Autor Thema: [SW][Deadlands] Knörzbots und Timbers Nachwuchsrunde Reloaded  (Gelesen 1646 mal)

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Offline Timberwere

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Wie sich im Oktober schon langsam ankündigte, geht es endlich mit Knörzbots und meiner Nachwuchsrunde weiter. *freu* Da allerdings zwei Charaktere aus unserer Hellfrost-Runde inzwischen auswärtig studieren und wir den kleinen Bruder unseres ehemaligen Nesthäkchens dazugenommen haben (und überdies Knörbot keine große Lust mehr auf Fantasy hatte), sind wir auf Deadlands Reloaded umgestiegen.

Dies ist die Gruppe (nach Alter abwärts :)):

Lih'nadil Miqa'qwe a.k.a. Lee Wolfskehle. Schon etwas älterer, eher westlich gekleideter Indianerscout, vermutlich schon in den Vierzigern, der in unserer leider nur so kurzlebigen Deadlands-Reloaded-Runde vor 3 Jahren nicht genug Auslauf bekam, weswegen ich ihn jetzt wieder reaktiviert habe. Tiefe Krallennarben von einer Begegnung mit irgendeinem Viech ziehen sich durch seine linke Gesichtshälfte und lassen seine Miene noch steinerner wirken; das Auge blieb jedoch unverletzt. Außerdem ist er Veteran des Weird West und wird deswegen von etwas oder jemandem gejagt, was wir damals schon ausarbeiten wollten, die Devils Gulch Runde aber zu schnell starb, als dass es zum Tragen gekommen oder uns etwas dazu eingefallen wäre. Wer oder was ihn auf dem Kieker hat, das wird also noch zu definieren sein.

Yu Li, blinder Kung Fu-Kämpfer aus China, der nach Kalifornien unterwegs ist, weil er dort einen Augenarzt zu finden hofft, der etwas gegen seine Blindheit tun kann. Yu Li ist friedfertig (nicht so friedfertig, dass er gar nicht kämpft, aber doch so, dass er nicht von sich aus angreifen würde, sondern sich nur verteidigt) und wirkt sehr vertrauenswürdig und freundlich. Gespielt wird er von einem 20-jährigen Freund von uns bzw. Jones' und Katelars Spielern.

William Jones, stets elegant gekleideter Huckster, der sich als Kartenspieler tarnt (ganz klassisch eben). Gespielt von Grôman aus unserer Hellfrost-Runde, der inzwischen 18 ist - der Spieler bevorzugt einfach Magier aller Art; in unserem sehr kurzen Earthdawn-Versuch ganz am Anfang, ehe wir mit der Nachwuchsrunde auf Hellfrost umstiegen, war er auch schon ein Windlings-Elementarist, wenn ich mich recht entsinne. Jones ist aber nicht nur Huckster, sondern auch als ganz mundaner Kartenspieler nicht zu verachten. Dafür kann er wirklich so überhaupt nicht kämpfen.

Isabel Mendez, gespielt von unserem ehemaligen Nesthäkchen, inzwischen auch schon 16 (wie die Zeit vergeht :)) - in der Hellfrostrunde damals war er Carimus. Isabel ist eine honigblonde junge Latina, die sich für eine Lady vergleichsweise freizügig kleidet, verdammt gut schießen kann und genau weiß, wie sie ihr gutes Aussehen zu ihrem Vorteil einzusetzen hat.

Benjamin Taylor, gespielt von unserem neuen Nesthäkchen, 13, dem kleinen Bruder von Isabels Spieler: ein lose an Django Unchained angelehnter farbiger Kopfgeldjäger in typischer Westernkleidung mit zwei Revolvern an der Seite.

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Außerdem, nicht zu vergessen: Jones' Spielers ältere Schwester (Katelar aus unserer Hellfrost-Runde), die ja inzwischen auswärts studiert, aber bei dieser ersten Session als Zuschauerin dabei war. Nachdem sie dann eben nicht nur zuschaute, sondern in den Kämpfen die Minor NSCs übernahm und angekündigt hatte, gerne öfter mal als Gast dabei sein zu wollen, wenn sie zufällig gerade in der Stadt ist, beschlossen wir, dass sie einen wiederkehrenden größeren NSC geben wird, und zwar eben genau die Person oder Kreatur, von der Wolfskehle als Auswirkung seines Veteranen-Status gejagt wird.
Eine längere Brainstorming-Session zu dem Thema haben sie und ich bereits hinter uns, und ich glaube, das könnte durchaus interessant werden. :)
« Letzte Änderung: 20.08.2014 | 11:05 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

