Welche Ziele?
-Sind es die Hintergrund- oder Charakterziele der einzelnen Spieler bzw. deren Charaktere, dann sollen sich diese Spieler eine neue Motivation und neue Ziele besorgen. Wenn sie das nicht -wenn nötig bzw. erwünscht auch mit Hilfe der Gruppe- zu Wege bringen, dann werden sie den Char wohl zur Ruhe setzen müssen.
(Ich schreib das hier nur noch mal, weil es mir im Eingangspost so vorkam, als schilderte Jörg das Problem aus Sicht des SL; und IMO ist es nicht Aufgabe des Spielleiters, den Spielern für ihre Chars Ziele zu basteln.)
-Ist das erreichte Ziel das Kampagnenende, dann muss sich die gruppe (SL und Spieler) überlegen, ob sie eine neue Kampagne mit den alten Helden oder mit neuen machen wollen.
Je nach gespieltem System ist das leichter oder schwerer, oder auch praktikabel und sinnvoll. Aber im Endeffekt läuft es auf die Vorliebe der einzelnen Spieler hinaus.
Wenn Spieler mit ihren Chars die Kampagne vernachlässigen oder sogar boykottieren, fände ich das eine Riesenfrechheit.
Entweder sie setzen den alten Char zur Ruhe und machen mit einem neuen weiter, oder sie finden mit dem alten Char neue Ziele, oder der Spieler verlässt die Runde.
Aber sobald in so einem Zusammenhang die Worte "Tortur", "Gleichgewicht zerstören" o.ä. aufkommen, sollte allen klar sein, dass etwas nicht richtig läuft.
Ich kann nur das offensichtliche raten: mit dem betreffenden Spieler sprechen und schauen, wo das Problem liegt und danach eine Lösung suchen.
Ich hab des öfteren erlebt, dass der eigentlich Grund des Problems die Faulheit des Spielers ist. Auf der einen Seite ist das Spiel mit dem alten Char langweilig geworden, aber andererseits kennt man ihn nun in-und auswendig, hat ihn optimiert etc.
Ein neuer Char muss erst wieder die -in meinen Augen- vermeintliche Durststrecke der unteren Level durchqueren.
Vielleicht kommt noch ein wenig Neid hinzu, wenn man meint, seinen Char nicht mehr verbessern zu können, aber sieht, dass andere Helden weiterhin mächtiger werden.
Eigentlich sollte es nicht allzu schwer sein, neue Ziele- und seien sie noch so temporär- zu finden. Aus der beendeten Kampagne könnte es ein paar lose Enden oder offene Rechnungen geben.
Und diese steigen bei der neuen Kampagne als Hintergrund mit ein. Also z.B. ein paar mächtige NPCs die auf Rache sinnen, weil die SCs ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben; dies müssen die Spieler noch nicht einmal sofort merken. Evtl. ist es ihnen gänzlich unbekannt, woher die neue Opposition kommt - dass der Oberschurke ein paar inoffizielle Unterstützer hatte, die insgeheim mit seinem Sieg gerechnet hatten, wird nicht allgemein bekannt sein.
Solch ein Problem - "Was tun wir jetzt?"- sollte eigentlich selten bis gar nicht auftreten dürfen. Denn eigentlich müsste der Spieler/ Char ja auch einen Plan dafür haben, was er macht nachdem er seine persönlichen Ziele erreicht hat.
Angenommen, der Char hat als pers. Aufgabe, seine in die Sklaverei verschleppte Familie zu befreien. Was will er denn tun, wenn er diueses Ziel erreicht hat? Wird er sich nicht ausgemalt haben, wie er wieder - glücklich und zufrieden- in sein altes Leben zurückkehrt?
Ob das so einfach möglich ist oder ob er sich in seinem alten Leben überhaupt zurecht findet, ist dann eine andere Frage...
