Autor Thema: "Multi-Spielstil-Gruppe": Bekehren, anpassen oder aussteigen?  (Gelesen 1869 mal)

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Offline Blutschrei

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Aloha!
Aus gegebenem Anlass kam mir dieser Gedanke in den Sinn. Ich habe gestern zum ersten mal Deadlands gemeistert, der Abend war sehr lustig aber mehr auch nicht. Mir hat die Ernsthaftigkeit, die Atmosphäre und das Interagieren mit der Welt gefehlt, das alles hat die Spieler eigentlich nicht viel gekümmert, was ja auch iihr gutes Recht ist. Wir haben dann eben 5 Stunden ingame-gruppeninterne Konfilkte ausgetragen, wie gesagt, es war lustig^^

Aber es war nicht mein Geschmack von Spielsstil. Wie handhabt ihr das generell, wenn ihr merkt, dass eine Gruppe euch vom Spielstil her nicht so ganz passt, versucht ihr, die Vorteile eures Spielstils aufzuzeigen (als Spielleiter ist man dazu ja in einer ganz günstigen Position), passt ihr euch einfach an und habt eben mal auf eine andere weiße euren erfüllten Abend? Oder gibt es für euch da keinen Kompromiss und ihr steigt aus der Gruppe aus?
Von welchen Faktoren und welchen Maßen wäre eure Entscheidung abhängig?

Ich für mich selbst, habe im aktuellen Fall beschlossen mich einfach anzupassen, unter anderem, weil ich in der Runde gemerkt habe, dass einig Spieler keine Geduld für Ernsthaftigkeit aufbringen können und andere auch ganz gut mit dem aktuellen Stil leben können, ich überleg derweil nur das Setting (ab) zu ändern, da mir der ganze klasse ausgestaltete Horrorhintergrund nicht so ganz in diese Runde, die von Lachkrämpfen geprägt ist passt ;)
« Letzte Änderung: 12.06.2010 | 23:32 von Blutschrei »
BLOOD, DEATH AND VENGEANCE!!

Kynos

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Kommt immer auf den persönlichen Missionierungswillen an. Wieviel Aufwand willst Du dir aufbürden, um den Spielstil der Gruppe und Deinen anzunähern?

Ich denke, daß eine komplette Änderung der Spielgewohnheiten nicht kurzfristig erreichbar ist. Nichtmal mittelfristig. Aber man kann den Spielern zeigen (oder ganz einfach sagen), daß es auch anders geht, immer schön mit kleinen Schritten. Und man sollte dabei im Auge behalten, sich auch ein wenig zu bewegen, also durchaus auch bei sich selbst eingeschliffene Spielweisen zu überdenken und möglicherweise auch dem Spielstil der Gruppe ein wenig anzupassen.

Was mir geholfen hat, waren Spielrunden auf Conventions, in denen man die unterschiedlichsten Spielstile an den Tisch bekommt. Das war damals (bevor ich meine mehrjährige Con-SL-Pause eingelegt habe) ziemlich lehrreich.

Offline YY

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Kurzfristig passe ich mich an (z.B. auf Cons).

Mittel- und langfristig bleibt mMn aber nur der Ausstieg, wenn "Bekehrungsversuche" nichts bringen.

Ich habe (zu) lange für eine recht dysfunktionale Gruppe geleitet, die dann letztlich aber aus anderen Gründen in die Brüche gegangen ist - das war sehr selten wirklich spaßig, und rückblickend hätte ich da viel früher die Notbremse ziehen müssen.

Aus einer anderen Runde bin ich nach zwei "Probesitzungen" wieder ausgestiegen.

Als SL mache ich in längerfristig angelegten Runden keine Kompromisse - lieber habe ich nur zwei Spieler da sitzen, mit denen es aber läuft, als dass ich und andere sich verbiegen müssen.


Beim Gespräch mit möglichen neuen Spielern stört es mich oft, dass viele das Vokabular für eine Erörterung des bevorzugten Spielstils nicht haben...macht das Ganze sehr umständlich.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Master Li

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Horror in eine lustige Runde zu bekommen ist in meinen Augen nahezu unmöglich. Überlege Dir, ob es so Spaß macht, frag die Spieler, ob es ihnen so Spaß macht. Diskutiert, ob Ihr das ganze in Deine Richtung ändern wollt, oder eben beibehalten wollt.
Viel Spaß.
Master Li und der Hamster des Todes

Offline Bad Horse

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Was Meister Li sagt. Sag deinen Spielern, dass dir ständiges Lustig-Lustig keinen Spaß macht - wie sie die letzte Sitzung beurteilen. Vielleicht gibt es auch Spieler, denen das zu viel war.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline ArneBab

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Wenn du keinerlei Spaß hast, würde ich versuchen mit ihnen mal off-play zu sprechen, ob sie einen anderen Stil versuchen möchten.

