Ich setze es hier rein, weil es wahrscheinlich nicht genug Substanz für ein eigenes Thema hat - aber ich muss jetzt wieder mal über Rückstoßregeln (und ein bisschen über Munitionsverwaltung) maulen.
Dass das beim eigentlichen Thema bisher so gut wie gar nicht zur Sprache gekommen ist, sollte ja schon zeigen, wie wichtig mir elaborierte Rückstoßregeln sind
Ich weiß auch gar nicht so richtig, wo da autorenseitig das Bedürfnis für eine ausufernde Regelung herkommt.
Klar ist das zentraler Bestandteil der Abläufe beim Schießen, aber
a) Rückstoß ist kein schicksalhafter Einfluss von außen.
Im Gegenteil ist Rückstoßverarbeitung ein wesentlicher Teil der Schützenleistung beim Schießvorgang und vor allem eine Frage von technisch sauberer Umsetzung und nicht von Stärke oder Masse (obwohl beides hilft).
Sprich: Andere Einzelteile des Schießvorgangs (Griff, Visierbild, Haltebild, sauber Abkrümmen) interessieren mich doch auch nicht gesondert, sondern werden pauschal im Fertigkeitswurf zusammengefasst und fertig.
b) nur weil das für den Schützen relevant ist, muss es doch nicht für die Regeln relevant sein. Ich modelliere ja analaog bei einer Verfolgungsjagd auch nicht jeden Kupplungsvorgang.
Dazu kommt noch das, was mich ohnehin oft stört: der Bruch im Detailgrad.
Wenn man Kampfrundenlängen von mehreren Sekunden (und teils deutlich mehr) hat, interessiert Rückstoß doch sowieso keine Sau.
Das wird erst da wirklich interessant, wo man über mehrere Schüsse
pro Sekunde spricht und genau das bilden die meisten Systeme sowieso nicht ab.
Im Gegenteil bauen sich viele genau an der Stelle sogar ein grobes Missverhältnis zwischen halb- und vollautomatischem Feuer ein, weil beim Halbautomat direkt in Richtung "realistischer" bzw. praktischer Umsetzbarkeit gedacht, beim Vollautomat aber erst mal auf die technische Feuerrate geschielt wird.
Das muss man dann schon einheitlich machen - also entweder ist bei beiden die Technik Grundlage und der Rest geht über den Fertigkeitswert (indem z.B. bei guten Würfen mehr Schüsse treffen oder man den Würfelpool aufteilen muss o.Ä.) oder ich lege als Autor willkürlich fest, was ich für welche Feuerart an Feuerrate haben will und damit ist dann alles abgedeckt.
So kann man sich abseits der Feuerrate eine weitere spielmechanische Unterscheidung in Halb- und Vollautomatik komplett sparen.
Und je nach System kann man die Feuerraten nach Waffen relativ fein unterscheiden und da auch andere Faktoren reinspielen lassen als nur den "reinen" Rückstoß. So hat man detaillierte Modellierung ohne große Rechnerei - auch wenn das mMn meistens den Aufwand nicht so recht lohnt.
Und selbst wenn man sich aus irgendwelchen Gründen ein bisschen mehr Arbeit machen will, gibt es zwei Denkfehler, die z.B. SR mit größter Selbstverständlichkeit beide macht:
- Rückstoß addiert sich nicht immer weiter auf. Wer schießen kann, der verarbeitet den Rückstoß auch bei schnellen Schussfolgen und begrenzt den negativen Einfluss relativ weit unten.
Wenn man sich stattdessen natürlich Videos von Leuten anschaut, die ums Verrecken nicht schießen können und daraus dann Regeln macht, wirds natürlich nichts.
- Wenn ich Salven als Ganzes betrachte, dann kann ich erst recht nicht immer weiter eskalierenden Rückstoß als Pauschalmodifikator einbauen. Dann beeinflusst nämlich kausalitätsverletzenderweise die Länge des gesamten Feuerstoßes bzw. der resultierende Kontrollverlust schon die ersten paar Schuss...
