Autor Thema: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin  (Gelesen 2434 mal)

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Offline Skyrock

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(6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« am: 15.01.2009 | 21:34 »
"...und über diese Kuppe könnten wir mit dem Katapult gefahrlos die Truppen Lady Winternachts zersprengen, sollte sie angreifen."

Konzentriert schob der General den Holzklotz mit dem stilisierten Riesenlöffel an einer Schnur an die Stelle auf der Karte.
Es war eine gewisse Odyssee, aber er hat es letztlich zur Burg zurückgeschafft, und er konnte den Rekruten, der das Tor bewachte, hinreichend verdattern um ohne weitere Fragen rein zu kommen. Natürlich würde Graupelz später sicher mehr wissen wollen, sobald er sich gerichtet hatte, aber das war jetzt nicht so wichtig.
Wichtig war erst einmal, dass er mit der Kaiserin sein Wissen und seine Gedanken um die Umgebung und ihre militärische Bedeitung teilte, damit sie bei der Führung später den Details gezielter folgen konnten.

"Sie setzt überwiegend auf Ballistas anstatt auf Katapulte, und diese sind zwar überlegen dabei mit Direktfeuer Mauern und Tore einzureißen, aber wisst ihr wo ihr Problem liegt? Sie feuern in direkter Linie, und das würde ihnen an dieser Stelle zum Verhängnis. Schaut euch mal den Wald hier an..."

Sein Finger ging leicht unterhalb der Stelle, wo das Katapult aufgestellt war, entlang des Westhangs, über den Lady Winternacht würde kommen müssen.

"Viel Holz, aber die Broksgaardener nutzen es nicht. Einer der Rekruten hat mir verraten warum: Es ist scharf gebogen und wächst fast waagrecht Richtung Süden. Wisst ihr, was das heißt, Majestät?"
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Re: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« Antwort #1 am: 15.01.2009 | 21:58 »
Selene wirkte sichtlich interessiert, auch wenn das Thema Kriegsführung nicht ihr liebstes war. Dennoch musste sie gut genug bescheid wissen, damit unnötige Manöver das Leben vieler kosten, wenn man die notwendigen Verluste klein halten könnte. Notwendige Verluste... diese Gedanken hakten etwas in dem Bewusstsein der Kaiserin, doch die gezielte Frage ihres Generals brachte sie wieder auf klare Gedankenstrukturen.

"Das selbst das Holz weiss, dass die Erlösung in der allumfassenden Klarheit der allmächtigen Sonne liegt?"

Es wirkte vielleicht ein wenig übertrieben ironisch, aber auch nur wenn man die Kaiserin nicht gut genug kannte. Tat man dies jedoch war einem vielleicht klar, dass jedes noch so kleine Anzeichen für das Wirken Absolons auch auf eben jenen bezogen wird. Das wirkte manchmal unfreiwillig komisch, aber wer lachte schon gerne eine Kaiserin, wenn auch nur eine zukünftige, aus?

Selene griff nach einer Keramiktasse mit dampfenden Tee und genehmigte sich einen kleinen Schluck und liess sichtlich den Tee sein Aroma auf der Zunge entfalten.

"Aber so lange die Baumeister der Lady Winternacht nicht in der Lage sind, Gerätschaften zu werkeln, welche um die Ecke schießen können, werden sie mit krummen Bäumen kaum etwas anzufangen wissen, oder? Doch wo liegt da unser taktischer Vorteil?"
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Re: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« Antwort #2 am: 15.01.2009 | 22:16 »
Ein Anflug von einem Grinsen huscht einen Moment über das Gesicht des Feldmarschalls, aber dann hat er sich wieder im Griff.

"Vielleicht weiß das Holz das, aber das wüsste es auch, wenn es gerade wachsen würde.
Nein, der Punkt ist, dass Holz nie von Natur aus so krumm wächst - dazu muss der Wind gegen es blasen, und zwar fortlaufend, und zwar mit schweren Böen. Von den Bäumen wissen wir also: An genau diesem Hang fließen die Windströme aus den nahen Schluchten zusammen und traktieren unseren Wald.

Wäre es jetzt Friedenszeit, dann käme es uns natürlich ungelegen dass unser gutes Holz zu Klump gelegen kommt, aber in diesen Zeiten des Streites, wo es jederzeit sein könnte dass wir Broksgaard gegen Winternacht beistehen müssen, käme uns das gelegen.

Denkt noch einmal an den Unterschied in der Bewaffnung zurück: Wir haben glatte, runde Felskugeln, die in einem Bogen herunterkrachen; sie haben hingegen lange, leichtere Holzbolzen und wollen einen genauen Punkt in gerader Bahn erwischen. Was geschieht nun, wenn der Wind tost?"
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Re: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« Antwort #3 am: 15.01.2009 | 23:49 »
Die Sonnenkaiserin betrachtete einen Moment lang die Karte vor sich sprach allgemein bekannte Dinge nochmal laut aus. Eine wunderbare Möglichkeit Missverständnisse und daraus resultierende Streitigkeiten zu vermeiden.

