(Das hatten wir doch
vor Kurzem schon mal sehr ähnlich...)
Zur Eingangsfrage gleich meine Gegenfragen:
1) "Moderne Kämpfe" heißt ja erst mal nichts in Sachen Spielstil und Genre. Irgendwie schwingt da immer gleich so ein bisschen diffuse Technothriller-Simulationismus-Atmosphäre mit (zeigen ja auch viele Antworten), aber eigentlich müsste man da schon genauer formulieren.
Wenn man so offen fragt, kommt natürlich auch alles mögliche an Empfehlungen, was nicht unbedingt in die richtige Richtung geht.
2) Wie obskur darf es denn sein?
Grundsätzlich will ich von so einem Spiel das passende Verhältnis von Feuer und Bewegung, stimmige Einflüsse auf Trefferchancen u.Ä., solide Verletzungsregeln, große Relevanz von Fertigkeitshöhe und Taktik (sowohl was fein verregelte Sachen betrifft als auch was "hinter den Kulissen" bzw. eine Ebene über der Spielmechanik stattfindet) und saubere Lösungen für die gängigsten Situationen.
Meine Empfehlungen wären wie im Link Twilight 2013, GURPS 4, Millennium´s End und Corporation (die letzten beiden mit einer guten Portion Hausregeln) - teils schon genannt, teils sehr altschul und/oder obskur.
Twilight 2013 wäre mein Favorit, weil es echte Konzepte und Vorgehensweisen in spielbare Regelmechanik überträgt und damit auch vergleichbare/authentische Verläufe produziert.
Man könnte also auch andersrum anhand von Twilight 2013 viel über moderne Kämpfe lernen - das schaffen nicht viele Regelwerke.
So nebenher bietet es jede Menge relevante Entscheidungen auf kleinem Raum, ohne sich zu sehr in Details zu verlieren, wenn man das nicht will.
Und einige Sachen sind wirklich elegant gelöst, auch wenn einem das oft nicht sofort auffällt.
Leider will so was heute kein Mensch mehr spielen und deswegen ist es sang- und klanglos eingegangen. Trotzdem mMn der beste Kandidat.
GURPS wurde mehrfach genannt und ist von meinen Empfehlungen sicher am Verbreitetsten (wobei auch das schon sehr relativ zu sehen ist
).
Da muss man mMn etwas mehr an Vorwissen mitbringen und etwas mehr Vorbereitung reinstecken, damit es richtig rund läuft - per "default" ist GURPS an einigen Stellen nämlich sehr kulant und wenn man das konsequent auf Realismus trimmt, knirscht das System ein bisschen. Nicht schlimm, aber man sollte es auf dem Schirm haben.
GURPS löst viele meiner oben genannten Faktoren, indem sie ganz stumpf verlaufsorientiert abgearbeitet werden - mit den sehr kurzen Kampfrunden geht das ja auch gut. Elegant ist anders, aber funktionieren tut das einwandfrei.
Millennium´s End ist im Vergleich zu GURPS geradezu minimalistisch, was die Kernkonzepte und die Kampfregeln angeht. Ein paar wenige Aspekte kommen dann halt zu kurz oder fehlen ganz, aber insgesamt ist das System viel, viel schlanker, als ihm nachgesagt wird und es hat einige Regeln parat, die erst auf den zweiten Blick erkennen lassen, wie zweckmäßig manches gelöst wurde.
Meine Hausregeln betreffen hauptsächlich die Verletzungsregeln, halten sich aber auch in Grenzen.
Zu Corporation:
Unschön ist
- es ist halt eher einfach gehalten und wenig simulationistisch; wenn man da versucht etablierte realweltliche Taktiken zu verwenden, funktioniert das nicht unbedingt usw.
Das ist der große Nachteil von Corporation für diese Zwecke. Auf der anderen Seite ist es so einfach und "modular" gehalten, dass sich die Arbeit durchaus lohnen kann, daran ein bisschen zu schrauben.
