Autor Thema: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?  (Gelesen 4207 mal)

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Offline Runenstahl

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #25 am: 4.04.2016 | 23:57 »
Das sind Beispiele. Hängt euch da nicht dran auf. Beide Seiten können solange miteinander reden bis beide Seiten einverstanden sind. Oder auch nicht. Dann macht man auch keinen Wurf weil eine der beiden Parteien die Sache komplett abblockt. Der Punkt sind nicht die in den Beispielen genannten Konsequenzen sondern eher DAS so ein Wurf in jedem Fall Konsequenzen hat.

Im Normalfall ist das "Ich handel mal den Händler runter" bei vielen Spielern nämlich ein "Wenn ichs schaffe kaufe ich es billig, wenn nicht suche ich einen anderen Händler bei dem das klappt." Sprich: Entweder es gelingt oder es hat keinen Nachteil bzw der Spieler bekommt automatisch "rerolls" in Höhe der Händler in der Stadt. Das ist mMn recht langweilig. Worauf man sich in der Praxis letztlich einigt ist dann Sache der Beteiligten.
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NARF!

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #26 am: 5.04.2016 | 00:58 »
FAKT in obigem Beispiel ist doch: Die Würfel sind gefallen. Zu Gunsten des SL /des NSCs  bzw. zu Ungunsten des Spielercharakters. Und jetzt sagt der Spieler oder die Spielerin: "Nö, ich will das aber nicht, dass mein Charakter verführt wird" oder: "Mein Charakter würde mit dem/der nie ins Bett steigen.." Tja aber: Die Würfel sagen etwas anderes bzw. sprechen eine andere Sprache.

Deswegen hab ich persönlich Probleme mit Systemen, die komplexe Mechanismen wie soziale Interaktionen versuchen durch vereinfachte Würfel abzuhandeln. "Ich habe einen Erfolg auf meinen "Verführen" Wurf und deswegen steigt die jetzt mit mir ins Bett" ist auf so vielen Ebenen problematisch, vor allem aber weil es den Handlungsspielraum verkürzt und die zugrunde liegenden Bedingungen völlig entstellt. So funktionierts halt einfach nicht, ganz gleich wie gerne einige Spieler das wohl gerne hätten.

Nehmen wir mal an, wir regeln "verführen" nur über einen Wurf. Damit lassen wir erstmal außer Acht, dass neben dem möglicherweise für den Wurf relevanten Attribut "Charisma" oder so auch noch unter anderem folgende Dinge eine elementare Rolle spielen:
- Chemie zwischen den beteiligten Charakteren
- Eventuelle Vorgeschichten
- Situation und Stimmung beider Beteiligten
- Typ-Präferenzen
- Sozialer Kontext, eventuelle soziale Zwänge, unterschiedliche Stellung in der Gesellschaft etc.

Die könnte man jetzt, theoretisch, durch eine erhöhte Schwierigkeit beim Wurf, bzw. durch Boni und Mali abdecken. Wenn man das dann auch noch konsequent macht, dürfte jeder "Verführen"-Wurf, der keinen bekannten NSC trifft, der den Verführenden attraktiv findet, in der Stimmung und in der Lage ist, exorbitant unmöglich sein. Was ja nicht unbedingt unrealistisch ist.

Berücksichtigt man das alles nicht, übergeht man zusätzlich - wenn man "kalt" anfängt, also "ich geh mal zu der rüber und verführ die *würfel* geschafft!" - noch dazu ungefähr ein Dutzend dazwischen liegende Schritte der Interaktion. Und selbst die vereinfachte Auflistung von "Kennenlernen, Reden, Komplimente machen, Umwerben etc." führt dann, außer in Pornos, nicht einfach zu "Schnitt, Poppen!". Und was man auch immer spielt, das Niveau-Label "Porno" schreibt sich erfahrungsgemäß dann doch keine Gruppe gerne auf die eigene Runde.

