Nu ja, für mich bleibt erst einmal die Grundannahme, dass es in einem kreativen Gesamtprozess mit etlichen beteiligten Personen immer mal wieder zu Verzögerungen kommen kann, das wird bei Kickstarter ja ganz gut beschrieben. Und ja, in unserem Bereich stehen da keine Megakonzerne hinter, die das Problem lösen könnten, indem sie da jede Menge Geld drauf werfen, bis es weg ist.
Aber die vielleicht eigentliche Gegenleistung beim Crowdfunding ist ja auch, dass die Unterstützer zu einem Teil des Erschaffungsprozesses werden, quasi Teilhaber sind. Sie sorgen dafür, dass das Projekt überhaupt stattfindet. Und daraus folgt für mich, dass es da eine gesteigerte Informationspflicht gibt: Zeitnah, umfassend, wahrheitsgemäß. Ich persönlich kann mit Verzögerungen ganz gut leben, wenn sie entsprechend kommuniziert werden und sie sich im Nachhinein nicht als Ausreden herausstellen. Das gilt IMHO für 'neue' Projekte noch stärker als für Übersetzungen, bei denen der kreative Anteil zwar immer noch gegeben aber geringer ist.
OK, dazu kommt dann eben auch, dass ich gerade bei Vorkasse irgendwo erwarten darf, dass das Projekt auch mit einiger Priorität verfolgt wird.
Das Problem scheint mir bei PG zu sein, dass sie sich durch die diversen Crowdfundings massiv übernommen haben bzw. die in den Crowdfundings gemachten Versprechungen irgendwann nicht mehr realistisch waren. Die Vermutung liegt nah, dass sie Gelder aus späteren Crowdfundings genutzt haben, um ältere Löcher zu stopfen. Sicher, das kann man mal so machen, sollte dabei aber stats im Auge haben, dass sich dann nach hinten raus (wahrscheinlich größere) Löcher auftun werden, die eben auch gefüllt werden wollen. Letztlich hätten sie sich so selbst eine Art Schneeball- oder Pyramidensystem aufgebaut, das irgendwann nicht mehr funktionieren konnte. Eine der für mich spannenden offenen Fragen ist, ob das zu irgend einem Zeitpunkt schon bewusst war. Es gibt ein paar Anzeichen dafür wie z.B. das Vorschicken von etablierten Namen und die Nutzung unterschiedlicher Plattformen. Aber das sind nur Hinweise, keine Belege, ich werde es wohl nie erfahren.
Und dann kam noch dazu, dass sie IMHO versucht haben, das zu beschönigen bzw. als 'Unglücksfälle' darzustellen. Und das sich herausgestellt hat, dass einige von ihren Mitteilungen tatsächlich Ausreden waren.
IMO ist das etwas, was die PG-Crowdfundings deutlich von anderen unterscheidet, die sich ebenfalls deutlich verspäten (zwei Wochen können eben überall irgendwie passieren).
Mich hält das nicht unbedingt davon ab, mich an anderen Crowdfundings zu beteiligen. Insbesondere an solchen, bei denen im Vordergrund steht, dass das Ganze sonst nicht oder nicht so realisiert wird. Oder wo ich denke, dass das einen Versuch wert sein könnte und ich deswegen das Risiko in Kauf nehme, dass mein Geld im Zweifelsfall weg ist oder ich es mir irgendwann zurückholen muss, z.B. nach einem Widerruf. Denn das ist die Möglichkeit, die ich dann auch bei Vorkasse dann doch noch habe, zumindest soweit deutsches Recht gilt.