Autor Thema: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland  (Gelesen 23237 mal)

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Offline Kardinal

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #50 am: 22.11.2016 | 15:32 »
Also ich bin lieber Eskapist als Alkoholiker.

...oder man ist einfach beides.  >;D
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Daheon

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #51 am: 22.11.2016 | 15:48 »
Genau!  >;D

Denn das ist der Fehler, den Kritiker wie der SPON-Autor so gerne machen, weil sie bei ihrer geisteswissenschaftlichen Ausbildung ihre Mengenlehre vernachlässigt haben. Es ist durchaus möglich, Fantasy zu lesen und sich trotzdem für die sog. Scheißwirklichkeit zu interessieren. Schnittmengen und so...

El God

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #52 am: 22.11.2016 | 17:36 »
Tja, und nun? Mehr Fantasy abseits bequemer Wege lesen, unbekannte Autoren bekannter machen und sich den Kritikern durch überragende Qualität und kreative Inhalte aufdrängen?

Offline Crimson King

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #53 am: 22.11.2016 | 17:38 »
Alternativ kann es einem auch einfach egal sein, was arrogante aufgeblasene Literaturkritiker so denken. Wobei das erstaunlicherweise ein sehr deutsches Phänomen ist. Fantasy und Unterhaltungsliteratur ist im Ausland wesentlich anerkannter.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
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J.W. von Goethe

Offline Rhylthar

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #54 am: 23.11.2016 | 05:36 »
Als erstes gibt mir dieser Thread mal die Chance, meinen Eltern aufrecht dafür zu danken, dass sie mich zum Lesen animiert haben. Auch wenn meine Mutter mittlerweile behauptet, ich würde nur "Schund" lesen (als ob ihre Sachen besser wären  ~;D), sind sie damals auf meine Wünsche eingegangen und haben mir eben nicht nur Bücher geschenkt, die sie für "anspruchsvoll" hielten. Ob "Die unendliche Geschichte", "Der kleine Hobbit" oder "Jonathan Jabbok", alles gab es irgendwann mal.

Wenn ich hinter mich schaue, steht ausser Poe wahrscheinlich dort kein einziges Buch, was als Weltliteratur durchgeht. 99 % sind einfachste Belletristik und das wohl bei knapp 1500 Büchern. Und vieles davon auch das, was als "Schund" durchgeht (Forgotten Realms, Dragonlance, Shadowrun, etc.). Aber ich hatte nie die Absicht (und habe es heute noch nicht), mit Lesen irgendeinen Anspruch zu erfüllen. Ich will einfach nur unterhalten werden bei einem Hobby, das für mich zu den wichtigsten zählt.

Das führt mich dazu, als Lehrer zu sagen: Vollkommen egal, ob ein Buch Schund ist, Hauptsache die jungen Leute lesen. Wenn es dann noch Fantasy ist, um so besser.
Ich habe weder "Twilight", noch "Harry Potter" gelesen, auch "Game of Thrones/Song of Ice and Fire" ist nichts für mich. Aber ich freue mich, wenn ich SuS (da ist es wieder) mal mit einem Buch statt mit einem Smartphone in der Hand sehe. Und wenn es dann halt eine "Shades of Grey"-Epidemie ist...dann ist das halt so.