Offline Timberwere

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Die erste Session beginnt mit einem ganz klassischen Einführungsabenteuer (einem ziemlich bekannten, dessen Namen ich hier mal absichtlich nicht nenne, weil die Bande hier mitlesen will/wird und aus dem Titel vielleicht schon eine Information erlangen könnte, die sie ein bisschen spoilern würde, und das wollen wir doch vermeiden. :) Knörzbot sagte, es sei eines von Zornhaus Lieblings-Einführungs-Abenteuern; vielleicht hilft dieser Hinweis dem einen oder anderen ja was. Bzw. wer es schon gelesen oder gespielt hat, der wird ja an der Handlung erkennen, um welches Abenteuer es sich handelt).

Alle Mitglieder der Gruppe hat es, aus welchen Gründen auch immer, in das Örtchen Branson in Arizona verschlagen. Jones zum Beispiel ist unterwegs zu einem großen Pokerturnier, das demnächst auf einem Dampfschiff im Great Maze stattfinden soll, während Benj Taylor wieder mal hinter irgendeinem Kopfgeld her ist. Miss Mendez und Wolfskehle haben keine so klar umrissenen Gründe, sie sind halt auf der Durchreise.

Am Abend trifft man zufällig bei einem Pokerspiel im Saloon aufeinander: die vier SCs und ein fünfter Mann, ein offensichtlich wohlhabender, graugekleideter Rancher aus der Gegend, der sich als Mr. Logan vorgestellt hat. Das Spielglück wogt hin und her, wobei Jones natürlich als Profispieler am meisten gewinnt, auch ohne zu betrügen, einfach weil er die Tricks kennt. Aber auch die anderen gewinnen ein bisschen Geld - der einzige, der wirklich den ganzen Abend über zu verlieren scheint, ist der Rancher in grau. Das fällt den Charakteren auf, und Wolfskehle denkt schon an einen Fluch oder etwas in der Art, während Jones einmal sogar betrügt, um den Rancher gewinnen zu lassen. Diese Runde geht dann auch tatsächlich an Mr. Logan, aber gleich darauf verliert er bereits wieder, was ihn im Laufe des Abends immer gereizter werden lässt.

Dies geht einige Stunden lang so, bis Jones wieder einmal eine Runde gewinnt und den relativ großen Pott gerade einstreichen will. Da fällt der Rancher ihm mit den Worten: "Na das war ja ganz lustig, aber jetzt reicht es, ich nehme mir mein Geld zurück" in den Arm und macht sich ebenfalls daran, die Münzen einzusammeln.
Guten Worten ist der zunehmend wütende Rinderbaron nicht zugänglich. Er beschuldigt die drei Mitspieler, mit Jones - der im Verlauf des abendlichen Geplauders ganz selbstverständlich zugegeben hatte, das er Profispieler und zu einem Kartenturnier im Westen unterwegs sei; eine Information, die Logan überhaupt nicht gefallen hatte - unter einer Decke zu stecken und fordert die Herausgabe seiner Einsätze. Als Jones, den dies immerhin am schwersten treffen würde, weil er über den Abend am meisten gewonnen hat, sich weigert, springt Logan auf und winkt seine Cowboys herüber, die an den umliegenden Tischen gesessen haben.

Trotz eines letzten Versuches, die Situation friedlich zu klären, kommt es zu einer zünftigen Kneipenschlägerei, zerbrochene Stühle, Bierkrüge und Whiskyflaschen inklusive, während der es eine ganze Weile munter hin und her geht, alle Beteiligten Kratzer und blaue Flecken einstecken und Jones fröhlich "54 heb auf!" mit den Cowboys  spielt (sprich mindestens zweimal eines der zahlreichen Kartendecks, die er in den Taschen hat, als 'Burst' auf seine Gegner feuert. Vom Zauber unterstützt, entwickeln die an und für sich harmlosen Spielkarten richtig scharfe Kanten und fügen den Cowboys empfindliche Schnitte zu.)

