ABER gefühlt kommt auch im nicht englischsprachigen Raum mehr neues heraus als bei uns. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sagen wir zB. in Europa in anderen Ländern der Markt soviel größer ist, als bei uns.
Natürlich habe ich eine verzerrte Wahrnehmung, aber greif mal ein beliebiges Land heraus und zähle auf, was da in den letzten Jahren so raus kam.
Wenn es um "gefühlt" geht, kommt es mir eher so vor, als würden eben die Spiele aus jenen Ländern übersetzt, die es dort an den großen Importen vorbei irgendwie so halbwegs zu einem kleinen Markterfolg gebracht haben.
Es übersetzt aber natürlich keiner schwedisches D&D ins Deutsche mit dem Hinweis, dass das in Schweden mega-erfolgreich ist.
Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, wie die Marktanteile im EU-Ausland so aussehen, aber es schaffen doch eben auch "nur" die Perlen zu uns.
Langweiligen Mist haben die sicher auch, nur übersetzt den keiner.
Was sind denn in Schweden oder in Frankreich die großen Systeme?
Die Platzhirsche dort sind wohl (wie bei uns) entweder Importe oder vor Jahrzehnten in der rollenspielerischen Ursuppe entstandene lokale D&D-Klone bzw. als direktes Konkurrenzprodukt entstandene Spiele.
Space Gothic (ich kenne nur die alte Version)
...
CONTRA: Mittlerweile gibt es moderneres und schöneres, z.B. Cold & Dark, Cthonian Stars oder Coriolis.
Die neuste Version kann sich durchaus sehen lassen.
Was die genauen Hintergründe für die Kurzlebigkeit der dritten Edition waren, weiß ich höchstens halb - aber SG 3rd. ist eines der Systeme, die ich aus verschiedenen Gründen nicht mehr hergeben werde.
Inwiefern so ein Urgestein der deutschen Rollenspiellandschaft in einer neuen Edition als neu oder innovativ bezeichnet werden kann, da kann man sich streiten.
Egal wie, es braucht(e) sich vor der direkten Konkurrenz nicht verstecken.
Der wirklich coole Kram kommt idR nicht aus Deutschland.
Was ist schon wirklich cooler Kram?
Es gibt große, erfolgreiche deutsche Systeme und es gibt viel mehr oder weniger wirren Indie-Kram, der für mich aus der Außenperspektive auch nicht schlechter ist als das, was da im Englischen so unterwegs ist.
Da kommt gefühlt gerade aus den USA anteilig recht wenig angesichts der Spielerzahlen - aber die stecken eben zum allergrößten Teil im kreativen Würgegriff von D&D, worauf man mMn mindestens mit der gleichen "Berechtigung" verbal eindreschen dürfte wie auf das deutsche Langweilertum.
Selbst wenn das anders wäre: Von zehntausend Indies, die keine Sau spielt, hat man auch nichts (und wenn ich hier im Forum nach den zehn besten Indie-Spielen frage, kenne ich von den meisten Antwortenden entweder die komplette Liste oder zumindest den Großteil. Da ist die Schlagzahl an richtig guten Spielen, die sich auch durchsetzen (wenn man in dem Kontext überhaupt von durchsetzen sprechen kann), bei Licht betrachtet auch sehr niedrig).
Es ging dem OP ja auch um Mainstreamkandidaten, und da ist Splittermond das Paradebeispiel. Und zwar eben nicht für deutsche Langweilerei und alles, was falsch läuft, sondern genau umgekehrt dafür, wie es funktionieren
kann, sich mit einer Eigenentwicklung von 0 auf 100 am Markt zu etablieren.
Ich schreibe bewusst "von 0 auf 100" und nicht "aus dem Nichts", denn genau das ist da
nicht passiert.
Als es noch nichts gab, hat es eben gereicht, irgendein System zu schreiben, in Sachen Marketing nicht alles falsch zu machen und ein bisschen Glück zu haben.
Wenn der Markt aber erst mal aufgeteilt ist, muss man schon sehr viel richtig machen, um da dauerhaft vorne mitmischen zu können. Das geht in direkter Konkurrenz zu den "Großen Alten" eben nicht als Einzelner im Selbstverlag - so was kann ein Achtungserfolg werden und sogar ein geschätztes Kultspiel. Aber bei solchen Systemen sagt man eben nach zehn Jahren: "Was macht eigentlich der Autor von...?"
Gut, es sind noch keine zehn Jahre, aber bei den Autoren von Splittermond kann man sich die Frage selbst beantworten, weil die z.B. mit einem Riesenhaufen Splittermond-Material an einem Messestand stehen. Da waren und sind in großer Zahl die richtigen Leute am richtigen Platz und machen mit Herzblut und Fachkenntnis ihr Ding. So funktioniert das dann auch.
Wer andersrum "nur" sein kleines hausgebrautes System so cool findet, dass er es gedruckt in die Welt hinausschicken will, dem muss klar sein, dass er bestimmte Größenordnungen besser erst gar nicht angeht. Oder sein Schätzchen ist es ihm wert, ggf. auch mal draufzulegen.
Was mich halt wundert ist, dass so viele Leute Bock haben quasi nebenberuflich für einen Hungerlohn Rollenspiel-Bücher zu übersetzen. Da frage ich mich schon, warum das so ist, und sie nicht lieber ihre eigenen Texte pushen.
Ein Faktor wurde schon genannt: Die Leute mögen das System und wollen es auf Deutsch sehen, um es einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Da schlägt man ja zwei Fliegen mit einer Klappe: Wenn man es nicht selbst macht, macht es vielleicht gar keiner und das Ding bleibt nur in der ursprünglichen Sprache erhältlich, oder es macht ein anderer schlecht, das ist dann auch nichts.
Also macht man es selbst
Ist mMn so ein bisschen wie mit dem Gear Acquisition Syndrome: Man will sich unbedingt intensiver mit einem Thema beschäftigen und hat unterm Strich nur sehr wenige Optionen, wie diese Intensivierung aussehen kann. Mehr oder weniger ehrenamtliche Übersetzungen gehören genau in diese Ecke.