Was Cosmic Horror betrifft denke ich, dass es dazu zumindest ein gewisses Maß an Übernatürliches braucht. Immerhin lebt das ganze ja von der Nichtigkeit des Menschen innerhalb des Kosmos und der Verdeutlichung desssen in den Mythoswesen.
Existential Horror dagegen ginge ansich gut, ist aber glaube ich ziemlich schwer überzeugend zu präsentieren da man Spieler braucht die sich da echt drauf einlassen. Ein zwei Gedanken zu möglichen Themen die mir grad gekommen sind:
- "Zur Freiheit verdammt" (Sartre): Einer der Hauptgedanken des Existenzialismus ist, dass der Mensch als solcher frei ist und sich in jeder Situation entscheiden kann. Sartre bringt hier das Beispiel, dass ich, egal was passiert, immer noch zumindest die Möglichkeit hätte mich umzubringen. Damit ist man selber radikal für sein Handeln verantwortlich und kann sich eben nicht auf irgendeinen höheren Plan berufen. Im Rollenspiel geht diesen Weg etwa Unknown Armies mit seinem Slogan "Du bist schuld". Diesen Punkt könnte man etwa verwursten indem man aufzeigt, dass der große böse Oberschurke des Abenteuers eben nicht von einer höheren Macht gesteuert wurde oder verrückt ist sondern seine Taten bloß darauf beruhen, dass er sich dafür entschieden hat. Evtl kann man das als einen schönen Twist verwenden, wenn die Spieler quasi ein "reguläres" Cthulhu-Abenteuer mit Mythoswesen usw erwarten.
- "Wenn Gott tot ist, ist alles erlaubt" (Dostojewski): Die ganzen Narrative von Moral etc. sind nur schöne Illusionen. Es gibt keine übergeordnete Moral oder transzendentale Instanz die uns irgendwann straft. Dementsprechend sind die großen Erzählungen (da wirds ein wenig postmodern, aber egal) massivst brüchig. Das ist ja zB das was Conrad im schon angesprochenen "Heart of Darkness" betont: Der Kolonialherr und der "Wilde" sind im geltenden Narrativ qualitativ unterschieden. Das Beispiel von Kurtz zeigt jedoch wie durchlässig diese Linie ist. Ich mag von mir selbst glauben, dass ich als der zivilisierte Weiße "besser" bin als der Indigene aber es braucht nur einen kleinen Schubs und die Fassade bricht. Gerade hier seh ich durchaus Potential das im 1920er Setting gut einbauen zu können, auch jenseits der Kolonialisationsthematik. Dementsprechend sind auch moralische Dilemmata ohne klares schwarz und weiß ein wichtiger Punkt dessen, was ich als Existential Horror betrachte.
- "Man muss sich Sysyphus als glücklichen Mann vorstellen" (Camus): Das Leben ist absurd. Da es keinen kosmischen Plan gibt muss sich der Mensch selbst zurechtfinden in der Absurdität der Welt in der es keinen höheren Sinn gibt. Was zählt ist, dass wir uns diese Handlungen zu eigen machen und dadurch authentisch handeln. Ok, ich geb zu dass man das im Spiel vielleicht wenig verarbeiten kann aber vielleicht ist der Aspekt der Sinnlosigkeit etwas, was im Spiel in etwas anderer Form verarbeitet werden kann. Ich denk da vor allem an den Ausgang. Selbst wenn die Charaktere gewinnen sehen sie, dass es keinen Unterschied macht. Es gibt keine Belohnung, kein Happy End oder sonstwas. Der eine Oberbösewicht wurde gestürzt aber ein anderer rückt nach und vielleicht wir auch niemals jemand von ihren Taten Notiz nehmen.
So ein existenzialistisches Abenteuer kann man durchaus frustrierend finden. Aber ich glaube genau das ist der Witz hinter dem Existenzialismus. Der Punkt ist ja, dass das Leben bei weilen frustrierend ist und keinen Sinn hat. Der Weg ist gewissermaßen das Ziel und man muss seine Handlungen (bzw der Charaktere) als die seinen akzeptieren.
Ich weiß nicht in wieweit das dir weiterhilft aber ich hab mir mal gedacht ich schreibs auf.
So long,
SSK