Von Driftwood Publishing kommt "The Riddle of Steel" (TROS) - "Roleplying with an Edge", wie der Untertitel lautet.
Das Cover läßt zuerst mal die Vermutung aufkommen, eine Art Conan oder "Barbar gegen Barbar" System vor sich zu haben. Düster, mit einem hochgereckten Breitschwert.
Liest man dann aber den Rückentext, wird man neugierig, denn welches System kann schon von sich behaupten, von der ARMA (Association of Renaissance Martial Arts) legitimisiert zu sein?
Würfelsystem: TROS verwendet ein Poolsystem von W10, plus einem W6. Diese Pools können in extremen Fällen bis zu 25 oder 30 Würfel betragen!
Hierbei gilt das bekannte "Ein Wurf größer gleich einer Schwierigkeit = Erfolg". Bei Kraftproben entscheidet die Anzahl der Erfolge über den Ausgang.
Charaktererschaffung: Einerseits ist diese recht simpel, und durch ein System aus Prioritäten und Punkteverteilen recht flexibel. Allerdings stellt man bereits hier fest, daß TROS einige Ansätze vertritt, die ein genaues Charakterkonzept unabdingbar machen. Dazu später mehr.
Kampfsystem: Hier kommen wir zum echten Diamanten. Ein Kampf läuft in
Echtzeit ab. Das heißt, Attacken (die in realistischen Manövern abgehandelt werden) und Abwehr (mit ebensovielen Möglichkeiten) werden ohne Runden abgehandelt. Anstelle dessen besitzt jeder Kämpfer einen Kampf-Pool, aus dem er jede seiner Aktionen mit einer von ihm angesagten Anzahl Würfel unterstützt. Trefferzonen sind selbstverständlich, und werden einfach angesagt. Prinzipiell ist ein Schlagabtausch aber nach ein bis fünf Hieben vorbei - und einer schwer verletzt oder tot. Realismus wird hier groß geschrieben.
Durch dieses System wird der Kampf auch zu einem kleinen Schachspiel mit dem SL (der Seneschall genannt wird), denn taktieren und täuschen wird vom System wirklich unterstützt.
Magie: Die Magie ist tödlich und mächtig. Punkt.
Selbst der unerfahrenste Magier ist einem Kämpfer überlegen, kann sich eigene Zauber "stricken", und selbst einem mächtigen Gegner einfach die Birne wegsprengen.
Zwei Nachteile gibt es aber. 1. Sind Zauberer extrem selten, besonders unter Menschen, und 2. kann
jeder Spruch verheerende Folgen für den Zauberer haben - egal ob er gelingt oder nicht.
Fertigkeiten: Fertigkeiten haben Werte, die je nach Meisterschaft sinken (es wird also leichter, einen Erfolg zu erzielen). Gewürfelt wird mit dem Pool eines dazugehörigen Attributs.
Aufstieg: Der Aufstieg des Chars verläuft fließend, ohne Stufen. Er kann auch neue Fertigkeiten erlernen.
Das Besondere: TROS verwendet die sog. Spirituellen Attribute - das sind Eigenschaften, die einen Charakter wirklich Leben verleihen können. In Situationen, die diese Attribute betreffen, kann der Spieler den jeweiligen Pool
zusätzlich zu seinem normalen Wert einsetzen (dadurch kommen auch die Pools von über 20 W10 zustande). Das SA "Passion (Love)" etwa könnte bei der Rettung der Liebsten zum Einsatz kommen, und auch aus einer ausweglosen Klemme heraushelfen.
Hinzu kommen noch "Gifts an Flaws", die sich auch mit den SAs überschneiden können - und echtes Rollenspiel verlangen und fördern.
Die Welt: Weyrth ist eine Welt, in der man viele Ähnlichkeiten zu bekannten Kulturen unserer Welt wiederfinden wird. Interessant sind vor allem die nicht-menschlichen Rassen, die sich alle von den
Fey ableiten. Zwerge sind z.B. mit den Elfen verwandt, Halblinge sind Mischlinge zwischen Fey und Menschen (und normal groß), und dann sind da noch die
Man-elves, die mit bunter Haut und seltsamen Mißbildungen als Freaks erscheinen.
Fazit: Wer die vollen Hände mit Würfeln nicht scheut, bekommt mit TROS ein System, das es an Realismus nicht mangeln läßt, ohne Drama und Epik zu unterdrücken. Charaktere sind vielschichtig, und Magie etwas Geheimnisvolles und tödlich mächtig.
Einziges Manko mag das Layout sein, das an einigen Stellen mit "Schusterjungen und Hurenkindern" nicht eben geizt.
Der Preis von 34.95$ erscheint für ein S/W-Hardcover vielleicht ein wenig hoch, Driftwood ist aber eben nur ein kleiner Verlag.
Zu bemerken ist auch der Humor, der sich durch das Regelwerk zieht. Kleines Beispiel aus den FAQs:
Why do we need so many dice?
... It just so happens, we really like rolling big handfuls of dice. Plus, it keeps the die-making industry in business.
HP:
http://www.theriddleofsteel.net