Autor Thema: Weltengeists Spielleiter-Philosophie  (Gelesen 11874 mal)

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Online Maarzan

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #25 am: 18.04.2017 | 12:31 »
Wer nur eine fremdbestimmte Zusammenfassung erleben will, kann ja direkt einen Film schaun.
Oder umgekehrt mal was anderes an Film schauen.

Ansonsten lasse ich mir sehr ungern vorschreiben, was denn nun für mich und meinen Charakter "unwichtig" it.
(Wobei ich das jetzt mal nicht an der ausschweifigen Detailbeschreibung, sondern den dabei anfallenden Entscheidungen festmachen würde)
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Offline KhornedBeef

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #26 am: 18.04.2017 | 12:51 »
Nicht gleich die Pferde scheu machen, explizit geäußerte Wünsche der Spieler lösen doch immer Rollenspiel aus, zumindest bei mir.
Innerhalb der Grenze, die die Gruppe setzt. Denn auch die anderen Spieler lassen sich ungern vorschreiben, dass sie jetzt ein halbe Stunde (subjektiv) kotzlangweilige Passagen erdulden müssen, weil jeder Tag im Kurhaus beim Wundenheilen ausgespielt werden muss, nur weil einer von ihnen es will.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #27 am: 18.04.2017 | 12:52 »
Das stimmt, aber man kann zumindest über die Quantität eine Aussage machen: Wieviel Zeit am Spieltisch verstreicht mit Miniaturenrücken auf der Battlemat? Mit Planen? Mit Charakterspiel und freiem Erzählen? Viel heißt zwar nicht gleich gut, aber zeigt doch immerhin einen Schwerpunkt der Runde.

Man kann auch qualitative Aussagen machen, z.B. über Handlungsverläufe, verwendete und ggf. gebrochene Tropes, die Anzahl an Szenen, in denen die Charaktermotivationen zentrale Handlungstreiber sind etc. etc..

Das spielt aber insofern keine Rolle, als Weltengeist solchen Dingen explizit keine Bedeutung beimessen will.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #28 am: 18.04.2017 | 12:53 »
Der Text gefällt mir sehr gut. Beeindrucken finde ich vor allem, dass Du Beispiele (beliebtes Ziel von Zerpflückung abseits des eigentlichen Themas) weitgehend umschiffst. Deine Spielleiter-Philosophie denke ich, kann man so gut nachvollziehen, ohne sich an ihr reiben zu müssen. So etwas wäre meiner Ansicht nach perfekt als Vorbereitung für Bewerber auf den Posten eines Mitspielers geeignet ("Lesen Sie das, dann wissen Sie, woran Sie sind!"). Der Aufwand dürfte allerdings für dieses Ziel allein zu hoch sein.
Danke fürs Teilen, das war eine sehr anregende Lektüre.


Und das soll um Himmels Willen nun keine Abwertung des oben gesagten sein (ich produziere mit Sicherheit mehr Tippfehler):
S. 10, zweiter •: da steckt ein "zu" zu viel drin
S. 12, zweiter •: 1. Zeile - abzulegen

Ucalegon

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #29 am: 18.04.2017 | 13:01 »
Wer nur eine fremdbestimmte Zusammenfassung erleben will, kann ja direkt einen Film schaun.
Oder umgekehrt mal was anderes an Film schauen.

Das ist ein Strohmann.

Ansonsten lasse ich mir sehr ungern vorschreiben, was denn nun für mich und meinen Charakter "unwichtig" it.
(Wobei ich das jetzt mal nicht an der ausschweifigen Detailbeschreibung, sondern den dabei anfallenden Entscheidungen festmachen würde)

Mein Punkt war: Entscheidungen darüber, durch welches Stadtviertel man sich jetzt in "Night of Conquest" bewegt, welche Ausrüstung der Charakter mitnimmt, welche der 7 Sicherheitskameras am Gebäude man abschaltet, welchen Raum man durchsucht und an welchem man vorbeigeht, ob mein Charakter Fertigkeit x oder y anwendet, ob ich meinen Initiativedurchgang nutze, um mich zu bewegen oder in Verteidigungshaltung zu gehen, sind wichtig, wenn es um den Prozess geht - ich würde hier noch nichtmal zwingend von Herausforderungsorientierung sprechen, weil im Zweifel ja nichtmal eine echte Herausforderung gegeben sein muss. Plot und Figuren sucht man hier aber vergeblich.

