Autor Thema: African Youth - kleine Szenarioidee  (Gelesen 3790 mal)

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Offline Chiarina

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African Youth - kleine Szenarioidee
« am: 2.07.2017 | 21:44 »
´Ne kleine Szenarioidee, die mir gerade durchs Hirn gegeistert ist und die ich einfach nur gerade eben mal völlig ins Unreine geschrieben hier ablege.

2019: Zewdi Mewael, eine eritreische Filmemacherin, zeigt auf dem panafrikanischen Filmfestival in Ouagadougou ihren neuen Film, eine dreistündige Familiensaga, in der vom italienisch-äthiopischen Krieg und der Schlacht von Adua über die Kolonialisierung Eritreas, Hungersnöte und den äthiopischen Bürgerkrieg bis in die Gegenwart anhand ausgewählter Stationen das Schicksal einer eritreischen Sippe nachverfolgt wird. Der Film endet damit, dass die jüngste Tochter der Sippe sich zuletzt gemeinsam mit einer jungen Äthiopierin in einer Menschenrechtsorganisation gegen weibliche Genitalverstümmelung organisiert. Der Film schlägt wie eine Bombe ein und stärkt das Bedürfnis vieler Afrikaner nach einem kontinentalen Selbstbewusstsein.

Adeto Kunbo, Mitglied des panafrikanischen Parlaments mit Sitz im Ausschuss für Justizwesen und Menschenrechte, protegiert Zewdi Mewaels Film und behauptet, er sei geeignet jungen Afrikanern eine Identität zu verleihen. Der Film wird vielerorts in Afrika gezeigt. Eine neue panafrikanische Jugendbewegung (AY: african youth) entsteht.

Der marokkanische Industrielle Dharr Tamim Zogby wittert die Chance für sein Unternehmen und beschließt, mit maximaler öffentlicher Wirkung der jungen Bewegung eine neue Stoßrichtung zu verleihen. In Zusammenarbeit mit dem brillianten Juristen Rapuluchukwu Obielumani aus Nigeria ersinnt er eine symbolträchtige Kampagne, durch die Afrika enger zusammenrücken und die ehemaligen Kolonialmächte zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Er lässt ein Sklavenschiff aus dem 18. Jahrhundert rekonstruieren, besetzt es mit einer Mannschaft, einem Filmteam, 40 Tuareg-Trommlern und einigen Jazzmusikern. Unter permanentem Trommeln und Musizieren soll auf diesem Schiff Rapuluchukwu Obielumani den Atlantik überqueren. Sein Ziel ist das UNO-Hauptquartier in New York City, wo er als Strafverfolger alle ehemaligen Kolonialmächte in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung verklagen und deren vergangene und gegenwärtige Vergehen verfolgen will. Während der Überfahrt hält Orange Marokko per Live Stream das Geschehen fest und hat diversen ausländischen Sendern Übertragungsrechte zugesichert. Das Spektakel findet auf der ganzen Welt große Aufmerksamkeit. Während vielerorts noch über die Aktion gelächelt wird, kommt es zu Spannungen, je weiter sich das Schiff auf New York City zubewegt. Zwar verleiht in Afrika die African Youth jungen Menschen ein größeres Selbstbewusstsein, was zu einem vorübergehenden Rückgang der Flüchtlingswelle führt, an anderen Orten führt das gesteigerte Selbstbewusstsein der jungen Schwarzen aber dazu, dass sich diskriminiert fühlende Schwarze schneller zur Wehr setzen. In den USA wird eine erste Polizeiwache besetzt, an einigen Orten kommt es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Diverse Minderheiten an verschiedensten Orten der Welt erklären sich solidarisch mit der AY. Auch dort kommt es hin und wieder zu Aufständen.

Die Charaktere sind das Filmteam von Orange Marokko. Sie werden dafür bezahlt, eindrucksvolle Bilder und Töne von der Überfahrt Rapuluchukwu Obielumanis zu liefern. Wahrscheinlich sind die meisten von ihnen auch ideologisch von ihrer Arbeit überzeugt. Durch die Nachrichten aus aller Welt wird ihnen aber bald bewusst, dass die Kampagne nicht nur Gerechtigkeit, sondern auch Gewalt und Blutvergießen erzeugt. Und diese Gewalt nimmt zu, je näher New York City rückt. Abgesehen von möglichen Sabotageakten durch bezahlte Verräter auf dem Schiff und Attentäter in New York City sehen sich die Charaktere auch mit ihrer eigenen Überzeugung und der Frage konfrontiert, ob der Zweck jedes Mittel heiligt. Schließlich wird es Antworten auf folgende Fragen geben:
Erreicht das Schiff New York City?
Erreicht Rapuluchukwu Obielumani das UNO-Hauptquartier?
Kann die Gerichtsverhandlung stattfinden?
Was sind die Folgen?
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Offline Maarzan

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #1 am: 2.07.2017 | 22:03 »
Wer sollen denn die Charaktere dabei sein?
Bisher ist alles nur NSC-getrieben.