Mr Logan selbst hält sich im Hintergrund und sieht sich die Keilerei regungslos an. Erst als es für seine Jungs schlecht auszugehen droht, zieht er mit einem Mal seine Waffe und feuert auf Jones, trifft diesen auch schmerzhaft, aber nicht tödlich. Isabel Mendez hingegen zieht ihre Pistole aus dem Strumpfband und schießt auf den Rancher - und sie wiederum trifft ihn mit tödlicher Präzision.
Der Tod ihres Bosses bringt die noch stehenden Cowboys zur Raison oder besser, zum geschockten Aufgeben. Doc und Sheriff sind auch schnell auf den Plan geholt. Für Mr Logan kommt jede Hilfe zu spät, aber Jones ist schnell verarztet, und glücklicherweise hatte der Treffer auch deutlich schlimmer ausgesehen, als er dann eigentlich war.
Ebenso glücklicherweise gab es auch genug Zeugen, die das Geschehen beobachtet hatten und einstimmig aussagen konnten, dass Logan als erster gezogen hatte und Isabels Schuss nur Notwehr war. So wird die Leiche des Ranchers abtransportiert, und die Charaktere bleiben unbehelligt.

Nach dem Ende des Kampfes war im oberen Geschoss des Saloons eine Tür zugefallen, ohne dass die Charaktere gesehen hätten, wer dort hineingegangen war. Jetzt jedoch bringt der Barkeeper einige Gläser mit Whisky hinüber zu deren Tisch und erklärt, diese Runde ginge aufs Haus, und der Besitzer des Etablissements wolle sich gerne einmal mit ihnen unterhalten. Dabei zeigt der Mann nach oben auf genau diese Tür.

Natürlich hat niemand etwas dagegen einzuwenden, mit dem Besitzer zu reden, und so findet sich die Gruppe kurz darauf in dessen Büro im Obergeschoss ein. Der Mann stellt sich als Bailey Granger vor und dankt den Charakteren erst einmal für die gute Arbeit. Dieser Logan sei ein arroganter Mistkerl gewesen, der sich hier im Tal alles einverleiben wolle und dem schon lange ein Zahn gezogen gehört hätte. Ob Gruppe zusammengehöre, will er wissen, quittiert die Verneinung mit Bedauern. Ob sie denn vielleicht trotzdem einen Auftrag für ihn annehmen würden. Er müsse eine gewisse Lieferung versenden, und er brauche zu ihrem Schutz Leute, die auf sich aufpassen könnten - was die Charaktere ja soeben bewiesen hätten.

Es müsse eine Kiste mit dem Zug in einen Ort namens Privilegio, einige Meilen südlich von Dead End, überführt werden, wo sein Bruder lebe. Die Kiste sei ca. 1,50 m lang und ca. 90 cm breit und wiege etwa 45 kg. Dead End ist die derzeitige Endstation der Eisenbahn im Westen; in Dead End müsste die Gruppe also per Kutsche weiter, um die Fracht nach Privilegio zu bringen.

Es folgt ein wenig Hin und Her und Feilschen um den Lohn (Granger bietet 25$ pro Person als Anzahlung und weitere 25$ bei Ablieferung, außerdem wird der Saloonbesitzer die Eisenbahnfahrt für die Charaktere und ihre Pferde übernehmen) sowie misstrauisches Nachfragen.
Ist die Kiste ein Sarg? Ist da etwa eine Leiche drin? Nein, ist es nicht. -- Was ist überhaupt darin? Das hat die Charaktere nicht zu interessieren. -- Warum soviel Bewachung für die Kiste? Ist deren Inhalt so wertvoll? Nicht unwertvoll, und es hat schon Räuberüberfälle auf der Strecke gegeben. -- Weiß denn jemand um den Versand der Kiste? Nur Mr. Granger, sein Bruder und jetzt die Charaktere. -- Enthält die Kiste etwas Illegales? Nein.

Schließlich fallen den Charakteren keine weiteren Fragen mehr ein, und sie nehmen den Auftrag an.

Der Zug trifft am nächsten Tag pünktlich ein und fährt ebenso pünktlich ab. Die Charaktere überzeugen sich, dass die besagte Kiste in den Frachtwaggon geladen wird und führen ihre Pferde in den Waggon mit den Pferdeboxen, ehe sie es sich im Passagierabteil bequem machen. Den Frachtwaggon dürfen sie nicht betreten: Der wird abgesperrt und auch von zwei Personen bewacht, wie zu sehen war, als dessen Tür an der Station offenstand. Hinter dem Passagierwaggon kommt ein Wagen mit Holz: Schwellen für den Weiterbau der Eisenbahn ab Dead End, danach der Bremserwagen. Pferdeboxen und Kohlenwaggon sind zwischen Frachtabteil und der Lok.