Edit:
Aber hier sollten ja wie ich es lese Einkaufstouren und Durchsuchungen, aber auch z.B.  Schleichszenen komplett gekickt werden. Planungen werden auch immer wieder gerne als "uninteressant" abgestempelt etc. .

Nicht allgemein uninteressant, sondern uninteressant für Plot und Figuren. Wie gesagt, der Prozess kommt ohne nicht aus.
« Letzte Änderung: 18.04.2017 | 13:07 von Ucalegon »

Online Maarzan

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #30 am: 18.04.2017 | 13:04 »
Nicht gleich die Pferde scheu machen, explizit geäußerte Wünsche der Spieler lösen doch immer Rollenspiel aus, zumindest bei mir.
Innerhalb der Grenze, die die Gruppe setzt. Denn auch die anderen Spieler lassen sich ungern vorschreiben, dass sie jetzt ein halbe Stunde (subjektiv) kotzlangweilige Passagen erdulden müssen, weil jeder Tag im Kurhaus beim Wundenheilen ausgespielt werden muss, nur weil einer von ihnen es will.

Daher ja der Focus auf die offenen Entscheidungen, denn darauf kann ja zugerafft werden ohne den Spielanteil des Spielers zu beschneiden. Klar kann man umgekehrt mit beliebig langen Beschreibungen das Spotlight ins Endlose ziehen, doppelt,. wenn es ein passiv-aggressives Verhalten ist um den anderen ein nicht-sofort-zum-kill springendes Speil zu verleiden.
 
Aber hier sollten ja wie ich es lese Einkaufstouren und Durchsuchungen, aber auch z.B.  Schleichszenen komplett gekickt werden. Planungen werden auch immer wieder gerne als "uninteressant" abgestempelt etc. .



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Offline Chiarina

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #31 am: 18.04.2017 | 13:11 »
Zitat von: Crimson King
Man kann auch qualitative Aussagen machen, z.B. über Handlungsverläufe, verwendete und ggf. gebrochene Tropes, die Anzahl an Szenen, in denen die Charaktermotivationen zentrale Handlungstreiber sind etc. etc..

Das spielt aber insofern keine Rolle, als Weltengeist solchen Dingen explizit keine Bedeutung beimessen will.

Es geht um den Herausforderungscharakter, oder? Dem hat Weltengeist Bedeutung beigemessen. Ich sehe bei Battlemat und Planungsphasen einen stärkeren Herausforderungscharakter als bei Charakterspiel und freiem Erzählen. Und diese Tätigkeiten kann man quantitativ messen.

Ansonsten habe ich weniger auf deinen, sondern eher auf Maarzans Beitrag geantwortet, der aus deinen "Geschichten, die irgend welchen formal nachprüfbaren Qualitätskriterien genügen" gleich mal etwas vereinfacht "Gute Geschichte(n)" gemacht hat (der "stille Post Effekt" in Forendiskussionen...). Ob eine Story im Rollenspiel "gut" ist, halte ich tatsächlich kaum für möglich zu beurteilen. Wenn du der Reich-Ranicki des Rollenspiels bist, darfst du mir gern widersprechen.
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Offline Crimson King

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #32 am: 18.04.2017 | 13:25 »
Es geht um den Herausforderungscharakter, oder? Dem hat Weltengeist Bedeutung beigemessen. Ich sehe bei Battlemat und Planungsphasen einen stärkeren Herausforderungscharakter als bei Charakterspiel und freiem Erzählen. Und diese Tätigkeiten kann man quantitativ messen.

Ansonsten habe ich weniger auf deinen, sondern eher auf Maarzans Beitrag geantwortet, der aus deinen "Geschichten, die irgend welchen formal nachprüfbaren Qualitätskriterien genügen" gleich mal etwas vereinfacht "Gute Geschichte(n)" gemacht hat (der "stille Post Effekt" in Forendiskussionen...). Ob eine Story im Rollenspiel "gut" ist, halte ich tatsächlich kaum für möglich zu beurteilen. Wenn du der Reich-Ranicki des Rollenspiels bist, darfst du mir gern widersprechen.

Ob eine Story gut ist, lässt sich in der Retrospektive schon tauglich beurteilen. Das heißt noch nicht, dass sie jedem gefällt. Das kriegt man ja auch bei Büchern und Filmen mit.