Ich werde in großen Buchhandlungen übrigens immer gut bedient, was die Auswahl an Fantasy angeht. Liegt wohl aber daran, dass ich immer bei den englischen Büchern schaue. Die Mayersche Buchhandlung in Bochum z. B. ist da eine große Gefahrenquelle für meinen Geldbeutel.
« Letzte Änderung: 23.11.2016 | 06:18 von Rhylthar »
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"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #55 am: 23.11.2016 | 07:26 »
Naja und dass der Reich-Ranicki sich gern selbst klug vorkam, wussten wir ja auch alle vorher schon. Ich kenne aber auch persönlich Leute, die gern die Ansicht verbreiten, Lesen müsse irgendwie schmerzhaft und elend sein, sonst wärs kein gutes Buch gewesen. Ich muss da immer an Oma Slättberg aus den Wilden Hühnern denken: "Das Leben muss hart und freudlos sein und wenn es doch einmal Spaß macht, hast du etwas falsch gemacht." Oder so ähnlich.  ;D
Jo. Aber genau das hat der Ranicki garnicht geschrieben. Hätte ich so argumentieren wollen, dann hätte ich Elke Heidenreich zitiert ( "Ich hasse es, wenn Menschen mit Pelzohren Wunderdinge tun." ) Interessanterweise war damals in seinem literarischen Quartett seine häufigste Kritik, dass ihn das rezensierte Buch bis bis ins Unerträgliche langweilen und das der Autor prätentiös schreiben würde. Also nichts mit Lesen muss schmerzhaft sein oder so. Seine Argumentation ist bei dem Zitat sogar relativ tolerant. Er sieht ja durchaus Vorteile in der SciFi-Literatur. Nur er findet für ihn nichts Interessantes darin.
Stell Dir einfach mal vor ich würde ne Lanze für die Schlagermusik brechen und Dich fragen, ob Du Julianne Werding auch hörst. Ich wette Deine Antwort würde da ähnlich lauten wie seine gegenüber SciFi-Literatur.
« Letzte Änderung: 23.11.2016 | 07:30 von 6 »
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #56 am: 23.11.2016 | 09:07 »
ich halte es allerdings trotzdem für vermessen, Fantasy und SciFi pauschal das Kunstsein abzusprechen. Selbst unter engeren Kunstdefinitionen trifft das nicht zu.
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Offline Timberwere

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #57 am: 23.11.2016 | 10:03 »
Vergesst als im Forum ansässige Autoren unseren Grey nicht. :)
Zitat von: Dark_Tigger
Simultan Dolmetschen ist echt kein Job auf den ich Bock hätte. Ich glaube ich würde in der Kabine nen Herzkasper vom Stress bekommen.
Zitat von: ErikErikson
Meine Rede.
Zitat von: Shield Warden
Wenn das deine Rede war, entschuldige dich gefälligst, dass Timberwere sie nicht vorher bekommen hat und dadurch so ein Stress entstanden ist!

El God

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #58 am: 23.11.2016 | 10:08 »
Ich wundere mich ja schon, dass er selbst hier noch nicht aufgeschlagen ist. Aber natürlich - Grey / Markus Gerwinski darf nicht vergessen werden. Low Fantasy kommt schließlich per se ohne Pelzohren aus.

Offline Celestine

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #59 am: 23.11.2016 | 11:18 »
Wenn man sich den Platonismus anschaut, ging es da auch um Eskapismus und zwar um die Flucht aus der Höhle des Vergänglichen in die Gegenwart der Sonne des Ewigen. Seit Descartes ging die Tendenz immer mehr in die Richtung selbst das was in der Höhle erkannt wird zu relativieren. So erscheint die Welt immer dunkler und bedeutungsloser um einen her. Ich stecke da nicht genug drin um zu entscheiden, welche Philosophie die besseren Argumente hat. Auf jeden Fall entspricht diese wissenschaftlich analytische und technologisch erobernde Weltanschauung unserem Zeitgeist  seit der Industrialisierung. Dieser Versuch Kontrolle über die natürliche Welt zu erringen, ist auf jeden Fall leichter zu erreichen, wenn die Leute ihre Träume vergessen, wie es der Gmork bei Michael Ende ausdrückt. So lässt sich der Mensch für Brot und Spiel instrumentalisieren. Natürlich schämt sich dann der Erwachsene für seinen als irrational gebrandmarkten Eskapismus, weil er das Gefühl gegeben bekommt sich lediglich vor seinen erwachsenen Pflichten drücken zu wollen. Diese Variante wird es auch genug geben, was aber wenn es auch eine Variante gebe die eher mit der Flucht eines Häftlings aus einem Gefängnis zu vergleichen wäre? So erklärt das z.B. Tolkien seinem Freund C.S. Lewis.

https://www.youtube.com/watch?v=NzBT39gx-TE
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Offline KhornedBeef

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #60 am: 23.11.2016 | 11:25 »
Interessanter Gedankengang! Mist dass ich gerade keine Gelegenheit habe das Video zu gucken
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Offline nikol ogg

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #61 am: 23.11.2016 | 11:27 »
Ich werfe mal hier als deutschsprachigen Tipp für Fantasy(?) ohne spitze Ohren und Kettenhemden und Werwölfe Heinrich Steinfests "Das grüne Rollo" in die Runde.
https://goo.gl/D2aoA1

Sehr eigentümlich, sehr spezielle Stimmung, und würde eine RP-Runde aus der Jetztzeit sicher auf seltsame Ideen bringen.