Insgesamt fahren 4 Wachen im Zug mit: die beiden im Frachtabteil, einer bei den Passagieren und einer hinten im Bremserhäuschen. Die Fahrt vergeht zunächst ereignislos, bis auf die Tatsache, dass der kleine Sohn einer mitreisenden Dame noch nie einen Indianer gesehen hat und Lih'nadil Miqa'qwe neugierig mit immer nervigeren Fragen bombardiert.
Dann jedoch kommt es zum fast schon befürchteten und erwarteten Überfall: Ein Trupp von Räubern reitet unter lautem Geheul von beiden Seiten auf den Zug zu. Teils reiten diese neben dem Zug her, um mit ständigem Schießen die Reisenden unten zu halten, aber die beiden Anführer und zwei ihrer Leute springen auf den Frachtwaggon auf, zwei an jeder Tür, und machen sich an diesen zu schaffen.

Isabel Mendez und Benj Taylor bleiben im Passagierwagen und feuern nach draußen auf die Reiter, ebenso wie der Wachmann, der sich ohnehin schon im Waggon befand, während der Wächter aus dem Bremserhäuschen sich über mehrere Runden hinweg nach vorne vorarbeitet und währenddessen ebenfalls auf die Reiter schießt. Lee Wolfskehle und William Jones hingegen schießen bzw. zaubern zunächst durch das Fenster des Passagierabteils auf die Kerle, die sich am Frachtwagen zu schaffen machen. Allerdings haben die irgendwann die Türen aufgebrochen und verschwinden in dem gesicherten Waggon, so dass die beiden Charaktere ihnen folgen müssen. Im Frachtwaggon kommt es zum Nahkampf, während dessen Wolfskehle nur einen Kratzer abbekommt, während Jones wieder einmal vergleichsweise heftig verletzt wird. Aber es gelingt schließlich, die Angreifer niederzustrecken und in die Flucht zu jagen.
Und da der Indianer über recht gute Fähigkeiten in der Naturmedizin verfügt, kann er den Kartenspieler einigermaßen wieder zusammenflicken, so dass nur eine leichte Wunde übrig bleibt.

Zur Überraschung der Gruppe waren die Räuber doch nicht hinter der Kiste hergewesen. Von der schienen sie sogar nicht einmal etwas gewusst zu haben, denn sie steht völlig unberührt in ihrer Ecke. Statt dessen hatten die Outlaws versucht, sich den Tresor anzueignen, der ebenfalls in dem Frachtwaggon mitgeführt wurde - wenn sie nicht daran gehindert worden wären, hätten sie wohl den ganzen Tresor aus dem Zug gestoßen, um ihn dann irgendwann in Ruhe auszuleeren.
« Letzte Änderung: 24.12.2013 | 16:19 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
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Zitat von: ErikErikson
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Es ist wirklich erschreckend, wie selten man die Jugend von heute an einen Tisch bekommt. Schule, Studium, Sport, Ferienfreizeiten... Anstrengend, das. Aber wir haben es endlich wieder geschafft und mit unserer Deadlands-Nachwuchsrunde weitergespielt - nicht zuletzt auch dank der Initiative eines neuen und super-motivierten Mitspielers, der noch keinen direkten Kontakt mit dem Hobby "Rollenspiel" hatte, aber schon viel von gehört, und ganz heiß darauf war, es endlich einmal auszuprobieren.

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Nach dem vereitelten Überfall verläuft der Rest der Eisenbahnfahrt ereignislos, obgleich die Dankbarkeit des mitgereisten Wachpersonals den Charakteren natürlich sicher ist. Und dann steht die Gruppe also am Bahnhof von Dead End mit der schweren Kiste im Gepäck. Man einigt sich darauf, in Dead End zu übernachten und am nächsten Morgen mit einem gemieteten Karren die Kiste nach Privilegio zu transportieren, was nach einem gemütlichen Abend bei Kartenspiel und einem Drink im Saloon auch problemlos funktioniert.