Als sonstiges Ergebnis würde ich erwarten, dass sich die Leute auf dem Schiff (ggf. von außen an gewisse innere Spannungen, Vertreibungen und z.B. andere Sklavenjäger/halter mit an Bord erinnert) noch vor Erreichen von NewYork an die Kehle gehen und mit dem so ramponierten Kahn sehr symbolträchtig untergehen.
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Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #2 am: 3.07.2017 | 01:39 »
Zitat von: Maarzan
Wer sollen denn die Charaktere dabei sein?
Bisher ist alles nur NSC-getrieben.

Wer die Charaktere sein sollen, steht im letzten Absatz gleich zu Beginn. Danach finden sich auch ein paar Ideen zu möglichen Handlungsverläufen. So richtig ausgearbeitet ist das aber noch nicht, siehe mein allererster Satz.

Was deine Erwartungen angeht, verstehe ich leider nicht die Erklärung, die du in Klammer gesetzt hast. Da stimmt irgendetwas mit dem Satzbau nicht.
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Offline LushWoods

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #3 am: 3.07.2017 | 11:06 »
Ich würde das rollenspieltechnisch niemals anfassen.
Zu politisch, zu ... realistisch für meinen Geschmack.
ABER ... Heilige Scheiße is das ne coole Story-Idee. Respekt. Das würde ich gerne als Film oder Roman sehen.  :d

Offline Waldviech

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #4 am: 3.07.2017 | 11:42 »
Als Buch oder Film - definitiv. Was mich ich in dem Szenario aber gerade frage: Warum hat gerade dieser Film einen derartigen Impact? Es ist ja nicht so, als gäbe es nicht schon ähnliche Werke. Ebenso gibt es bereits Panafrikanismus. Meine realistische Stimme im Hinterkopf vermutet hinter diesem Szenario eher einen 15-Minutes-of-Fame-Medienhype als einen Event, der wirklich was bewegt -  zumal die Idee, alle ehemaligen Kolonialmächte offiziell vor der UN anzuklagen zwar erstmal fair klingt, aber eine ganze Menge an Problemen verursacht, angefangen bei "Wann verjährt so ein Kolonialverbrechen eigentlich?"
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Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #5 am: 3.07.2017 | 11:50 »
Persönlich würde ich das Szenario in die Vergangenheit verlegen, vielleicht in die 70er, um ein bisschen Distanz zu schaffen.

Das hätte auch den Vorteil, dass man diverse Teilaspekte in diesem zeitlichen Kontext besser beleuchten kann. Fernsehen hat noch mehr Relevanz, die Bürgerrechtsbewegungen in den USA sind noch militanter, politischer Terrorismus insgesamt präsenter, und der Kolonialismus noch frischer. Man könnte auch jemanden wie Gaddafi als Geldgeber einsetzen, der die Bewegung für seine Pan-Afrikanisch-Arabische Union (oder wie er das damals nannte) instrumentalisiert, und die Aktion so weiter in die Grauzone ziehen.

Mit ein bisschen Recherche findet man da sicher einige reale Vorlagen, Ideen und Charaktere, die als Inspirationsquellen taugen.

Offline Waldviech

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #6 am: 3.07.2017 | 12:03 »
Plus: es ist glaubhafter, falls sich die ehemaligen Kolonialmächte offen arschiger verhalten. Denn mal ehrlich: wer würde das Unternehmen mit dem Schiff heute, 2017 oder gar 2019, tatsächlich sabotieren oder aufhalten wollen - mal abgesehen von einigen sehr randständigen Gruppen. Das Schiff fährt los, die Aktion wird auch im Westen eifrig beklatscht und in New York gibt's ein paar große Gesten und Worte. Vielleicht bessert sich danach wirklich was, vielleicht auch nicht - besonders actionreich oder aufregend wird die Überfahrt an sich wahrscheinlich nicht. In den 70ern sähe das potentiell SEHR anders aus, zumal auch die Initialzündung mit dem Film 1970irgendwas mehr Bumms hätte, als heute wo man sehr ähnliche Filme in diversen Varianten auf jedem Kulturkanal sehenn kann.
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Ucalegon

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #7 am: 3.07.2017 | 12:05 »
2019: Zewdi Mewael, eine eritreische Filmemacherin, zeigt auf dem panafrikanischen Filmfestival in Ouagadougou ihren neuen Film, eine dreistündige Familiensaga, in der vom italienisch-äthiopischen Krieg und der Schlacht von Adua über die Kolonialisierung Eritreas, Hungersnöte und den äthiopischen Bürgerkrieg bis in die Gegenwart anhand ausgewählter Stationen das Schicksal einer eritreischen Sippe nachverfolgt wird. Der Film endet damit, dass die jüngste Tochter der Sippe sich zuletzt gemeinsam mit einer jungen Äthiopierin in einer Menschenrechtsorganisation gegen weibliche Genitalverstümmelung organisiert.

Die Idee, ein Szenario mit einer Film-Synopse bzw. vlt. sogar ein paar Bildern aus dem Film beginnen zu lassen, finde ich stark. Das merke ich mir allein schon als coole Technik.

