In dieser Tiefe ist das Wasser des Sees trüb, ein Schleier aus Algen und aufgewirbeltem Schlamm fängt sich im Schein des weißen Lichtes, das dein Zauber von deiner Handfläche ausstrahlen lässt. Die klamme Kälte des Wassers dringt langsam in deinen Körper, und deine Glieder zittern vor Anstrengung, als du endlich den Grund des Sees in mehr als 100 Metern Tiefe erreichst. Für einen Moment überwältigt dich die Erkenntnis, wie klein und schwach du bist, als du an die Tonnen von dunklem, eisigem Wasser über dir denkst. Deine Magie hält dich hier unten am Leben, doch wenn deine Kraft nicht zum Auftauchen reicht, bist du verloren.
Dann jedoch denkst du wieder daran, weshalb du hierher gekommen bist: um sie zu sehen, die legendären Ruinen der uralten Elfenstadt Isdiriel, tief auf dem Grund des Ysli-Sees. Hier unten müssen sie sein, genau hier, doch soweit dein Licht die undurchdringliche Schwärze des Sees aufzuhellen vermag, erblickst du nur Schlamm und Algen. Doch halt - ist das dort drüben ein Dachfirst? Dies der ausgestreckte Arm einer Statue?
Gebannt schwimmst du näher, Kälte und Erschöpfung für den Moment vergessend. Immer mehr Spuren der alten Stadt erblickst du, wie Schatten aus einer grauen Vorzeit umgeben sie dich, ausgebreitet unter dem schmutzigen Schlick. Ihre Pracht und Schönheit lässt sich nur noch erahnen, und doch glaubst du fast, den Gesang der Elfen von einst zu hören, sie zu erspähen, wie sie in fröhlichem Reigen durch die breiten Straßen Isdiriels tanzen.
Dann fängt sich ein plötzliches Aufblitzen in deinem Auge, eine Reflexion deines Lichtes, dort bei diesem einstigen Prachtbrunnen, der von marmornen Reben und kunstvollen Vogelstatuen geziert wird. Du schwimmst näher und erkennst, dass dort, am ausgestreckten Flügel eines verwitterten Marmorkranichs, etwas hängt. Es ist klein und unscheinbar und schwingt in der Strömung hin und her.
Endlich hast du es erreicht und streckst die Hand danach aus, berührst die zarte Kette und löst den Gegenstand vorsichtig von den Algen, die ihn festhalten. Dann siehst du ihn dir näher an. Es ist eine Halskette mit einem Anhänger aus reinstem Mondsilber, das auch in den Jahrtausenden unter den Wassern nichts von seiner Reinheit und seinem strahlenden Glanz eingebüßt hat. Vorsichtig entfernst du Schlick und Algen und erkennst, dass es sich bei dem Anhänger um einen unglaublich detailreich und kunstvoll gefertigten Schmetterling handelt, ein filigranes und zerbrechliches Meisterwerk von so vollendeter Schönheit, dass sich dein Herz unwillkürlich zusammenzieht.
Eine Weile verharrst du, gebannt vom Anblick dieses wundervollen Kleinods. Dann fällt Dir ein, dass es höchste Zeit wird, an die Oberfläche zurückzukehren, zurück in die Welt der Lebenden, zurück in ein anderes Zeitalter.
(P.S.: Diese Szene haben wir so tatsächlich gespielt, wenn auch vielleicht nicht in dieser Wortwahl... die Spielerin fand's jedenfalls klasse, und unsere Elfe trägt den Anhänger seither voller Stolz.)