Offline 6

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #62 am: 23.11.2016 | 11:34 »
ich halte es allerdings trotzdem für vermessen, Fantasy und SciFi pauschal das Kunstsein abzusprechen. Selbst unter engeren Kunstdefinitionen trifft das nicht zu.
Klar. Reich-Ranicki war arrogant. Keine Frage.
Aber zwischen der Aussage: durchaus lesenswuerdig aber keine Kunst und unlesenwuerdiger Schund ist schon noch ein Unterschied, oder?
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #63 am: 23.11.2016 | 11:50 »
Platons Ausgang aus der Höhle ist das genaue Gegenteil von Eskapismus, da geht es um Erkenntnistheorie: In der Höhle ist unsere Realität verzerrt und nur aus zweiter Hand anhand verfälschter Informationen dargestellt. Wenn der Mensch aus der Höhle steigt und mit der Wahrhaftigkeit konfrontiert wird, ist das eine Erleuchtung. Diejenigen, die lieber in der Höhle bleiben und sich billigen Phantasien hingeben, das sind die wahren Eskapisten, diejenigen, die sich der höheren Erkenntnis verweigern. Darin steckt auch das Abwertende am Eskapismus, immerhin ist der Begriff ja pejorativ geprägt worden. Dass Phantastik-Fans ihn für sich umgemünzt und positiv besetzt haben, ist ja ein enorm neues Phänomen.

Offline Infernal Teddy

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #64 am: 23.11.2016 | 11:58 »
Dass Phantastik-Fans ihn für sich umgemünzt und positiv besetzt haben, ist ja ein enorm neues Phänomen.

Eigentlich nur im deutssprachigen Raum - in der englischsprachigen SF sieht man schon seid langem die "funktion" der SF (Neben Unterhaltung) darin, der jeweiligen Gegenwart einen Spiegel vorzuhalten aus dem man etwas über sich und seine Gegenwart erlernen kann.
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El God

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #65 am: 23.11.2016 | 12:08 »
Der Eskapismus-Begriff hat ja ohnehin eine interessante Geschichte. Ich bin gerade wieder auf "innere Emigration" gestoßen, also die Geisteshaltung der im 3. Reich oder der DDR verbliebenen Künstler, die sich in die Kunst zurückgezogen haben, um vor den realweltlichen Zuständen zu fliehen, die aber trotzdem auf ihre Weise künstlerischen Widerstand geleistet haben. Zuerst richteten sich die Eskapismus-Vorwürfe auch direkt an die Künstler, die ihre Auseinandersetzung mit der Realität aufgaben und den Elfenbeinturm vorzogen. Dass es einen Bedarf in der Bevölkerung gab, diese Flucht mitzugehen und dass phantastische Literatur gern konsumiert wurde, war ja nun schon länger kein Geheimnis mehr.

Offline Celestine

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #66 am: 23.11.2016 | 12:34 »
Dodge und Infernal Teddy, dass sehe ich auf jeden Fall auch so! Hier möchte ich zum Thema Eskapismus nochmal eine Synopsis von der Comicserien Seekers into the Mystery zeigen, die ich zwar nie gelesen habe, aber die Inhaltszusammenfassung begleitet mich schon ein paar Jahre im Hinterkopf:

Angels and aliens, faeries and demons, alternate realities and multiple personalities: Once Lucas Hart would have laughed at these things; but when this cynical, burned-out screenwriter's repressed memories of the past invade his present--Hart's vision of reality is completely shattered. As a child, seeking escape from horrible abuse, Hart would leave his body and astrally travel with otherworldly beings who filled his wounded soul with light. Now, having recovered these memories, he's on a quest to find the Magician whose legacy of mystery and hope might move the human race to the next level. Created by Eisner Award winning writer J.M. DeMatteis, with art by Glenn Barr and Jon J Muth. Join them for a journey into the mysteries of the human spirit that you won't soon forget.