Obendrauf liefert SR an der Stelle keinerlei Details (!) - weder die Zahl von Treffern noch Trefferzone noch sonst
irgendwas über Treffer ja/nein und Gesamtschaden hinaus.
Warum ich mir bei so einem groben Ansatz einzig und allein im Rückstoß- und Munitionszählkontext über jeden einzelnen Schuss Gedanken machen soll, erschließt sich mir nicht.
Ohnehin ist da auch in anderen Systemen grundsätzlich die Frage:
Warum fasst man nur Salven zusammen und abstrahiert die bis zum Anschlag, betrachtet aber bei Halbautomaten und Repetierern jeden Schuss einzeln? Salven sind Zusammenfassungen, Nahkampf besteht meist auch definitionsgemäß aus einer Abfolge von Angriffsversuchen, Paraden, Finten blablubb...aber bei einer bestimmten oder einigen wenigen Waffenkategorie(n) interessiert mich auf einmal jeder einzelne Angriff - das passt doch nicht zusammen.
Mich hindert doch auch bei Feuerwaffen nichts daran, nach dem Wurf was Passendes zu erzählen - wie viele Schuss das dann genau waren, ist doch nur in Ausnahmefällen relevant/interessant.
Z.B. beim Thema Forensik (wobei ich mich auch wieder fragen muss, wie genau ich das wirklich will und brauche - und ob der Rest des Systems das ansatzweise ähnlich detailliert hergibt) oder beim völlig übertriebenen Thema Munitionsverwaltung.
Da sollte der Denkansatz doch gerade nicht sein "ich streiche Munition einzeln ab, also muss ich auch die Schüsse einzeln werten", sondern umgekehrt: Wenn mich schon genaue Schusszahlen im Angriffs- und Wundkontext nicht interessieren, warum sollten sie es dann beim Thema Munitionsverbrauch tun?
Statt "echten" Zahlen ist oft die Zahl der Kampfrunden relevanter, die man aus dem Vorrat rausholen kann. Das dürfen ja durchaus konkrete Angaben sein, weil der jeweilige "Inhalt" einer Kampfrunde schwammig ist - sprich man schießt in jeder Runde unterschiedlich viel und am Ende kommt es im Schnitt hin.
Bei manchen Waffen kann man sich dann überlegen, ob man explizit langsames, kontrolliertes Feuer überhaupt zählt oder alle "echten" Einzelschüsse im gesamten Kampfverlauf für Verbrauchszwecke als einzelne "volle" Kampfrunde zusammenfasst.
Und zuletzt: Wenn ich schon viel zu niedrige Feuerraten für viel zu lange Kampfrunden habe, darf da gerne das Thema Nachladen im Off mit abgedeckt sein.
Man kann schließlich nicht immer jammern, dass die Waffen langweiligerweise nie leer werden, wenn man im betreffenden System einfach nicht genug schießen kann, damit das passiert.
Entweder macht man das stimmig, dann passt auch das Thema Munition, oder man lässt es hinten runter fallen und fertig.
Die flächendeckend anzutreffende Zwischenlösung wird aber keiner Perspektive gerecht.
Kurz:
- Wenn schon Details, dann überall und nicht nur an einigen wenigen Stellen.
- Wenn überhaupt Rückstoß als Modifikator in einem nicht extrem detaillierten System, dann einfach und pauschal und gerade nicht mit ausufernder Formel, die ich im blödesten Fall bei jedem Angriff neu durchrechnen kann und welche ggf. obendrauf noch die o.g. Denkfehler festschreibt.
- Bevor ich mich mit ausufernden Rückstoßregeln rumplage, will ich vernünftige Feuerraten. Und das fängt mit handelsüblichen Kampfrundenlängen irgendwo zwischen 3 und 10 Sekunden schon deutlich vor den Vollautomaten an.
Ich glaube, ich muss für das Thema praktische Feuerraten (und was da so reinspielt) einen Folgebeitrag mit Videobeispielen machen...