Er lässt ein Sklavenschiff aus dem 18. Jahrhundert rekonstruieren, besetzt es mit einer Mannschaft, einem Filmteam, 40 Tuareg-Trommlern und einigen Jazzmusikern. Unter permanentem Trommeln und Musizieren soll auf diesem Schiff Rapuluchukwu Obielumani den Atlantik überqueren. Sein Ziel ist das UNO-Hauptquartier in New York City, wo er als Strafverfolger alle ehemaligen Kolonialmächte in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung verklagen und deren vergangene und gegenwärtige Vergehen verfolgen will.

Ein Prozess zur Verurteilung nicht nur aller Kolonialverbrechen, sondern des Kolonialismus an sich, wirft für mich zu viel zusammen und wirkt einfach komisch. Ich würde an ein anderes Politikum denken, wie eine groß angekündigte Rede oder einen ganz bestimmten Prozess, der dann aber als stellvertretend wahrgenommen wird. Damit verbunden: Warum gerade ein Sklavenschiff?

Edit: In Anlehnung an Pyro. Vielleicht geht es ja um die Verabschiedung einer historischen (oder fiktiven) UN-Resolution.

an anderen Orten führt das gesteigerte Selbstbewusstsein der jungen Schwarzen aber dazu, dass sich diskriminiert fühlende Schwarze schneller zur Wehr setzen. In den USA wird eine erste Polizeiwache besetzt, an einigen Orten kommt es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Diverse Minderheiten an verschiedensten Orten der Welt erklären sich solidarisch mit der AY. Auch dort kommt es hin und wieder zu Aufständen.

Das würde ich auf keinen Fall so machen. Das klingt wie der ewige rassistische Alptraum der weißen USA.

Die Charaktere sind das Filmteam von Orange Marokko. Sie werden dafür bezahlt, eindrucksvolle Bilder und Töne von der Überfahrt Rapuluchukwu Obielumanis zu liefern. Wahrscheinlich sind die meisten von ihnen auch ideologisch von ihrer Arbeit überzeugt. Durch die Nachrichten aus aller Welt wird ihnen aber bald bewusst, dass die Kampagne nicht nur Gerechtigkeit, sondern auch Gewalt und Blutvergießen erzeugt. Und diese Gewalt nimmt zu, je näher New York City rückt. Abgesehen von möglichen Sabotageakten durch bezahlte Verräter auf dem Schiff und Attentäter in New York City sehen sich die Charaktere auch mit ihrer eigenen Überzeugung und der Frage konfrontiert, ob der Zweck jedes Mittel heiligt.

Wie gesagt, nimm ein anderes Dilemma. Vielleicht eines, das sich auf das Schiff und seine Besatzung beschränkt. Oder den plötzlichen, unfreiwilligen Ruhm der Hauptfiguren. Oder die Tatsache, dass alle möglichen politischen Gruppen das Anliegen instrumentalisieren wollen.
« Letzte Änderung: 3.07.2017 | 12:18 von Ucalegon »

Offline Maarzan

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #8 am: 3.07.2017 | 12:42 »
Wer die Charaktere sein sollen, steht im letzten Absatz gleich zu Beginn. Danach finden sich auch ein paar Ideen zu möglichen Handlungsverläufen. So richtig ausgearbeitet ist das aber noch nicht, siehe mein allererster Satz.

Was deine Erwartungen angeht, verstehe ich leider nicht die Erklärung, die du in Klammer gesetzt hast. Da stimmt irgendetwas mit dem Satzbau nicht.

Mein Fehler - war wohl schon zu spät gestern.

Das mit dem Zusatz in der Klammer besagte, dass ggf diese inneren Zwistigkeiten auch dadurch wieder ausbrechen oder verstärkt werden, indem z.B. jemand von außen an alte (oder gar noch laufende)  innere Konflikte und erlittenes Unrecht, Vertreibung, Unterdrückung durch die Völker von Mitreisenden erinnert.
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Offline KlickKlack

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #9 am: 3.07.2017 | 13:34 »
Wenn das ganze auch nur den Hauch von Realismus haben soll brauchst Du viel, viel panafrikanischen Konflikt, so ist es eher eine Black Lives Matters Utopie... nein, dann wäre es ein Kanonenboot

Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #10 am: 3.07.2017 | 16:49 »
Erstmal sei vorausgeschickt, dass ich mich hier nicht unbedingt in der Rolle sehe, diese Idee verteidigen zu müssen. Vielleicht verändert sie sich oder wird überhaupt nichts. Auch nicht schlimm.

Es gibt ein paar Einflüsse, die ich da zu einem Plot verarbeitet habe. Doris Lessing schildert in ihrem Roman "Shikasta", wie ein Mann (eigentlich ein Außerirdischer, der sich als Mensch ausgibt) die ehemaligen Kolonialstaaten bei der UNO verklagt. Die Szene ist recht eindrucksvoll und wenn das hier wirklich etwas werden sollte, dann werde ich sie wohl nochmal hervorkramen müssen. Ich habe den Roman vor etwa 25 Jahren gelesen und meine mich zu erinnern, dass da auch richtig argumentiert wird.

