Skizzierte Karten nutze ich gerne und viel, gebe sie aber nur sehr selten komplett an Spieler aus. Bei uns ist es gewachsene Tradition, dass die Spieler ihre Karten selber zeichnen, wenn sie welche haben wollen. Dass dabei Fehler passieren gehört zum ganz normalen Geschäft. Eine fertige Karte bekommt man als Spieler, wenn der Charakter sie auch im Spiel in die Finger bekommen kann. Lokale Situationen baue ich auf dem Tisch mit kleinen farblosen Wandelementen aus Minilegos nach, die alles sein können (Mauer, Tür, Fels, Baumstamm …). Das stellt die Geometrie nach und ein Kartenzeichner hat eine Orientierung, die Phantasie hat aber noch Luft zum Atmen.
Aus der Sicht von jemanden, der die eigene Welt in gedruckte Form bringt:
Ich mag Bilder von Landschaften Gebäuden und Orten. Aber bei einer Veröffentlichung ist ein so freimütiges Nutzen fremder Quellen ausgeschlossen, wie es in einer Spielrunde vielleicht noch geht. Außerdem stehe ich mir dann ständig selbst im Weg: Durchgängig gleicher Zeichenstil, ansprechende Qualität, wirklich passende Darstellungen statt nur grob angenäherter Ähnlichkeit … all das müsste erfüllt sein. Das hat mich bei meinem Ein Mann Unternehmen zeitweise heftig frustriert, schon bei den Karten, in die doch noch so viele Details gehören. Ein sehr guter Freund hat das zum Glück für mich geklärt:
Eine Karte [oder ein Bild] soll die Phantasie beflügeln, indem sie [es] nicht zu viel vorgibt. Gerade das leistet eine als Skizze angelegte Karte perfekt. Eine zu realistische Darstellung kann zwei Wirkungen haben:
a) Wenn nur wenige Details enthalten sind, wirkt die Darstellung künstlich und steril und vermittelt eine "Spiel"-Welt ohne Leben.
b) Wenn viele liebevoll arrangierte Details enthalten sind, wirkt die Darstellung zwar authentisch und lebendig, aber der Spieler, der keine Beziehung zu all diesen Details hat, fühlt sich als Aussenstehender, der den Lebensraum eines anderen betrachtet.
Ein anderer Aspekt: Als Teil einer - in der Regel auf Papier vorliegenden - Beschreibung wirkt eine Zeichnung eher wie ein Entwurf, der geradezu einlädt, darin herum zu kritzeln, etwas hinzuzufügen, eigenes Leben hinein zu bringen. Ein perfektes realistisches Bild ist dagegen endgültig und behindert die Entwicklung eigener Ideen.
Ein allgemeines Landschaftsbild oder die Skizze eines typischen Stadthauses könnte die Atmosphäre gut transportieren. Bei konkreten Orten und vor allem bei Personen sehe ich Bilder teils als sehr problematisch. Ich sehe mir diese Bilder gerne an, allein schon weil sie lange Texte sinnvoll auflockern. Aber sie stehen zumindest bei einer guten Beschreibung meiner Vorstellung im Weg, selbst wenn der Künstler diese offensichtlich gelesen hat (abgedroschenes Beispiel: Driszt do Urden sieht auf keinem Buchcover so aus, wie er für mich in der Geschichte erscheint, obwohl die Bilder mir durchaus gefallen).
Ich arbeite schon immer unbewusst, inzwischen dank der Sicht von außen aber auch ganz bewusst nach dem Motto: Entscheidend ist nicht, dass meine Spieler genau das sehen, was ich im Kopf habe, sondern entscheidend ist,
dass sie etwas sehen. Die wenigen Stellen, wo die Spielervorstellung dann für Fehler sorgt, sind extrem selten und mit einigen kurzen Worten oder Nachfragen schnell aus der Welt zu schaffen.