Autor Thema: Cthulhu 2016  (Gelesen 4853 mal)

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Offline Scimi

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Re: Cthulhu 2016
« Antwort #25 am: 10.12.2016 | 12:10 »
Eine KI im Netz hinter dem Netz? Eine Entität aus dem allgegenwärtigen Datenstrom?

Ich weiß nicht, in den 90ern, als das alles neu war, waren solche Dystopien ja beliebt. Ich denke für eine Menge Leute ist das Internet zwar immer noch ein magisches Wunderding, aber eben auch eine seit Jahren bekannte Alltagstechnik und Teil davon, wie die Welt funktioniert. Selbst bei alten Leuten und Landbewohnern bestehen Internetängste in meiner Erfahrung eher aus Angst, den Anschluss zu verlieren oder zunehmend von einer Technik abhängig zu werden, über die man keine Kontrolle hat.

Und wenn mich die Nachrichten der vergangenen Jahre irgend etwas gelehrt haben, dann, dass reale Horrorgeschichten wie undurchschaubare Riesenfirmen, die Massen an persönlichen Daten bereits besitzen, Botnetze, die womöglich schon in deinem Haus sind und organisierte Angriffe, die gegen wichtige Unternehmen und Infrastrukturen geführt werden die breite Masse der Bevölkerung einfach nicht die Bohne interessieren, solange für sie alles läuft.

Ich denke, der größte mögliche Internethorror heutzutage ist, wenn das Internet weg ist.


Ich weiß, wovor ich persönlich dieses Jahr Angst hatte. :gasmaskerly:

Ich denke nicht, dass es ausreicht, dass Leute vor etwas Angst haben, damit es für Horror funktioniert. "Der kommunistische Spion", "Die Gelbe Gefahr", "Die Weisen von Zion" sind alles Dinge, vor denen Leute einmal wirkliche Angst hatten, aber auch wenn man sich Horrorszenarien damit vorgestellt hat, gibt es keine Horrorgeschichten darüber.
Ich denke, das hat damit zu tun, dass Horror persönlicher sein muss, eine existierende Gefahr, die von einem Protagonisten konkret erlebt wird.

Offline Urias

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Re: Cthulhu 2016
« Antwort #26 am: 10.12.2016 | 12:32 »
Ich denke nicht, dass es ausreicht, dass Leute vor etwas Angst haben, damit es für Horror funktioniert. "Der kommunistische Spion", "Die Gelbe Gefahr", "Die Weisen von Zion" sind alles Dinge, vor denen Leute einmal wirkliche Angst hatten, aber auch wenn man sich Horrorszenarien damit vorgestellt hat, gibt es keine Horrorgeschichten darüber.
Ich denke, das hat damit zu tun, dass Horror persönlicher sein muss, eine existierende Gefahr, die von einem Protagonisten konkret erlebt wird.

Das würd ich so nicht unbedingt unterschreiben.
Klar benötigt es ProtagonistInnen als Stand-in aber ich denke nicht, dass Horror rein persönlich sein muss bzw dass man hier die Unterscheidung zwischen persönlichem und kollektiven Ängsten sehr verschwimmend sehen muss.

Es hat ja einen Grund warum gewisse Narrative zu bestimmten Zeiten mehr oder weniger in Mode sind. Film/Literatur ist ja nicht einfach so neutral im Raum sondern reagiert auf die Gegebenheiten und ein gewisses kollektiviertes Unbewusstes und baut darauf gerne auf. Im Bereich des Horrorfilms sei hier zB "Invasion der Körperfresser" genannt, welchen man sehr leicht als eine Verarbeitung der Red Scare interpretieren kann (Sie sehen aus wie wir, jeder könnte einer von DENEN, sei es jetzt Aliens oder Rote, sein usw). Andere Beispiele in diese Richtung wären zB Godzilla und das Trauma der Atombombe oder Dawn of the Dead und die Konsumkultur der späten 70er. Anfang des Jahrtausends dagegen war eine beliebte Stoßrichtung "Ein unerwarteter Angriff der uns aus der Bahn wirft" (siehe zB Krieg der Welten) als Reaktion auf 9/11.

Ohne Gott ging es nicht weiter, und so hab ich mich entschieden, / meiner ist jetzt der Alkohol. / Ich trank ein paar Schlücke und ich fand meinen Frieden / und ich fühlte mich kurzfristig wohl. - Joint Venture, Der trinkende Philosoph

Ucalegon

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Re: Cthulhu 2016
« Antwort #27 am: 10.12.2016 | 12:37 »
Das würd ich so nicht unbedingt unterschreiben.
Klar benötigt es ProtagonistInnen als Stand-in aber ich denke nicht, dass Horror rein persönlich sein muss bzw dass man hier die Unterscheidung zwischen persönlichem und kollektiven Ängsten sehr verschwimmend sehen muss.

Eben. Ich meine cosmic horror selbst ist ja genau das.

alexandro

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Re: Cthulhu 2016
« Antwort #28 am: 10.12.2016 | 13:08 »
Horror kann man auch mit Bekanntem erzeugen.

Ja, das "Alien" ist gruselig - beim ersten Mal. Dann hat man sich irgendwann an den Anblick gewöhnt. Je mehr man aber über diese Kreatur weiß, was mit Personen passiert, die von diesem Wesen in ihr Nest gezogen werden, desto mehr erzeugt die Vertrautheit Horror.

Ebenso ist es bei einigen der Lovecraft-Tropen: gerade bei den Götterwesen kann man wunderbar mit nichtlinearen Handlungen arbeiten, die um so beängstigender werden, je mehr man davon versteht (siehe "Beyond the Walls of Sleep", der Film "In the Mouth of Madness" oder auch Alan Moores' "Neonomicon").

Oder "Arrival" mit Aliens die
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"They Live" ist imo auch eine gute Vorlage für eine moderne Lovecraft-Geschichte (die Wesen könnte man ohne Probleme durch Ghoule ersetzen, welche versuchen ihre Fleischquelle zu vergrößern), ebenso wie "Die Fliege" (oder jede andere Body-Horror-Umsetzung) oder "The Thing" (was im Grunde eine Kombination aus den ersten beiden ist). Alles Horror der sehr wenig mit Unwissenheit arbeitet, ziemlich in der Popkultur verankert ist und trotzdem noch Schrecken auslöst (auch wenn es Ingame bekannt wäre).