Dieses Gefühl sich den eigenen Lebensumständen unterlegen zu fühlen und sich in der Phantasie irgendwo hin zu träumen, wo man durchatmen kann, kenne ich gut. Für mich sind diese otherworldly beings wie die platonischen Ideen, Farbfacetten des einen Lichts der Wirklichkeitserkenntnis. Die platonischen Dialoge haben ja immer das Ziel über gewisse Themen Sicherheit zu gewinnen. Wenn das gelingt, wenn diese transzendentalen Ideen mit dem Geist berührt werden, fühlen sich die Betreffenden wie vom Blitz getroffen, ein intellektueller Orgasmus, wie oben beschrieben füllt sich die Seele mit Licht. In manchen Dialogen schaffen das die Gesprächspartner und manchmal kommt es nur zu einer Annäherung und sie müssen irgendwann abbrechen.
Ob Fantasy und Science Fiction jetzt wirkliche Kunst oder nur Zeitvertreib sind, hängt bestimmt von der Erwartungshaltung ab.  Ich habe auf jeden Fall schon sogenannte Pulp Medien gelesen von Autoren wie z.B. Neil Gaiman, Alan Moore, Grant Morrison, Philip K. Dick und H.P. Lovecraft und war von der Kraft ihrer Ideen wie vom Donner gerührt. Goethes Faust ist Hochkultur und ebenfalls eine phantastische Erzählung, in dem Sinne, dass es um viel Überirdisches geht. Keine Ahnung, muss ich zum Glück nicht drüber entscheiden...
Selbst wenn Eskapismus nur ermöglicht sich von den äusseren Erwartungen mal zurückzuziehen , um zu neuen Kräften zu kommen, hat er für mich einen Wert und sowas zu fabrizieren muss man auch können.
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Offline KhornedBeef

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #67 am: 23.11.2016 | 12:35 »
Platons Ausgang aus der Höhle ist das genaue Gegenteil von Eskapismus, da geht es um Erkenntnistheorie: In der Höhle ist unsere Realität verzerrt und nur aus zweiter Hand anhand verfälschter Informationen dargestellt. Wenn der Mensch aus der Höhle steigt und mit der Wahrhaftigkeit konfrontiert wird, ist das eine Erleuchtung. Diejenigen, die lieber in der Höhle bleiben und sich billigen Phantasien hingeben, das sind die wahren Eskapisten, diejenigen, die sich der höheren Erkenntnis verweigern. Darin steckt auch das Abwertende am Eskapismus, immerhin ist der Begriff ja pejorativ geprägt worden. Dass Phantastik-Fans ihn für sich umgemünzt und positiv besetzt haben, ist ja ein enorm neues Phänomen.
Der wahre Eskapist denkt sich "Das sind nur Schatten auf der Höhlenwand.....da kann man mehr draus machen! Ey Leute holt mal die Farblichtbatterie, ich mach noch ein paar Schereschnitte, und dann geht hier richtig die Post ab!"  ;)
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Offline Isegrim

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #68 am: 23.11.2016 | 12:39 »
Ich kann mit dem Begriff Eskapismus eigentlich nicht allzu viel anfangen, vielleicht weil ich es sowohl normal als auch legitim finde, sich hin und wieder aus der Realität zu verabschieden. Denn das kann man mit allen möglichen Medien und Genres tun. Kann mir niemand erzählen, dass viele Filme oder Bücher oder Computerspiele oder Gartenarbeit wirklich was mit der "Gesellschaft da draußen" zu tun haben, egal ob Fantasy, Krimi, MMOG oder Rosen.

Allerdings finde ich schon, dass es Bücher (bzw andere Medien) gibt, die (mich) nur unterhalten, und andere, durch ich nebenbei etwas lerne: Über Menschen, über Geschichte(n), über Zusammenhänge, über mich. Die mir einen neuen Blickwinkel auf die Welt und die Menschheit eröffnen, auch wenn sie eigentlich auf einer ganz anderen Welt spielen und Elfen die Protagonisten sind. Natürlich steht auch in meinem Bücherregal ne Menge Schrott (hallo, DSA-Romane), der das nicht leistet und den ich dennoch gerne gelesen habe. Aber wirklich ans Herz wachsen tun mir Bücher, die das schaffen.