"Mein "Verführen"-Wurf ist erfolgreich, deswegen steigst du jetzt mit meinem Charakter ins Bett" ist also in ungefähr so praktikabel und sinnvoll wie "Mein "Überzeugen"-Wurf ist erfolgreich, deswegen ernennt mich der amtierende König zum neuen Herrscher und baut mir ein Traumschloss." - und ich kenne sehr wenige Runden die Letzteres zulassen, weil die Würfel das nunmal sagen. Auch da würde man sofort "Kontext!" rufen und argumentieren, dass - bis der Herrscher sich DARAUF einlässt - ne ganze Menge mehr passieren muss.

Tja, das muss es eben in aller Regel auch, bevor es zu Sex (mit Fremden / Unwilligen) kommt.

Deswegen gehen einige Systeme, die das meiner Meinung nach etwas besser handeln, auch von erweiterten und teilweise konkurrierenden Würfeln aus, wo erstens beide Parteien potentielles Mitspracherecht genießen, höhere Wahrscheinlichkeiten sind zu scheitern oder zu unterbrechen und ein etwas realistischer Schlagrahmen vereinbart wird.


Und als persönliche Note: abgesehen davon genießen auch bei mir Spieler Hoheitrecht, was solche Dinge angeht. Den Charakteren passiert nicht einfach was, worauf die als Spieler keinerlei Einfluss haben. Und wenn dann auch noch expliziter Unwille oder sogar Unbehagen im Bezug auf eine Spielsituation zum Ausdruck gebracht wird is sowieso Feierabend.
« Letzte Änderung: 5.04.2016 | 01:03 von NARF! »

Offline D. M_Athair

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #27 am: 5.04.2016 | 05:00 »
NPCs, die den Spielern die Macht über ihr Charakterspiel nehmen setze ich auch grundsätzlich nicht ein [...]
Das ist eine Frage, die ich - spätestens wenn es zum ersten Mal relevant wird - mit der Runde kläre.
Wenn ich SL bin, dann ist allerdings gesetzt: SC und NSC werden grundsätzlich gleich behandelt.

Da die Spieler mit ihren SC i.d.R. gern Einfluss auf die NSC nehmen und ich (nicht nur als SL) zu der Meinung gelangt bin, dass die Hoheit der Spieler über ihre SC und die des SL über die NSC das Spiel um interessante Facetten braubt, fällt der Kontrakt meist recht differenziert auf. Heißt: Es gibt i.d.R. nicht "die eine Würfelprobe".


... wenn trotzdem irgendwas in die falsche Richtung laufen sollte:
Ich bin jederzeit gewillt den Spielfluss zu unterbrechen. Störungen haben vorrang. Und dabei ist es egal, ob es sich um dieses Thema oder eine einfache Regelfrage geht. (Und dennoch wird sich auch hier ein Konsens einstellen, was unterbrechungswürdig ist und was nicht.)
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Offline Turning Wheel

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #28 am: 5.04.2016 | 06:02 »
Wenn ich SL bin, dann ist allerdings gesetzt: SC und NSC werden grundsätzlich gleich behandelt.

Könntest du erklären, warum du das prinzipiell so machst. Aus welchem Grund ist es für dich wichtig, dass SC keine
speziellen Naturgesetze haben. Ist es nur das Streben nach Realismus oder stecken noch andere Gründe dahinter?

Offline Hector

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #29 am: 5.04.2016 | 06:53 »
Zunächst einmal: Wenn das benutzte System Fertigkeiten oder Talente wie Verführen oder Überreden enthält, ist es immer noch die Entscheidung des Spielleiters, ob er sie überhaupt gegen seine Mitspieler einsetzen möchte.

Da stellt sich mir die Frage: Warum möchte ein Spielleiter denn überhaupt z.B. einen Nichtspielercharakter den Charakter einer Spielerin oder eines Spielers verführen lassen? Und zwar (selbst schon am eigenen Leibe erlebt) auch gegen den Willen des Betroffenen? Sicherlich kann man sagen: "Tja, in den Regeln steht, mit der Fertigkeit Verführen geht so etwas, und die Würfel haben gesprochen!" Aber die Regeln sagen sicherlich nicht, dass ein SL gezwungen ist, solche Sachen gegen seine Spieler/innen einzusetzen.