Der ganze Rest an Systemen funktioniert mindestens dann, wenn man keine bösartigen Reality Checks macht und "modern" zwar moderne Waffen und Schauplätze bedeutet, aber keine großartige Simulation einfordert.
Mit Hausregeln kann man da auch noch ein Stück in bestimmte Richtungen schieben, aber unterm Strich kann man dann alles und seinen Hund empfehlen - d20, 40K, SR...geht grundsätzlich alles, hat aber auch alles seine großen und kleinen Macken, je nachdem, was man will.
Und zuletzt: wie du weißt, bastele ich gerade an einem sehr abstrahierten Kampfmodul (Modul deshalb, weil es mit wenig Bastelei an bestehende Systeme angepasst werden kann) mit einigen "narrativen Trichtern", d.h. Regeln, die mehrere Interpretationen bzw. zugehörige Erzählungen zusammenfassen.
Obendrauf ist es damit auch gleich skalierbar, was den Maßstab angeht - sowohl an Zahl der Beteiligten als auch die Umgebung betreffend.
Bedient sich für einige Konzepte ordentlich bei Twilight 2013, Millennium´s End und einigen kleineren Einflüssen, ist aber kein Regelhybrid aus seinen Einflüssen.
Das wird natürlich geiler Scheiß, wenn es mal fertig ist
Moderne Kämpfe haben für mich unterschiedliche Merkmale:
- Geringe Trefferqoute (Realistisch, aber nicht spaßig)
- Geringer Einfluß von Rüstung (dann schon SciFi)
- Mehr Fern- als Nahkampf
- Feuerwaffen auf geringe Distanz
- Hohe Tödlichkeit
Da muss ich für alles auf der Liste sagen:
Kommt drauf an
Wie oben geschrieben: Viele haben beim Stichwort "modern" automatisch die Nebenschwingung "gefühlt realistisch" im Kopf, aber das speist sich auch wieder zum größten Teil aus diversen Medien mit dem Anschein von Realismus oder Authentizität und ein paar Sachen, die es - i.d.R. verzerrt - über unterschiedliche Wege ins allgemeine Bewusstsein geschafft haben.
Mir fällt spontan z. B. kein System ein, das abbildet, dass man sich nicht einfach hinter einer Mauer verstecken und immer wieder hervorschauen kann um zu schießen - wenn du deinen Kopf das zweite Mal an der gleichen Stelle rausstreckst, bist du normalerweise tot.
Das kommt doch allein schon drauf an, ob das System überhaupt so kleinteilig einen Unterschied abbildet, wann und wo man aus der Deckung kommt.
GURPS macht das in genau dieser Form, aber dann sind eben auch die Kampfrunden sehr kurz und man muss sich angewöhnen, vieles entsprechend genau zu kommunizieren.
Andere Systeme interessieren sich für diesen Detailgrad schlicht überhaupt nicht und fahren damit nicht schlecht(er).
Corporation erlaubt z.B., einen Malus in Kauf zu nehmen, den der Gegner dann auch bekommt. Damit hat man komplett abstrahiert das ganze Spektrum von "ich spitze immer nur kurz aus der Deckung für einen hastigen Schuss" bis zu "ich baue eine solide Schießhaltung auf und lasse mir Zeit für einen sauberen Treffer" bedient.
Und man muss sich nicht damit rumschlagen, dass dieses "Whack-a-Mole" an der Deckung eigentlich Quatsch ist, aber viele Systeme eben das über ihre Regeln als sinnvollstes Vorgehen darstellen.
Für so einen Detailgrad solltest du vielleicht mal auf Wargames schielen. In den meisten Kampfsystem wird ja nicht angenommen, dass du jeden Schritt deiner Figur wie bei einer Marionette steuerst, sondern dass sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten "in Deckung liegen und Feuer erwidern" durchführt, wenn du das sagst.
Das machen doch die meisten Wargames auch nicht.
Meinem Eindruck nach sind im Schnitt (was auch immer das hier genau bedeutet
) simulationistische Rollenspiele in dieser Hinsicht deutlich detaillierter als Wargames.