Autor Thema: Wie detailliert sollte das "Abenteuer" bei der Charaktererschaffung sein?  (Gelesen 1931 mal)

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Offline Chiarina

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Hallo,

kurze Frage aufgrund leichter Unsicherheit:

Heute abend machen meine Spieler Fate Core Charaktere. Ein bisschen haben wir damit schon beim letzten Mal begonnen, heute sollen die Charaktere fertig werden. Beim letzten Mal haben wir gerade bei den Backgroundstories abgebrochen. Das heißt, jeder Spieler hat sich sein erstes Abenteuer ausgedacht und heute folgt dann die Verzahnung der anderen Figuren mit diesem Abenteuer. Was ich beim letzten Mal an Abenteuern gesehen habe, war allerdings ziemlich allgemein gehalten. Das ging so in etwa in diese Richtung:

"Mein Charakter ist in Armut aufgewachsen und hat deshalb sein Elternhaus verlassen. Er hat sich eine Weile mit den verschiedensten Tagelöhnerjobs über Wasser gehalten. Schließlich hat er aufgrund seiner Stärke eine Anstellung bei der Stadtwache gefunden. Inzwischen weiß er, das er alles dafür tun wird, um nicht wieder in die Armut zurückzufallen."

Nur so als Beispiel. Ich will gar nichts dagegen sagen, aber wäre es nicht besser, die Spieler würden ein konkretes Detail aus dieser Lebensphase beschreiben? Ich bin ein bisschen unsicher, ob ich heute abend die Anweisung erteilen soll, die Texte nochmal zuzuspitzen oder ob ich es mit den allgemeinen Ideen einfach mal laufen lassen soll.

Was würdet ihr machen?
« Letzte Änderung: 29.06.2015 | 11:41 von Chiarina »
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Offline Maarzan

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Umkehrfrage: Wieviele "special snowflakes" verkraftet dein Spiel hinterher? Und wie viel wissen deine Spieler schon über den Hintergrund, in dem sie spielen sollen?

Das Beispiel sieht mir nach dem Versuch aus mit dem unbekannten Input des Rests nach Möglichkeit kompatibel zu bleiben. An sich ein löblicher Vorsatz.
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Offline blackris

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Ich würde das so auch vorerst stehen lassen. 1–2 Details können ja auch noch bei den weiteren Phasen hinzu kommen, oder vielleicht irgendwann im Laufe des Spiels.

Draig-Athar

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Wenn ihr damit klarkommt und für euch stimmige Charakter herauskommen macht ihr eigentlich nichts falsch. Insofern ist es natürlich schwer von außen Ratschläge zu geben. Ich werde also nur beschreiben, wo ich (mögliche) Probleme mit dem Text sehe und Möglichkeiten aufzeigen, wie man es anders machen kann. Das bedeutet nicht, dass es dadurch objektiv "besser" wird, es würde aber mehr dem entsprechen, mit dem wir gute Erfahrungen gemacht haben.

"Mein Charakter ist in Armut aufgewachsen und hat deshalb sein Elternhaus verlassen. Er hat sich eine Weile mit den verschiedensten Tagelöhnerjobs über Wasser gehalten. Schließlich hat er aufgrund seiner Stärke eine Anstellung bei der Stadtwache gefunden. Inzwischen weiß er, das er alles dafür tun wird, um nicht wieder in die Armut zurückzufallen."

Ich sehe bei diesem Text zwei Probleme: zum einen wird die Möglichkeit verschenkt weitere Details über die Spielwelt einzubauen (nicht vergessen: Charaktererschaffung ist Teil der Welterschaffung!), zum anderen handelt es sich lediglich um eine Hintergrundgeschichte und nicht wirklich um ein Abenteuer. Beides sollte sich mit relativ wenig Aufwand beheben lassen. Zu erstens, nimm den Text und füge ein, zwei Details hinzu, zum Beispiel:

"Mein Charakter ist als in Armut aufgewachsen und hat deshalb sein Elternhaus verlassen. Er hat sich eine Weile mit den verschiedensten Tagelöhnerjobs über Wasser gehalten. Schließlich hat er aufgrund seiner Stärke in Schlumpfhausen *eine Anstellung bei der Stadtwache unter Hauptmann Hefti gefunden. Inzwischen weiß er, das er alles dafür tun wird, um nicht wieder in die Armut zurückzufallen."


