So, nun habe ich es also auch mal nach Tanelorn geschafft.
Ich bin so um 1982-83 bei Midgard eingestiegen (Midgard 1, grüne Fassung, der gelbe zweite Band war noch nicht raus). Kennengelernt habe ich das Spiel zusammen mit Mitschülern auf einem Briefspiel-Con (GdC) bei Braunschweig. Abends wurden uns Charaktere grob zusammengeschustert ("Und für die restlichen Lernpunkte nimmst du jetzt noch eine Sprache." "Welche Sprache?" "Ist egal!"
). Das Abenteuer war, glaube ich, der "Palast der Silberprinzessin" und in meiner Erinnerung saßen fast 20 Spieler um die Tische rum. Und es war ein großartiges Erlebnis. Ich habe gleich mit einem kritischen Treffer mit der Wurfaxt gegen den Endgegner losgelegt. So wenig toll das Ganze wahrscheinlich in Wahrheit war, für mich war das eine Offenbarung: So was wollte ich spielen, das offene Spielkonzept passte zu mir wie die Faust aufs Auge.
Wieder zu Hause haben wir uns das Grundregelwerk gekauft und losgelegt. Ich hatte zuerst noch nicht mal einen W20 und wir haben alle mit dem selben Würfelset gespielt. Irgendwie muss ich finanziell ziemlich klamm gewesen sein oder ich war extrem geizig: Ich habe ursprünglich überlegt, ob es sich überhaupt lohnt, den zweiten Teilband von M1 zu kaufen. Und ich habe mir, um Midgard auch mit anderen Kumpels auf einer Wanderung zu spiele, einen W20 aus Gips gegossen. Wieder zurück habe ich dann zwei W10 und zwei W20 gekauft.
Midgard 2 war dann ein Quantensprung: All die verschiedenen Charakterklassen und die professionelle Aufmachung - super. Wir haben alle paar Wochenenden durchgespielt und kaum geschlafen. Die Abenteuer waren selbst ausgedacht und ebenso die Spielwelten, dank unserer Briefspiele (inzwischen WdG) hatten wir ja eine Menge Material und so lief es dann bis zum Ende des Zivildienstes. Notizen zu Abenteuern und Hintergründen füllten Aktenordner. Jeder Spielleiter hatte praktisch seine eigene Welt mit eingenen Figuren. Aus der Zeit stammen die Wölflinge, die schließlich in den letzten drei Gildenbriefen gelandet sind.
1988 ging es zum Studium nach Göttingen und ich dachte, das war es jetzt. Und irgendwie wollte ich auch aussteigen. Rollenspiel schien mir reichlich unerwachsen zu sein und ich meinte auch, dass ich in der Fremde keine Freunde dieses schrägen Hobbys mehr finden würde. Weit gefehlt: Schon in der Einführungswoche, ich glaube sogar am ersten Tag, verkündete ein Mitstudent (M) lang und breit, was er alles an P&P spielen würde. Ich ließ durchblicken, dass ich Midgard gespielt hätte und schon auf dem Weg zur Mensa hatte mich mein Kumpel in seine dann frisch gegründete Midgard-Runde gezogen. Im zweiten Semester kamen dann weitere Spieler dazu, mit denen ich bis heute etwa zweimal im Jahr für ein Wochenende spiele. Und ich habe mich als Illustrator versucht und Blindbewerbungen an ein paar Verlage, unter anderem auch die Frankes gesendet. Das hatte so viel Erfolg, dass ich fleißig weiterstudiert und was Ordentliches gelernt habe.
In Göttingen hatten wir wieder das Prinzip: ein SL, eine Welt, ein Set Charaktere. Wir spielten einmal pro Woche auf ausgedachten Welten, meist war M der Spielleiter, immer so für eine Zeit eines Dreivierteljahres. Drei von uns anderen wechselten sich zwischendurch ab. Ich habe eine Kampagne angefangen, die ich dann erst gegen 2010 abgeschlossen habe. M passte gerne Abenteuer anderer Systeme an, so dass wir die Greifenfurtkampagne von DSA (aber wohl locker nach den Romanen) und die alten Drachenlandabenteuer durchgespielt haben. Dazu kam noch eine Menge Drachenlanze. Und vieles ergab sich dann aus dem Spielgeschehen. Unter anderem wollten wir ewig lange die Welt vor einem schwarzen Drachen retten, den wir selbst freigelassen haben.
