Autor Thema: Transhuman Space  (Gelesen 27725 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline DeadOperator

  • alte Communityschlampe
  • Helfer
  • Hero
  • ******
  • Beiträge: 1.897
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Malkav
Re: Transhuman Space
« Antwort #75 am: 2.03.2012 | 16:41 »
Also vielleicht mal meine 2ct dazu. Die meisten THS-Bücher bieten erstklassige Anregungen für Hard-SF. Toxic-Mems,5th Wave, High Frontier, In the Well und Broken Dreams kann ich uneingeschränkt empfehlen.

ABER: Es kommt darauf an, was Du mit "spieltischtauglich" meinst. Die THS-Bücher sind relativ arm an Konflikten. Für größere Kampagnen bieten die Bücher allgemein relativ wenig Vorlagen. Sie beschreiben ein Setting und was Du damit machst, das bleibt Dir überlassen. "By the Book" kann THS sogar schnell langweilig werden.

Die Regeln spielen eigentlich gar keine Rolle. Ich habe nie GURPS gespielt und konnte die Bücher prima für meine Kampagne gebrauchen. Daher würde ich auf jeden Fall auch das Basis-Buch empfehlen.

Ein Gedanke noch: Du hast was von Cyberpunk geschrieben. In THS sind KIs und Virtuelle Realität eher alltagstauglich, wenig abenteuerlich. Ich finde, da wirst Du schon Hand an das Setting legen müssen ;D.
Power Gamer: 8% | Butt-Kicker: 17% | Tactician: 25% | Specialist: 13% | Method Actor: 83% | Storyteller: 75% | Casual Gamer: 50%

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #76 am: 7.03.2012 | 16:56 »
Zitat von: Dead Operator
Ein Gedanke noch: Du hast was von Cyberpunk geschrieben. In THS sind KIs und Virtuelle Realität eher alltagstauglich, wenig abenteuerlich. Ich finde, da wirst Du schon Hand an das Setting legen müssen

Das mit dem "Cyberpunk" seh' ich nicht so eng, zumindest nicht im Sinne von "Old School"-Cyberpunk – "klassischer 80er-Jahre-Cyberspace" im C64-Look ist nichts, worauf ich unbedingt bestehe ;) Ich hab eher vor, einen gewissen Fokus auf die "zwielichtigen" (oder besser: ambivalenten) Seiten des Transhuman Space-Settings zu legen – und gerade Broken Dreams scheint dafür ja einige Möglichkeiten zu bieten.

Transhuman Space scheint für ein "Post-Cyberpunk"-Spiel ja ganz gut geeignet zu sein: Die Welt ist "besser" geworden – die Möglichkeiten größer, die Technik besser, die potentiellen Freiheiten fast grenzenlos (der Thread Transhuman Space - A Setting Defined By Its Freedoms im RPG.net-Forum klingt sehr vielversprechend). Aber eben nicht für alle – während die eine Hälfte der Gesellschaft die Zukunft in allen Zügen genießt, sind andere davon ausgeschlossen.

Und keine neue Technologie, die nicht auch missbraucht wird, so nützlich sie auch erscheinen mag, so sehr sie das leben auch oft erleichtern mag. Gentechnik, Nanotechnologie, Memetik etc. – man muss nicht sonderlich weit denken, um auf Anwendungsmöglichkeiten zu kommen, die den feuchten Träumen leidenschaftlicher Dystopisten entspringen könnten.

Man sehe sich heute nur Google, Facebook & Co. an: Sie machen das Leben in mancher Hinsicht einfacher, eröffnen neue Möglichkeiten – aber wenn man ein wenig tiefer gräbt, stößt man auf diverse Risiken und Ungereimtheiten. Die fortschrittliche Welt von Transhuman Space läd geradezu dazu ein, dass aufzugreifen. Gerade da im Setting der Streit um Urheberrechte und Produktpiraterie eine große politische Rolle zu spielen scheint, so weit ich das bislang mitbekommen habe, lassen sich aktuelle Themen à la ACTA, PIPA, SOPA und IPRED wohl wunderbar aufgreifen.

Ich finde Near SF ganz interessant, um aktuelle gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Konfliktzonen in der Zukunft weiterzudenken und spielerisch zu behandeln – "was wäre, wenn XY wirklich..." Und wenn am Ende ein Moment der Erkenntnis steht à la "Hey, das Problem kenn ich doch von irgendwo..." wär's sehr cool – die Zeiten ändern sich, aber Mensch bleibt Mensch.