Schon haben wir einen neuen Ort fürs Setting (oder den Charakter mit einem bereits etablierten Ort vernetzt) und einen neuen NSC ins Spiel gebracht. Das bietet zum einen den anderen Spielen Möglichkeiten Anknüpfpunkte für ihre SCs zu finden, und erweitert das Setting (und bring somit potentielle Abenteueraufhänger für den SL).

Zum zweiten Punkt: bitte ihn einen weiteren Satz zu schreiben, in dem er eine interessante Begebenheit darlegt, die vor allem auch offen genug ist um den anderen Spielern die Möglichkeit zu bieten eine Rolle darin zu spielen. Zum Beispiel:

"Eines Tages gelang es mir das Necronomicon zu finden, das der Räuber Hotzenplotz dem Grafen Dracula gestohlen hatte."

Hier haben die anderen Spieler einiges an Möglichkeiten, wie ihre SCs ins Abenteuer eingegriffen haben könnten: sie könnten dem Stadtgardisten geholfen haben, Verbündete des Diebs gewesen sein. eine Verbindung zum Grafen haben... Desweiteren haben wir zwei neue NSCs und ein unheimliches Artefakt ins Spiel gebracht - und das mit nur einem Satz! Ob dann tatsächlich alles davon im Spiel vorkommt ist eine andere Frage, aber es wurden schon einmal Optionen geschaffen.

*Die Namen sind vielleicht nicht unbedingt so zu übernehmen...

Offline Chiarina

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@ Maarzan:

Unsere Spielwelt enthält schon einige Informationen (siehe hier: http://www.tanelorn.net/index.php/topic,93959.0.html
Was meinst du denn mit "special snowflakes"?
Mit dem unbekannten Input des Rests kompatibel bleiben zu wollen ist nicht verkehrt. Besser fände ich allerdings, wenn der unbekannte Rest mitgestaltet würde.

@ blackris:

Klar kann noch etwas dazu kommen. Als nächstes müssen aber die anderen Spieler ihren Charakteren Nebenrollen in den Backgroundabenteuern zuweisen. Ich frage mich, ob das nicht ein wenig schwer ist, wenn die Hintergrundgeschichte nur so allgemein gehalten ist.

@ Draig-Athar:

Hilfreiche und relativ konkrete Unterstützung. Danke! Ich werde es berücksichtigen.
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Offline Selganor [n/a]

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Warum keine konkreten Fragen an die betroffenen Spieler:

"Waehrend deiner Zeit als Stadtwache hast du (Charakter 2) getroffen. Was ist da passiert und wie steht ihr nach dieser Aktion zueinander?"

Bei der Antwort kann man dann ja noch Details nachfragen. Wenn z.B. die Antwort ist "Ein wertvolles Schmuckstueck wurde gestohlen und zuerst deutete alles darauf hin, dass (Charakter 2) der Taeter war, aber weil (Charakter 1) so gruendlich in seinen Nachforschungen war konnte der wahre Schuldige ermittelt werden." bieten sich nachfragen an wie:
- Was war das fuer ein Schmuckstueck (wie hiess es)?
- Wer war der wahre Schuldige?
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Offline Chiarina

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Zitat von: Selganor
"Waehrend deiner Zeit als Stadtwache hast du (Charakter 2) getroffen. Was ist da passiert und wie steht ihr nach dieser Aktion zueinander?"

Genau diese Frage richtet Fate Core ja eigentlich an Charakter 2. Aber du hast schon Recht: Wenn das zu schwammig ist, kann man ja bei Spieler 1 nochmal nachfragen. So ´ne informelle Diskussionrunde hinterher um noch ein paar Details zu bekommen scheint mir auch ganz gut.
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Offline Selganor [n/a]

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Kann ja auch ein allgemeines Brainstorming mit der Gruppe sein.