Ob das dann für nen Literaturkritiker "Kunst" ist, sei mal dahin gestellt, und ist mir auch egal. Bei "Kritiker" denk ich ohnehin allzu oft an den Musikkritiker von Georg Kreisler (r.i.p.):

https://www.youtube.com/watch?v=6ozEA0JJiCY

Das würde ich auch vielen der Kinderbuch-Autoren wie Ende, Preußler oder Lindgren hoch anrechnen, dass sie das für Kinder respektive mich als Kind geleistet haben, und das zuweilen noch heute als Erwachsenen leisten. Vieles ist einfach zeit- und alterslos gut.
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Offline Celestine

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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #69 am: 23.11.2016 | 12:47 »
Das würde ich auch vielen der Kinderbuch-Autoren wie Ende, Preußler oder Lindgren hoch anrechnen, dass sie das für Kinder respektive mich als Kind geleistet haben, und das zuweilen noch heute als Erwachsenen leisten. Vieles ist einfach zeit- und alterslos gut.

Auf Jeden! Ich finde das jeder seine Bürgerpflicht hat, aber nicht jeder ist zum Politiker berufen und was viele Kinderbuchautoren zu unserer Persönlichkeitsentwicklung beigetragen haben, hatte und hat seinen Wert! Das geile Pipi Langstrumpf Lied gegen den tierischen Ernst!
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #70 am: 23.11.2016 | 13:13 »
Klar. Reich-Ranicki war arrogant. Keine Frage.

In diesem Fall war er nicht arrogant, sondern ignorant, wenn auch nicht so schlimm wie der Kollege vom Spiegel. Das Motto"ist halt Schund, aber auch Schund hat seine Existenzberechtigung" ist nun auch nicht der Brüller.
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #71 am: 23.11.2016 | 13:26 »
Ignorant wäre er, wenn er keine SciFi gelesen hätte, die durchaus als gehobene Literatur angesehen  wird und dann sein Urteil gebildet hätte. Er hatte aber Bücher von Stanislaw Lem gelesen und diese als uninteressant bezeichnet.
Das ist arrogant und nicht ignorant. Ausser natürlich Lems Werke sind wirklich so uninteressant wie er sie bezeichnet hat und es gibt wesentlich bessere SciFi-literatur.
Unabhängig davon sehe ich immer noch einen Unterschied zwischen Nicht Kunst und Schund.
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #72 am: 23.11.2016 | 13:35 »
Ignorant wäre er, wenn er keine SciFi gelesen hätte

Nein. Arroganz unterscheidet sich von Ignoranz dadurch, dass der Arrogante Recht hat, der Ignorante sich aber irrt. Und hier irrt Reich-Ranitzky. Einer Literaturgattung pauschal das Kunstsein abzusprechen bzw. sie als Missbrauch ihrer Kunstform darzustellen, ist ignorant. Erstens ist das sowohl für SF als auch für Fantasy falsch, zweitens kann der Kollege Reich-Ranitzky gar nicht ausreichend viel Fantasy und SF gelesen haben, um das zu beurteilen.

Dass er beispielsweise Phillip K. Dick und J.R.R. Tolkien nicht als Künstler deklariert, verdeutlicht das bestens. Reich-Ranitzky hängt da in einer maximal elitären Vorstellung von literarischer Kunst fest, die die Kreativität und schöpferische Kraft dieser beiden Autoren, die ich jetzt nur beispielhaft raus picke, vollkommen ignoriert. Das ist das selbe Niveau, auf dem Liebhaber klassischer Musik beispielsweise den Beatles das Künstlersein absprechen.
« Letzte Änderung: 23.11.2016 | 13:48 von Crimson King »
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Re: Eskapismus-Debatte und der Stand von Fantasy in Deutschland
« Antwort #73 am: 23.11.2016 | 14:00 »
Das ist das selbe Niveau, auf dem Liebhaber klassischer Musik beispielsweise den Beatles das Künstlersein absprechen.

Könnte stimmen oder?
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Offline Crimson King

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