Vorab zu beurteilen, wird schon dadurch verunmöglicht, dass man den Storyverlauf bei offener Handlung noch nicht kennt. Wenn man Geschmack und Vorstellungen der Mitspieler kennt und die zueinander passen, sollten sich allerdings auch Werkzeuge finden lassen, die die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, eine Story zu erspielen, die für alle Teilnehmer interessant ist und als gut empfunden wird.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #33 am: 18.04.2017 | 13:28 »
Dann mal los: Ich bin auf deine objektiven Kriterien für die Qualität einer Story gespannt!
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #34 am: 18.04.2017 | 13:34 »
Es geht um den Herausforderungscharakter, oder? Dem hat Weltengeist Bedeutung beigemessen. Ich sehe bei Battlemat und Planungsphasen einen stärkeren Herausforderungscharakter als bei Charakterspiel und freiem Erzählen. Und diese Tätigkeiten kann man quantitativ messen.
Weltengeist spielt weitgehend ohne Battlemap {oder schreibt das jedenfalls, gen Ende}.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #35 am: 18.04.2017 | 13:35 »
Dann mal los: Ich bin auf deine objektiven Kriterien für die Qualität einer Story gespannt!

Unmittelbar einleuchtend sind zum Beispiel: Inhaltliche Konsistenz, Pacing, Anschlussfähigkeit der Handlung an die Spieler und Spielfiguren

Von diesen ganz groben Kategorien gibt es sicherlich noch sehr viel mehr, und wenn man in die feineren Verästelungen hinabsteigt, dann kann man (jetzt nur mal beispielsweise) das ganze Fass der Literaturwissenschaften aufmachen, wenn man die "Story" als Text ansehen möchte. Sonst nimmt man halt andere Ansätze.

Um gedanklich bei den Literaturwissenschaften zu bleiben: Der Wallenstein vom Schiller ist einfach nach sehr vielen objektiv messbaren Kriterien ein besserer Text als dieses Posting hier von mir. :) Kann man das ernsthaft bestreiten?
« Letzte Änderung: 18.04.2017 | 13:38 von Megavolt »

Offline Weltengeist

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #36 am: 18.04.2017 | 13:37 »
Aber hier sollten ja wie ich es lese Einkaufstouren und Durchsuchungen, aber auch z.B.  Schleichszenen komplett gekickt werden. Planungen werden auch immer wieder gerne als "uninteressant" abgestempelt etc. .

Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, wo du das her hast - hoffentlich nicht aus meinem Text? Das entspräche nämlich nicht der Intention. Ohne Planung GEHT es ja meist gar nicht. Und ich würde sicher auch nicht alle Schleichszenen kicken. Aber ich würde sie nur da ausspielen / auswürfeln, wo es auch was gibt, für das sich das Schleichen lohnt. Genauso mit dem Durchsuchen - nach dem dritten Kellerraum, der auch nur Trockenobst und Schinken enthält, kann man sich den Rest meist mit "die nächsten zehn Räume sind ähnlich interessant" abkürzen.

Wer nur eine fremdbestimmte Zusammenfassung erleben will, kann ja direkt einen Film schaun.
Oder umgekehrt mal was anderes an Film schauen.

Auch hier: Falls du dich auf das Konzept der filmischen Szenen beziehst, geht es keineswegs darum (das ist ja die ganze Idee des gemeinsam gestaltenden Spielstils), dass der SPIELLEITER allein festlegt, welche Szenen interessant sind. Die Spieler können schon die Hand heben und beispielsweise sagen: Jetzt wäre ein Lagerfeuergespräch mal echt angebracht.

Ich sehe aber (auch aus Chiarinas Antwort oben), dass ich den Absatz über die Bedeutung von Rollenspielszenen vielleicht doch nicht aus dem Text hätte löschen sollen. So mag vielleicht der Eindruck entstanden sein, dass es mir NUR um die herausforderungsorientierten Szenen ginge. Dem ist in Wahrheit überhaupt nicht so, wir verbringen meist etwa 50% der Zeit mit Rumfluffen zu...

Ansonsten lasse ich mir sehr ungern vorschreiben, was denn nun für mich und meinen Charakter "unwichtig" it.