Und gerade hier stößt das transhumanistische Motiv des THS-Settings dazu: Der Mensch nimmt seine Evolution in die eigene Hand – aber kann die "Trans-Menschheit" dadurch ihre menschlich-allzumenschlichen Probleme überwinden? Und was bedeutet es für die Menschheit, wenn Menschen andere Menschen bis hinab auf's Genom und ins Gehirn verändern, über sie bestimmen können? Wenn Menschen nicht mehr bloß die Kinder ihrer Eltern sind, sondern Geschöpfe ihrer wissenschaftlichen "genetischen Götter" – wenn die Eltern-Kind-Beziehung von einer Geschöpf-Schöpfer-Beziehung ergänzt wird? Was bedeutet es, wenn Menschen "nach ihrem Ebenbild" Androiden, künstliche Intelligenzen o. Ä. entwerfen – anerkennt der "Schöpfer" seine gleichwertigen (oder vielleicht sogar ihm überlegenen) Geschöpfe als ebenbürtige Gegenüber? Der "Transmensch" und seine androidischen Gefährten als Frankensteins Monster des Jahres 2100, gewissermaßen – "I want me more life, father!"

Es soll definitiv kein "Grim Dark, Eternal Night, Everyone's Corrupt, You're All Scummers" sein, sondern eher eine dialektische Perspektive auf eine vielschichtige Welt, wo "Hell" und "Dunkel" zwei Seiten ein und derselben "The Future Is Now"-Medaille sind, mit den Spielern mitten drin. Gewissermaßen "Jürgen Habermas & Günter Anders vs. Nick Bostrom", im Jahr 2100.
« Letzte Änderung: 7.03.2012 | 16:59 von Tar-Calibôr »

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #77 am: 7.03.2012 | 19:51 »
Ach ja, ein weiterer Punkt der mich interessieren würde:

Für wie "aktuell" haltet ihr das THS-Setting? Der Grundband ist 2001 erschienen – seitdem sind nun 11 Jahre vergangen.

Das ist nicht wenig Zeit für ein Science-Fiction-Setting, das ausgehend von der Gegenwart eine hundertjährige Prognose anstellen will.

Seit den frühen 2000er-Jahren hat sich so einiges getan: Politisch, gesellschaftlich, technologisch, "informatisch" – einige Dinge haben sich entwickelt wie erwartet, andere nicht: sei es viel schneller oder viel langsamer.

Sind die "Grundannahmen", von den THS in seiner "Zukunftsprognose" ausgeht, immer noch plausibel? Wenn nein: Wo hakt es?

Die Frage wurde im SJGames-Forum unter dem Titel http://forums.sjgames.com/showthread.php?t=59242&highlight=transhuman+space bereits aufgeworfen – doch auch dieser Thread ist nun bereits über über zwei Jahre alt.

Am "klassischen" Cyberpunk, dessen Prämissen ja den 80ern entstammen, treten diese "gewandelten Erwartungen" an die nahe Zukunft – und damit auch "Near SF" – ganz deutlich hervor: Ich hab neuerlich schmunzeln müssen, als ich im Vorspann von Blade Runner wieder mal "Los Angeles, 2017" gelesen hab. Nicht, dass das Genre dadurch an "Coolness" verlieren würde – aber es verliert an Plausibilität: "Old School"-Cyberpunk-Settings sind nicht mehr in Einklang mit unseren Zukunftserwartungen. Beim deutlich jüngeren THS-Setting ist das bestimmt weit weniger drastisch – aber ich vermute mal, dass sich durch die Entwicklungen der letzten 10 Jahre doch die eine oder andere "Dissonanz" ergeben haben könnte.
« Letzte Änderung: 7.03.2012 | 20:05 von Tar-Calibôr »

Offline Vanis

  • Famous Hero
  • ******
  • Courage is found in unlikely places
  • Beiträge: 2.560
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Vanis
Re: Transhuman Space
« Antwort #78 am: 7.03.2012 | 20:34 »
Was zum Beispiel den Konflikt rund um Urheberrechte angeht, ist THS gerade sogar aktueller als noch vor 10 Jahren  ;).

THS geht davon aus, dass die Realität mit dem Netz nach und nach verschmilzt, dass virtuelle Realitäten genauso genutzt werden wie die Wirklichkeit, dass Genfixing standard wird... All das ist aktueller denn je. Wenn ich mir da Shadowrun von vor 15-20 Jahren anschaue: Die Matrix wird bewundert und bestaunt, nur die Freaks können mit ihr umgehen. Da durchdringt das Netz heute schon mehr den Alltag als bei SR im Jahr 2050.

Was ich bei THS noch nicht so sehe, ist die Entvölkerung der Städte. Durch virtuelle Realitäten brauche ich nicht mehr in einer Großstadt leben, um dort zu arbeiten. Die Menschen ziehen aufs Land.