Privilegio, wo die Gruppe am nächsten Nachmittag eintrifft, ist ein trostloser kleiner Ort. Baufällige Häuser, kaum ein Mensch auf der Straße zu sehen, und die wenigen Leute, die der Gruppe begegnen, scheuchen eilig ihre Kinder in die Häuser und huschen selbst hastig davon. Das Vieh, das vor der Stadt auf der Weide steht, ist dürr und lustlos. Im spärlich eingerichteten Saloon (nicht einmal ein Klavier, das Mobiliar klapprig und zusammengewürfelt) zerreißt sich der Barkeeper förmlich vor Eile, um den Neuankömmlingen seinen billigen Whisky einzuschenken. Dabei huscht sein Blick unruhig vom einen zum anderen - offensichtlich hat er Angst. Er erwähnt vage etwas von "eurem Boss", was die Gruppe (minus Wolfskehle übrigens, der draußen auf die schwere und unhandliche Kiste aufpasst, weil diese in Dead End für komische Blicke gesorgt hatte, als die Gruppe sie dort mit in den Saloon schleppte) erst einmal unkommentiert so stehen lässt.

Im Saloon sind noch zwei weitere Tische besetzt. An einem davon sitzt ein schon etwas älterer, schnurrbärtiger Mann in einem strahlend weißen Hut und Anzug, am anderen unverkennbar ein in schlichte Kleidung gewandeter Asiate. Während der Weißgekleidete interessiert zu den Neuankömmlingen hinübersieht, aber ansonsten nicht groß reagiert, hebt der Chinese den Kopf, als die Gruppe hereinkommt und vom Barkeeper bedient wird, und kurze Zeit später erhebt er sich und geht zielstrebig zu den drei Gruppenmitgliedern hinüber.

Dem Mann (übrigens unser neuer Mitspieler - herzlich willkommen!) ist auch schon aufgefallen, dass die Stimmung hier im Ort seltsam ist, und darauf spricht er die anderen jetzt rundheraus an. Diese unterhalten sich freundlich mit dem Chinesen, aber auf das seltsame Verhalten der Einheimischen kann sich zunächst noch keiner so recht einen Reim machen. Dass der Chinese, der sich zur allgemeinen Belustigung als Yu Li vorgestellt hat, einen Stock bei sich trägt, fällt keinem der drei auf, oder besser, es fällt Bill Jones zwar auf, aber er denkt eher in Richtung einer Beinverletzung und schaut, ob der Mann vielleicht hinkt. (Unser Neuer hatte über sein Charakterkonzept im Vorfeld absichtlich nichts verraten, weil die anderen das möglichst im Spiel herausfinden sollten.)

Plötzlich schwingt die Saloontür auf, und ein halbwüchsiger Mexikaner-Junge mit einer alten Flinte in der Hand kommt hereingestürmt. Etwas zittrig richtet er die Flinte auf den Tisch, wo die Gruppe sitzt: "Ich, weiß, alle anderen haben Angst vor euch, aber ich nicht! Nicht mit mir!"

Ehe die verdutzten Charaktere groß reagieren können, wird der Junge auch schon von hinten am Kragen gepackt, heftig geschüttelt und kräftig geohrfeigt. Ein älterer Mexikaner, offensichtlich der Vater, entschuldigt sich untertänigst und mit vielen Verbeugungen. "Vergebt meinem Sohn, er ist doch nur ein Kind..."
Die Gruppe, etwas verdattert, winkt ab und lässt die beiden ziehen. Vor allem Yu Li macht ein verwirrtes Gesicht und wendet sich an die anderen: Was da eben los gewesen sei? Das wiederum versteht der Kartenspieler gar nicht. "Häh? Sie waren doch dabei, Mister?" Und auch die Antwort des Chinesen, er habe die Aufregung gehört, lässt Jones nicht auf die Lösung kommen. Seinen Wurf vergeigt er sogar mit Pauken und Trompeten und snake eyes und ist deswegen völlig überzeugt davon, sein neuer Bekannter wolle ihn veräppeln, lacht herzhaft über den guten Witz. Selbst als man sich verabschiedet, Jones dem Asiaten die Hand hinstreckt und dieser mit seiner eigenen Hand ein wenig herumtastet, ehe er den Griff des Weißen erwidert, kommt der Huckster immer noch nicht darauf, was eigentlich los ist.

Der Chinese verlässt den Saloon, woraufhin Miss Mendez noch kurz mit dem weißgekleideten Mann am anderen Tisch spricht. Der stellt sich freundlich als "Lacey O'Malley" vor, ein Name, den einige Gruppenmitglieder durchaus schon gehört haben: Lacey O'Malley ist ein ziemlich bekannter und allseits geachteter Reporter für den Tombstone Epitaph. Seine Freundlichkeit kühlt allerdings sehr schnell sehr deutlich ab, als Isabel ihm bestätigt, dass Granger tatsächlich ihr Boss sei (Spieler-Raison: "Naja, sein Bruder hat uns angeheuert, etwas bei ihm abzuliefern, also arbeiten wir doch für ihn!") und lässt keinen Zweifel daran, dass er den Mann für nichts weniger als Abschaum hält, für einen Banditen, der die Bevölkerung des Städtchens nach Strich und Faden auspresst und unterdrückt.