Du merkst aber schon selbst, dass du damit genau eine Spielschule vertrittst, um die es in dem Dokument NICHT geht?
Ist wie gesagt völlig in Ordnung, wenn das alle so möchten, aber ist genau nicht der Spielstil, der hier besprochen wird.
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Offline Chiarina

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #37 am: 18.04.2017 | 13:41 »
Schau dir mal das "Pacing" von Thomas Mann und das von  Büchner an: Gegensätzlicher kann´s nicht sein. Beides "gute" Literatur.

Schau dir mal den Tristram Shandy an: Inhaltliche Konsistenz ist kaum vorhanden. GERADE DARIN liegt das Geniale. Ich vermute, das ist in etwa das, was Crimson King durch "Brechen von Tropes" bezeichnen wollte. Nur wird es dadurch immer schwieriger objektive Qualitätsmerkmale aufzustellen.
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Offline Greifenklaue

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #38 am: 18.04.2017 | 13:43 »
Um gedanklich bei den Literaturwissenschaften zu bleiben: Der Wallenstein vom Schiller ist einfach nach sehr vielen objektiv messbaren Kriterien ein besserer Text als dieses Posting hier von mir. :) Kann man das ernsthaft bestreiten?
Bestreiten nicht, aber wie misst man es. schließt man ein Voltmter an die lesende Person ;)

Zumal es fraglich ist, dass die Qualität literarischer Geschichten eins zu eins auf RPG-Geschichten übertragbar wäre.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #39 am: 18.04.2017 | 13:50 »
Bestreiten nicht, aber wie misst man es. schließt man ein Voltmter an die lesende Person ;)

Zumal es fraglich ist, dass die Qualität literarischer Geschichten eins zu eins auf RPG-Geschichten übertragbar wäre.
Das ist freilich diskutabel, aber es ist ja auch nur ein Beispiel.

Bei der Literaturwissenschaft gibts den z.B. den strukturalistischen Ansatz, der zählt halt Worte, Wortarten, Reime, Wortfelder usw.

Und das ist dann schon wieder einigermaßen grenzempirisch, wenn man sagen kann: "Im Faust hat der Goethe zwei Reime verbockt, weil er hessischen Dialekt mit eingebaut hat, der Schiller im Wallenstein  hingegen null. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Wallenstein der objektiv bessere Text." (ich ziehe mir die Sachen hier jetzt aus dem Hut, keine Ahnung, wie viele krumme Reime im Wallenstein stehen)

Um mal wieder ein bisschen die Kurve zu kriegen zum Rollenspiel: Der Herr der Ringe punktet unter anderem durch hohe Konsistenz, weil der olle Tolkien sich da halt viel Mühe bei der Welterschaffung gegeben hat. Würde im Herrn der Ringe hingegen stehen: "Frodo, Sam und zwei sprechende Pfannkuchen machen sich auf nach Mordor", also wäre ihm da versehentlich eine klare Inkonsistenz unterlaufen, dann wäre der Text halt objektiv schlechter.

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #40 am: 18.04.2017 | 13:51 »
Ich glaube hier werden zu viele Qualitätskriterien durcheinander gebracht. "Das Kapital" hat die Welt verändert. Da jetzt auf Pacing hinzuweisen, ist belämmert, weil das gar kein Kriterium bei der konkreten Wertschätzung dieser Bücher war. Ganz viel Weltliteratur hat ihren Status nicht, weil sie tolles Pacing hat oder Immersion erzeugt oder einen befreiendes Ende in 3-Akt-Form bietet. Da fließen teilweise Kriterien ein, die schlicht nichts mit Rollenspielen zu tun haben. So darüber zu reden, als könnte man den Vergleich in solchen Kategorien ziehen und erwarten, geistig weiterzukommen, ist völlig irre.
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Offline Megavolt

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #41 am: 18.04.2017 | 13:53 »
Nö, ist nicht völlig irre.

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #42 am: 18.04.2017 | 13:53 »
Schau dir mal das "Pacing" von Thomas Mann und das von  Büchner an: Gegensätzlicher kann´s nicht sein. Beides "gute" Literatur.

Schau dir mal den Tristram Shandy an: Inhaltliche Konsistenz ist kaum vorhanden. GERADE DARIN liegt das Geniale. Ich vermute, das ist in etwa das, was Crimson King durch "Brechen von Tropes" bezeichnen wollte. Nur wird es dadurch immer schwieriger objektive Qualitätsmerkmale aufzustellen.

