Autor Thema: Dungeoncrawl... Literarische, filmische, künstlerische Vorbilder?  (Gelesen 2246 mal)

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Offline Jiba

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Hallo,

Ich plane im Moment meine AnimagiC-Spielrunden für den RPG-Bereich und da wird auch ein Dungeoncrawl (mein allererster) dabei sein. Als ich drüber nachgedacht habe, wie man sowas aufbaut, schoss mir gestern spontan eine Frage durch den Kopf:

Gibt es aus der Anfangszeit des Rollenspiels filmische, literarische und künstlerische Vorbilder für dieses Genre?

Besonders, wenn ich überlege, wie die frühen Rollenspiele, die ja noch massiv in die Brettspielrichtung gingen, so aufgebaut waren, finde ich von den Vorlagen, die man ihnen in der Regel andichtet, doch irgendwie nicht viel wieder: Der Dungeoncrawlanteil bei Tolkiens Büchern dürfte so gegen 0 laufen und mehr auf dem Charakterfokus liegen. Im Tabletopbereich hingegen wurde denke ich eher große Schlachten gespielt und nicht "Heldengruppe räumt auf im Verlies". Und im populärkulturellen Film der späten 70er sind mir solche Sachen auch entgangen. Wo kommt also die "Idee" Dungeoncrawl her? Gibt es überhaupt entsprechende Vorlagen? Und warum hat man in der Anfangszeit des RPG genau diese umgesetzt und nicht irgendwelche anderen, die möglicherweise sogar noch bekannter waren?
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Pyromancer

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Besonders, wenn ich überlege, wie die frühen Rollenspiele, die ja noch massiv in die Brettspielrichtung gingen,
Ich hab mir da andere Geschichten erzählen lassen. Das, was Wesely, Arneson und Konsorten gespielt haben hatte mit Brettspielen recht wenig zu tun.

Zitat
so aufgebaut waren, finde ich von den Vorlagen, die man ihnen in der Regel andichtet, doch irgendwie nicht viel wieder: Der Dungeoncrawlanteil bei Tolkiens Büchern dürfte so gegen 0 laufen und mehr auf dem Charakterfokus liegen.
Moria.

Zitat
Im Tabletopbereich hingegen wurde denke ich eher große Schlachten gespielt und nicht "Heldengruppe räumt auf im Verlies". Und im populärkulturellen Film der späten 70er sind mir solche Sachen auch entgangen. Wo kommt also die "Idee" Dungeoncrawl her? Gibt es überhaupt entsprechende Vorlagen? Und warum hat man in der Anfangszeit des RPG genau diese umgesetzt und nicht irgendwelche anderen, die möglicherweise sogar noch bekannter waren?
Der erste "Dungeon" war wohl bei einem Tabletop-Belagerungs-Szenario die Infiltration einer Burg durch einen Geheimgang.

Offline Jiba

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Moria.

Ja... aber das ist im Vergleich zum Rest des Tolkien-Universums quantitativ gesehen schon gegen null, oder?
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Grey

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Literarisches Vorbild: Conan. Allerdings wohl eher die Kurzgeschichten von Howard und weniger die Verfilmung mit Arnie (wobei es ja auch da Szenen in Dungeons gibt, z.B. in diesem Schlangentempel oder später im Höhlensystem).

Ansonsten gibt es aus dieser Frühzeit der Fantasy ja noch andere Autoren, die sich im Dungeoncrawl versucht haben. Sabershagen mit seinem "Buch der Schwerter" kommt mir spontan in den Sinn, vor allem Band 2. Oder wie ist das mit Fritz Leiber: "Fafhrd und der Mausling"? Hab' ich selbst nie gelesen, aber nach dem, was ich gehört habe, geht das auch teilweise in die Richtung.

Vor der Großen Tolkienisierung war die Fantasy eigentlich ziemlich vielfältig und eben auch reich an Dungeoncrawl...
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Pyromancer

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Ich glaube, dass diese Sicht, vor 1980 habe man sich beim Rollenspiel einfach durch einen Dungeon nach dem nächsten gehäxelt, schlicht falsch und eine Propagandalüge der WoD-Erzählspieler ist.

Offline McCoy

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Liegt das nicht vielmehr in frühen Computerspielen begründet, in denen man sich durch Gänge, Höhlen, wasauchimmer schleichen/kämpfen musste? Bards Tale z.B.
Da gab es doch haufenweise Dungeons in der einen oder anderen Form. (und sei es die Citadel Raumstation bei System Shock  ;))
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Offline Dirk Remmecke

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Ich glaube, dass diese Sicht, vor 1980 habe man sich beim Rollenspiel einfach durch einen Dungeon nach dem nächsten gehäxelt, schlicht falsch und eine Propagandalüge der WoD-Erzählspieler ist.

Na, das Herabsetzen von D&D setzt eigentlich schon früher ein.
DSA-Spieler, RuneQuest-Spieler...

Zitat von: Pyromancer
Moria
Ja... aber das ist im Vergleich zum Rest des Tolkien-Universums quantitativ gesehen schon gegen null, oder?

