@Crizzl:
Ja, das ist auch so ein bisschen eine Sache, die mich wurmt. Mir scheint, dass gerade der Teilnehmer, der sich mit seiner Meinung gerne sehr stark durchsetzt, gleichzeitig die geringste Bereitschaft hat, sich aus seiner eigenen Rollenspielernische heraus zu bewegen. Jenseits von Mauro, der sich da gerade anscheinend ein bisschen umtut, sind dann viele Begrifflichkeiten schlicht unbekannt oder werden auf eine Weise gedeutet, wie ich sie weder im deutsch- noch englischsprachigen Raum definiert gesehen habe. Siehe Fail Forward. Und der Vorbereitungsaufwand einer klassischen Sandbox im Sinne der OSR ist krass. Die meinen wohl eher Bass Playing, waren aber schlicht nicht in der Sprache drin.
@Ela:
Ihr seid einer von zwei deutschsprachigen Rollenspielpodcasts, die über Patreon durchaus auch Geld für ihren Podcast bekommen könnten oder auch bekommen. Ihr tretet in sozialen Medien relativ offensiv auf (in dem Sinne, dass ihr euren Podcast da bewerbt, nicht im Sinne von rumstänkern). Ihr macht den mit recht hoher Frequenz. Ich bin ja noch nicht bei der Hälfte, kann also nichts über den Jetztzustand sagen, die Qualität der einzelnen Podcasts nimmt aber auf der technischen Seite auch zu.
Es gibt noch gerade mal fünf andere deutschsprachige Rollenspielpodcasts: 3W6, Dorpcast (der andere mit Patreon), Eskapodcast, Fatecast, System Matters. Davon ist einer systemgebunden (Fatecast) und zwei so halb mit Verlagen verbunden, weil die gleichen Leute das halt machen, die auch an anderer Stelle als Macher in der Rollenspielszene unterwegs sind. Die beiden Dorpler basteln noch Liebhabersachen, z.B. 1W6 Freunde, Matthias' Stichwortgeber von System Matters haben letztes oder vorletztes Jahr einen gleichnamigen Verlag gegründet, der auch nicht direkt dran hängt. Eskapodcast und 3W6 nehmen weder Geld noch haben die was mit einem Verlag zu tun. Professionelle Vermarktungswerkzeuge sind die allesamt nicht. Die deutsche Rollenspielpodcastszene besteht insgesamt aus unter zwei Dutzend Leuten inklusive euch, die mal miteinander quatschen und sich am Kopf kratzen, dass ihnen jemand zuhört. Ihr seid da nicht wesentlich mehr oder weniger professionell als die anderen. Das sind alles Hobbydinger.
Von daher empfinde ich es als ein bisschen naiv, wie ihr die Auswirkungen dessen einschätzt, was ihr erzählt. Rollenspiel in Deutschland ist eine kleine Szene. Ihr seid da schon als Multiplikatoren unterwegs, durchaus auch mit Meinungen, bei denen ich ein eisig kaltes Schütteln kriege ("Man muss seine Spieler erziehen." Brrrrrr. Schauderlich. Was ist das für ein Bild?)
Ich kann natürlich künftig bei jedem einzelnen Satz, den ich im Podcast von mir gebe, ein "Vorsicht: MEINUNG!" von mir geben, aber das wäre doch unter Umständen ein wenig lästig.
Das ist für eine Diskussion ziemlich destruktiv. Überzeichne und veralbere, was dein Gegenüber sagen möchte. Das hilft einfach nicht weiter. Ich empfände es einfach schon als sehr erleichternd, wenn ihr neben euren eigenen Meinungen auch mal ein paar andere Alternativen zu den Themen aufzeigen und zulassen würdet, ohne sie gleich runter zu putzen. Das läuft im Podcast nämlich oft ähnlich.
Nehmen wir mal die Sache mit dem Würfeln, auf die du dich gerade direkt mit eben einer bestimmten Meinung gestürzt hast und die verteidigst. Ich wollte das gar nicht angreifen, dass gelegentlich gedreht wird. Das ist für eine bestimmte Art von Spiel sinnvoll. Für eine andere aber schlicht unpassend.
- Eine Gruppe, die so richtig der OSR-Orthodoxie anhängt, wird das Grauen bekommen. Bei den Leuten soll bitte keiner drehen. Nirgends. Ganz schrecklich. Die steinigen dich, wenn sie das raus finden. Würfeldrehen und Regelbrechen sind da direkte Angriffe auf den sozialen Vertrag der Gruppe.
- Bei einer Fate-Runde habe ich nicht ein Mal einen Spielleiterschirm. Da läuft alles offen. Wozu auch verbergen? Fate hat da ganz andere Werkzeuge, um mit dem entsprechenden Wurf umzugehen (übrigens bieten Tie und Fail bei der Overcome-Aktion jeweils Fail Forward als mögliches Ergebnis an).
- Bei unserer damaligen DSA-Runde würde ich wahrscheinlich heute noch drehen, denn das haben wir damals - vor über 20 Jahren - sehr stark als "Barbiespiel" betrieben. Wir haben unsere SC gehegt und gepflegt, mit umfangreichen Hintergründen und kleinteiligen Ausrüstungslisten versehen. Klar, da ging es auch auf Abenteuer, aber der Herausforderungsgedanke spielte nur eine kleine Rolle. Nun hat DSA es gleichzeitig geschafft, alle für diesen Spielzweck tauglichen Werkzeuge weiträumig in seinem Design zu umgehen.
1 Da machte Drehen zur Kompensation Sinn.
- Bei einer Paranoiarunde kann ich offen würfeln, das Ergebnis ignorieren und den Spieler als Verräter brandmarken, dem das auffällt. Was schaut der auf meinen blauen Würfel? Nicht seine Sicherheitsstufe.
Es kann also gar nicht eine Meinung geben. Ihr schickt zwar immer schön einen Disclaimer vorne und hinten weg, benutzt aber dann in der Diskussion eben gerne mal so Killerfloskeln wie "Das geht gar nicht", "gutes Rollenspiel" und so weiter. Nicht hilfreich. Da beim Verwerfen anderer Möglichkeiten einfach mal ein bisschen die Bälle flach halten, das wäre schon ein echter Fortschritt.
1) Das ist übrigens eine System, das deutlich wie kein zweites zeigt, dass Rollenspieltheorie und Regelfülle zwei grundsätzlich verschiedene Dinge sind. Würden sich ein paar Designer mit entsprechendem Hintergrund und ohne Fanbasehintergrundrauschen dran setzen, würde ein völlig anderer Regelkern dabei rauskommen ... und die Fanbase wahrscheinlich auf ewig vergraulen.