Erläuter doch mal bitte, wann und in welchen Zusammenhängen diese Karten gespielt werden können/sollen
Eigentlich jederzeit, sobald es der Karten-besitzenden Seite nützlich erscheint.
Dabei sollen die Karten eben eben grob in die Richtung "sehr glückliche Zufälle" oder "ungewöhnliche, einmalige Resourcen" gehen. Eben Dinge, die einerseits für Pepp sorgen, aber die man andererseits nicht inflationär eingesetzt sehen möchte.
und wie du dir die dann wohl manchmal recht strangen Interaktionen mit dem gerade laufenden Plot/Story/Abenteuer vorstellst.
Ich muss zugeben, von sehr sehr strangen Interaktionen kann ich nicht genug bekommen (und meine Gruppe läßt mich da auch nicht im Stich
). Von daher ist mehr Chaos durchaus beabsichtigt.
Gerade bei sehr durchs Würfelsystem bestimmte Handlungs-Folgen (wie Kämpfen) ergibt sich imho schnell ein eingespielter Trott, weil es letztlich nur um das Optimieren von Wahrscheinlichkeiten geht. Da hat man für seinen Char halt recht schnell eine ziemlich optimale Taktik raus. Oder es ist - etwa beim einmaligen Talenteinsatz - eh keine Taktik gefragt, sondern nur Würfelglück.
Hier bieten Ereigniskarten eben einen weiteren, wesentlich anderen Mechanismus, der die Komplexität erhöht ohne "unfair" zu sein. Das Spiel mit bekannten (oder wenigstens abschätzbaren) Wahrscheinlichkeit wird um Unbekannte erweitert. Eigentlich sollte man ja meinen, dass das Klarkommen mit Unvorhergesehenem zu den Grundsteinen des Rollenspiels gehört. Aus diversene zwischenmenschlichen Gründen ist dem aber nicht so - Kontrollverlust, böse Zufälle etc. haben in Rollenspielkreisen ja immer den Dunst von "Spielleiterwillkür", und setzen meist gegenseitiges Vertrauen und Fingerspitzengefühl voraus. Eben deswegen tauchen sie oft nur an 2-3 "plottwichtigen" Stellen auf (wenn überhaupt), und werden ansonsten under den Tisch fallen gelassen. Wenn das Tischrollenspiel von einem Aspekt geprägt wird, dann ist das Berechenbarkeit. Und das find ich schade.
Vorlage für die Idee waren übrigens Brettspiele der Sorte "Junta" und "Republic of Rome", die zwar über einen soliden Kern an "konventionellen" Regeln verfügen, aber diesen aber mit Ereigniskarten so aufpeppen, dass man Leute auch wirklich überraschen kann. Die Karten sind dabei für sich keine Game-Breaker, können aber wenn sie in eine Taktik eingebunden werden durchaus stark werden.
Was das Rollenspiel angeht, denke ich aber nicht, dass solche Karten wirklich in der Lage sind das Abenteuer zu sprengen. Die Spieler haben ein Interesse daran, die Karten zum Erreichen ihrer Ziele einzusetzen (und wenn die Ziele mit der Abenteueraufgabe übereinstimmen: den Zielen des Abenteuers), und der Spielleiter kann ja sehr gut selbst entscheiden, wieviel mehr Chaos er sich noch zutraut.
Klingt nach dem John-Sinclair-Prinzip.
Ist durchaus ähnlich, insbesondere was die Karten an sich angeht. (Muss hier auch dabei sagen, dass ich vorher von dieser John-Sinclair-Mechanik noch nicht gehört hab.)
Ein Unterschied ist halt, dass bei John-Sinclair was die Spieler angeht mit offenen Karten gespielt wird, und diese auch nur für eine Situation zur Verfügung stehen. Die Karten sind also eher kurzfristige Boni.
Wenn die Spieler hingegen ihre verdeckten Karten von Beginn des Abenteuers an haben, dann können sie auch gezielt auf deren Einsatz hinspielen. Es handelt sich also um ein weiteres taktisches Element, parallel zum Optimieren der Würfelwahrscheinlichkeiten. Wenn der Spieler weiss, dass sein Charakter einmal jemanden "über den Tisch ziehen" kann, dann macht es zum Beispiel Sinn, dass er sich zum Ausrüsten einer Expedition an einen reichen Handelsherr wendet, von dem er normalerweise erwarten würde, dass der ihn bei einem Überreden-Vergleich unter den Tisch würfelt. Hier kommen eben zum üblichen Würfelspiel noch so Fragen wie "Wofür setz ich die Ereigniskarte ein? Wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie komm ich in die entsprechende Situation?". Sprich: Mehr Optionen, mehr Taktik, mehr Nervenkitzel.
Was die IT-Perspektive angeht: So erhalten Spieler und SL praktisch (wieder) Einfluss auf das Element "Zufall", ohne dass man dafür das ganze Player-Empowerment-Paket mit seiner Beliebigkeit ("Ich erzähl mir die Welt wie's mir grad nützlich ist") und seiner aufgeweichten Rollenverteilung ("sind wir nich alle ein bisschen SL?") schlucken muss.
Die Spieler erhalten Einfluss auf das Metagame, und im gleichen Maß kann auch der SL wieder auf "krude Zufälle" und "nicht vorhersehbare Ereignisse" zugreifen, ohne dass sich sich die Spieler womöglich "unfair übervorteilt" vorkommen. Eben: "Mehr Zufall zu fairen Bedingungen".
Damit das ganze eben nicht berechenbar (und optimierbar) wird, ist eben auch nicht vorgesehen, dass sich Spieler und SL die Karten vor dem Abenteuer einfach zusammenstellen. Damit sie aber trotzdem halbwegs passend zu Charakteren und Abenteuer sind die (nicht gerade neue) Idee mit den Themenstapeln. Man kann sich also überlegen, in welchem Feld man seine besonderen Ereignisse am ehesten verwenden könnte, kann sich aber keine vorherberechneten Kombos zusammenstellen. Ausnahmen könnte man hier für Abenteuer-spezifische Karten machen, da die eh in anderen Abenteuern nicht mehr zur Verfügung stehen werden.
Nochmal kurz zu den Schwerpunkten des Mechanismus: Die liegen auf der gamistischen und der erzählerischen Ebene:
- Gamistisch, weil das Taktieren zum Erlangen eines Spielvorteil Teil des Konzepts ist, durchaus mit der Absicht die "Gegenseite" zu überrumpeln/übervorteilen.
- Erzählerisch, weil es um das Ermöglichen abwechlungsreicher, nicht-alltäglicher Situationen geht, die auch noch ne Weile in Erinnerung bleiben werden.