Der ganze Themenkomplex Raumfahrt ist natürlich auch aus heutiger Sicht noch total überzogen. Ich hab mich dazu mal mit einem ESA-Wissenschaftler unterhalten. Da gehen die Zukunftsprognosen, jemanden irgendwann mal auf den Mars zu schicken, in Richtung "in vielen Jahrzehnten vielleicht irgendwann mal". Am ehesten werden weitere unbemannte Sonden auf den Mond oder eben den Mars geschickt.

Der gesamten Komplex "erneuerbare Energie" wird bei THS ziemlich ausgeblendet. Da ist das Setting sehr technikbegeistert und geht davon aus, dass Helium-3 und Fusionsreaktoren als Nachfolger der Atomkraft den heilgen Gral darstellt. Für das Setting passt's, nur unwahrscheinlich aus heutiger Sicht. Es ist eben immer noch billiger, die letzten Ölreserven abzubauen und erneuerbare Energien auszubauen, als H3 vom Mond abzubauen.
« Letzte Änderung: 7.03.2012 | 20:36 von Vanis »
“The board is set, and the pieces are moving.”

“Home is behind, the world ahead,
And there are many paths to tread“

Spiele gerade: Der Eine Ring - Abenteuer am Rande der Wildnis

Offline Woodman

  • Damsel in Distress
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 6.851
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Woodman
    • Woodman Online
Re: Transhuman Space
« Antwort #79 am: 7.03.2012 | 21:03 »
Zitat
Der gesamten Komplex "erneuerbare Energie" wird bei THS ziemlich ausgeblendet. Da ist das Setting sehr technikbegeistert und geht davon aus, dass Helium-3 und Fusionsreaktoren als Nachfolger der Atomkraft den heilgen Gral darstellt. Für das Setting passt's, nur unwahrscheinlich aus heutiger Sicht. Es ist eben immer noch billiger, die letzten Ölreserven abzubauen und erneuerbare Energien auszubauen, als H3 vom Mond abzubauen.

Da hat man ja das Problem das der funktionsfähige Fusionsreaktor konstant in ca. 40 Jahren von aktuellen Jahr an gesehen verfügbar sein soll, die Angabe hält sich so aber schon über 10 Jahre. Auf dem Feld tut sich zwar dauernd was und es werden erkennbare Fortschritte erzielt, nur der praktischen Anwendung scheint die Technik dabei kaum näher zu kommen.
Das interessanteste Projekt ITER soll beispielsweise erst 2020 in Betrieb genommen werden und ein mögliches wirtschaftlich arbeitendes Folgeprojekt soll 2050 fertig werden (was in knapp 40 Jahren ist ;) )
Das ist einer der Punkte wo eine recht optimistische aber aus damaliger Sicht nicht gänzlich unrealistische Prognose angenommen wurde, aus heutiger Sicht würden wohl die erneuerbaren Energien einen deutlich höheren Stellenwert bekommen.

Offline killerklown

  • Haptisch-religiös begründet!
  • Hero
  • *****
  • Flovermind
  • Beiträge: 1.810
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: killerklown
    • Französische Rollenspielproduktion
Re: Transhuman Space
« Antwort #80 am: 7.03.2012 | 22:06 »
Ich entdecke diesen Thread erst heute  ~;D

Ich bin überrascht dass niemanden Die Marstriologie von Kim Stanley Robinson genannt hat... Das ist eine sehr wichtige Quelle zum Bau von THS.
Es ist schwierig zu lesen, aber lohnenswert... Viele Themen des Buchs werden zu Themen in THS...
http://frz.rsp-blogs.de/
https://osrdread.blogspot.com/
https://intolondon1814.blogspot.com/

"Reallife ist nur was für Leute die im Rpg nix erreicht haben!"

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #81 am: 8.03.2012 | 21:48 »
Zu meiner Frage, wie aktuell das THS-Setting heute eigentlich ist – vielleicht mal so ein paar Sachen, die mir selbst als "THS-Neuling" bislang aufgefallen so aufgefallen sind:

  • Das Islamische Kaliphat ist in den letzten Monaten ein kleinwenig wenig plausibler geworden, als es noch kurz nach dem "Arabischen Frühling" war – siehe die Siege der Muslimbrüder und anderer islamischer Parteien in Ägypten, Tunesien etc., während die Kandidaten der liberaldemokratischen Protestbewegung vergleichsweise schwach abgeschnitten haben. Meines Erachtens ist die Idee heute sogar naheliegender als zum Entstehen des THS-Settings, als Autokraten à la Mubarak, Gadaffi, Ben Ali und Assad noch fest im Sattel saßen. Von der gegenwärtigen geopolitischen Situation ausgehend sieht das THS-Setting vor, dass in der "postrevolutionären" arabischen Welt tatsächlich dauerhaft konservative wahhabitisch-salafistische islamische Gruppierungen die Kontrolle übernehmen. Ich finde aber, dass der Islam durch das Kalifat als einzig relevante "islamische Macht" im Jahre 2100 entgegen seiner Vielfältigkeit etwas zu sehr über einen Kamm geschert wird – "typisch westlich", könnte man sagen.