Die Tuareg-Trommler tauchen in Archie Shepps Aufnahme "Live at the pan african festival" auf: Archie Shepp: We have come back. Die Aufnahme beginnt mit einer Ansage und einem Statement, dann geht´s etwas behutsam los, aber wer sich bis zum 2. Teil durchgehört hat, bekommt ein Gefühl für die Power, die so eine Gruppe erzeugen kann. Als die Flüchtlingswelle auf Europa zukam musste ich immer an diese Aufnahme denken und habe mir vorgestellt, dass irgendwann einmal Archie Shepp mit seinen Tuareg-Trommlern in einem Boot sitzen wird und die italienische Küstenwache schon durch ihren Sound in die Flucht schlagen wird. Bisschen kitschig, ich weiß.

Was eure Fragen und Anmerkungen angeht kann ich nur sagen: Ich bin kein Politiker. Ich bin auch kein Aktivist. Ich arbeite ein klein wenig ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe mit, das war´s dann aber auch schon. Das Ganze ist eine Utopie (oder Dystopie - das muss jeder selbst entscheiden), das sollte klar sein.

Meine Idee basiert nicht darauf, dass da plötzlich etwas nie Dagewenes entsteht. Bekannte Ideen werden mit bestehenden politischen Möglichkeiten kurzgeschlossen (wenn ich richtig informiert bin, gewinnt das panafrikanische Parlament derzeit durchaus ein wenig an Einfluss) und dann durch Intellektuelle und Leute mit einer entsprechenden Finanzkraft unterstützt. Es spricht nichts dagegen, dass auf dem Schiff täglich in einer Art Hommage an die Vordenker eine zehnminütige Lesung von Texten Frantz Fanons oder anderer Panafrikaner stattfindet. Es wird auch an anderen Stellen im Tanelorn über Was-Wäre-Wenn-Szenarien diskutiert. Nun, das ist eben eines dieser Szenarien.

Das Szenario lässt sich sicherlich in die Zeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung verlegen. Einiges spricht dafür. Schade finde ich allerdings, dass wir dann von seiner Fiktivität ausgehen müssen. Ich schätze es bei dieser Geschichte, wenn zumindest der Hauch einer Möglichkeit besteht, dass Teile davon wahr werden könnten.

Zitat von: Waldviech
Das Schiff fährt los, die Aktion wird auch im Westen eifrig beklatscht und in New York gibt's ein paar große Gesten und Worte. Vielleicht bessert sich danach wirklich was, vielleicht auch nicht - besonders actionreich oder aufregend wird die Überfahrt an sich wahrscheinlich nicht.

Ja, das kann so kommen. Und wenn das wirklich alles ist, dann finde ich die Sache trotzdem darstellenswert, denn auch so ein Verlauf der Handlung kann den Spielern einen Einblick in einen Mechanismus verschaffen, der eine große Relevanz für unsere Gegenwart besitzt (der Mechanismus heißt: "Große Ideen können schnell verpuffen"). Trotzdem ist doch nicht ausgeschlossen, dass da jemand das symbolträchtige Schiff genauso symbolträchtig scheitern lassen will. Wichtiger als die handfeste Action finde ich aber die Reflexionen der Beteiligten. Wenn bekannt wird, dass da etwas in Gang gekommen ist, was ein erhebliches Gewaltpotential beinhaltet kann es zu einem Streit an Bord kommen, der verschiedene moralische Standpunkte aufeinander prallen lässt. Das ist für mich der wirklich spannende Kern der Sache.

Zitat von: Ucalegon
Vielleicht geht es ja um die Verabschiedung einer historischen (oder fiktiven) UN-Resolution.

Wie gesagt: Der Prozess zur Verurteilung des Kolonialismus ist nicht meine Idee. Fiktive UN-Resolutionen finde ich aber eine interessante Alternative. Worum könnte es da konkret gehen? Ideen lese ich mir gern durch.

Die bürgerkriegsähnlichen Zustände in den USA sind sicherlich kein besonders originelles Mittel. Ich brauche sie aber, um Druck aufzubauen und um mögliche Schattenseiten einer entsprechenden Entwicklung aufzuzeigen. Kathryn Bigelow hat das mit ihrem Film "Strange Days" ganz gut vorgemacht. So eine aufgeheizte Atmosphäre schwebt mir vor.

Zitat
Wie gesagt, nimm ein anderes Dilemma. Vielleicht [...] die Tatsache, dass alle möglichen politischen Gruppen das Anliegen instrumentalisieren wollen.

Das lässt sich außerdem noch machen (und steckt im Prinzip auch schon in der Idee mit drin).

Zitat von: KlickKlack
Wenn das ganze auch nur den Hauch von Realismus haben soll brauchst Du viel, viel panafrikanischen Konflikt, so ist es eher eine Black Lives Matters Utopie... nein, dann wäre es ein Kanonenboot

Den Satz würde ich gern verstehen, aber du machst nur Andeutungen. Kannst du ein bisschen genauer erklären, was du meinst?
« Letzte Änderung: 3.07.2017 | 17:04 von Chiarina »
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Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #11 am: 3.07.2017 | 17:08 »
Wollte ich das umsetzen, dann würde ich das ganze Spiel sehr stark skripten: Eine feste Szenenfolge (um die fünf oder sechs Szenen), vielleicht mit 1-2 Verzweigungen oder optionalen Szenen, je nach dem, welche Entscheidungen an Bord getroffen werden, und eine Epilog-Mechanik, mit der ausgewertet wird, wie die Sache ausgeht.

Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #12 am: 3.07.2017 | 17:15 »
Hört sich gut an (und Danke für den konstruktiven Vorschlag).
Kennst du ein Szenario, wo man sich so etwas mal anschauen kann?
Geht das nicht bei deiner "Verhandlung um Polen" so ein wenig in diese Richtung?
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Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #13 am: 3.07.2017 | 17:29 »
Hört sich gut an (und Danke für den konstruktiven Vorschlag).
Kennst du ein Szenario, wo man sich so etwas mal anschauen kann?
Geht das nicht bei deiner "Verhandlung um Polen" so ein wenig in diese Richtung?

Ja genau - auch wenn es nicht "meine", sondern die von Jason Morningstar ist. Und schau dir mal "'Terps" vom gleichen Autor an. Beide Spiele haben die Szenenstruktur, eine Epilogmechanik fehlt aber. Da wäre vielleicht ein Blick auf "My Life with Master" nützlich.

Offline YY

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #14 am: 3.07.2017 | 17:31 »
Epilog-Mechanik

Wie würde so was beispielsweise funktionieren (im besten Falle mit einer sehr losen Verbindung zur restlichen Spielmechanik) ?

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #15 am: 3.07.2017 | 17:36 »
Wie würde so was beispielsweise funktionieren (im besten Falle mit einer sehr losen Verbindung zur restlichen Spielmechanik) ?

Man könnte z.B. ein paar globale Werte haben, wie Gewalt, Wut, Hoffnung, Ausgleich, die sich in den gespielten Szenen je nach dem, was die SCs machen, vermindern oder erhöhen. Und am Ende gibt es eine Tabelle der Art: "Wenn Wut der größte Wert ist, dann passiert A. Wenn Hoffnung der größte Wert ist, dann passiert B. Wenn Gewalt+Wut größter ist als Hoffnung+Ausgleich, dann passiert C..." Usw.

Und statt festen Ereignissen A, B, C usw. würde ich da grobe Tendenzen vorgeben (ähnlich wie bei Fiasco), die die Spieler dann selbst mit Inhalten füllen.
« Letzte Änderung: 3.07.2017 | 17:38 von Pyromancer »

Ucalegon

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #16 am: 3.07.2017 | 18:57 »
@Chiarina: Solltest du da weiter Arbeit reinstecken, kannst du neben den Morningstar-Spielen auch mal einen Blick auf Montsegur 1244 und Witch: The Road to Lindisfarne werfen. Für eine persönliche und emotionale Reise der Hauptfiguren über verschiedene, fest vorgegebene Stationen hinweg, sind das auch hervorragende Beispiele.

Für den Epilog würde ich vielleicht im Sinne von 1of3s Post über Würfelmechaniken/Zufallstabellen mit den möglichen/gewünschten Ausgängen anfangen. Bzw. mit der Frage ob es um den Ausgang der Reise, einen persönlichen Epilog der Hauptfiguren oder die Folgen der Verhandlung o.Ä. geht. Oder ob du mehrere Ebenen parallel auflösen willst.



« Letzte Änderung: 3.07.2017 | 19:04 von Ucalegon »

Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #17 am: 3.07.2017 | 19:06 »
Danke, das sind tolle Anregungen.
Terps kannte ich noch nicht und hab´s mir gerade mal ausgedruckt.
Montsegur 1244 kenne ich. Als Beispiel ist das durchaus interessant.
Witch: The road to Lindisfarne kenne ich nicht. Bin gespannt.
Pyromancers Epilogmechanismus ist ein spannender Ausgangspunkt.
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Offline KlickKlack

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #18 am: 4.07.2017 | 02:12 »
Ich denke Du lässt sich da auf keine Diskussion ein, werde aber versuchen etwas näher zu erklären was mich stört, oder was ich vermisse - mal abgesehen von meiner generellen Skepsis bezüglich historischer Aufarbeitung in Schwarz-Weiß. Historische Fragen sollten ab einem bestimmten Punkt in der Geschichte, nun eben historisch erforscht und nicht juristisch aufgearbeitet werden. Es ist legitim die Verbrechen (aus welcher historischen/juristischen//moralischen Perspektive eigentlich? Unserer, die der Zeitgenossen? Auf der einen, oder auf der anderen Seite?) die mit historischen Ereignissen einhergingen moralisch zu verurteilen und sich völkerrechtlich oder wie auch immer zu verständigen Solches in Zukunft zu unterlassen… aber darüberhinaus ?
Der Anspruch das Leid des modernen Afrika auf den Kolonialismus zurückzuführen ist an sich schon mehr als fragwürdig, aber sicher so verbreitet und akzeptiert, zumindest in großen Teilen der westlichen Welt, dass ein Ansatz wie deiner auf den ersten Blick opportun ist und sicher von vielen angenommen werden wird. Mich würde es sehr stören in ein solches Szenario hineingeworfen zu werden, ohne die Möglichkeit zu haben, als Spieler und Charakter zu erleben, wie diese Sicht im Frage gestellt und auch relativiert wird.

