Autor Thema: Walhalla Rising - düstere Wikinger-Allegorie mit Mads Mikkelsen  (Gelesen 902 mal)

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Offline Lyonesse

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Der Videothekar riet mir, ich sollte diesen Film lieber nicht ausleihen, denn er sei total und absolut schlecht - kein Kunde hätte bisher auch nur ein gutes Haar an dem Streifen gelassen. Einen Moment habe ich gezögert, aber in dem Film ging es um Wikinger und deshalb hab ich ihn trotzdem ausgeliehen.
In 'Walhalla Rising' (Originaltitel: Valhalla Rising) geht es um das Schicksal von Einauge, einem Sklaven, der von einer heidnischen Wikingersippe wie ein Tier gefangen gehalten und zu Zweikämpfen mit hohem Wetteinsatz auf Leben und Tod gezwungen wird. Als er sich aus dieser Lage befreit hat, schließt er sich einer Gruppe von christlichen Wikingern an, die zu einem Kreuzzug nach Jerusalem aufbrechen wollen. Die Gruppe begibt sich auf eine Odyssee ins Ungewisse ...
Einauge - kongenial gespielt von Mads Mikkelsen - ist stumm und praktisch bar jeder Emotion. Er spricht nur durch einen Jungen, der sich ihm angeschlossen hat oder läßt vielmehr zu, daß dieser für ihn spricht.
'Walhalla Rising' ist ein allegorischer Kunstfilm, der sich mit existenzialistischen Themen wie Natur, Kampf ums Überleben, Freiheit, Glaube, Mythos und Schicksal vor dem Hintergrund eines dunklen Zeitalters auseinandersetzt, außerdem übt er unverhohlene Kritik am Christentum, und Regisseur Nicolas Winding Refn gelingt es, eine archaische und beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die über alle Sperrigkeit des Films hinwegtröstet, denn es gibt nur sehr sparsame Dialoge und eigentlich recht wenig Handlung, dafür aber fantastisch eingefangene Landschaftsaufnahmen.
Sicher wird 'Walhalla Rising' nie ein Publikumsliebling werden, aber wer mal etwas anderes als den üblichen Hollywoodkram sucht und sich darauf einläßt, der könnte hier fündig werden. Vom visuellen Ausdruck und der ganzen Art, erinnert er an Filme von Herzog, von von Trier oder Jarmusch, und seine Gewalt ist die von Tarantino oder Scott. 'Walhalla Rising' geht abseits der ausgetretenen Pfade und tut dies mit aller Konsequenz, tatsächlich ist er eher mit einem Gemälde oder einem Musikstück zu vergleichen, als mit einem herkömmlichen Film und irgendwie erzeugen seine Impressionen so etwas wie ein Gefühl von Authentizität, was selten ist.  
« Letzte Änderung: 31.10.2010 | 13:52 von Lyonesse »
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Offline Chaosdada

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Ich fand den Film äußerst mager. Habe ihn mir allerdings auch ein bisschen durch das Hören des Audiokommentars verdorben, denn das was ich mir beim Schauen gedacht habe, gefiel mir viel besser, als der Quark den der Regisseur von sich gibt (und bei meiner Interpretation würde das Cover der DVD-Hülle auch Sinn ergeben). Man merkt auch, dass Refn etwas planlos war, was er da eigentlich machen will - ganz anders als beim Vorgänger "Bronson". Er arbeitet sich wirr von seiner dünnen Prämisse einen Science Fiction-Film im Stile von 2001, der aufgrund mangelnder Kenntnisse auf die Science verzichten muss, zu einem schlaffen Endprodukt durch. Was Mikkelsen hier kongenial gespielt haben soll, ist mir auch völlig unverständlich, der steht nur in der Gegend rum. Refn erzählt im Audiokommentar sogar, dass er Mikkelsen, der als der großartige Schauspieler, der er ist, natürlich Reaktionen zeigen wollte, immer wieder sagen musste, dass er nicht Schauspielern soll, weil seine Figur "ein Monolith" ist.
Sicher nichts was man gesehen haben muss.

Offline Lyonesse

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Durch einen mitlaufenden Audio-Kommentar, konnte sich nichts von der Atmosphäre aufbauen, die mich an dem Film fasziniert hat.
Nachdem ich mich auf den Film erstmal eingelassen hatte (bin eigentlich kein großer Arthousefan) - der ja auch nur 90 Minuten dauert -, war das einzige, das mich gestört hat die Kapiteleinblendungen, die überflüssig waren.
« Letzte Änderung: 29.10.2010 | 18:42 von Lyonesse »
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Offline Chaosdada

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Ich habe den Film natürlich erstmal ohne Kommentar angeschaut.

Offline Lyonesse

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Verstehe, ich hatte mich auch schon gewundert. :D
Das der Film eine große Projektionsfläche zur Interpretation bietet, hat mir gut gefallen und die eigenen Interpretationen sind sowieso oft spannender, als die vorgekauten. Den Audiokommentar hab' ich mir nicht angehört, aber in dem Bonus-Interview kam mir der Regisseur auch etwas konfus vor. Ob der also immer so ganz genau wußte was er damit bezwecken will, darf bezweifelt werden, aber das ist ja auch nicht so wichtig. Ich fand es mutig den Film in dieser Form zu machen - was möglicherweise auch mit einem knappen Budget zu tun hatte -, der mir Stoff zum nachdenken gab, andere sagen es war unverschämt dem Publikum so etwas vorzusetzen, aber das hängt auch mit einer falschen oder fehlgeleiteten Erwartungshaltung zusammen. Für mich hatte der Film jedenfalls einen überraschend großen Mehrwert, mit dem so kein Hollywood-Blockbuster konkurrieren konnte.  
« Letzte Änderung: 31.10.2010 | 13:55 von Lyonesse »
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