Wenn nicht, könntest du schauen, ob ihr einen Kompromiss finden könnt, in dem beides enthalten ist.

Geht auch das nicht, würde ich aussteigen. Mir hätte es einmal fast vollständig den Spaß am Leiten geraubt, als ich in einer Runde geleitet hatte, von denen sich die meisten kein Stück um Hintergründe gekümmert haben. Ich habe erst hart lernen müssen, mich wieder vorzubereiten, nachdem ich die Freude daran fast völlig verloren hatte. Da hätte ich daher definitiv früher aussteigen sollen.

Einer aus der Runde ist allerdings jetzt in meiner aktuellen Runde, und es läuft sehr gut. Ich würde an deiner Stelle also mindestens einmal versuchen, in deinem Lieblingsstil zu leiten (mit Ansage).
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Offline Blizzard

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Eine kleine Bemerkung vorneweg: Eine Portion Humor gehört bei Deadlands einfach dazu, das nimmt sich ja selbst manchmal nicht ganz ernst. Aber ja: Zu viel Albernheit schadet abgesehen von so Sachen wie ORK! wohl in jedem System. Grade in Horror-oder Spannungssituationen ist das mehr als ärgerlich, wenn besagte Spannung dann dadurch verlorern geht. Dann ist es natürlich nicht einfach, wieder zum "normalen" Rollenspiel zurückzukehren, geschweige denn, eine solche Spannung wieder herzustellen, denn das Aufrechterhalten der Spannung an sich ist ja schon nicht leicht.
Was macht man denn nun in so einem Fall als SL?
Nun, zunächst sollte man darauf achten, in diesem Fall nicht mit den Spielern auf ein Niveau zu sinken. Ich weiss, dass das schwer ist, da Lachen bekanntermassen ansteckend ist. Man sollte die Spieler ermahnen, und darum bitten, doch wieder zum vorherigen Rollenspiel zurückzukehren, und sich eben darauf zu konzentrieren. Das kann beim ersten Mal funktionieren, muss es aber nicht. Es ist da durchaus nicht unüblich, dass die Spieler dann durch eine Kleinigkeit plötzlich wieder in dieses allzu alberne Muster verfallen. Dann kann man es nochmals mit gutem Zureden probieren, aber eine Pause ist da dann vermutlich die sinnvollere Variante. Darf ruhig etwas ausgedehnt sein, und frische Luft bewirkt so manches Wunder. Aber selbst das hilft manchmal nicht, dann hilft nur noch, die Sitzung abzubrechen, und an anderer Stelle wieder neu aufzunehmen oder gar ganz von vorne zu beginnen.
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Offline Whisper666

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Ich hatte ein ähnliches Problem in meiner aktuellen Warhammerrunde. Ich wars gewohnt, Warhammer ernsthaft und stimmungsvoll zu spielen, aber in der neuen Runde waren eher LAchen und dumme Sprüche an der Tagesordnung.
Zuerst hat mich das gewaktig gefuchst, aber dann bin ich einfach über meinen Schatten gesprungen und hab mich drauf eingelassen und siehe da, ich hatte ebenfalls ne Menge Spaß.
Also mein Tip: Versuch einfach, in die Stimmung einzutauchen und vor allem, mach dir nicht die Mühe zu versuchen, irgendwelches Horrorfeeling zu erzeugen, sonst kriegst du nur graue Haare. Denn offenabr hatten alle ihren Spaß, und darum setzt man sich doch zusammen,oder?

Offline jorenal

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Meiner Meinung nach läßt sich alles auf die Frage reduzieren: bist Du bereit, den Preis zu zahlen?

Was ist die aktuelle Situation, wo möchtest Du hin und wie weit ist der Weg, den Du zu gehen bereit bist - das sind wichtige Fragen, die ich mir an Deiner Stelle stellen würde, bevor ich die Zähne zusammenbeiße und den vielleicht unnötig "langen Weg nach Hause" nehme.

Ansonsten pflichte ich meinen Vorrednern bei, daß ein eventuelles ergebnisorientiertes, einvernehmliches Gespräch helfen könnte, vielleicht macht der andere Spielstil hinreichend Spaß, um am Ball zu bleiben. Oder die anderen Spieler sind mit Deinem bevorzugten oder angestrebten Spielstil noch nicht vertraut und könnten Begeisterung für diesen entwickeln, wenn sie sich erst einmal darauf einlassen.

Wenn nicht: das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. ;)
Es gibt exakt 10 Möglichkeiten, mit dem binären System arbeiten: entweder man kann es, oder man kann es nicht.

