Ich steh' auf interessante und mysteriöse Charaktere mit dunkeln Flecken, dubiosen Kontakte und Geheimnissen; Leute halt, die man kennenlernen kann und die einen auch mal überraschen.
Dieser Charakterbau im Kollektiv nimmt mir die Gruppe als Abenteuerraum und Spielfläche; zudem muß ich meine abseitigen und geheimen Hintergründe, den Kitsch und die skurrile Phantasie dann vor ALLEN Mitspielern offenbaren, nicht nur vor denen, die sich dafür interessieren und im Hintergrund stöbern.
Zudem werden so ale Zähne für Intriegen und Konfrontationen innerhalb der Gruppe gezogen.
Der Effekt durch dieses 'Durchkauen' und 'Ablästern' aller Ideen am gemeinsamen Tisch für zu einer Restriktion zum Mittelmaß, es entstehen nur Charaktere die Manstream genug sind um einem spontan einzufallen, wenn etwas zu dem Hintergrund gefragt wird und wenig Kritik am Tisch ernten; auch wird alles, was einen größeren Aufwand beim Erstellen bedeutet, gleich unterlassen.
Die einzige sinnvolle Anwendung der gemeinsamen Charaktererschaffung ist IMHO bei Taktikspielen gegeben, in denen a) das Funktionieren und die Effizienz im Team die dominante Bedeutung hat und b) sich eh keiner um Motivation, Pläne und hintergrund seiner Mitstreiter schert.
Manche Spieler brauchen eben länger, um sich zu entscheiden, was sie spielen wollen. Und manches Konzept braucht mehrere Tage zur Ausgestaltung, oder je nach System sogar: zur Planung. Auch wenn meinetwegen killedcat keine komplexen Systeme mag: andere Leute mögen diese aber sehr wohl.
Beispielsweise D&D. Klar kann man da Bier&Brezel-mäßig rangehen, sich in 12,5 Minuten für eine Rasse und Klasse entscheiden und drauflosbasteln. Aber das ist dann ein ganz anderes Spiel als das gepflegte "Optimieren", welches so vielen D&D-Spielern solchen Spaß macht.
Nicht nur Optimieren - allein das Suchen in den Monsterhandbüchern nach der coolsten Rasse um die einem Songstext entsprungenen Charakteridee umzusetzen, oder das Feilen an der Famiiengeschichte eines viktorianischen Charakters in einem Historischen Setting kann Stnden oder Tage dauern.
Daraus folgt das, was ich eingangs des Threads über meine bevorzugte Methode gesagt habe. Bei D&D zum Beispiel einigen wir uns zunächst auf das gewünschte Powerniveau und die Rahmenbedingungen (z.B. "T3, Mid-magic, WBL, PB36"), dann kaspern wir aus, wer welche Nische übernimmt.
So kenne ich das auch bei fast jeder Gruppe, in der die Spieler die Regelbücher selber auch besitzen.
Minus Nische, die haben sie eh nciht wirklich bewährt; zum einen macht es nämlich oft mehr Spaß, eine unkonventionell besetzte Gruppe zu haben, die ihre Kompetenzlücken mit Ideen und Kleverness überbrücken müssen, zum anderen springen doch immer mal wieder Spieler ab oder Charaktere versterben, und dann wird der Heiler zum Frontkämpfer oder der Barde zum Heiler, ganz zu schweigen von den Systemen mit schwachen oder gaar keinen Klassensystemen, in denen sich Spieler auch mal umentscheiden und ihre Charaktere umschulen.
@1of3:
- Bei gewissen Spielen - ich schaue dich an D&D3! - ist der Hinweis das ein Charakter nicht kompetitiv ist, zwar nicht schön, aber vermutlich weniger schlimm als das auf die lange Sicht selbst zu merken.
Wie kommst Du darauf, daß das (kompetitiv) überhaupt die Zielsetzung ist?
@killedcat:
Systeme, bei denen ich länger als 15 Minuten zur Charaktererstellung brauchen würde, lehne ich prinzipiell ab. Wenn ich, um meinen Wunschcharakter zu erstellen, eine Stunde zu Hause Minmaxen muss, dann kommt das für mich eh nicht in Frage.
Naja, das ist aber nur für Dich der Fall, andere sehen das halt anders.
Ich möchte meine Charaktere eigentlich meist über einige Jahre spielen und fände es darum albern, dann für die Erschaffung ein so lächerliches Zeitlimit vorzugeben (da kenne ich Kunden die bei akuten Notfällen länger Smalltalk am Telefon halten, bevor sie auf den Punkt komen...).
Gegenfrage: wieviel Angst muss man vor den Mitspielern eigentlich haben, dass man nicht einfach in der Runde gemeinsam einen Charakter erstellt und entwickelt, damit mit dem alle Spaß haben können? "Oh - eigentlich wollte ich den Pausenclown spielen, jetzt hast du den schon mitgebracht...".
a) Es geht nicht um Angst, sondern u.a. um Zeitdruck, wenn die anderen mit einem 08/5-Konzept schon mit den Hufen scharren.
b) es geht auch nicht um Angst, sondern um genervt sein, wenn man Fremden gegenüber erläutern muß, warum man die Idee von links statt von rechts aufzäumen möchte und dabei Hintergrund offenlegen muß, die man als Schmankerl für die einem sympathischen, intersierten und nachfragenden Charaktere aufheben wollte.
c) Und schließlich ist es auch nicht Angst, wenn man längerem Geläster und Gespöttel über seine Ideen aus dem Wege gehen möchte, oder dem Quengeln einiger Spieler, doch etwas bestimmtes zu spielen oder zu lassen.
Es gibt schlicht keinen Grund den Char zu Hause zu machen,
Außer z.b. daß man gerade in den zwei Stunden, die dazu vor Ort geplant waren keine Idee hat, oder die Optionen in nicht vorliegenden Regelwerken überdenken möchte, oder eine Recherche machen möchte, etc.
Und das man eben vielleicht den anderen nicht alles auf die Nase binden möchte, was man kann und hat.
Der Witz dabei ist, dass es gar keine Unterstellung ist, sondern Fakt: er hat ja bereits ohne die Gruppe das Spiel angefangen. Er hat einen Teil des Spiels ohne die Gruppe gespielt. Er hat den Charakter ohne die Gruppe erstellt. Er hat die anderen von diesem Prozess schlicht ausgeschlossen.
Total Normal: ebenso wie bei jeder Solo-Aktion; sei es nun, weil etwas getan werden muß, was nur alleine geht oder für das nur einer die Kompetenz hat, oder Privaten Tätigkeiten, bei denen man eben nicht die Baggage im Nacken haben will (Romantik, Hofintrigen, kriminelle Machenschschaften, Verrat) oder die die andere eh nciht interessieren (Handel, Verwaltung, Politik, usw.).
Wer eh nicht dabei ist kriegt es halt nicht mit.
in Spieler ist aufgefordert einen Charakter zu spielen, den alle am Tisch mindestens so toll finden, wie er selber.
...sehr idealistische Einstellung!
Habe ich noch NIE in Realitas erlebt - was dem einen langweilig ist, findet der andere grundsolides, was der eine als effizient geplant hat, erscheint dem andere als überkandideltes one-Trick-Pony, wo der eine Profil und Stil umgesetzt sieht, bemerkt der andere nur eine detailverliebte Nervensäge.