Objektiv ist das falsche Wort. Was du allerdings machen kannst, ist, die klar zu sein, welche Art von Geschichte zu am Ende erhalten willst, und passende Werkzeuge auswählen, um die zu erreichen. Dann wird das mit der Objektivierbarkeit schon etwas besser. Dementsprechend ist die Aussage, dass du eine Story retrospektiv bewerten kannst, eher auf das Individuum oder auf die Peer Group bezogen. Wobei sich bei bestimmten Werken schon viele Leute einig sind, dass die gut sind, auch wenn sie die Kriterien, nach denen sie messen, nicht benennen können.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #43 am: 18.04.2017 | 13:55 »
Nö, ist nicht völlig irre.
Jetzt machst du mich neugierig. Du schaffst es mal wieder das meine erste Reaktion "WTFAGRAARAGEQUIT!" war, aber letztes Mal war das ja sehr spannend danach. Also, führ mal etwas aus bitte :)
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #44 am: 18.04.2017 | 13:58 »
Um mal wieder ein bisschen die Kurve zu kriegen zum Rollenspiel: Der Herr der Ringe punktet unter anderem durch hohe Konsistenz, weil der olle Tolkien sich da halt viel Mühe bei der Welterschaffung gegeben hat. Würde im Herrn der Ringe hingegen stehen: "Frodo, Sam und zwei sprechende Pfannkuchen machen sich auf nach Mordor", also wäre ihm da versehentlich eine klare Inkonsistenz unterlaufen, dann wäre der Text halt objektiv schlechter.
Aber nur weil Du The One Ring spielst statt DnD X ist ja nicht gesagt, dass Du mir ersterem die bessere Geschichte spielst. Was heißt überhaupt besser? Da liegt doch vieles im Auge des Betrachters. Auch wenn es Goethe und Schiller gibt, schätze ich doch Lovecraft, Howard und Vance mehr.

Kurzum: Ich seh nicht wirklich, wie man sowas sinnvoll auf einen Vergleich zweier RPG-Erlebnisse einbringen kann, die ähnlich unter verschiedenen Spielstilen entstanden. Da wird eben ganz viel persönlicher Gerschmack sein, wie der eine einen gelben VW Käfer mag, der andere einen Farrari und der dritte seinen Opel Kadett.
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #45 am: 18.04.2017 | 14:00 »
Ob eine Story im Rollenspiel "gut" ist, halte ich tatsächlich kaum für möglich zu beurteilen.

Ich denke man kann versuchen, sie nach bestimmten Kriterien zu bewerten oder es sein lassen. Was für mich aber klar ist: Wenn zwei Spieler(innen) ihre Figuren eine halbe Stunde lang debattieren lassen, ob sie jetzt in Tunnel A oder B gehen, dann hat das vlt. was Existenzialistisches, aber in den meisten Fällen - ganz abgesehen von Entscheidungen über Initiative, Manöver, Fertigkeiteneinsatz und sonstigem Kruscht - trägt das zu Handlung und Figuren nichts bei und ist auch nicht so gedacht.

Offline Megavolt

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #46 am: 18.04.2017 | 14:03 »
Da liegt doch vieles im Auge des Betrachters.

Das ist korrekt, aber wenn man sich auf so eine Art geschmäcklerischen Universalismus zurückzieht, dann braucht man eigentlich auch nicht mehr miteinander zu reden. Im Grundsatz gebe ich dir aber Recht, das kann man ja auch nicht bezweifeln, dass die Geschmäcker verschieden sind. Diese Feststellung ist halt nur sehr unproduktiv. :)

Kurzum: Ich seh nicht wirklich, wie man sowas sinnvoll auf einen Vergleich zweier RPG-Erlebnisse einbringen kann

Kategorien definieren und Spielerlebnisse auswerten. Wenn mal sauber ausgemessen feststeht "dass der Goethe nicht reimen kann", dann kannst du ja trotzdem immer noch sagen, dass du gerade die vielen falschen Reime alle gut findest. Das ist ja nicht verboten.

Und Jack Vance besser als Goethe? In zivilisierteren Zeiten wären wir zwei jetzt raus in den Hinterhof, um uns zu duellieren.
« Letzte Änderung: 18.04.2017 | 14:05 von Megavolt »

Offline Weltengeist

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #47 am: 18.04.2017 | 14:04 »
Können wir das Thema "Qualitätskriterien für gute Geschichten" vielleicht auslagern?