Vom Zeichenanteil? "Null" würde ich nicht sagen, aber es ist schon wenig.

Allerdings ist Moria, von der Öffnung des Portals bis zum Balrog, eine der Sequenzen im Buch, die sich am meisten einbrennt und "gefühlt" einen weit größeren Raum einnimmt.

Außerdem gibt es mit den Hügelgräberhöhen (Band 1) und der Armee der Toten (Band 3) noch zwei "Dungeons", und das, was Frodo mit Kankra und Sam mit der nachfolgenden Befreiung Frodos aus der Festung der Orcs erlebt, hätte zumindest das Format von "One Page Dungeons".

Dazu noch die Goblinhöhlen, Gollums Höhle, die Elbenstadt und der Einsame Berg im Hobbit...?

[Edit: Grammatik und Auszeichnungen]
« Letzte Änderung: 3.05.2011 | 14:08 von Dirk Remmecke »

Offline korknadel

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Der Anfang von Tad Williams' Drachenbeithron, wo der Küchenjunge durch die Burgkeller- und gänge irrt.

EDIT: Sorry, habe den Eingangspost viel zu flüchtig gelesen. Hat hier natürlich nichts verloren. Ich bin beschämt  :-[.
« Letzte Änderung: 3.05.2011 | 14:26 von korknadel »
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Pyromancer

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Der Anfang von Tad Williams' Drachenbeithron, wo der Küchenjunge durch die Burgkeller- und gänge irrt.
Der ist von Ende der 80er...

alexandro

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Ich glaube, dass diese Sicht, vor 1980 habe man sich beim Rollenspiel einfach durch einen Dungeon nach dem nächsten gehäxelt, schlicht falsch und eine Propagandalüge der WoD-Erzählspieler ist.
Oder einfach von Eltern, die ihren 12-jährigen Sprösslingen und ihren Freunden beim Spielen zugeschaut haben? Spätestens mit Erscheinen des Basic Set machten Kinder/Jugendliche einen großen Anteil der Kunden von D&D aus.

Anzunehmen dass diese anders als hack&slay gespielt hätten, ist im höchsten Grade naiv (und ältere Spieler sind teilweise nicht besser).

Offline Dirk Remmecke

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Anzunehmen dass diese anders als hack&slay gespielt hätten, ist im höchsten Grade naiv (und ältere Spieler sind teilweise nicht besser).

Aber deren Eltern sind dann nicht in Läden gegangen und haben Schützengräben zwischen den Systemen ausgehoben, oder tun dies heute in den Foren.
Mag sein, dass dieser Eindruck bei Eltern entstanden ist (es ist einfach schwer für Außenstehende, genau zu durchschauen, was an einem Rollenspieltisch passiert), und es mag auch sein, dass dieser Eindruck bei Freunden des gepflegten Rollenspiels entstanden ist, wenn sie auf einem Con einer Runde mit einem Verliesplan auf dem Tisch zugeschaut haben.

Dabei gebe ich zu bedenken: Man erkennt vor allem Muster, die man erwartet, und von außen betrachtet unterscheidet sich auch gepflegtes Charakterspiel nur minimal von einem Run.

alexandro

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Aber deren Eltern sind dann nicht in Läden gegangen und haben Schützengräben zwischen den Systemen ausgehoben, oder tun dies heute in den Foren.
Nein, das waren eher diejenigen, die als 12jährige D&D gespielt haben, dann damit aufgehört und später (z.B. auf dem College) zu "erwachseneren" Systemen gefunden haben. Und dann zu wenig darüber reflektiert haben, dass möglicherweise die Gruppenzusammensetzung einen wesentlichen Anteil an der Art hat, wie ein bestimmtes System gespielt wird.

Offline Skele-Surtur

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Ich muss spontan an Indiana Jones und seine Ausflüge in Tempelruinen und Grabmale denken. Entsprechene Abenteuergeschichten gab es ja gerüchteweise schon früh.

Oder in den griechen Sagen, bsp. Theseus im Labyrinth des Minotaurus oder die vielen Heroen, die sich in den Hades heruntergewagt hatten (meist um Verblichene zu besuchen/zurückzuholen).
Doomstone ist die Einheit in der schlechte Rollenspiele gemessen werden.

Korrigiert meine Rechtschreibfehler!

Offline Gwynplaine

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Nicht zu vergessen die Fighting Fantasy Bücher von Jackson & Livinstone (Deathtrap Dungeon, Firetop Mountain etc.)

Edit: Bei Conan fällt mir z.B. "The Scarlet Citadel" ein.
« Letzte Änderung: 3.05.2011 | 17:54 von Asuryan »

Offline Kriegsklinge

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Na ja, die ersten Fantasy-Rollenspieler kamen ja weniger von literarischen Vorbildern als vom Tabletop, da wird wohl irgendwo der Dungeon als begrenztes Spielfeld seinen Ursprung haben. In der Fantasy, die die ersten Rollenspieler dem Vernehmen nach inspiriert haben, findet sich glaube ich eher ein gewisses Flair wieder, Helden- und Weltbilder - Leiber, Howard, Vance, vielleicht noch Gene Wolfe? Der Gedanke, dass man mit dem Rollenspiel Literatur nachbilden solle, war den Gründervätern und -müttern glaube ich ziemlich fremd, das ist doch eher erst in den frühen Neunzigern aufgekommen, oder?