Ich für meinen Teil finde es für SL unangemessen, Regelmechanismen einzusetzen, um den Spielern die Handlungshoheit über ihre Charaktere zu nehmen, seien es nun Fertigkeiten, Talente oder Zauber. So etwas kann Teil eines speziell darauf abgestimmten Szenarios sein, aber dann sollte es vorher mit allen Beteiligten abgesprochen sein. Anderenfalls würde es nämlich den für mich wichtigsten Grundpfeiler des Rollenspiels zersägen:

Wir bauen uns eine Geschichte so wie wir es wollen!

Das ist doch der Satz, den man immer wieder liest oder hört, wenn es darum geht, Nichtrollenspielern zu erklären, was Rollenspiel eigentlich ist. Nicht: "Einer denkt sich was aus und wir müssen machen, was er und die Würfel sagen." Denn wenn der SL eine Probe für soziale Fertigkeiten gegen einen Spieler verlangt, dann hat er bestimmte Vorstellungen von den Konsequenzen und drückt dem Betroffenen seinen Spielstil auf. Er entmachtet ihn und entwertet seine Charakterhoheit. Finde ich unangemessen. Und es stellt sich mir auch die Frage, warum ein SL so etwas will. Macht ausüben? Im Extremfall sogar auf sexueller Ebene Macht ausüben? Wenn ich noch einmal in die Situation komme, in der mir ein SL erklärt, dass ich Sex mit irgendeiner komischen Vettel haben müsse, die mich unter einen Zauberbann gestellt habe, dann stehe ich auf und gehe. Und sage ihm vorher, dass er sich seine Vergewaltigungsphantasien in seinen Allerwertesten schieben kann.

Für meine Runden gilt: Es gibt keinen Einsatz von verhaltensbestimmenden Fertigkeiten, Talenten oder Zaubern gegen die Spieler. Sollte ein Kaufszenario so etwas vorsehen, dann suche ich einen anderen Weg oder spreche das vorher ab. Und ganz klar können auch Spielercharaktere bei meinen Runden keine entsprechenden Fertigkeiten etc. gegeneinander einsetzen. Jeder spielt seinen Charakter und jeder entscheidet über die Handlungen seines Charakters selbst. Ansonsten kann ich es mit dem Rollenspiel auch lassen und einen Film gucken oder Descent spielen.
« Letzte Änderung: 5.04.2016 | 07:02 von Großkomtur »
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Samael

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #30 am: 5.04.2016 | 06:58 »
Aha. Und was mit dem SL & seinen NSCs und deren freien Willen? Überspitzt formuliert sagst du: SCs dürfen NSCs mißbrauchen-andersrum nicht. Interessant.
weil?

Die Regeln sind da um den Einfluss der SC auf ihre Umwelt festzulegen, wann immer das im Spielfluss sinnvoll ist. NSC sind Teil dieser Umwelt. Ich erwähnte ja, dass gewisse NSC in gewissen Situationen gegen gewisse Einflussnahme immun sein können (SL Entscheid).

Magische Einflussnahme ist aussen vor, weil sie keinen Eingriff in die freien Willensentscheidungen des SC, d. h. des Spielers darstellen und so dessen auf dessen einzige "Domäne" nicht übergreifen.

Nota bene: Ich behaupte nicht, dass man es so machen muss, aber wir machen es so und haben gute Erfahrungen damit gemacht.

Offline Irian

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #31 am: 5.04.2016 | 07:00 »
Spielleiter: Der schmierige Typ will deinen Char verführen.

Ich stelle mir das gerade real vor... Eine Bar, ein attraktiver Kerl und ein schmieriger Typ, der versucht, ersteren zu "verführen" (anbaggern, angraben, etc.). Wenn wir annehmen, dass der attraktive Kerl nicht auf "schmierige Typen" steht, wird dann die "Verführen"-Aktion überhaupt durchgezogen? Kaum, die Chance ist groß, dass, bevor das lange dauert, er ein "Verschwinde!" zu hören bekommt. Verführen ist ja keine kurze Aktion, die mit 1-2 Sätzen abgedeckt ist, sondern dauert eine Weile - länger, wenn die Anfangsbedingungen schlecht sind. Und selbst wenn er mehr sagen kann, wenn die Zielperson nur mit den Augen rollt und sich denkt, was der schleimige Typ sich einbildet, kommt das nichtmal als "verführerisch" an, sondern maximal als Belästigung.