"Das Gebiet von Lady Winternacht liegt im Westen, also würde ein Trupp von ihr in östliche Richtung aufbrechen. Nun ist in dieser Passage mit starken Böen aus Norden zu rechnen. Eigentlich immer, laut eurer Analyse. Damit hat keine Seite Gegen oder Rückenwind, aber beide Geschosse werden nach Süden abgedrängt."

Selene deutete immer grob auf entsprechende Stellen auf der Karte hin und sah nochmal zu ihren Feldmarschall, ob dieser anfing wirr mit den Kopf zu schütteln, aufgrund ihrer bisherigen Aussage. Aber augenscheinlich war das offensichtliche diesmal wirklich nicht im Schatten verborgen.

"Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube ihr wollt mir sagen, dass unsere Kriegsapparaturen mit diesen Abdriften eher zurecht kommen, als die von Lady Winternacht. Allgemein hätte ich sowieso gedacht, dass es einfacher sein muss über einen Wald zu schießen als durch ihn durch..."

Selene ließ ihren Blick ein wenig über die Geländekarte schweifen und zeigte in Richtung Norden zum Gebiet von Lord Abendrot.

"Aber könnte dieser Vorteil gegenüber Lady Winternacht nicht auch Nachteile gegenüber Lord Abendrot bringen? Immerhin würden seine Truppen ja von Norden kommen und damit den Wind im Rücken haben."
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Re: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« Antwort #4 am: 16.01.2009 | 14:02 »
"Es stimmt, dass Katapulte in Waldgebieten schon immer der Ballista überlegen waren - aber der Wind verstärkt unseren Vorteil noch. Die leichteren Bolzen mit ihrer langen Oberfläche werden leicht vom Wind erfasst und kommen stark ab, während unsere Kugeln zum einen schwerer sind und zum anderen Wind über und unter ihnen hindurchstreift und sie so nur wenig abtreibt.

Wenn es also zu einem Feldzug kommen sollte, dann müssen wir alles daran setzen um diesen Hügel zu besetzen und zu halten. Von dort aus brauchen sie je nach Wind 4 bis 6 Ballistas, um auch nur eines unserer Katapulte auszugleichen, und selbst wenn sie die Gefahr erkennen und sofort ihre Infanteristen dahingehend massieren um den Hügel zu gewinnen, haben wir genug Zeit und Überlegenheit, um eine ernsthafte Expedition gegen Broksgaard unmöglich zu machen, und wir könnten ihre Armee um Wochen, wenn nicht sogar Monate zurückwerfen, während sie Ersatz für ihre Belagerungsmaschinen herstellen müssen - was reichlich Zeit wäre um unsererseits zu einer Vergeltungsexpedition auszusenden oder uns um drängendere Fronten zu kümmern, aber damit sind wir schon zu weit in der Zukunft.
Zumal wir erst die Gegend wirklich kennen sollten, ehe wir die strategische Planung festzurren."

Just in diesem Moment treten die beiden Zofen ein und warten artig etwas hinter den beiden.

"Ah, die Heilerinnen, die uns Comtessa Cassagrande so großzügig für unsere Expedition bereit gestellt hat. Ich habe von letzter Nacht noch die eine oder andere Blessur, die versorgt werden sollte, ehe der lange Tag endgültig heranbricht.
Ich wäre auch für's erste fertig damit, die militärische Bewertung der Umgebung vorzubereiten, wenn eure Majestät mich also entschuldigen würde..."

Er verbeugt sich tief, wie es das Protokoll verlangt, und erwartet die Entschuldigung - so ihre Majestät nicht durch das Stichwort "Blessuren" mißtrauisch gemacht wird.
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Re: (6) Zwiegespräch in der Kammer der Kaiserin
« Antwort #5 am: 19.01.2009 | 23:06 »
Selene schien entweder gerade nicht zwischen den Zeilen lesen zu können, oder sie ignorierte diese Ansage äußerst geschickt. Sie lächelte warmherzig und nickte sachte.

"Ich denke auch, dass genug der Worte über kriegerische Absichten verloren wurden. Ihr seid entschuldigt."

Die Sonnenkaiserin wartete noch, bis der Feldmarschall sich nicht mehr im Zimmer befand und nahm behutsam eine der Holzfiguren in die Hand. Sie hoffte inständig, dass es zu keinen Konflikten kommen würde, aber sie hatte das Gefühl als ob sich eine kalte Hand um ihre Zuversicht legen wollte um diese Hoffnung im Keim zu ersticken.
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