  • Die Türkei wird im THS-Setting praktisch gar nicht berücksichtigt, obwohl sie heute eine der am stärksten wachsenden Wirtschaftsmächte im europäischen Raum ist. Es ist gut vorstellbar, dass sie im Jahre 2100 innerhalb der Europäischen Union auf gleicher Augenhöhe mit Ländern wie Frankreich und Deutschland steht.

  • Die Finanzkrise war natürlich 2001 nicht vorhersehbar, bzw. höchstens eine Dystopie einiger weniger Antikapitalisten. Nach dem Platzen der Dot-Com-Blase ist man wohl davon ausgegangen, dass so etwas ähnliches nicht so bald wieder passieren wird (ich behaupte ja mal, dass die nächste Börsenblase die "2.0/Social Media-Blase" sein wird, bei den absurden Börsenkursen, die zur Zeit im Raum stehen – mal schauen, ob ich recht behalte). Jedenfalls ist die Finanzkrise natürlich ein ganz heftiger Schlag für die Entwicklung, da Investitionen seitdem nur noch sehr vorsichtig getätigt werden. Gerade größere Raumfahrt- und Weltraumforschungsprojekte dürften dadurch um ein schönes Weilchen verzögert werden – eine Weltraumkolonisation im Ausmaß von THS ist bis 2100 meines Erachtens absolut unrealistisch. 2150 ist da schon realistischer, aber immer noch recht optimistisch.

  • Damit zusammenhängend: THS geht von einer sehr positiven Entwicklung der Europäischen Union aus, die nach der Wirtschaftskrise nicht ganz selbstverständlich ist. Der allerorts spürbare Populismus zeigt zur Zeit eher in Richtung einer Renationalisierung Europas, zumindest jedoch hemmt er das Fortschreiten der europäischen Einigung. Die Frage wird hier sein, ob die politischen Führer Europas in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auch gegen die Stimme des Boulevards die europäische Integration vorantreiben und die EU näher "an die Bürger" bringen können. Auch in einem vereinten Europa des Jahres 2100 ist es jedenfalls nicht ganz unwahrscheinlich, dass immer noch starke nationalistische Splittergruppen politisch aktiv sind.

  • Friedliche Vereinigung der beiden Koreas im Jahre 2012 – ja, klar. Nach Kim Jong-Ils Tod gibt es – wie wir gesehen haben – erst mal neue Abschottungstendenzen und Kriegsrhetorik, gefolgt von – wie wir auch gerade sehen – ersten kleinen Zugeständnissen, die aber immer wieder durch irgendwelche Enthüllungen und Propaganda durchbrochen werden. Ich prognostiziere entweder eine sehr langsame Öffnung nach Chinesischem Muster im Zuge einer schrittweisen Reform der Chuch’e-Ideologie, wobei das Regime alles tun wird, um an der Macht zu bleiben – oder einen gewaltsamen Kollaps des Regimes durch die fortwährende Abschottung, gefolgt von einer Schaffung eines chinesischen Protektorates Nordkorea, das als Sonderwirtschafts- und Sonderverwaltungszone zwar an Südkorea angenähert wird, aber bestimmt nicht "den Kapitalisten" überlassen wird.

  • Friedliche Vereinigung von Festlandchina und Taiwan – da bin ich ebenfalls sehr skeptisch. Die Kuomintang will den "Status quo" aufrechterhalten, aber die Unabhängigkeitsparteien werden immer stärker. Eine tatsächliche Unabhängigkeitserklärung ist ebenfalls nicht so bald wahrscheinlich, da die VCR das nicht ohne weiteres zulassen wird und der Republik China die Rückendeckung der USA fehlt, die der größte Schuldner der VRC sind. Sollte Taiwan innerhalb der nächsten Jahrzehnten tatsächlich mit der VRC wiedervereinigt werden, dann wohl als autonomes Gebiet, das pro forma die Oberhoheit von Peking anerkennt und nach außen hin als Teil der VCR auftritt, nach innen hin aber weiterhin eigenständig agiert. Die USA könnte sogar eine Art Vermittler spielen, da sie einerseits Interesse an einem "kapitalistischen" Taiwan haben, die VRC aber heute einer der wichtigsten Wirtschaftspartner der Vereinigten Staaten ist.