Dementsprechend würde ich da, je nach erster Reaktion, Einstellung, etc. der Zielperson nichtmal würfeln (oder in der umgekehrten Situation einen Wurf erlauben), einfach weil die Ausgangsbedingungen halt keinen Erfolg erlauben - irgendwelche Extremsituationen (der schmierige Typ hat genau die Pokemon-Sammelkarte, die der attraktive Kerl schon seit Jahren sucht oder sowas) mal außen vor. 

Genauso eben in anderen Fällen: Manchmal ist der beste Effekt, den man erzielen kann, eben keine Verführung, sondern nur, dass die Abfuhr nicht zu extrem oder die Zielperson nicht beleidigt wird. Aber das ist doch überall so. Wenn ich mit einem Schwert einen Berg angreife, erwarte ich ja auch nicht, dass der Berg umfällt. Wenn jemand mit einem Zahnstocher einen Drachen angreift (nicht-overpower-Fantasy vorausgesetzt) lautet das Ergebnis "Snack für Drache", egal was du würfelst. Wenn jemand versucht, ein (Stein-)Haus zu tragen, kann er meinetwegen auf plus ne Million würfeln und das Haus bleibt trotzdem dort wo es ist...

Und ja, für mich halt der Spielspaß innerhalb der Gruppe Vorrang, d.h. wenn ein Spieler nicht will, dass sein Charakter verführt wird, ist das eben so. Sowas sollte auch vorher abgesprochen werden, damit die Grenzen klar sind und sich keiner unwohl fühlt.
Hinweis: Nein, ich will dir nicht verbieten, X, Y oder Z in deinem Rollenspiel zu tun. Nein, ich habe dich keinen Rassisten genannt. Ja, du darfst X, Y oder Z auch weiterhin tun (außer es ist illegal, dann ist es aber auch nicht mein Problem). Wenn du denkst, es gibt eine einflussreiche oder auch nur mäßig große Gruppe hier im Forum oder in der dt. Szene, die dir dein Rollenspiel verbieten will, liegst du sehr wahrscheinlich falsch, insb. weil es idR keinen interessiert, was du so tust.

Offline Sir Markfest

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #32 am: 5.04.2016 | 08:00 »
Das "Song of Ice & Fire RPG" hat ja ein recht ausführliches "Intrigen"-System. Das beinhaltet alle möglichen sozialen Konflikte, vom Handeln bis zum Verführen.
Auch wenn das System kompliziert ist, es zeigt recht gut, dass mehrere Schritte nötig sind um ein Ziel zu erreichen (praktisch so wie ein Kampf, der ja auch nicht durch einen einzelnen Würfelwurf entschieden wird.
Aber bei den sozialen Konflikten gilt hier ein recht wichtiger Satz:
Beide Beteiligten müssen sich auf einen sozialen Konflikt einlassen.
Das heißt, wenn sich jemand nicht verführen lassen will, wird nicht gewürfelt. War halt nichts, der Verführungsversuch.
Lassen sich beide darauf ein, dann müssen sie auch mit den Würfelergebnissen leben.
So auf die Art handhabe ich es auch in anderen Systemen: vorher abklären, ob beide Beteiligte es wollen.

Offline D. M_Athair

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #33 am: 5.04.2016 | 08:24 »
Könntest du erklären, warum du das prinzipiell so machst. Aus welchem Grund ist es für dich wichtig, dass SC keine
speziellen Naturgesetze haben. Ist es nur das Streben nach Realismus oder stecken noch andere Gründe dahinter?
Gerne.

1) Die Spielwelt ist für mich mehr als eine bloße Bühne für die SC. NSC haben ein Eigenleben und einen Eigenwert.