Ob nun ganz brutal beginnend mit dem Hinweis, dass Sklaverei auf dem afrikanischen Kontinent eine lange Tradition hatte und die westlichen Sklavenhändler vor lauter Angst die Küste zu verlassen und tiefer ins Landesinnere vorzudringen maßgeblich auf afrikanische Sklavenjäger und -Händler angewiesen waren,
oder sehr gegenwärtig, junge gebildete Afrikaner die zwar sehen wie hässlich der große Einfluss Frankreichs auch heute noch zu Problemen führt, dies aber völlig nebensächlich wirkt, vergleichen mit den Schrecken, die los brechen, wenn der westliche Einfluss schwindet. Oder die brutalen Rückschläge die afrikanischer Feminismus durch ein erstarken afrikanischer ‚Tradition‘ erfährt…

Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #19 am: 4.07.2017 | 03:45 »
Oh, doch. Ich lasse mich da auf eine Diskussion ein. Ich lasse mich vor allem gern belehren. Bei den Beispielen, die du vorbringst, ist das aber kaum nötig.
Natürlich ist mir bewusst, dass im vorkolonialen Afrika nicht alles eitel Sonnenschein war.
Natürlich haben die Mächtigeren dort den Weißen in die Hände gespielt und die Sklaverei mit ermöglicht.
Natürlich haben Unabhängigkeitsbewegungen bis hin zum sogenannten arabischen Frühling Blutvergießen befördert.
Natürlich ist der Feminismus in Afrika nicht besonders weit gekommen, ist vielleicht sogar auch wieder auf dem Rückmarsch.
Das weiß ich alles so einigermaßen.

Zitat von: KlickKlack
Es ist legitim die Verbrechen (aus welcher historischen/juristischen//moralischen Perspektive eigentlich? Unserer, die der Zeitgenossen? Auf der einen, oder auf der anderen Seite?) die mit historischen Ereignissen einhergingen moralisch zu verurteilen und sich völkerrechtlich oder wie auch immer zu verständigen Solches in Zukunft zu unterlassen… aber darüberhinaus ?

Vielleicht reicht das auch schon. Ich bin überzeugt, dass auch das gegenwärtig noch genügend Sprengkraft bietet. Ich äußere mich dazu vielleicht noch genauer, wenn ich nochmal in den Doris Lessing Roman hineingesehen habe.

Mit deinen Bestrebungen, einen dialektischen Blick auf die Ereignisse zu werfen, sympathisiere ich. Ich will zwei Dinge darauf erwidern:
1.

In meinem Szenario geht es nur zum Teil um Schuld. Es geht auch um Einigung. Das ist der positive Aspekt, für den sich immer wieder Leute zum Idioten machen müssen, damit dann vielleicht doch mal einer zumindest einen Teilerfolg hat. Ich glaube nicht, dass die Taten der anderen umsonst waren. Selbst die, die keinen Erfolg haben, konnten eine Katastrophe vielleicht ein wenig hinauszögern oder abmildern. Und wenn sie noch nicht einmal das erreichen konnten, dann zeigen sie wenigstens durch ihr Beispiel, dass es Menschen gibt, die weiterhin daran glauben, dass es richtig ist, sich für eine gegenseitige Verständigung einzusetzen. Das ist in meinen Augen ein wichtiges Zeichen.
2.
Zitat von: KlickKlack
Mich würde es sehr stören in ein solches Szenario hineingeworfen zu werden, ohne die Möglichkeit zu haben, als Spieler und Charakter zu erleben, wie diese Sicht im Frage gestellt und auch relativiert wird.
Selbstverständlich muss diese Möglichkeit gegeben sein. Ich bin da völlig bei dir. Ich will doch kein Propagandamaterial erstellen! Und warum soll es nicht ein afrikanischer Warlord sein, der versucht das Schiff zu sabotieren? Warum soll nicht irgendein afrikanischer Bürgerkrieg verantwortlich dafür sein, dass der Schiffsbesatzung plötzlich der Nachschub an Trinkwasser abgedreht oder der Geleitschutz abgezogen wird? Warum soll nicht herauskommen, dass derselbe Politiker, der den Film protegiert hat, sich insgeheim gleichzeitig um Waffenlieferungen an sein Heimatland bemüht hat? Vielleicht erreicht das Schiff am Ende New York, aber die Schiffsbesatzung hat inzwischen erkannt, dass es das Afrika, für das sie sich einsetzt, gar nicht gibt? Das ist völlig legitim und wenn diese Idee hier wirklich noch ein wenig wachsen sollte, wird es Szenen geben, in denen solche Entwicklungen die Kampagne ins Schleudern bringen.

Hat mich gefreut.
« Letzte Änderung: 4.07.2017 | 04:12 von Chiarina »
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Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #20 am: 4.07.2017 | 12:41 »
Die momentane schlechte Situation Afrikas rührt ja nicht vom Kolonialismus her, sondern hat andere Gründe:
1) Agrarsubventionen der Industrienationen, die nachhaltig verhindern, dass Afrikaner mit Landwirtschaft Geld verdienen können
2) Entwicklungshilfe, die so gut wie immer in den Taschen der korrupten Machtelite landet und sie dadurch an der  Macht hält
3) Fehlgeleiteter Idealismus, wenn z.B. ein deutscher Abiturient für ein Jahr als "Entwicklungshelfer" nach Afrika geht um Brunnen zu graben, und dafür ein "Taschengeld" bekommt, mit dem man statt dessen zwei arbeitslose Einheimische fürs Brunnengraben bezahlen könnte.