  • Generell die Entwicklung von China – durch die wachsenden inneren Unruhen wird China um irgendwelche Reformen kaum herumkommen. Mit ziemlicher Sicherheit wird China nicht zur Vorbilddemokratie werden, aber gerade im sozialen Sektor wird China in den kommenden Jahrzehnten massiv aufrüsten, um einen Systemkollaps zu verhindern. Die zweite Möglichkeit – Unterdrückung aller sozialen Spannungen – wird China kaum anwenden können, weil die VRC zu sehr auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist, was eher gewisse Liberalisierungen erfordert. Das mittelfristige Schicksal der VRC sehe ich in einem Art "Staatskapitalismus", nicht unähnlich dem heutigen Russland, bloß ohne Wahlen, dafür technologisch innovativer.

  • Daraus folgt: Viele der Entwicklungen, die in THS settingprägend sind, werden wohl von China ausgehen – auch und gerade im Bereich Raumfahrt. China wird in einem THS-Setting mit Divergenzpunkt 2012 im Weltraum noch viel dominanter sein als in einem um 2000 herum "abgespaltenen" THS-Setting. Auch der Status von China als Quasi-Monopol für Seltene Erden wird China in einem Zeitalter zu Gute kommen, das massiv auf Computerisierung setzt.

  • THS war – ob intentional oder nicht – recht weitsichtig, was die Entwicklung von Alternativenergie betrifft: Sie ist bei weitem nicht so sehr im kommen, wie Optimisten um 2000 herum gehofft haben. Im Gegenteil, weltweit wird wieder stark auf Atomkraft gesetzt – auch wenn Fusionsenergie immer noch weit außer reichweite erscheint. Witzigerweise ist Alternativenergie gerade dort am stärksten im Steigen begriffen, wo man es am wenigsten erwartet hätte: In China. Apropos Kernfusion: Die für THS so zentrale Helium-3-Fusion als "Hauptmodell" halte ich selbst im Fall, dass Fusionsenergie in den nächsten Jahrzehnten marktreif werden sollte, für unwahrscheinlich. Die D-T-Fusion wird nach der Marktreife zumindest noch für Jahrzehnte führend bleiben – die niedrigeren Temperaturen und die Erzeugung des Rohstoffes (Tritium) als Nebenprodukt der Energiegewinnung sind äußerst attraktiv. Bevor man tatsächlich mit H3-Abbau in der Saturnatmosphäre beginnt wird man eher versuchen, das H3 direkt an der Quelle – durch riesige "Sonnenwind-Kollektoren" auf der Mondrückseite – abzuzapfen.

  • Synthetik-Fleisch wird denke ich viel früher marktreif werden, als vom THS-Setting vorgesehen. Die Entwicklungen dafür laufen ja schon jetzt recht massiv, und erste Erfolge gibt es bereits.

  • Das Konzept von "Cyberdemokratie", wie es im THS-Setting vorgestellt wird, ist unplausibel und wird sich in dieser Form kaum durchsetzen lassen – so etwas setzt praktisch die freiwillige Selbstauflösung aller politischer Parteien voraus. Auch die diversen Interessensvertretungen – Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung etc. – werden so ein Modell niemals unterstützen, geschweige denn populistische Parteien. Einzig Lobbies könnten so ein Modell interessant finden – zufällig ausgewählte "Amateurpolitiker", die keinen politisch-ideologischen Leitlinien folgen, die keine "Parteibasis" o. Ä. als Mandatare vertreten, sondern als "politische Ich AGs" agieren, sind durch Berater viel, viel besser zu kontrollieren, als jeder gewählte Parlamentarier es durch Korruption je sein könnte. Interessant fände ich ein Modell von "Cyberdemokratie", dass technische Entwicklungen wie e-Voting, soziale Netzwerke etc. und gesellschaftliche Entwicklungen der Zivilgesellschaft (Graswurzeldemokratie, Bürgerinitiativen etc.) stärker berücksichtigt. Gerade in einem Setting wie THS, in dem Memetik so eine zentrale Rolle spielt, wird Demokratie so richtig "spannend" – wer schafft es, durch Memetik die öffentliche Meinung auf seine Seite zu bringen? Wer spielt aller mit – wer öffentlich, wer verdeckt? Gegen Wahlwerbung im Zeitalter von Memetik ist jede heutige Form von unterschwelliger Werbung, Viral Marketing, Product Placement, personalisierter Werbung etc. harmlos und ineffektiv.