2) Damit verbunden ist, dass die Wirkung von "Überreden" & Co. keine Einbahnstraße sein soll. Wenn die Spieler(innen) einen gewissen Schutz für ihre SC haben wollen, dann gilt das auch für die NSC. Natürlich bedeutet das für die SC weniger Einflussmöglichkeiten. Andererseits können die Spieler(innen) auch auf gewisse Immunitäten für ihre SC verzichten, was dann auch für die NSC gilt. Das ist was mir eigentlich lieber. Dadurch ensteht eine höhere Dynamik im Spiel. "Unbewusstes", "Einflussnahme" usw. können ins Spiel kommen und das Spiel bereichern. Was ich nicht möchte ist, dass NSC zu Gunsten von SC "verheizt" werden.

3) Spotlightmanagement & gemeinsame Spiel- und Weltgestaltung. Dass die Spieler(innen) sich darum Gedanken machen, ist mir wichtig. Der Spielprozess soll möglichst gemeinsam gesteuert werden. Wenn die SC per definitionem die "Helden der Geschichte" sind, besteht für die Spieler(innen) dafür jedoch keine Veranlassung das auch zu tun.

... "Realismus" spielt eine gewisse Rolle. Ich würde aber dennoch behaupten, dass meine Freiform-Erfahrungen und die Erlebnisse vom Spiel ohne Sicherheitsnetz die größere Bedeutung zukommt. Entsprechend ist "Handlungshoheit", "Ausgestaltung von Abenteuergelegenheiten zu einer Geschichte" und z.T. auch "Pacing" etwas, das für mich eine zentrale Aufgabe der Gruppe als Ganzes ist. Eine strikte Trennung zwischen der Deutungshoheit über SC einerseits und gespielter Umgebung andererseits (NSC, Welt) läd zu Ego-Trips, kontextarmem und wenig überraschendem Spiel (mit dem Faktor Zufall) ein. Das alles beschädigt für mich das, was mir am Rollenspielerlebnis zentral wichtig ist.

Anderenfalls würde es nämlich den für mich wichtigsten Grundpfeiler des Rollenspiels zersägen:

Wir bauen uns eine Geschichte so wie wir es wollen!
Das beschreibt ganz gut, was ich NICHT! will.
Ich finde diese Art von Kronstruktion mühsam und eher langweilig.

Ich will die "Zauberferne" explorieren, assoziativ Situationen zusammenfügen und am Schluss auf eine coole Geschichte mit organischen Höhe- und Wendepunkten zurückblicken können. (Wenn man so will ist das eine Weiterführung des "Schulen-Streits" bei der Charaktergenerierung - Punktekauf vs. Zufallserschaffung/Lifepath - übertragen aufs ganze Spiel.)


... wobei diese Präferenzen nicht ausschließen, dass NSC in Gruppen zusammengefasst werden oder, dass es keine speziellen NSC-Regeln gibt.
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Online nobody@home

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #34 am: 5.04.2016 | 08:46 »
Soweit's mich als Spieler betrifft, bin ich erst einmal schon damit einverstanden, daß jemand anders meinen Charakter "manipuliert". Mein Charakter ist ja nicht ich, hat auch wahrscheinlich nicht die Superwillenskraft und den alles durchschauenden Intellekt, der ihn in der Spielwelt mehr oder weniger "immun" machen würde, und letztendlich gehört das für mich eben auch in den Bereich "Rollenspiel" -- was, wenn mein Charakter tatsächlich mal einer Versuchung nachgibt oder anderweitig einknickt?

Natürlich hat das auf der anderen Seite auch Grenzen. Einfach nur aus Jux und Dollerei durch den Kakao gezogen zu werden, ist nicht gerade meine Vortellung von Spielspaß, von eventuellen ernsteren "okay, das will ich eigentlich im Spiel nicht haben"-Auslösern ganz zu schweigen. Aber solange das Spiel tatsächlich dadurch interessanter wird, daß an meinem Charakter eben nicht automatisch gleich alles abprallt? Klar, her damit.