Vielleicht faellt ja einem "unbeteiligten" Spieler zu der Sache gerade was geniales ein das sonst gar nicht aufgekommen waere wenn nur die beteiligten Spieler dieses Abenteuer "entwickeln"
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Offline blackris

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Der Witz an der Erschaffung (für mich) ist ja gerade, dass man gemeinsam auf konkrete Ideen kommt.

Vielleicht ist ein anderer Charakter ja eine Diebin, die für eine Gang gearbeitet hat. Der Stadtgardist hat sie erwischt, sich aber bestechen lassen, weil der Lohn bei der Wache doch nicht so toll ist. → Und schon ergeben sich neue Details, die man in die erste Phase schreiben kann und welche für die Welt interessant wäre (korrupte Stadtwache, Probleme mit Gangs oder Bandenkriege, Wache in Stadteil A von Stadt B, misstrauischer Vorgesetzter …).

Ich meine, durch dieses gemeinsame Arbeiten wird ein Charakter / eine Gruppe interessanter. Aber ob das schwieriger oder einfacher ist, ist wahrscheinlich eine individuelle Angelegenheit.

%edit: War wohl etwas zu langsam.  ;)
« Letzte Änderung: 29.06.2015 | 16:00 von blackris »

Offline Maarzan

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@ Maarzan:

Unsere Spielwelt enthält schon einige Informationen (siehe hier: http://www.tanelorn.net/index.php/topic,93959.0.html
Was meinst du denn mit "special snowflakes"?
Mit dem unbekannten Input des Rests kompatibel bleiben zu wollen ist nicht verkehrt. Besser fände ich allerdings, wenn der unbekannte Rest mitgestaltet würde.


Die Hintergrundsbeschreibung hört sich ja eher nach einem groben Geschichstabriss mit ein paar Prominenten an. Damit hat aber ein Charakter denke ich mal kaum irgendeine praktische persönliche Berührung. Ich hätte da eher an eine Beschriebung der näheren Startumgebung mit Details gedacht, welche dann auch für den spezifischen Charakter aufgegriffen werden können.

Mit special snowflake meine ich, dass wenn die Charaktere spezifischer werden diese auch viel spezifischere Ansprüche an ihre Einarbeitung in die Spielwelt benötigen und oft eben dann auch oft die Tendenz herrscht etwas ganz besonderes mit einzubauen, welches erst recht auch umgekehrt verändernde Auswirkung auf den Hintergrund und die Spielumgebung haben würde.

Hast du denn schon eine Einstiegsszene vor Augen, oder soll das rein sandboxig werden?
Dabei Fall hätte ich entsprechend auch die Startparameter gesetzt oder im zweiten Fall von den Spielern auch noch verlangt die Gruppe auch als Gruppe mit entsprechenden inneren positiven Kontakten und gemeinsamen Interessen zu gestalten.

Den Fall mit dem Gardisten, dem Dieb und vorheriger Bestechlichkeit hatte ich übrigens auch schon - der Dieb hat prompt den Gardisten zu erpressen versucht und ist dafür ebenso umgehend umgelegt worden ... . Man muss also auch vorsichtig sein wie die Beziehungen aussehen, nicht nur, dass welche da sind.
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Offline Lord Verminaard

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Was hast du denn vor der Charaktererschaffung als Rahmen vorgegeben, bzw. auf was habt ihr euch als Rahmen geeinigt? Ich tu mich als Spieler immer sehr schwer damit, wenn ein SL mit einer Ansage kommt wie z.B.: "Wir spielen FATE, es soll was mit Fantasy werden, Setting definieren wir gemeinsam, jetzt Charaktere." Da bin ich ein bestimmter Typ, ich hasse es, wenn zu Spielbeginn erst mal ein ganze Haufen unzusammenhängende Details gesammelt werden, von denen die Beteiligten selber noch nicht wissen, was sie später damit anfangen sollen, so nach dem Motto, mal sehen, was dabei rauskommt.

