Ich bin generell kein Freund ausufernder Charaktergeschichten. Ich komme auch mit diesen Fragen nicht klar, die in manchen Rollenspielen vorgeschlagen werden: Wovor hat dein Charakter die größte Angst? Was will er im Leben erreichen? Was liebt dein Charakter am meisten? Wenn dann noch Fragen zur Kindheit kommen bin ich ganz weg! Ich kann einen Charakter so am Reißbrett entwerfen, aber da habe ich Null emotionale Bindung zu. Daher spiele ich gerne mit einem Bild im Kopf und ein paar Stichworten und der Rest läuft dann einfach und kommt im Spiel. Das habe ich eigentlich schon immer so gemacht, auch zu besten DSA-Erzählonkel-Zeiten. Ganz nett finde ich es, wenn ich eine Charakergeschichte auswürfeln kann, etwa in Traveller oder Beyond the Wall. Da habe ich wiederum sofort eine Bindung zu, bin neugierig, was passiert usw. Wobei man bei Beyond the Wall ja sogar die Möglichkeit hat zu bestimmen, was rauskommt. Also wenn ich einen Magier spielen will wähle ich den Lebenslauf für den Magier.
Meinen Charakter neulich habe ich auch nur mit ein paar simplen Begriffen begonnen. Klasse war halt Magic-User, aber ich wusste dass sie (Crossgender!) aus einem fernen Land kam, sie ist daher schwarz (ist das im Rollenspiel Blackfacing?). Sie sollte eine Prinzessin sein, die an einer Universität Archäologie studiert hat. Da sie verheiratet werden sollte ist sie ausgebüchst (Klischee!) und zu dieser riesigen Ruinenstadt gereist, wo sie als Archäologin den Megadungeon erkunden kann (Huch, eine Motivation). Ja, klar, da ist keine ausführliche Hintergrundgeschichte, aber mir - mir! - würde es nichts nutzen, jetzt den Stammbaum ausgearbeitet zu haben. Ich kann damit spielen und improvisieren und unglaublich viel kann man auch einfach extrapolieren, wenn man das Setting ein wenig kennt usw. Dann erprobe ich ein wenig, wie sich so ein Charakter im Spiel anfühlt und er entwickelt sich - durch die Abenteuer und Geschehnisse, aber auch, weil ich nach und nach wie es sich ergibt mehr Details zum Charakter hinzufüge. Zum Beispiel kam schon heraus, dass sie mit Eunuchen zu tun hatte, was andere Charaktere wieder gar nicht kannten... Daraus kam dann die Idee, dass dieser Charakter womöglich ein wenig Angst hat, dass der Vater seine Eunuchen-Prinzessinen-Jäger ihr hinterher geschickt hat... Ja, das hat nichts mit Old School zu tun, das ist einfach meine Art, an Charaktere heranzugehen. Mehr als eine Hand voll Begriffe, die den Charakter beschreiben, sind mir eigentlich meistens zu kompliziert. Cortex + etwa, das ja super auf Story-Spiel und ganz viel "Rollenspiel"-Rollenspiel ausgelegt ist kommt ja auch mit so wenigen Begriffen aus und ich weiß da dann immer gar nicht so viel zu ergänzen.
Ich habe gerade auch einen DSA5-Charakter erstellt, da musste ich zwar viel mehr Details festlegen wie ein paar Vorteile und Nachteile, aber mehr _Persönlichkeit_ und Hintergrund hat der deshalb auch nicht.
Und wenn ich mir überlege, dass der DSA5-Charakter genauso beim ersten Abenteuer sterben kann...
Z.B. ist uns in einer Savage Worlds-Runde ein Charakter im zweiten (!) Abenteuer gestorben... Und das wo man mit Bennies und Lebensrettungswürfen usw. schon ziemlich gut dabei ist... Aber mit einer Nahkampfwaffe auf Leute mit Musketen zuzurennen ist halt selten eine gute Idee...