gratuliere. Thema beendet.

Offline Tantalos

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #44 am: 29.11.2007 | 07:43 »
Zitat
Während man in den ursprünglichen Definitionen von Railraoding und Illusionismus nur auf das Konzept des Social Contract verweisen muss
Also ich kann immer Railroading ganz gut erklären, auch ohne den Social Contract auch nur zu erwähnen. Da also von einem "muss" zu sprechen halte ich ich für humbug.

Zitat
Seufz. Du hast mit Deinem Post wie immer vollkommen recht. Das kann man auf keinen Fall anders sehen als Du und es war früher alles besser. Gratuliere. Thema beendet.
Also mir fällt es auch schwer Summen aus "Massivitäten" zu bilden, das hört sich zwar superwissenschaftlich an, aber ich kann mir da rein gar nix drunter vorstellen
Rebellion? Läuft gut!

cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #45 am: 29.11.2007 | 07:57 »
Zitat
Also mir fällt es auch schwer Summen aus "Massivitäten" zu bilden, das hört sich zwar superwissenschaftlich an, aber ich kann mir da rein gar nix drunter vorstellen

Damit kann ich wunderbar umgehen, denn Du formulierst Deine Kritik in einem freundlichem Ton und kennzeichnest Deine Meinung als solche. Völlig in Ordnung.  :d

Aber ich bin erst mal wieder nen bisschen schaffen. Bis später!

Offline Gaukelmeister

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #46 am: 29.11.2007 | 17:46 »
Die Motivation des SL fließt gar nicht ein.

Du hast natürlich vollkommen recht - da habe ich falsch formuliert. Die Motivation fürs Railroading kann allerdings einen gravierenden Einfluss auf die Beurteilung durch die anderen Spieler haben - wenn ich bestimmte Techniken nicht beherrsche und deswegen railraode, werde ich persönlich sicherlich weniger angegangen, als wenn ich mich für wichtiger erachte als die anderen und deswegen in ihre Gestaltungsräume eingreife. Dementsprechend ist es auch möglich, dass der Spielspaß unterschiedlich stark leidet. Aber das hat mit der Definition von Railroading nichts zu tun - danke für die Klarstellung.
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cmdlightning

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Re: Spielleiterwillkür Revised
« Antwort #47 am: 29.11.2007 | 21:55 »
Habe gerade einen neuen Button entdeckt. Thread schließen! Yeah. R.I.P., lieber Thread!