Wolfskehle hat sich indessen draußen auf der Straße aufmerksam umgesehen und ebenfalls einige kleine Anzeichen dafür gesehen, dass hier irgendwas nicht so ganz stimmt. Auch den Vorfall mit dem Mexikaner-Jungen hat er von der Straße aus so halbwegs mitbekommen. Die anderen hatten im Gespräch mit Yu Li erwähnt, dass noch ein weiterer Gefährte draußen warte, und als der Chinese jetzt aus dem Saloon kommt, stößt er geradewegs mit dem Indianer zusammen, und die beiden kommen ins Gespräch.

Anders als die drei im Saloon kann der Scout nicht umhin als zu bemerken, dass sein Gegenüber blind ist, vor allem, als Yu Li erzählt, dass er hier im Ort einen Augenarzt suche, der ihm empfohlen worden sei. Die hilfreichen Leute, von denen die Empfehlung kam, hätten ihn hierher mitgenommen und hier abgesetzt. Da hat sich aber offensichtlich jemand einen Spaß mit dem blinden Ausländer erlaubt, denn in diesem Kaff gibt es vermutlich noch nicht mal einen Arzt an sich, geschweige denn einen Spezialisten für Augenkrankheiten.

Wolfskehle beschreibt dem Mann den traurigen Zustand des Ortes und dass es hier bestimmt keinen Arzt zu finden gebe, erklärt aber, in Kalifornien gebe es viele Chinesen und bestimmt auch irgendwo einen Augenspezialisten. Da die Gruppe ja nach Kalifornien unterwegs ist und man den armen hilflosen Blinden ja nicht einfach hier zurücklassen kann, ist so auch ein relativ plausibler Grund gefunden, den neuen Charakter der Gruppe anzuschließen. Jetzt endlich realisiert auch William Jones, der mit den anderen beiden aus dem Saloon dazukam, endlich, was es mit dem Chinesen auf sich hat, und seine Überraschung angesichts der Erkenntnis, dass er einen Blinden vor sich hat, ist herrlich ausgespielt.

Noch aber ist Yu Li kein echter Teil der Gemeinschaft, und so laden die vier "Altmitglieder" den Chinesen nicht dazu, als sie sich im Hotel zum Kriegsrat zusammenfinden. Denn spätestens jetzt wollen sie doch sehen, was es mit der geheimnisvollen Fracht auf sich hat, und so wird das Schloss an der Kiste von Jones mit Hilfe unauffällig herbeigezauberter Dietriche sorgfältig geknackt. Zum Vorschein kommt tatsächlich weder eine Leiche, noch etwas Illegales, aber dennoch etwas, das die Charaktere gewaltig ins Grübeln bringt: eine Gatling Gun samt Munition.

Denn wenn Wyatt Granger ein solcher Bandit ist und die Bevölkerung hier derart unterdrückt, wie schlimm wird es dann erst werden, wenn er diese mächtige Waffe in seinem Besitz hat? Kann man verantworten, ihm das Maschinengewehr zu überlassen? Andererseits wäre es Diebstahl, ihm die Waffe nicht zu übergeben. Und eine Anzahlung für die Überbringung haben die Charaktere auch bereits erhalten...

Man diskutiert hin und her, die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Optionen. Wolfskehle ist eigentlich dagegen, die Waffe an Granger zu geben, wird aber von seinem Code of Honor daran gehindert, sich einfach für deren Zerstörung oder anderweitige Verwendung auszusprechen oder in einem solchen Falle die Anzahlung zu behalten. William Jones ist eher neutral eingestellt, während Benj Taylor sich ziemlich leidenschaftlich für die Dörfler einsetzt.

Es werden die unterschiedlichsten Pläne angerissen und wieder verworfen: So etwa, ob man die Gatling Gun nicht einfach zerstören oder in einer Schlucht verstecken könne - oder sie so manipulieren, dass sie nicht funktioniert oder gar kaputtgeht, wenn Granger sie einzusetzen versucht. Letzterer Plan findet eigentlich bei allen Anklang, scheitert aber an den mangelnden technischen Fähigkeiten der Gruppenmitglieder - jetzt wäre ein verrückter Wissenschaftler oder Bastler wirklich nützlich, aber so einer ist ja leider nicht dabei.