Offline Aramoor

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Ich bin momentan in einer ähnlichen Situation: Meine OD&D-Gruppe (in der ich mich vorher immer sehr wohl gefühlt habe)wollte unbedingt mal DSA spielen, also leite ich jetzt erstmal für sie DSA statt OD&D. Zusätztlich zu meiner anderen DSA Gruppe. In der neuen DSA Gruppe wird viel gelacht und Albernheiten gemacht ohne ernsthaftes Rollenspiel. Es ist auch lustig, aber wenn ich nach Hause gehe, habe ich immer ein unbefriedigtes Gefühl, mir fehlt einfach etwas. Bei meiner anderen DSA Gruppe lachen wir auch viel und sind albern, aber eben nicht nur. Ich selbst werde diese Gruppe demnächst mal darauf ansprechen, wie sie das sieht, wenn sie mit mir einer Meinung ist, werde ich versuchen sie meinem Spilstil anzunähern. Klappt das nicht, oder sind sie anderer Meinung, werde ich die Gruppe wohl auf kurz oder lang verlassen.

Wenn du nach den Spielabenden mit deiner Gruppe auch so ein unbefriedigtes Gefühl hast: Versuche mit deiner Gruppe zu reden und evtl. den Spilstil anzupassen. Geht das nicht, würde ich die Gruppe verlassen. Auf Dauer führt das zu Frust...

Bist du danach allerdings zufrieden und hast das Gefühl einen guten Rollenspielabend verbacht zu haben, und freust dich auf das nächste Mal, dann pass dich an. Dann kommst du eben einfach mit beiden Spilstilen gut zurecht, was bestimmt nichts Schlechtes ist. ;)
"Es ist sinnlos sich verrückt zu machen, indem man versucht, sich davor zu bewahren, verrückt zu werden. Da könnte man genausogut einfach klein beigeben und sich die Vernunft für später aufheben." (Ford Prefect; Per Anhalter durch die Galaxis)

Offline Snorti Hulmussohn

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Wenn ich da an Whispers Beitrag anknüpfen darf:

Ich persönlich bevorzuge sogar eine weniger ernste Spielweise. Natürlich gehe auch ich eher "unbefriedigt" nach Hause wenn man nun im Abenteuer gar nicht zu Rande kommt und nichts erreicht, aber selbst das düsterste Setting könnte ich mir nicht ohne die eine oder andere vollkommen absurde (humorvolle) Szene vorstellen.

Kleines Beispiel aus der WHFRPG Truppe:
Unsere Gruppe befand sich auf einer Kutschfahrt und wurde von Banditen auf Pferden angegriffen.
Der Kutscher gab charmant vollgas und die Chars waren genötigt die Angreifer mit einigen zusätzlichen Talentproben (weil es ja nunmal ne wackelige Angelegenheit ist) anzugehen.

Mein Trollslayer stellte sich dabei eher ungeschickt an. Er versuchte vorne vom Kutschbock aufs Dach zu gelangen, versagte dabei und bremste mit seinem Gemächt auf der Deichsel (der Spielleiter ahnte wohl dass es sich um einen Slayer-unwürdigen Tod gehandelt hätte). Anschliessend versuchte er sein Glück nochmal, kam aber wieder nur auf einen Gaul hoch.

Nun...da es in der Zwischenzeit durch das Würfelglück der anderen nicht mehr viele Banditen waren, einer aber noch auf dem Dach des alten Kastens stand setzte ich alles auf eine Karte und der Spielleiter ließ mir dankenswerter weise freie hand.

In einer völlig beknackten Szene sprang ich mit erhobener Axt richtung Dach (GERONIMO lässt grüssen), nietete den Banditen dank Massenträgheit weg........und flog über die Kutsche hinaus in den Dreck wobei ich mit dem Gesicht voran zu bremsen pflegte.

Solche Szenen sind es für die ich Rollenspielen dankbar bin und aus der Gruppe erschallte kein gemurmel sondern ein Lächeln denn jeder konnte sich den Anblick vorstellen :)

Was dumme Sprüche angeht kommt es auf die Charaktere an denke ich. Nimm ein ursprünglich vollkommen hoffnungsfreies Setting wie Warhammer. Ohne Galgenhumor könnte sich jeder normale imperiale Bürger an den nächsten Baum hängen. Wie überlebt man Horror und Terror wenn nicht mit der teilweise vollkommenen Ignoration desselben?

Allzu ernste Spielleiter hätten diese Szene entweder nicht ermöglicht oder gar tödlich enden lassen (was man Ihnen dann wohl auch nicht vorhalten hätte können).

Allgemein glaube ich dass sich die Minderheit der Mehrheit bei solch einer Zusammensetzung anzupassen versuchen sollte. Wenn das nicht machbar ist, kann man immernoch die Mehrheit für die eigenen Ideen zu begeistern versuchen. Und erst wenn der Dialog ausgeschöpft ist, sollte man die Konsequenzen ziehen.

Andernfalls geht man das große Risiko ein, einen Heidenspass zu verpassen.

"You gonna backstab him with a fu**in' Ballista? "

"I know what to do! Hide behind the wall of dead Bards!"