Autor Thema: Christlich-nahöstliche Heiratsbräuche des Mittelalters  (Gelesen 739 mal)

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Pyromancer

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Setting: Quasi-historische Erde (Ars Magica), um 1200.

Ein junger Mann, chaldäischer Christ aus der Gegend irgendwo zwischen Akkon und Damaskus, hat es in den Wirren des 3. Kreuzzuges an den Bodensee verschlagen, wo er demnächst eine Einheimische zu heiraten gedenkt. Was könnte er denn an fremdartigen Heirats- oder Vor-Heirats-Bräuchen mitgebracht haben?

Offline Chiarina

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Re: Christlich-nahöstliche Heiratsbräuche des Mittelalters
« Antwort #1 am: 30.10.2015 | 19:04 »
Das ist alles andere als mein Spezialgebiet, aber ich versuch´s mal.

Chaldäische Christen sind die, die sich beim Konzil von Ephesus von der römischen und von der orthodoxen Kirche abgespalten haben, nicht wahr? Irgendwie gibt es da einen Unterschied in der Auffassung, ob man die Bibel allegorisch (Platon) oder rationalistisch (Aristoteles) auslegen soll. Es gab eine Menge Streit.

Das Quellenbuch für die Region, von der du sprichst, ist "Blood & Sand", allerdings ist das ein Quellenbuch der 4. Edition.

In diesem Quellenbuch finden sich 8 Splittergruppen von Christen aufgelistet, Chaldäer werden allerdings nicht genannt. Möglicherweise laufen sie hier aber unter einem anderen Namen, wer weiß das schon so genau. Hier die 8 Gruppierungen:
- Melkiten (griechisch orthodoxe)
- Jakobiten (syrisch orthodoxe)
- Kopten
- die äthiopische Kirche
- Armenier
- Georgier
- die Ostkirche (Nestorianer)
- Maroniten

Am spannendsten hinsichtlich deiner Angaben und dem, was man aus Wikipedia entnehmen kann, dürften die Melkiten und die Maroniten sein. Ich übersetze dir kurz, was sich im Quellenbuch zu ihnen findet:
"Melkiten (griechisch orthodox): 451 berief der Herrscher von Konstantinopel ein großes Konzil in Chalcedon ein, auf dem betont wurde, dass der christliche Glaube von einem Christus ausgeht, der zweierlei Wesen besitzt: ein menschliches und ein göttliches in ein und derselben Person. Einige Kirchen lehnten diese Idee ab, die Melkiten hielten sich aber an die Weisung aus Konstantinopel. Solange Byzanz über die Levante Macht besaß, hatten die Melkiten dort eine führende Position inne. Von den Führern des Lateinischen Königreichs (den Kreuzfahrern in Konstantinopel) werden sie aber schwer unterdrückt. Trotzdem gibt es sie in der Levante noch immer. [...]
Maroniten: 681 erklärte ein weiteres Konzil in Konstantinopel etwas ganz ähnliches: Christus besitze zwei Sorten von Willen: einen göttlichen und einen menschlichen. Einige syrische Christen lehnten diese Doktrin ab und blieben in einem Schisma bis 1182, als sie sich mit der Lateinischen Kirche vereinigten. Sie führen ihre Abstammung auf einen Heiligen des 5. Jahrhunderts namens Maro zurück und werden daher Maroniten genannt." Desweiteren erfährt man noch, dass Maroniten Arabisch sprechen und nicht als Untertanen der Latinischer Herrscher in der Levante gelten. Sie können also nicht zum Militärdienst oder zu Abgaben gezwungen werden.

Zur griechisch-orthodoxen Kirche findet man genügend. Wenn aber die Maroniten als Vorbild gelten sollen, muss man sich mit weniger zufrieden geben. Ein bisschen gibt es aber, z. B. hier:
http://www.cremisan.de/cms/front_content.php?idart=510
Unter diesem Link gibt es einen Abschnitt mit dem Titel "Der syrisch-maronitische Ritus", in dem beschrieben wird, was bei den Maroniten im Gottesdienst ein bisschen anders ist, als bei den römischen oder orthodoxen Christen. Viel ist es nicht, spektakulär ist es auch nicht, aber vielleicht ein Ansatz:
- andere Gesänge
- andere Gebete
- vor dem "Sanctus" wird ein Friedensgebet gesprochen
- nach dem "Sanctus" wird ausdrücklich das Brot gebrochen (nicht nur an die Gemeinde ausgeteilt), der Kelch übergeben und es erfolgt eine "Mischung der Gestalten". Ich weiß nicht genau, was damit gemeint ist, aber: "Die Symbolhandlung stellt das Erlösungsgeschehen von Tod, Auferstehung und Verherrlichung Christi in heiligen Zeichen dar und macht bewusst, dass es der Leib und das Blut des lebendigen Herrn sind, die den Gläubigen in der Kommunion gereicht werden."
- beim Abendmahl wird der heilige Geist um "Überschattung" der Gaben gebeten

Der maronitische Ritus gilt als volksnah. Und was das angeht, kann man sich schon vorstellen, dass der Priester beim Abendmahl ein bisschen konkreter "Jesus spielt", als das bei den Katholiken der Fall ist. Ich würde in diese Richtung denken.

Ansonsten kommt in Kürze das Quellenbuch für Ägypten heraus. Das Inhaltsverzeichnis ist schon veröffentlicht: http://www.atlas-games.com/pdf_storage/AG0313_Contents.pdf. Dort gibt es einen Insert über Varieties of Christianity, den man vielleicht auch gebrauchen kann. Ich kaufe mir den Band sowieso und wenn ich noch etwas Interessantes entdecke, melde ich mich nochmal.
« Letzte Änderung: 30.10.2015 | 21:40 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Pyromancer

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Re: Christlich-nahöstliche Heiratsbräuche des Mittelalters
« Antwort #2 am: 1.11.2015 | 19:51 »
Danke! Die Christen, die ich meine, sind heute Chaldäisch-Katholische, die waren um 1200 aber noch abgespalten. Besonderes Merkmal ist, dass sie aramäisch reden, und nicht arabisch, und aramäisch auch die Liturgiesprache ist.

Für's Flair ist mir nur wichtig, dass der Mann keinen arabisch-muslimischen Hintergrund hat, auch wenn er aus dem Nahen Osten kommt. Die Bräuche sollten sich irgendwie zum Einbau in eine Rollenspiel-Session eignen und dürfen auch frei erfunden sein.  8)