Offline LushWoods

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #35 am: 5.04.2016 | 09:02 »
Meinen speziellen Falls was das anbelangt hab ich drüben ja schon beschrieben.
Generell ist diese "Geistesbeeinflussungsthematik" schwierig, egal ob jetzt erotischer Natur oder nicht.
Manche Spieler fühlen sich OK damit das die Würfel das bestimmen, manche reagieren allergisch wen nsie so in ihrer Entscheidungsfreiheit beschnitten werden.
Was die erotische Subproblematik angeht, bin ich einmal auf die Schnauze gefallen (s. meinen Beitrag) und seitdem sehr vorsichtig damit. So was muss am besten bei Spielbeginn geklärt werden und dann nochmal bei der entsprechenden Situation angesprochen werden.
Dann sind auch Vergewaltigungsszenarien meiner Meinung nach in Ordnung. Alles solange es im Konsens passiert.
Horrorsettings- und Abenteuer leben halt nunmal z.B. von heiklen Themen. Das sollte jedem vorher klar sein. Nochmal: Vorher klar sein.

Was diese generelle Einflussnahme angeht hab ich kein Patentrezept.
Das ist absolut Gruppen-abhängig. Da gibt es auch keine allgemeine Lösung, denke ich.

Offline Jens

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #36 am: 5.04.2016 | 10:36 »
Was diese generelle Einflussnahme angeht hab ich kein Patentrezept.
Das ist absolut Gruppen-abhängig. Da gibt es auch keine allgemeine Lösung, denke ich.
Es kommt halt aufs System und die Mitspieler an. "Wir spielen DSA, aber bei Liturgien und Zaubern wie dem heiligen Befehl, dem Imperavi oder Levthans Feuer habt ihr immer noch mal die Möglichkeit, euch da rauszuwinden."

Generell lasse ich solche Hintertüren eigentlich immer zu (meist aber nur für SCe) aber ich spreche es zu selten deutlich aus...

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #37 am: 5.04.2016 | 11:23 »
Ich hab in dieser Hinsicht mit zweierlei ganz gute Erfahrungen gemacht

a) Zwar können auch NSC soziale Würfe gegen SC machen, aber ohne direkte harte Auswirkungen, sondern so, dass man halt dann ein bisschen beschreibt was der so tut, andeutet welche Wirkung das tendentiell hat und die Details dann dem Spieler des SC überlässt und das umzusetzen. Also weniger Verführenwurf - geklappt - Poppen sondern mehr so: Verführenwurf - geklappt - der Kerl flirtet dich an, und hübsch isser ja, und dann fragt er, ob er dich auf einen Wein einladen kann, da könnte man glatt in Versuchung geraten
Oder: Widerstand gegen Feenglamour - klappt nicht - Ja, durch ihren Glamour erscheint dir die Fee sehr nett und eher unschuldig. Du kannst dir kaum vorstellen, dass sie etwas mit den berichteten Missetaten zu tun hat...

Und das setzen die Spieler dann oft auch gut um, aber gleichzeitig haben sie noch eine gewisse gestalterische Freiheit und wenn's halt garnicht passt, können sie immernoch den Charmeur rüde zurückweisen oder das Feenmeucheln insgeheim einem weniger beeinflussten Kameraden überlassen, während sie "gerade nicht hinsehen" o.ä.

b) In den Regeln verankern, dass man sich gegen "Würfelwillkür" wehren kann. Ich hab etwa ein System, wo man Gummipunkte einsetzen kann um derartigen mentalen oder sozialen Einflüssen automatisch und umfassend zu widerstehen. Und wenn man da wert drauf legt, ist das auch kein Problem die nötigen Punkte zur Hand zu haben.

Was ich halt schwierig finde, ist wenn man nach Regeln spielt, die eine Manipulation der SC voll vorsehen, man das dann aber nicht so handhabt, die Regelabweichende Handhabe aber nicht so richtig deutlich macht. Ich denke halt Hausregeln oder derartige Handhabungen sollten deutlich gemacht werden, am besten auch mit einer bindenden Formulierung und zum nachlesen.
Ich meine, man stelle sich den Spieler bei DSA vor, der garnicht kontrolliert werden möchte und deswegen bei seinem Char Magieresistenz und Selbstbeherrschung und was es da so gibt in absurde Höhen steigert, nur um dann festzustellen, dass auch der abergläubische Thorwaler mit negativer MR eine gute Chance bekommt, sich irgendwie aus dem Zauberzwang zu befreien oder ihn schon vorab abzuwehren. Der denkt sich dann möglicherweise auch: "3000 AP für nix verblasen, wie schön" und fühlt sich benachteiligt. Da wär ihm halt schon geholfen, wenn er das gleich gewusst hätte.
Noch schlimmer ist freilich eine inkonsistente Handhabung, so a la heute hat der SL gute Laune und du kannst dich dem Imperavi entwinden, dann hat er Streß mit der seiner Freundin und die Hexe verflucht aufgrund einer Jähzornprobe die halbe Gruppe (gegen den Willen der Spielerin der Hexe).