Zwischenzeitlich kam M3 raus und ein SL von uns spielte auch nach M3. Ich konnte mich für diese Edition nie erwärmen. Die Hefte sahen ätzend aus. Was man brauchte, war immer in einem anderen Heft und zumindest für den Tabellenanhang musste man immer noch mal ein zweites Heft aufschlagen. Wir haben insgesamt die Regeln für die Resistenzen übernommen und M hat die neuen Charakterklassen adaptiert. Ich hatte die Regeln nur in kopierter Form und habe sie mir im Orginal erst viel später der Vollständigkeit nach gekauft.
Nach Ende des Studiums spielten wir mit der Göttinger Gruppe zwei- bis dreimal im Jahr die Woche. Da Midgard 3 sowieso reichlich unbeliebt und der größte Teil der Gruppe ziemlich regelfest war, machte der Umstieg auf M4 und dessen gesteigerter Umfang gar keine Probleme. Schwierig wurde zusehends das Prinzip "Eine Welt - ein Spielleiter". Wenn nach vier Treffen ein Wechsel anstand, waren schnell mal zwei Jahre vergangen und man wusste kaum noch was über die Kampagne, die eigene, geschweige denn die anderen Figuren. Auch andere Absprachen gerieten in Vergessenheit.
Irgendwann schmissen wir alle Hausregeln über Bord, spielten den selben Abenteurer bei verschiedenen Spielleitern und wählten als Welt zum ersten mal MIDGARD aus. Statt auf verschiedenen Welten haben wir dann in verschiedenen Ecken der Welt gespielt. Ehrlich gesagt gefällt mir das weit weniger, als das Spiel auf selbst ausgedachten Welten. Etliches passt immer nicht, ab und zu wird nachgeblättert und es bleibt der Eindruck, dass man ein höheres Midgard-Diplom absoliert haben muss, sonst gibt es ständig Diskussionen mit Diplominhabern.
In den 2000er Jahren und nach zwei Umzügen wurde ich im Wendland sesshaft und über den Besitzer eines Spieleladens kam ich an eine Gruppe von Rollenspielern. Zuerst gab es noch viele Wechsel, aber seit fast 10 Jahren ist die Gruppe ziemlich stabil und trifft sich einmal in der Woche. Je nach SL spielen wir Midgard auf MIDGARD oder anderswo oder andere Systeme.
Ich halte mich als SL derzeit zurück und habe eine Zeit lang an einem Projekt gearbeitet, dem ich jetzt aber den Rücken gekehrt habe. Mit dem Material wollte ich dann mit M5 wieder eine Kampagne starten. Doch das ist jetzt erst mal auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die Göttinger Gruppe hat keine Lust auf M5 umzusteigen, dafür spielen wir auch zu sporadisch und der größte Teil hat auch nur die Gruppe. Bei der Gruppe hier vor Ort hat der anderen Midgad-SL auch kein Interesse am Umstieg. Also liegt es hier vor Ort an mir. Ich will mein erarbeitetes Material und noch allerhand anderes aus der Schublade auf eine neue Welt verpflanzen, bevor ich es dann als SL teste. Bis dahin schlage ich mich aber erst mal mit dem CC3-Programm herum, dass ein Schweinegeld gekostet hat, aber nicht macht, was ich will.
Neben Midgard gab es immer mal kleine Ausflüge zu Traveler, AD&D, DSA, MERS, Warhammer, Space 1889 und vor allem zu Shaddowrun. Oft auch nur One-Shots. Große Begeisterung hat das alles nicht ausgelöst. Ich bin mit Midgard aufgewachsen, es hat mit alles geboten, was ich haben wollte und brauchen konnte. Den Rest hatte ich mir passend gemacht. Und Regeln sind für mich eh nur ein Mittel, um meinen Spaß zu haben. Die Einarbeitung ist mir ein Ärgernis.