Nachtrag: An anderen Ideen gab es doch eigentlich von Anfang an auch mindestens Hexfeld-Erforschung (Wildnisabenteuer) und Haushalten (also Management von Armeen und Gefolgsleuten). Was kann man denn eigentlich so als erste Modellierung von Stadtabenteuern mit den klassischen Abenteuerteilen ( Recherche, Einbruch, Intrige) ansehen? Call of Cthulhu, klar, aber im Fantasy-RPG?
« Letzte Änderung: 3.05.2011 | 19:57 von Kriegsklinge »

Pyromancer

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Ich kann jedem nur dieses Interview mit dem "Rollenspiel-Erfinder" David Wesely empfehlen:

http://theoryfromthecloset.com/2010/08/30/show060-interview-with-david-wesely/

Der ist leider ausgestiegen, als es vom historischen, realistischen Rollenspiel in Fantasy-Gefilde ging, aber der Übergang vom Tabletop zum Rollenspiel kriegt man hier unterhaltsam und aus erster Hand berichtet - weder literarische Vorbilder (außer Bücher über Militärgeschichte und Spieltheorie) noch Dungeons werden erwähnt. ;)

Offline Helmron

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[...]
Anzunehmen dass diese anders als hack&slay gespielt hätten, ist im höchsten Grade naiv (und ältere Spieler sind teilweise nicht besser).

Allerdings sind dafür nicht umbedingt die Dungeons verantwortlich.
Es stellt sich die Frage was Spieler dazu motiviert sich, in HackandSlay Manier durch Dungeons zu "schneiden".

Hier einige mögliche Motivationen.

Nun ist schon die Bezeichnung der Dungeonbewohner als "Monster" ein Faktor, da man "Monster" ja einfach töten darf. Monster sind meistens nicht vernunftbegabt genug, mit den (meist besser Bewaffneten) "Helden" zu reden oder schlicht zu fliehen.
  Meistens greifen die Monster ja als erstes an und dann kann man onehin nichtmehr verhandeln.  

Die Dungeon Bewohner sind wenn man sie unter Tabletop Aspekten betrachtet, mit den Gegnerischen Figuren zu vergleichen. So ist es nur sinnvoll alle gegnerischen Einheiten zu vernichten, vorallen wenn ein solches vorgehen, durch geringe Lebenskraft und Rüstung und Bewaffnung, einiger gegnerischen  Einheiten, kaum zu Tempoverlust und Schaden der einzelnen Einheiten führt. Je weniger Einheiten den Dungeon bevölkern, desto weniger einheiten und Zug Variationen stehen den "Gegner" zur Verfügung.  

 Es ist zudem oft System bedingt. Wenn spieler für das Töten von schwächeren "Monstern" mit Resourcen (Ausrüstung, Erfahrungspunkte, Gold) "belohnt" werden, die sie wenn die Herausforderungen schwerer werden brauchen. Ist es warscheinlich das die Spieler den Dungeon Systematisch "säubern", auch weil sie dabei die meisten Schätze abstauben.  Ein überlebendes "Monster" macht so alle späteren  Begegnungen im vergleich zu den "Helden" stärker.

HackandSlay muss nicht negativ sein, aber es Schöpft eben viele Möglichkeiten des Hobbies nicht aus.



« Letzte Änderung: 3.05.2011 | 22:01 von Helmron »
Rolled 1d7 : 7, total 7
:o

Offline Lyonesse

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Bei den deutschen Götter- und Heldensagen gibt es auch so etwas wie Dungeons: Siegfried in der Drachenhöhle, Dietrich von Bern in Laurins Bergfestung, diverse Kämpfe gegen Riesen in ihren Behausungen, Besuche bei Hel, außerdem wird in der Beowulfsage der Schlupfwinkel der Kreatur aufgesucht - zugegeben auch nicht gerade die Menge, aber zusammen mit den antiken Sagen kommt da schon etwas zusammen. Dann fallen mir noch die Gräber und Pyramiden des alten Ägyptens ein, obwohl das wohl eher in Richtung Indy und Abenteuerliteratur geht.
Dungeons haben eben den Vorteil der natürlichen Spielfeldbegrenzung.
« Letzte Änderung: 12.05.2011 | 14:25 von Lyonesse »
''Mi dispiace, ma io so' io e voi non siete un cazzo!''
Marchese del Grillo
''Servants quail, allies betray, friends die.''
Conan
Bree-land is generally a quiet place, excitement
being considered bad for the crops and the health
of the inhabitants.
MERP
Nobody im Bus
Vor Gericht mit Vanessa Lutz
Major Lennox Answered With His Life!