  • Der "Nanosozialismus" ist eine interessante Idee, aber er berücksichtigt die zivilgesellschaftliche Seite des Urheberrechts kaum und fokussiert sich stattdessen auf industriell-technologische Produktpiraterie – in nanosozialistischen Ländern ist "freies Internet" ein Epiphänomen von "freier Forschung und Produktion". Nach ACTA und SOPA ist es fast unerlässtlich, dem "Nanosozialismus" innerhalb der "nanokapitalistischen" Ländern ein zivilgesellschaftliches Gegenstück – nennen wir's "Infoanarchismus" – gegenüberzustellen. Ein "infoanarchismus" Untergrund innerhalb der "First-Wave-"Länder" wären die Cyberpunks des Jahres 2100.

  • Was mir weiters aufgefallen ist: Extropismus als intrinsisch transhumanistische techno-libertäre Ideologie scheint im THS-Setting – zumindest auf der Erde – kaum Rolle zu spielen. Das THS-Setting ist zwar transhumanistisch, aber von der "extropistischen Utopie", wie sie von Transhumanisten der Gegenwart geträumt werden, in vieler Hinsicht ein gutes Stück entfernt – es scheint mir großteils dem zu entsprechen, was heute als "demokratischer Transhumanismus" beschrieben wird.

Puh, soweit einige Ideen von mir. Bin mal auf eure Ergänzungen gespannt ;)

Ich kann übrigens jedem Interessierten, der sich ein wenig mit transhumanistischen Nassträumen auseinandersetzen will, nur Nick Bostroms Aufsatz A History of Transhumanist Thought nahelegen – ein von einem bekennenden transhumanistischen Philosophen geschriebener unreflektiert-optimistischer Aufsatz darüber, was Transhumanismus denn alles leisten könnte/sollte.

Ach ja, und zum Thema Memetik: Was Twitter erfolgreich macht – ein nettes Beispiel für "Memetics Now".
« Letzte Änderung: 9.03.2012 | 16:06 von Tar-Calibôr »

Offline killerklown

  • Haptisch-religiös begründet!
  • Hero
  • *****
  • Flovermind
  • Beiträge: 1.810
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: killerklown
    • Französische Rollenspielproduktion
Re: Transhuman Space
« Antwort #82 am: 9.03.2012 | 21:30 »
Wenn es jemand interessiert, ein Freund auf einen frz Rollenspielforum verkauft THS hardcover + toxic memes für 30€... Zustand gut bis sehr gut...
Ich kann als mittelmann hantieren.
(Versandkosten wären um die 12,50€ IIRC)
« Letzte Änderung: 9.03.2012 | 21:47 von killerklown »
http://frz.rsp-blogs.de/
https://osrdread.blogspot.com/
https://intolondon1814.blogspot.com/

"Reallife ist nur was für Leute die im Rpg nix erreicht haben!"

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #83 am: 9.03.2012 | 21:37 »
Das klingt definitiv interessant!

Schreibt der Anbieter auch etwas über den Zustand, sprich: Abnutzung der Bücher? Der Preis liegt ja doch sehr deutlich unter dem durchschnittlichen "Gebrauchtmarktwert". Sofern der Zustand im Sinne der "Amazon Marketplace"-Klassifizierung zumindest "Gut" bis "Sehr gut" ist, wäre mein Interesse definitiv geweckt – ich hatte wohl einen Riecher, mit der Bestellung bislang gewartet zu haben.
« Letzte Änderung: 9.03.2012 | 22:08 von Tar-Calibôr »

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #84 am: 9.03.2012 | 22:09 »
Übrigens, diese Seite könnte für THS-Freunde ganz interessant sein: Futuretimeline.net. Die Zeitleiste beginnt mit den 2000er-Jahren und ist fast tagesaktuell (letzte Aktualisierung am 5. März 2012).

Die nahe Zukunft (bis 2100) wird in vieler Hinsicht deutlich "konservativer" prognostiziert (die Technikentwicklung gerade in Sachen bemannter Raumfahrt und "Trans-Menschen" ist nicht ganz so flott und enorm), aber auch in Bezug auf die Umwelt pessimistischer.

Weitere – immer gröbere – Prognosen gibt es für das 22. und 23. Jahrhundert und schließlich für die "Ferne Zukunft" der Jahre 2300+

Die Seite enthält jedenfalls unglaublich viele Inspirationen für ein "THS 2.0"-Setting, sozusagen.