Ich gehe gerne zielgerichtet vor, d.h. ich überlege mir ganz genau, welche Funktion und Rolle mein Charakter in der sich abzeichnenden Geschichte einnehmen soll, wo Konflikte und interessante Fragestellungen herkommen, wie ich ihn nutzen kann, um die anderen Spieler anzuspielen, etc. Das kann ich aber nur mit einem klaren Rahmen, wie z.B. (in der Gruppe vereinbart oder auch sehr gerne vom SL vorgegeben): "Wir spielen FATE, die Handlung ist auf 3 bis 4 Sitzungen ausgelegt, das Setting ist Aventurien zu Kaiser Hals Zeiten, die Charaktere sind Getreue eines hohen Adligen aus dem Lieblichen Feld, dessen Tochter und einziges Kind davongelaufen ist und ein Schiff nach Al'Anfa genommen hat. Noch weiß niemand, was sie dazu bewog oder ob sie vielleicht sogar entführt wurde. Die Charaktere haben sich aus unterschiedlichen Motiven freiwillig gemeldet, nach Al'Anfa zu reisen und dem Grafen seinen Augapfel zurück zu bringen."

Und dann kommen auch von vorne bis hinten viel konkretere Charaktere raus, meiner Erfahrung nach.
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Offline Bad Horse

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Primär sollte sich aus dieser Geschichte irgendein sinnvoller Aspekt ergeben, und zwar für alle Beteiligten.

Ich überlege tatsächlich erst mal den Aspekt, den ich gern hätte, und denke mir danach eine Geschichte bzw. den Beitrag zur Geschichte aus. Alternativ kann man natürlich schauen, was sich für ein Aspekt im Dialog und durchs Nachfragen ergibt - das ist vermutlich gerade dann sinnvoll, wenn der Spieler noch keine konkreten Ideen für einen Aspekt hat.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Chiarina

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@ Maarzan:

Es ist die erste Fate-Runde, die ich leite. Ich gehe daher erstmal nach den Regeln vor. Die sehen vor, dass zuerstmal grundlegende Informationen zur Spielwelt entworfen werden. Dadurch, dass wir vor die Erschaffung der Welt durch Fate Regeln noch einen Durchgang Microscope gestellt haben, ist die Welt sowieso schon stärker definiert, als vom System vorgesehen.

Wie soll ich eine Einstiegsszene vor Augen haben, wenn ich die Charaktere noch nicht kenne? Das 3-Phasen-System zur Charaktererschaffung führt zu den von dir angesprochenen "inneren positiven Kontakten und gemeinsamen Interessen". Das ist heute abend geschehen. Die Charaktere sind noch nicht ganz fertig. Wenn es soweit ist, kann ich sie ja mal vorstellen.

Bei der Charaktererschaffung bringen sich die Charaktere meiner Spieler normalerweise noch nicht gleich um. Ein bisschen Sand im Getriebe ist durchaus angelegt worden. Eine Gruppe muss handlungsfähig sein, 100% Friede-Freude-Eierkuchen muss aber nicht zwingend hergestellt werden, das ist meine Erfahrung.

@ Lord Verminaard:

Das Setting habe ich ja schon verlinkt. Wir probieren das gerade mal aus. Wir wollten was eigenes, nicht "Aventurien zu Kaiser Hals Zeiten". Die Fate Charakter- und Welterschaffung geht relativ stark in Richtung bottom up. Hast du ein Problem damit? Und nein: Ich denke nicht, dass es zwangsläufig einen klaren Rahmen braucht, um einen Charakter mit einem Ziel zu erschaffen. Im Zweifelsfall gilt es dann eben, das Ziel gleich mit zu erschaffen.

Die Handlung ist bei uns auf 10 - 12 Sitzungen angedacht. Was dann kommt und wo wir dann sind, weiß aber niemand.

Und was sind "konkretere Charaktere"?

@ Bad Horse:

Genau so sind heute auch ein paar Spieler vorgegangen.
« Letzte Änderung: 30.06.2015 | 00:45 von Chiarina »
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Offline Lord Verminaard

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Hm der Link muss mir entgangen sein, vielleicht in einem anderen Thread?