Ich fürchte, Diskussionen dieser Art können wir passenderweise zu Dutzenden in diesem Thread führen, es werden schließlich genügend Theman in der Spielleiterphilosophie angerissen. Aber ich finde es doch übersichtlicher, wenn wir uns dafür jeweils einen eigenen Thread gönnen...
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Offline KhornedBeef

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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #48 am: 18.04.2017 | 14:06 »
[...]
Kategorien definieren und Spielerlebnisse auswerten. Wenn mal sauber ausgemessen feststeht "dass der Goethe nicht reimen kann", dann kannst du ja trotzdem immer noch sagen, dass du gerade die vielen falschen Reime alle gut findest. Das ist ja nicht verboten.
Hm. "Erreicht der Autor im Leser mit dem Werk das, was in seiner Absicht lag?" könnte Grundlage für ein fast universelles Kriterium sein. Ich vermute fast, das spielt in die Antwort auf meinen Post rein. Righty-O?
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Re: Weltengeists Spielleiter-Philosophie
« Antwort #49 am: 18.04.2017 | 14:08 »
Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, wo du das her hast - hoffentlich nicht aus meinem Text? Das entspräche nämlich nicht der Intention. Ohne Planung GEHT es ja meist gar nicht. Und ich würde sicher auch nicht alle Schleichszenen kicken. Aber ich würde sie nur da ausspielen / auswürfeln, wo es auch was gibt, für das sich das Schleichen lohnt. Genauso mit dem Durchsuchen - nach dem dritten Kellerraum, der auch nur Trockenobst und Schinken enthält, kann man sich den Rest meist mit "die nächsten zehn Räume sind ähnlich interessant" abkürzen.

Ok, komplett war da übertrieben. Wobei dann aber die Frage ist, wann eine Szene sich "lohnt". Und da habe ich aus deinem filmischen Vergleich gelesen, dass dies eben der Spielleiter nach seinem ästhetischen Filmverständnis macht - da hätten Spielervorstellungen dann hintenan gestanden. Ein Zusammenraffen auf potentielle Entscheidungen und den dazu notwendigen Details habe ich wiederum schon selbst angeführt. Da wäre der 3. Kellerraum mit Trockenobst auch als Detailzeichnung bei raus, wenn er sich nicht signifikant von den vorherigen unterscheidet. 


Zitat
Auch hier: Falls du dich auf das Konzept der filmischen Szenen beziehst, geht es keineswegs darum (das ist ja die ganze Idee des gemeinsam gestaltenden Spielstils), dass der SPIELLEITER allein festlegt, welche Szenen interessant sind. Die Spieler können schon die Hand heben und beispielsweise sagen: Jetzt wäre ein Lagerfeuergespräch mal echt angebracht.

Genau diese Option habe ich mit dem Verweis auf filmische Vorlagen als Leitlinie als abgewiesen gesheen.

Zitat
Ich sehe aber (auch aus Chiarinas Antwort oben), dass ich den Absatz über die Bedeutung von Rollenspielszenen vielleicht doch nicht aus dem Text hätte löschen sollen. So mag vielleicht der Eindruck entstanden sein, dass es mir NUR um die herausforderungsorientierten Szenen ginge. Dem ist in Wahrheit überhaupt nicht so, wir verbringen meist etwa 50% der Zeit mit Rumfluffen zu...

Es ging mir nicht um rumfluffen, sondern um die Reduktion des Spiels auf eine einseitige Szenenauswahl nach dem (filmisch inspirierten) Plotideal des SL. Und damit sah ich auch durchaus Szenen bedroht, die ich nicht nur als fluffig sehen würde.

Zitat
Du merkst aber schon selbst, dass du damit genau eine Spielschule vertrittst, um die es in dem Dokument NICHT geht?
Ist wie gesagt völlig in Ordnung, wenn das alle so möchten, aber ist genau nicht der Spielstil, der hier besprochen wird.

Sehe ich jetzt nicht so. Ich vermute du beziehst dich auf den "Ich will keine negativen Abweichungen von meinem Ideal"-Spieler? Dann ist das nicht der Fall. Ich will nur nicht der entsprechenden Entscheidungen und Schritte dazu enthoben werden. Scheitern ist trotzdem jederzeit möglich, solange das eben "fair" verläuft.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...