Leider wird nicht klar, wer hinter der Homepage steht – ein ordentliches Impressum fehlt. Soviel zu ihrem "Selbstverständnis":
Zitat
Welcome to the future! Here you will find a speculative timeline of future history. Part fact and part fiction, the timeline is based on detailed research that includes analysis of current trends, projected long-term environmental changes, known advances in computing such as Moore's Law, the latest scientific advances, and the evolving geopolitical landscape. Where possible, references have been provided to support the predictions. FutureTimeline.net is intended to be an ongoing, collaborative project that is open for discussion - we welcome ideas from scientists, futurists, inventors, writers and anyone else interested in the future of our world.

EDIT: Hinter dem Projekt scheint ein gewisser Will Fox zu stehen, Fotograph aus London.

Zitat
I have always been fascinated by the future. The thought of what may happen in the decades and centuries ahead both amazes and terrifies me. When you think how far we've come since 1900, and the rate at which technology is now progressing, it seems like anything is possible.

Having read The Singularity Is Near by Ray Kurzweil, along with various other books and websites, I was inspired to create a timeline of my own future predictions. The result is FutureTimeline.net, which I started in 2008 and continue to update on a regular basis. In addition to science and technology, the site covers many different aspects of the future - including business, politics, environmental issues, society, demographics, culture and entertainment. I will soon be expanding the site to include many other features.
« Letzte Änderung: 9.03.2012 | 23:27 von Tar-Calibôr »

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #85 am: 12.03.2012 | 18:44 »
Vielleicht bekommen wir ja doch noch vor 2100 einen Weltraumlift: Japan: Weltraumlift in 36.000 km Höhe geplant ;)

EDIT: Und wenn ich mir beispielsweise das und das so anschaue, wird "private" Raumfahrt im 21. Jahrhundert vielleicht früher eine zentrale Rolle zu spielen beginnen als in THS angenommen...
« Letzte Änderung: 12.03.2012 | 19:03 von Tar-Calibôr »

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #86 am: 26.03.2012 | 21:42 »
Zitat
You came here to get rich. You harvest metals and silicon for space construction. You mine He-3 for fusion power. You spend weeks alone, surveying tens of thousands of square miles. At the end of the month, you come to town, accounts flush with currency.

You came here to start over. You've done things you can't talk about to anyone. Things you aren't proud of. Up here, nobody gives a damn. You can keep yourself to yourself, as long as you don't piss anybody off.

You came here to live free. No government. No taxes. No prisons. No law at all. Or so they said.

You came here looking for something you couldn't find on Earth.

Good luck with that.

Full Moon is a roleplaying game about life on the lunar frontier. Sometime in the future, man has colonized the moon in search of minerals rare and valuable on Earth. Men and women come in search of their fortunes, and where the ambitious go, opportunists follow.

Das könnte beinahe direkt aus Transhuman Space entnommen sein – vom FATE-Motor mal abgesehen: Full Moon. Man darf gespannt sein, was draus wird.

Ein erstes Preview-Kapitel gibt's hier. Ist aber noch nicht sonderlich interessant – lauter regeltechnisches Zeug, FATE as usual.
« Letzte Änderung: 26.03.2012 | 21:46 von Tar-Calibôr »

antares

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #87 am: 14.04.2012 | 16:21 »
Spielt von euch jemand THS? Ich finde das Setting auch super und hätte wirklich Lust loszulegen.
Allerdings scheint es mir kaum Spieler zu geben.

Offline Kardinal

  • Famous Hero
  • ******
  • Malmsturm: Weltenspinner
  • Beiträge: 2.202
  • Username: Kardinal
    • Rollenspiel im Bergischen...
Re: Transhuman Space
« Antwort #88 am: 15.04.2012 | 13:38 »
@antares: die Frage ist, in welchem Gebiet du als Spieler zur Verfügung stehst???
The Future: Transhumanism is what all the rich people are doing - and Cyberpunk is what they are doing to the rest of society.

Democracy is a device that ensures we shall be governed no better than we deserve. - G. B. Shaw

“That's what I do — I drink and I know things.” - Tyrion Lannister

antares

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #89 am: 15.04.2012 | 13:45 »
München

Offline Kardinal

  • Famous Hero
  • ******
  • Malmsturm: Weltenspinner
  • Beiträge: 2.202
  • Username: Kardinal
    • Rollenspiel im Bergischen...
Re: Transhuman Space
« Antwort #90 am: 15.04.2012 | 13:50 »
tragisch -solltest du aber gen nrw ziehen, so hätte ich aber zumindest 2 weitere Exilbayern als Mitspieler im Angebot  >;D
The Future: Transhumanism is what all the rich people are doing - and Cyberpunk is what they are doing to the rest of society.