Man ist - zur wachsenden Ungeduld der beiden jüngsten Spieler - immer noch am Diskutieren, als der Gruppe ein Geräusch vor der Tür auffällt. Es ist Yu Li, der neugierig am Lauschen war, was seine neuen Bekannten denn da wohl zu besprechen hatten, aber dummerweise (bzw. aus Spielersicht gesehen glücklicherweise) nicht ganz lautlos dabei blieb.

Wolfskehle reißt die Tür auf und sieht sich überrascht dem Chinesen gegenüber. Derart ertappt, versucht Yu Li sich mit einer Ausflucht herauszureden, aber er kann nun einmal nicht lügen, und wenn sein Leben davon abhinge, und so ist sofort klar, dass er lauschte. Andererseits jedoch wirkt der junge Asiate überaus freundlich und vertrauenswürdig, und gerade den Huckster hatte er schon zuvor im Saloon durch einen überragenden Wurf für sich eingenommen. Nun wirkt Jones einen schnellen Huch, der ihm keinerlei böse Absichten des Chinesen zeigt. Statt dessen sieht er eine kurze Vision von Yu Li im Kindesalter, dem ein Shaolin-Meister gerade ernsthaft eine Weisheit vermittelt. Dies tut zwar im Moment nichts zur Sache, zeigt dem Kartenspieler aber, dass Yu Li nicht blind geboren wurde, sondern irgendwann nach dieser Vision sein Augenlicht verloren haben muss.

Die anderen Gruppenmitglieder drucksen noch eine Weile herum, aber schließlich weihen sie den Chinesen doch in ihr Dilemma ein und fragen ihn um Rat in dieser Angelegenheit. Yu Li erklärt sehr überzeugend ("Konfuzius sagt..."), wenn man einem Dieb etwas wegnehme, sei es kein Diebstahl, was Wolfskehles Skrupel wegen der Anzahlung und des angenommenen Auftrags etwas besänftigt.

Bill Jones und Benj Taylor gehen noch einmal mit Lacey O'Malley sprechen und weihen den Reporter nun auch in die Tatsache ein, dass sie nicht wirklich zu den Angestellten von Wyatt Granger gehören, sondern eben nur den Auftrag angenommen hatten, ihm etwas zu liefern, ohne zu wissen, um was für eine Person es sich bei dem Rancher handelte. O'Malley wirkt noch immer etwas skeptisch, macht aber den Vorschlag, doch mit den Dörflern zu reden und diese zur Mithilfe zu gewinnen.

Gesagt getan: Zwölf der Einheimischen erklären sich bereit, aktiv gegen Granger vorzugehen. Da die Übergabe der Fracht erst am nächsten Tag stattfinden soll, ist auch noch ein wenig Zeit, das genaue Vorgehen zu planen. Die Sache soll folgendermaßen ablaufen:

Der Huckster und der Indianer positionieren sich mit der Kiste am Dorfbrunnen, wie verabredet. Die Gatling Gun allerdings wird nicht in der Kiste sein, sondern die steht samt Benj Taylor, der am besten damit umgehen kann, versteckt hinter einer Häuserecke und zielt auf den Dorfplatz. Isabel Mendez verschanzt sich auf einem der Flachdächer am Platz und liegt mit ihrer Winchester parat. Auch die zwölf Dörfler sollen sich auf den umliegenden Dächern verteilen. Und Yu Li gibt an der Kirche den hilflosen Blinden. Noch wissen die anderen Gruppenmitglieder natürlich nicht, dass der Chinese ein ausgezeichneter Kung Fu-Kämpfer ist, der seine Blindheit beim Kämpfen größtenteils mit seinem feinen Gehör ausgleichen kann, und so erscheint der Baum bei der Kirche einfach als der sicherste Ort für ihn, wenn er sich schon weigert, in die Kirche zu gehen, weil er darauf besteht, dass er kämpfen kann.

Nachdem dieser Plan soweit ausgeheckt ist, bleibt nur noch das Warten auf Granger und seine Leute. Pünktlich zum High Noon kommt er in die Stadt geritten, begleitet von - schluck - fünfundzwanzig seiner Leute. Wie verabredet, lässt die Gruppe ihn bis zum Brunnen herankommen, weil zumindest die friedfertigeren Gruppenmitglieder noch immer hoffen, vielleicht durch Reden etwas erreichen zu können.