Ob eine Runde bei Erreichen einer bestimmten Stufe beendet werden muss, kommt vor allem auf den bisherigen Spielstil der Gruppe an. Wenn sich weiterhin alles nur um "sinnloses" Monsterbashing und Dungeoncrawling dreht, dann wäre es z.B. für mich langweilig, da ich nichts vom Wettrüsten in solchen System halte. So haz in unseren Gruppen bis jetzt die Mehrheit immer darauf gedrängt- z.B. bei DSA und D&D- ab einem bestimten Level mit einer neuen Gruppe zu starten.
Ausnahmen gab es ein paar wenige; bei diesen Kampagnen war aber dann der Focus weniger aufs Prügeln als auf die Auswirkungen solcher HLP auf die Spielwelt. Die Spieler sollten spüren, dass die Macht ihrer SCs nicht nur durch ihr "Schwert+5" oder ihr "Word of Power: Death" herrührt, sondern dass ihre SC tatsächlichen Einfluss haben (können).
Die Frage ist natürlich immer, wie spielen die Spieler? Sehen sie das P&P etwa wie Diablo2, dann kann es durchaus sein, dass sie sich auf ein endloses Hochrüsten freuen und darauf, immer mehr Schätze und immer mächtigere Artifakte zu horten.
Wenn sie sich aber solche Ziele gesetzt haben wie "Oberhaupt eines Ordens", "Fürst eines eigenen Reiches", "Weltretter" oder ähnliches, dann sollte das Problem -"Was tun wir jetzt?"- gar nicht auftreten.
Sollte es trotzdem erscheinen, empfielt sich ein reaktivieren der Helden im Ruhestand, a la die Musketiere in "Der Mann in der eisernen Maske".
Mein Spielstil ist es, ein sich-zur-Ruhe-setzen des Helden als etwas endgültiges zu sehen. Es muss nicht immer der Heldentod sein, aber wenn ein Char aus dem Spiel auscheidet, dann sollte es für immer sien (Ausnahmen - siehe oben- mag es geben).
Deswegen auch mein Credo: wenn einem Spieler/Char die Motiovation fehlt, dann ist er wohl "ausgelutscht" oder augereizt und es wird Zeit einen neuen Recken zu erschaffen.
Bis jetzt hatte ich das Glück, dass diese Frage -"Was tun wir jetzt, da alle unsere Ziele erreicht sind?"- sich bei uns nie als Problem darstellte. Entweder die Spieler hatten ihre Ziele erreicht -Papst, König, Held, eigene Farm, whatever...- und konnten sich zufrieden aus dem Abenteurerleben verabschieden.
Oder die eine Kampagen ist zwar zu Ende, aber der SL hat schon den Aufhänger für die nächste Bedrohung geliefert.
Nicht umsonst hab ich in meinen Runden eingeführt, dass alle Spieler so etwas wie eine Allround-Motivation mitzubringen haben - soll heißen: "Abenteurer" ist nicht nur Klasse, sondern auch Hintergrund und Motivation.
Grund hierfür sind ein paar unschöne Situationen in anderen Gruppen (ich als Spieler, nicht SL) mit bockigen Spielern, die extreme Egotrips schoben und mit ihrem Verhalten tatsächlich das SPiel zum Erligen brachten.
Deshalb bei mir die Vorraussetzung zum Mitspielen: der Spieler sorgt für einen Grund, weswegen der Char mit der Gruppe mitrennt. Ich als SL hab keinen Bock auf Babysitting, und auch die Anderen Chars würden einen solchen unsympatischen Unbekannten ja nicht beknien, mit ihnen mitzureisen.
Dass die Ziele eines Spielers auch die eines anderen werden können, bzw. dass eine zusammengewachsene Gruppe auch einem ihrer Mitlgieder bei dessen Problemen beisteht, halte ich zumindest für selbstverständlich. (Rollenspielerische Ausnahmen mal beiseite, hier geht es wohl vor allem um die Spielerebene). So löst sich schon mal das Problem der Einzelmotivation; diese ist gleich Gruppenmotivation (oder umgekehrt).