Democracy is a device that ensures we shall be governed no better than we deserve. - G. B. Shaw

“That's what I do — I drink and I know things.” - Tyrion Lannister

Offline Waldgeist

  • Erster Überlebender
  • Famous Hero
  • ******
  • Beiträge: 2.490
  • Username: Waldgeist
    • 5 Room Dungeons
Re: Transhuman Space
« Antwort #91 am: 15.04.2012 | 14:39 »
Spielt von euch jemand THS? Ich finde das Setting auch super und hätte wirklich Lust loszulegen.
Allerdings scheint es mir kaum Spieler zu geben.


Wir spielen THS zurzeit zu acht - erst waren keine Spieler zu finden und dann wollten gleich ganz viele :-)
5 Room Dungeons: http://5rd.jlj4.com/

Offline WarFred

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 305
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: WarFred
Re: Transhuman Space
« Antwort #92 am: 20.04.2012 | 00:42 »
Und glaubt mir, es ist als SL ziemlich anstrengend mit dieser Meute  ~;D

Tar-Calibôr

  • Gast
Re: Transhuman Space
« Antwort #93 am: 3.05.2013 | 17:31 »
Ich bin gerade darauf gestoßen, dass die NASA im Johnson Space Center derzeit allen Ernstes an einem Warp-Antrieb forscht.

Ein gewisser Harold White behauptet einen Weg gefunden zu haben, die Alcubierre-Metrik zu optimieren und den Bedarf an "exotischer Materie" so dramatisch zu reduzieren, dass ein Warp-Antrieb tatsächlich ins Reich des irgendwann Machbaren rücken soll.


In seinem Lab "Eagleworks" Experimente führt er derzeit Experimente mit seinem "White–Juday warp-field interferometer" durch, um seine Thesen zu überprüfen. Von einer praktischen Umsetzung ist das noch weit entfernt, wie er selbst zugibt, aber er will ein proof-of-concept erbringen und arbeitet auf den "Chicago Pile moment" hin (der "Chicago Pile" war der erste Test-Atomreaktor, der das Konzept als machbar erweisen sollte).

Ein kurzes Interview: NASA Working On Faster-Than-Light Warp Drive 2013
Ein interessanter, am Ende auch durchaus kritischer Artikel darüber: Warp Factor
Der originale Artikel von Harold White: Warp Field Mechanics 101

Sind unter euch Physiker, die Whites Überlegungen tatsächlich beurteilen können? Für mich als interessieren Laien klingt das alles extrem spannend, aber natürlich sehr schwer durchschaubar.


Und vor allem: Was sagt die THS-Community dazu? Was, wenn FTL bald keine "space opera" mehr ist, sondern tatsächlich – zumindest theoretisch – möglich? Zwar von der Umsetzung heute noch ein gutes Stück entfernt, aber zumindest als "Hard Science Fiction" vorstellbar – nicht abwegiger als die Entwicklung von Sapient AIs, Terraforming oder Uplifting. Und somit im THS-Kontext durchaus plausibel.

Im THS-Setting könnte FTL unter Umständen dieselbe Rolle einnehmen wie "dry nanotech" – ein heißes Forschungsgebiet, ein heiliger Gral akademischer, unternehmenseigener und nicht zuletzt militärischer Forschung. Sprich: noch nicht verfügbar, aber eines der strategisch wichtigen Zukunftsthemen, vergleichbar mit der Kernforschung im 2. Weltkrieg.

Wie würde das Transhuman Space verändern? Die Perspektive, wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zeit zu den Sternen reisen zu können, ist doch ein starkes Stück.

Für die intrasolare Raumfahrt könnten Warp Drives zu riskant sein, wenn man Forschern der University of Stanford glauben darf: Am Zielort werden die während des Fluges "gesammelten" Partikel als Energie freigesetzt (Warp Drives May Come With A Killer Downside). Zumindest innerhalb der Heliosphäre dürften sich Warp Drives also als unvorteilhaft erweisen – es sei denn, man sucht nach einer neuen Massenvernichtungswaffe...


Auch sehr spannend: Harold White und sein Eagleworks-Lab arbeiten außerdem an einem "Quantum Vacuum Plasma Thruster", der ohne Reaktionsmasse auskommen soll und sich der Vakuumfluktiation bedient: Nuclear and Emerging Technologies for Space (2012). Reactionless Drives hätten wohl auch einen ziemlichen Impact darauf, wie Raumfahrt im THS-Setting abläuft.
« Letzte Änderung: 3.05.2013 | 19:11 von Tar-Calibôr »