Aber soweit kommt es nicht: Granger lässt sehr schnell erkennen, dass er keinerlei Absicht hatte, seinen Teil der Abmachung zu erfüllen, sondern hetzt seine Leute auf die beiden Männer am Brunnen. Damit beginnt das Feuergefecht, in dessen Verlauf es tatsächlich ein Dörfler ist, der den verhassten Tyrann niederstreckt. (Wir hatten die 12 NSCs in 3 Gruppen à 4 Personen aufgeteilt, die jeweils von einem von uns geführt wurden, und jede dieser Vierergruppen agierte als Einheit. Dass es tatsächlich die NSCs waren und keiner von den Spielercharakteren, die ihren Unterdrücker ausschalten, empfanden wir auch als besonders passend.) Grangers Leute hatten sich ebenfalls aufgeteilt, um die Leute am Brunnen einzukreisen, und so haben alle Charaktere genügend zu tun, um die Banditen unschädlich zu machen, jeder auf seine Weise. Gerade Yu Li überrascht seine neuen Gefährten mit seiner gehörgestützten Kampfkunst. Die letzten zwei oder drei von Grangers Leuten flüchten schließlich, als sie sehen, dass ihr Chef am Boden liegt und außer ihnen niemand mehr übrig ist.

Sobald der Kampf gewonnen ist, stürmen die Dörfler zu Wyatt Granger. Der ist noch am Leben, stellt sich heraus, und so wollen die wütenden Einheimischen ihn eigentlich lynchen. Dem stellen sich jedoch der Pazifist Yu Li und Wolfskehle mit seinem Code of Honor entgegen und, als deren Überzeugungsversuche nicht so recht wirken mögen, auch William Jones. Miss Isabel legt einen grandios guten Überzeugungswurf hin (Marke: "Auja, ich will auch überzeugen!"), weiß dann aber gar nicht so recht, was damit anzufangen. Eigentlich wäre sie mit ihrer Einstellung ja eher für das genaue Gegenteil, und sie ist kurz davor, die Mexikaner tatsächlich dazu aufzuwiegeln, den Tyrannen eben doch zu lynchen. Aber dann sieht sie, dass der Reporter O'Malley die Szene beobachtet, und sie erkennt, dass der Zeitungsmann - und mit Sicherheit auch ihre friedfertigeren Gefährten - sie vermutlich mit sehr anderen Augen ansehen würden, wenn sie jetzt Grangers Tod herbeireden würde. Also hält sie sich zurück und plädiert doch für eine Gerichtsverhandlung, und auf sie hören die Dörfler endlich.

Das bedeutet allerdings auch, dass die Gruppe auf das Geld verzichtet, das der Rancher bei sich trägt, denn das werden die Dörfler brauchen, um den Mann in die nächste Stadt zu bringen, in der es einen Richter gibt, den Granger nicht in der Tasche hat. Aber das ist die Sache wert, und auch, dass die Leutchen von Privilegio die Gatling Gun für sich behalten wollen.

PS: Weitere Belustigung folgt übrigens, als der Gruppe aufgeht, dass sowohl der Chinese als auch der Indianer [Li:] mit Vornamen heißen. Um eventueller Verwirrung vorzubeugen, einigt man sich darauf, den Kung Fu-Kämpfer mit vollem Namen "Yu Li" anzusprechen und vom Scout wirklich nur noch als "Wolfskehle" zu reden.

PPS: Zwei Charaktere mit konsentem ausländischem Akzent sind zu anstrengend für diese Gruppe. Lih'nadil Miqa'qwes Klischeeindianer-Sprech ("Wolfskehle kein Dieb. Wolfskehle geht gibt Geld wieder") war in der ersten Runde noch problemlos akzeptiert worden, aber als diesmal dann noch Yu Lis "Konfuzius sagt, splechen immel was meinen" dazukam, wurden wir ab etwa der Mitte der Session gebeten, doch normal zu reden, Marke: "Ist okay, wir denken uns euren Akzent, Leute." Daran haben wir uns dann auch gehalten, zu 99,99% jedenfalls. Ganz ohne einen Hauch von Akzent kamen sie uns doch nicht davon. Aber eben nicht mehr so viel, dass es nervte.
« Letzte Änderung: 20.08.2014 | 10:45 von Timberwere »
Zitat von: Dark_Tigger
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