Das mit dem "Seasoning" ist zwar nett gemeint; ich zumindest halte das für einen unnötigen Begriff für etwas, das es schon gibt: Es nennt sich Kampagne oder Kapitel (oder Buch), oder (Kampagnen)abschnitt.
Manche mögen zwar die G/ als Kampagen bezeichen, aber im Endeffekt ist auch das nichts als ein langes, sehr langes Abenteuer. Analog dazu ist ein Film auch keine Serie, nur weil ich ihn auf mehrere Teile aufspalte.
Und das was in den "aktuellen Seasons" passiert, sind ganz eingfach irgendwelche Handlungsstränge, die eben zeitlich begrenzt sind (im Beispiel von Boba Fett eben auf die einzelnen Seasons).
Ich musste bei dem Begriff "Seasoning" schmunzeln, denn meine erste Assoziation war die der Gewürze!
Wobei wir aber auch hier den altbekannte Begriff des "Themas" oder "Leitmotivs" haben.
Es wurde weiter oben von Edorian schon gesagt: "neue Worte für alte Erkenntnisse".
Alles schön und gut, wenn's den Leuten hilft. Aber bitte nicht als Neu verkaufen.
@1of3
Zitat
Keiner meiner Chars hat je eine andere Motivation als Neugier / Forscherdrang gebraucht.
Das ist eigentlich keine Motivation, sondern eine Entschuldigung.
Das ist nur Wortklauberei! Genauso wie ich sagen kann: Motivation (für Char-Handeln) = Erklärung (des Handelns) = Grund (f.d.H) = Vorwand = Entschuldigung.
Mag sein, dass du das nur flippig ausdrücken wolltest; ändert aber nichts am Sachverhalt, denn Forscherdrang ist sehr wohl eine mögliche Motivation.
Keine Ahnung, wer definiert hat, dass Motivation im Rollenspiel nur irgendwelche hochdramatischen Dingen sein können, aber solch eine Einstellung lässt stark vermuten, dass man seine Spielweise für die einzig wahre hält. Und das ist nicht nur arrogant, sondern auch falsch (da Rollenspiel und Spielweise = Geschmacksache und damit subjektiv).
@Lord Verminaard
Ich glaube, der Irrtum, den manche begehen, ist folgender: Sie denken, sie können beides haben. "Der Weg ist das Ziel" und "das Ziel ist das Ziel". Aber das funktioniert nicht.
Ich meine, da irrst du dich. Man kann doch wohl mehr als ein Ziel haben. Ob beide Ziele gleichwertig sind, ist erstmal nebensächlich, aber zu behaupten beides geht nicht, ist so, als würde man sagen, man kann nicht die Reise selbst als auch das Ankommen am Reiseziel genießen (in dem Beispiel ist das "Genießen" das "Ziel" des Urlaubs).
Der Fehler in deinem Schluß ist, dass du nur zwei Ziele zulässt und behauptest, beide würden sich gegenseitig ausschließen, also quasi ein Falsches Dilemma. Zum einen funktionieren sehr wohl mehrere Ziele nebeneinander, und zum anderen schließen sich mehrere Ziele nicht von vornherein aus. Das einige Ziele nicht mit anderen kompatibel sind, kommt vor, und kann auch immer wieder Anlass zu schönen Konfliktsituationen im Spiel geben.
Abschließend sprech ich nochmal deutlich aus, was ich hier nur andeutungsweise oder implizit geschrieben habe:
Ich bin kein Fan von Endloskampagnen! Eine Kampagen mag sehr lange dauern, aber ich will, dass von vornherein klar ist, dass es ein Ende gibt und dass evtl. bekannt ist, wie es aussehen wird.
Ich mag also das endlos bespielen eines Chars nicht. Ganz eindeutig kann ich sagen, es gibt so etwas wie eine Haltbarkeitsdauer für Helden und irgendwann hat sich jeder ausgelutscht.
Oder anders ausgedrückt: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende
(Das trifft generell zu - und ganz besonders für CoC)