Solche Sachen soll/muss das Szenario in meinen Augen thematisieren. Und dann sind wir bei dem Punkt, den ich letztes oder vor zwei Jahren dem gesagt habe, der ein Spiel zur Flüchtlings-Thematik machen wollte: Damit das (für mich) akzeptabel wird, musst du graben, musst du recherchieren, musst du Zahlen und Fakten wälzen und mit Betroffenen sprechen (und zwar mit mehr als dreien).


Offline Chiarina

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #21 am: 4.07.2017 | 13:35 »
Die Frage ist eben, ob das nicht in irgendeiner Form Kolonialismus mit anderen Mitteln ist (insbesondere Punkt 1).

(Im Übrigen kenne ich einige Abiturienten, die ein Jahr nach Afrika gegangen sind. Ich weiß nicht, was die an "Taschengeld" bekommen. Brunnen graben die aber jedenfalls nicht. Die meisten, die ich kenne, arbeiten als Hilfskräfte an Schulen und unterrichten dort Deutsch, Englisch oder Französisch.)

Zitat von: Pyromancer
Damit das (für mich) akzeptabel wird, musst du graben, musst du recherchieren, musst du Zahlen und Fakten wälzen und mit Betroffenen sprechen (und zwar mit mehr als dreien).

Mit anderen Worten: Es muss ´ne Doktorarbeit werden, inklusive wasserdichter Disputation, bevor es sich jemand erlauben darf, etwas entsprechendes zu veröffentlichen. Da schauen wir doch gerade ´mal, was Jason Morningstar zu dem von dir empfohlenen ´Terps so schreibt:

Zitat von: Jason Morningstar
This game is a work of fiction and deliberately distances itself from reality, but each of the events described is drawn from a real story as told by a combat interpreter, filtered through my own lens. My government appears ready to abandon many of these allies to near-certain death and this game is my reaction.
(Hervorhebungen von mir)

Ich kann damit leben.
« Letzte Änderung: 4.07.2017 | 14:03 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline KlickKlack

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #22 am: 4.07.2017 | 14:16 »
Ja... Neokolonialismus etc. das ist sicher eine legitime Sicht, aber i.e. Schon früher angemerkt, es gibt eben die unschöne Tendenz in Gut und Böse zu unterscheiden. Dafür ist die reale Welt aber eben zu komplex.
Desto genauer Du hinschaust, desto verschwommener wird es und desto schwieriger wird es moralisch zu werten. Belgisch Kongo war die Hölle auf Erden - abscheulich was die kolonialherren dort verbrochen habe...
Sieht man genauer hin, dann stellt man fest, die Kolonialherren kamen nicht ursprünglich auf die Idee Hände und Füße abzuhacken und Kinder säumiger Schuldner zu verspeisen, man bediente sich eines für seine Aggressivität bekannten Stammes, der gerne die Aufgabe übernahm die Mitglieder der anderen Stämme zu kontrollieren und zu sanktionieren, wie? Traiditionell, Hände und Füße abhacken, hin und wieder ein Kind entführen und aufessen... ein hässliches Beispiel aus der Vergangenheit.
Gegenwärtig gab und gibt es viele Projekte die tatsächlich die 'echten' Probleme anpacken, oder anpacken wollen. Häufig scheitert es nicht am Neokolonialismus, sondern an Traditionen und Gepflogenheiten die aus unserer Perspektive widerlich und menschenverachend sind, in vielen afrikanischen Ländern aber Gang und Gäbe. Nur aus Erfahrung meines Umfeldes -  seit einer ganzen Weile ist man dazu übergegangen afrikanische Männer so gut es irgend geht aus Projekten herauszuhalten und mehr Projekte auf der Mikro Ebene zu starten, ganz bewusst auf Frauen ausgerichtet (weshalb es große Probleme mit den beiden Geschlechtern gibt will ich hier garnicht breit treten) viele Projekte scheiterten leider in dem Moment in dem sie begannen richtig anzulaufen, in dem Moment in dem Subsistenzwirtschaft auch nur im Ansatz überwunden wurde nahm häusliche Gewalt in einem Maße zu... naja, wirklich hässlich. Und das ist eben nur der Mikrokosmos.
Auf Staats Ebene gibt es in 99% der Fälle keinen Wunsch irgendetwas zu verändern, von dem man sich nicht hier und heute ganz offensichtliche Vorteile verspricht. Staatsebene schließt aber in afrikanischen Ländern, vor allem sub Sahara, die gesamte Elite mit ein und somit das Gro der Studenten und in welcher Form auch immer Gebildeten.