Was aber auch ganz gut ging, war die Handhabe bei Apocalypse World. Da hat man eigentlich immer die Wahl und kann zu nix gezwungen werden. Allerdings ist die Wahl häufig zwischen diversen ziemlich üblen Dingen. So nach dem Motto: Folge dem psychischen Zwang des Brainers - oder nehm x Schaden weil der Zwang dein Hirn weichkocht als du dich weigerst.
Wobei das halt bei wirklich starken Beeinflussungen so ist. Bei sozialer Interaktion geht das mehr in die Richtung: "Nimm einen Bonusxp wenn du tust, was er will"
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Offline LushWoods

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #38 am: 5.04.2016 | 11:36 »
So nach dem Motto: Folge dem psychischen Zwang des Brainers - oder nehm x Schaden weil der Zwang dein Hirn weichkocht als du dich weigerst.
Wobei das halt bei wirklich starken Beeinflussungen so ist. Bei sozialer Interaktion geht das mehr in die Richtung: "Nimm einen Bonusxp wenn du tust, was er will"

Das is eigentlich ein ziemlich cooler Ansatz.
Das muss ich mir merken.  :d

Offline Haukrinn

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #39 am: 5.04.2016 | 14:46 »
Beide Beteiligten müssen sich auf einen sozialen Konflikt einlassen.

Das ist der zentrale Punkt für mich. Wenn kein Konflikt da ist dann macht auch der Wurf keinen Sinn.

Davon ab bin ich bei sozialen Dingen ein großer Freund von schnöden Bestechungssystemen  8) wie Fate und ptba wenn es darum geht sich die Kontrolle über einen SC mal kurz "auszuleihen". Aber auch hier ist natürlich die Wheatonsche Regel zu beachten.
« Letzte Änderung: 5.04.2016 | 16:28 von Haukrinn »
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Offline Crimson King

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #40 am: 5.04.2016 | 15:15 »
Es ist meines Erachtens wichtig, klarzustellen, dass diese Regel technisch gesehen bei magischer Beeinflussung nicht wirlkich greift. DnD z.B. ist voll von Zaubern, mit denen man anderen vollkommen regulär seinen Willen aufzwingen kann. An der Stelle muss dann eben der Gruppenvertrag greifen, der klarstellt, dass derartige Magie niemals so angewendet werden kann, dass er gegen den Willen eines Mitspielers desson Komfortzone verletzt.
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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #41 am: 5.04.2016 | 16:06 »
[Forge]
Hier könnte ein Rückgriff auf ein Konzept der Forge interessant sein, das da heißt: Credibility (Glaubwürdigkeit). Rollenspiel ist ein Verhandlungsprozess darüber, was in der Fiktion passiert, und wenn du willst, dass dein Vorschlag aufgenommen wird, dann benötigst du dafür Credibility. Spielregeln können Credibility verleihen, wenn ich z.B. meinen Wahrnehmungswurf verkacke, erscheint es glaubwürdig, dass ich den Hinterhalt nicht bemerke… oder? Was ist, wenn ich das Lager mit Stolperdrähten oder Bewegungsmeldern gesichert habe? Dann erwarte ich von dir als SL, dass du einen plausiblen Grund dafür hast, warum die nicht ausgelöst wurden. Auch darüber können ggf. die Würfel entscheiden.

Die meisten Proben, zumindest außerhalb eines Kampfes, sind in Beurteilungsspielräume und Ermessensentscheidungen eingebettet. Ist es eine leichte, normale oder schwierige Probe? Was kann ich mit einer gelungenen Probe erreichen? Viele Regelwerke billigen dem Spielleiter hierüber die Entscheidungsgewalt zu, aber das entbindet den Spielleiter nicht davon, diese Entscheidungsgewalt so auszuüben, dass es dem Spielspaß der ganzen Gruppe dient und niemand unfair behandelt wird. Verletzt er diese Pflicht, so verliert er seine Credibility, und die Spieler können und sollten ihn auflaufen lassen.