Es ist vielleicht auch eine Typfrage, aber ich hasse es wie die Pest, einen Charakter im luftleeren Raum zu erschaffen, gerade in einem auf Story/Drama angelegten System (was FATE natürlich nicht zwangsläufig sein muss, aber es wird ja doch von den meisten so verstanden/gespielt). Unter konkret/zielgerichtet verstehe ich eben das, was ich gesagt habe: Ziele, Konfliktpotential, interessante Themen, Berührungspunkte mit anderen Charakteren. Das alles kann ich viel, viel einfacher entwickeln, wenn ich schon so ungefähr weiß, was die Ausgangssituation ist und wo die Reise, ganz grob, hingehen soll.

Also für mich kommt die Frage "wo sind wir und was haben wir vor" als erstes, und dann kommt "wer sind wir". Mir ist schon klar, dass das üblicherweise andersherum gehandhabt wird und meiner bescheidenen Meinung nach ist das ineffizient und wird nur aus Gewohnheit so gemacht. Bei klassisch D&D-eskem Spiel ist das ja in Ordnung, da sind andere Dinge wichtig (nämlich dass die Charaktere sich von ihren Fähigkeiten her ergänzen), und dann ist so eine allgemein gehaltene Vorgeschichte, wie du sie beschreibst, auch genau richtig. Für solches Spiel willst du ja gar keine konkreten Ziele und Konfliktpotentiale, sondern du willst eine Gruppe von Abenteurern, die deinen nächsten Auftrag annehmen, ohne lange drüber nachzudenken. Und genau deswegen vermute ich einen Zusammenhang: Die Spieler wissen noch nicht, wo du hin willst, deswegen halten sie ihre Charaktere erst einmal so allgemein, dass sie sich überall mit hinnehmen lassen. Die andere Alternative wäre, dass jeder ganz konkret wird, aber dann hast du ggf. das Problem, dass jeder in eine andere Richtung losgaloppiert. Genau das meine ich mit ineffizient. Oder einer gibt die Richtung vor und die anderen klinken sich ein, das ist noch die beste Variante, aber ich kenne das auch von mir selbst, dass ich dann nicht derjenige sein will, der allen anderen mehr oder weniger aufnötigt, in welche Richtung es geht. Deswegen bin ich dankbar, wenn ein SL klare Ansagen macht. Ich halte es für ein großes Missverständnis der Indie-/Play-Empowerment-Ära, dass ein SL solche Ansagen nicht machen sollte.
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Offline Chiarina

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Zitat von: Lord Verminaard
Die andere Alternative wäre, dass jeder ganz konkret wird, aber dann hast du ggf. das Problem, dass jeder in eine andere Richtung losgaloppiert.

So in etwa stellt sich Fate Core das vor. Damit eben nicht jeder in eine andere Richtung galoppiert werden die Charaktere gemeinsam erstellt und man nimmt auch Einfluss auf die Vergangenheit der anderen Charaktere.

Den Link zu unserem Setting findest du hier im Strang in Antwort 4.
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Offline Chruschtschow

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Ich halte es für ein großes Missverständnis der Indie-/Play-Empowerment-Ära, dass ein SL solche Ansagen nicht machen sollte.

Das ist ja nun auch Gift für eine kohäsive Gruppe, wenn keine Absprache existiert. Allerdings muss nicht der Spielleiter die Ansage machen. Das kann auch die Gruppe gemeinsam tun. Dafür gibt es doch das Weltenerschaffungssystem in Fate Core oder noch ein bisschen detaillierter mit A Spark in Fate Core. Das ist das Genre. Hier sind Gestalten und Orte, die für die Handlung interessant sein könnten. Damit ist dann meistens recht klar umrissen, welche Charaktere sinnvoll sind und welche nicht. Wenn ich Britannien gegen die Sachsen verteidigen will, dann sind vielleicht Fafhrd und der graue Mausling nur bedingt geeignet. Spielt das Oberhaupt der Diebesgilde von Lankhmar eine Rolle, ist ein Artusverschnitt vielleicht eine schlechte Wahl.