Pyromancer

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Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #23 am: 4.07.2017 | 14:34 »
Mit anderen Worten: Es muss ´ne Doktorarbeit werden, inklusive wasserdichter Disputation, bevor es sich jemand erlauben darf, etwas entsprechendes zu veröffentlichen.
Du darfst veröffentlichen, was du willst, aber damit es FÜR MICH interessant wird, muss es Substanz haben. Du musst keine Doktorarbeit schreiben, aber du solltest zumindest eine lesen (oder zumindest ein paar Fachbücher zu dem Thema), bevor du das Thema verwurstest. Das ist die Bürde, die du dir dadurch auflädst, ein realweltliches Setting mit realer Geschichte zu verwenden - noch dazu eines, mit real existierenden Betroffenen. Da ist für mich die Messlatte wesentlich höher als bei fiktiven Szenarien.

Zitat
Da schauen wir doch gerade ´mal, was Jason Morningstar zu dem von dir empfohlenen ´Terps so schreibt:
(Hervorhebungen von mir)
"'Terps" ist aber gerade KEIN Spiel um afghanische Übersetzer der US-Truppen im Kampf gegen die Taliban, sondern das Setting ist durch die SciFi-Linse verfremdet, mit Außerirdischen und Raumschiffen und anderen Planeten. Damit ist klar, dass das Spiel gar keinen Anspruch erhebt, die Wirklichkeit zu erklären. Es hat trotzdem mit der Wirklichkeit zu tun, und man kann Analogien zur Lage echter Betroffener bilden und sich vielleicht auch ein bisschen einfühlen, aber es ist eben nochmal einen Schritt weiter weg.
(Und ich vermute, dass Jason Morningstar trotzdem mehr als zwei Romane und eine Fernseh-Dokumentation zu dem Thema durchgearbeitet hat.)

Das macht für mein Gefühl einen riesigen Unterschied aus.


Ucalegon

  • Gast
Re: African Youth - kleine Szenarioidee
« Antwort #24 am: 4.07.2017 | 14:48 »
Solche Sachen soll/muss das Szenario in meinen Augen thematisieren. Und dann sind wir bei dem Punkt, den ich letztes oder vor zwei Jahren dem gesagt habe, der ein Spiel zur Flüchtlings-Thematik machen wollte: Damit das (für mich) akzeptabel wird, musst du graben, musst du recherchieren, musst du Zahlen und Fakten wälzen und mit Betroffenen sprechen (und zwar mit mehr als dreien).

Das ist ein Weg. Wenn aber die Anforderungen an ein solches Spiel dann letztlich unerfüllbar werden und es deswegen gar nicht geschrieben wird, ist das aus meiner Sicht trotzdem eine verpasste Chance.

Dein Vorschlag, ein historisches Setting zu nehmen, nimmt sicher Brisanz raus. Wie man das respektvoll macht kann man bei Jason Morningstar sehen (Grey Ranks u.a.).

Etwas anders gelagert sind die Rollenspiele, die gar nicht erst den schwer zu erfüllenden Anspruch erheben, eine korrekte (historische) Darstellung zu sein, sondern eher bestimmte Narrative erleb-/erzählbar machen wollen:

Zitat
carry is a game about war. This roleplaying game about American soldiers in the Vietnam War is situated in a collective memory of Vietnam as presented in the narratives created about that experience.

Zitat
This is not simply a game about slavery. Steal Away Jordan is a vehicle for participants to tell a collective story of the lives of people who live in the shadow of slavery. The emphasis here is on the people, not the place or time. The institution affects everyone from the child born into bondage to the man who owns him. Steal Away Jordan is a role playing/story telling game written in the spirit of “neo-slave narratives” like Jubilee, Toni Morrison’s Beloved, and Octavia Butler’s Kindred. [...] Although I wrote Steal Away Jordan with the Antebellum United States in mind, slaves exist in all eras throughout past and current history. Create stories in other settings, such as a 21st century cocoa plantation in the Ivory Coast, ancient Greece, even a world of the future.

Oder es geht um die Situation und echte Bezüge werden nur angedeutet:

Zitat
The Forgotten: A live action game about a group of civilians surviving in a war zone against all odds

Zitat
Bluebeard’s Bride [...] There is a connection between the feminine experience and horror that we wanted to tap, and hope that you find a rich environment in which to base your game. There is a wide range of experience embedded in both the fairy tale and the game, and some of that will speak to both traditional horror literature as well as some real life situations.

Oder um ein persönliches Statement:

Die Welten "India’s Daughters" oder "Young, Gifted, and Black" aus der kommenden Erweiterung Misspent Youth: Sell Out with Me.

Zitat
Dog Eat Dog claims to be a game about the initial process of colonization, and I hope it approaches that subject well. But I originally wrote it as an attempt to understand my personal process of assimilation, on an island that became a state decades before I was born—how the influences and the education I received during my childhood combined to teach me that I was much better off as a white man than as a half-Filipino.

Mein Eindruck ist: Rollenspiele werden zunehmend besser darin, sich auf verschiedensten Wegen und mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen mit der Realität auseinanderzusetzen. Um den Bogen zum Thema zurückzuschlagen: Als ersten Entwurf, Chiarina, finde ich "African Youth" interessant. Wenn du mehr daraus machen willst, wäre mein Anspruch nicht eine korrekte - wie auch immer man das bestimmt - Darstellung, sondern eine deutlichere Antwort auf die Frage, wo du damit hinwillst. Stichwort: Utopie?