Genau dieser Fall liegt in der beschriebenen Situation vor. Die Beurteilung (hier ist eine Verführen-Probe fällig) und das Ermessen (eine gelungene Probe bedeutet, der SC hat Sex mit dem NSC) sind unangemessen. Damit ist das Ergebnis der Probe irrelevant, sie vermag keine Credibility zu verleihen.
[/Forge]
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Wulfhelm

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #42 am: 6.04.2016 | 14:41 »
Um beim Eingangsbeispiel zu bleiben: Dem Erfolg eines Verführungsversuches können bei jedem Charakter (SC oder NSC) Faktoren, die in der jeweiligen Person gegründet sind, absolut entgegenstehen. Bei SC entscheidet - natürlich - der Spieler darüber, ob und welche das sind (nicht der Typ, kein Interesse, egal... braucht man auch gar nicht auszuführen) und darum wird auch nicht gewürfelt. Bei NSC entscheidet entweder der Spielleiter oder im Falle von nicht feststehenden oder unwägbaren Faktoren eben die Würfel. Und nur im letzten Fall wird dann eben auch eine Probe gewürfelt. Gegebenenfalls kann, wie angedeutet, auch bei feststehendem Mißerfolg des eigentlichen Verführungsversuchs gewürfelt werden, wie sanft oder grob die Reaktion ausfällt - auch wieder unter Maßgabe des oben Gesagten.

P.S.: Das ist übrigens ganz generell etwas, das ich so handhabe, aber viele Leute anders zu sehen scheinen. Die Würfel bei einer Fertigkeitsprobe zeigen nicht, wie gut der Charakter etwas kann, sondern ob die unwägbaren Faktoren in der konkreten Situation zu seinen Gunsten oder Ungunsten ausschlagen. Und wenn es keine unwägbaren Faktoren gibt, dann ist das Würfeln von vorneherein überflüssig.

Offline bobibob bobsen

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #43 am: 6.04.2016 | 15:19 »
Was mich immer wieder erstaunt ist das offensichtlich vom größt möglichem Übel ausgegangen wird (der SC wird zum Sex gezwungen). In einem Kampf mache ich doch auch keine Totschlagprobe und dann ist das Opfer hin.  Eine gelungen Verführen Probe würde bei mir bedeuten das man sich galant verhält, ein unterhaltsames Gespräch führt und eine Einladung zu einem später folgendem Essen ausspricht .

Die Vorstellung das eine gelungene Verführungsprobe zu direktem Sex auf dem Marktplatz führt finde ich befremdlich.

Luxferre

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #44 am: 6.04.2016 | 15:26 »
Was mich immer wieder erstaunt ist das offensichtlich vom größt möglichem Übel ausgegangen wird (der SC wird zum Sex gezwungen). In einem Kampf mache ich doch auch keine Totschlagprobe und dann ist das Opfer hin.  Eine gelungen Verführen Probe würde bei mir bedeuten das man sich galant verhält, ein unterhaltsames Gespräch führt und eine Einladung zu einem später folgendem Essen ausspricht .

Die Vorstellung das eine gelungene Verführungsprobe zu direktem Sex auf dem Marktplatz führt finde ich befremdlich.

Danke. So etwas Ähnliches wollte ich auch gerade formulieren.  :d

Ucalegon

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #45 am: 6.04.2016 | 15:37 »
Die Vorstellung das eine gelungene Verführungsprobe zu direktem Sex auf dem Marktplatz führt finde ich befremdlich.

Naja, da gibt es sogar ein entsprechendes Trope für: Instant Seduction oder im Zweifelsfall auch: Do you want to copulate?  ;)

Offline bobibob bobsen

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Re: Alea iacta est: Die Würfel entscheiden...oder doch nicht?
« Antwort #46 am: 6.04.2016 | 16:04 »
Na das hört sich ja mal an wie aus dem wahren (pupertierenden) Leben. ~;D