Und nach meinem Verständnis muss sich auch jeder Spieler die Frage gefallen lassen, warum die anderen SC denn mit seinem etwas zusammen machen wollen. Gibt es keine sinnvolle Antwort, dann muss der eine noch mal ran. Ich hasse diese völlig disfunktionalen Idioten-SC, die sich manche Leute aus Gründen des ach so tollen Rollenspiels bauen, um dann nur rum zu trollen. Mein Verständnis von einem guten Spielerlebnis sieht anders aus. Glücklicherweise habe ich die in den letzten Jahren nur sehr sehr selten gesehen.
« Letzte Änderung: 30.06.2015 | 10:03 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Ucalegon

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Mir wäre das auch nicht konkret genug. Wenn ich mir die Beispiele für Phasenbeschreibungen aus FC (S.45) so anschaue, sind die zwar nicht viel umfangreicher, aber deutlich konkreter (mit Elementen wie "Scar triad", "Old Finn", "Tower of Unrest", "Dianan Sisterhood"). Solche Elemente kommen dann direkt auf deinen SL-Zettel oder werden auf einer Weltkarte vermerkt. Das ist ja alles Plot-Material, oder nicht?

Außerdem finde ich die Beschreibung, die du zitierst ein bisschen wenig abenteuerlich. Euer Setting klingt gar nicht so.

Offline Chiarina

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Das war nur ein Beispiel. Ich hatte keine Charakterhintergrundgeschichte der Spieler vorliegen, als ich den Strang eröffnet hatte und irgendetwas geschrieben, was so ähnlich war, wie das, was mir der ein oder andere Spieler vorgelegt hatte.

Trotzdem stimmt es, was du, Ucalegon, schreibst: Ich war auch nicht so ganz glücklich. Das ist ja der Grund, warum ich den Strang hier eröffnet habe. Nach unserer gestrigen Charaktererschaffungsrunde ist es besser geworden, wenn auch noch nicht super. Man muss sagen, dass sich meine Spieler da relativ schwer tun.

Jedenfalls finde ich es wirklich gut, dass Fate Core die Möglichkeit bereithält, hinterher auf einfachste Art und Weise irgendwelche Charakterelemente nochmal abzuändern. Ich nehme an, das werden wir in einigen Fällen brauchen.
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Offline Chruschtschow

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Wir haben gestern Abend SC für ein Mystery-Spionage-Setting mit Geistern und Parawissenschaften in Berlin '81 gebaut. Für meinen Charakter Dr. Heribert Schollenrieder lautet das erste Abenteuer wie folgt:

Zitat
Dr. Schollenrieders bisheriges "Bravourstück" war die Beschwörung eines Ahnengeistes in einen frischen Leichnam hinein mitten im Laborteil des Hauptquartiers. Immerhin steckte der Körper - zu Beginn - in einem Kaloriemeter, weshalb die Abkühlung bei Paraereignissen auf den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zurückgeführt werden konnte...

Ein Zombie in der Geheimdienstzentrale. Da steppt der Bär, da brennt die Luft. Dieses Fragment einer Geschichte zeigt, dass Schollenrieder als Euphorischer Parahistoriker - mein Kernkonzept - Geisterbeschwörungen gegenüber durchaus offen ist, dabei wenig zimperlich und nur bedingt vorsichtig an die Sache ran geht. Ich habe also den Aspekt Wahre Wissenschaft kennt keine Tabus und die Nummer zieht unseren Paraphysiker mit in die Geschichte rein. Ich habe beschworen, der hat gemessen. Da fehlt mir noch der zweite Teilnehmer. Wahrscheinlich hat unser "Tatortreiniger" die Sauerei beendet.

Weniger Vorgeschichte, mehr Aktion. Wo Schollenrieder studiert hat und ob er seine Oma lieb hatte, überlege ich mir, wenn ich es brauche.
« Letzte Änderung: 30.06.2015 | 11:02 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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