Ich habe gestern die angekündigte Runde Bluebeard's Bride auf der Geekmansion geleitet. 4 Stunden, 5 Leute + SL.
Vorbereitung waren das Anhören der Actual Plays und Notizen zu fünf Zimmern, von denen ich eins benutzt habe.
Beim
Wedding Prep (ca. 1h) habe ich mitgeschrieben und aus den Hochzeitgeschenken an Blaubart gleich ein paar Ideen für Räume gemacht. Ich hätte dafür gern noch mehr Zeit gehabt. Meine Notizen waren nach ein paar Minuten Pause:
Fatale: Zartes Seidentaschentuch als Geschenk. Vermisst ihren Jugendfreund, den Schuster Philipp. Möglicher Move dazu: "Condemn a partner or a child with violence or words."
Virgin/Animus: Schenken Blaubart ihren eigenen Garten als Stickbild und Kräuter daraus. Für mich sehr aussagekräftig. Blaubart schätzt laut den Regeln Geschenke, die Unterwürfigkeit, Treue und Gehorsam symbolisieren. Die Geschenke von Animus und Virgin wiederum zeigen ihm im Gegenteil, dass die Braut noch eine andere Identität hat als die, seine Gattin zu sein. Als Room Threat habe ich dazugeschrieben: "Educate her on how she should please her husband."
Witch: Schenkt Blaubart einen Schäferhund-Welpen und vermisst die Tiere ihrer Heimat. Damit hätte ich gerne was gemacht, aber mir ist spontan nichts eingefallen, was nicht bloß plumpe Tierquälerei gewesen wäre.
Mother: Voller Picknickkorb als Geschenk. Das war für mich Blaubarts Lieblingsgeschenk (wichtig, weil der Ring zu Beginn an die Schwester mit dem Geschenk geht, das ihm am besten gefällt). Hier habe ich mir "Tempt her with gems, clothes or delectable delights" notiert als Gegenteil zum Landleben.
Das Spiel:Aus den Schlüsselbeschreibungen Zimmer zu machen, fiel mir leicht. Der Spielraum ist da natürlich auch sehr groß.
Zimmer 1: Langer Schlüssel mit Verzierungen, die ich vorher für die Eingangshalle beschrieben hatte. Ein Raum im Erdgeschoss, in dem Blaubart die Geschenke seiner Ehefrauen aufbewahrt. Das folgte direkt aus den Geschenken von Virgin und Animus. Die Braut betrachtete zunächst ein sehr einfaches Schutzzeichen aus Stroh, woraufhin der erste Schrecken auftauchte, eine frühere Frau Blaubarts, die in zerrissenem Kleid ihre Heimat beweinte. Zuerst wollte sie der Braut zeigen, dass deren Geschenk auch hier gelandet war. Nach sehr erfolgreichem Caress a horror entschied sie, das der neu Angekommenen zu ersparen und gab ihr stattdessen ein Amulett, auf dem sie selbst, mit zerissenem Kleid und halb entblößt dargestellt war. Sie suggerierte, dass es das sei, was Blaubart wirklich schätze. ("Show what Bluebeard enjoys in art, books and toys.") Nachdem die Braut ihr eigenes Garten-Stickbild gefunden hatte, wurde entschieden, ein weiteres Kästchen zu öffnen. Darin fand sich ein geschnitztes Schaf, das die Animus zerstörte, um eine weitere Frage darüber stellen zu dürfen. Auch hier handelte es sich offensichtlich um das Geschenk einer anderen Braut. Daraufhin tauchte der dazugehörige, erzürnte Schrecken einer jungen Frau auf und es gab das erste Mal Trauma. Nach einem Shiver from Fear-Move hatte ich die Anweisung, den Raum oder die Braut sich auflösen zu lassen, was ich zu Händen gemacht habe, die an ihrem Hochzeitskleid zerrten und es zerrissen. Danach war die Braut bereit, zu einem Urteil über das Geschehen zu kommen. Es wurde argumentiert, Blaubart habe die Geschenke hier immerhin in kostbarer Seide aufbewahrt und die alte Frau sei an ihrem Schicksal wohl selbst Schuld. (Token of Faithfulness).
Nach einem kurzen Aufenthalt in der Eingangshalle begab sich die Braut in den ersten Stock, um das beschädigte Kleid auszutauschen und fand ein Schlafzimmer.
Zimmer 2: Das war das Zimmer für die Fatale. Hier begegnete die Braut zunächst einer Dienerin, die wie eine alte Freundin von ihr aussah, sie aber nicht zu erkennen schien und das Zimmer aus Angst, Blaubart könne jeden Moment hier auftauchen, schnell verließ. Aufgrund des abgerissenen Äußeren der Braut entschied ich mich hier für die Bedrohung "Shame her by introducing the perfect woman." Eine frühere Braut, die ihre Hochzeitsnacht zur Zufriedenheit Blaubarts durchstanden hatte. Sie machte sich über das Aussehen der aktuellen Braut lustig und empfahl ihr die große Auswahl an bunter Nachtwäsche in den Wandschränken. Die zögerliche Braut suchte sich schließlich ein Stück aus, das ihre Vorgängerin ihr mit totenkalten Händen anziehen half. Der Fatale war das genug und sie übernahm mit ihrem Face Move den Ring, um die Frau mit Gewalt wegzustoßen. Das ging grandios schief, so dass sie selbst auf dem großen Seidenbett landete, das sie nicht wieder aufstehen lassen wollte. ("Bind her body in satin and silk"). Und während vom Flur her schon schwere Schritte zu hören waren, verschwand die andere Frau mit einem hämischen Grinsen. Die Braut entschied sich für die Flucht aus dem Zimmer (Escape Move) und entging gerade noch, nackt und verletzt, dem Schatten vor der Tür.
Zimmer 3: Die Braut fand als Nächstes ein Krankenzimmer. Dort legte sie sich ein Tuch um, mit dem eines der Krankenlager abgehängt war. Dahinter fanden sich Medikamente, die offensichtlich bei Abtreibungen verwendet wurden. Hier wollte ich als Kontrast zum bisherigen Spielverlauf einen Jumpscare-Effekt und habe den Arzt bei seiner schmerzhaften Behandlung einer Frau auftauchen lassen ("Reveal physical evidence of an abortion or stillbirth."). Die Braut versuchte die Schmerzen der Frau zu lindern, die allerdings trotzdem starb. (Token of Disloyalty). Insgesamt ein schwacher Raum ohne einen guten Schrecken und Potential für Fragen über die Frau dahinter.
Aus Zeitgründen einigten wir uns an diesem Punkt darauf, den Token Track um eins zu verkürzen und den nächsten Raum zum letzten vor dem Epilog zu machen.
Zimmer 4: Das war das Zimmer, das ich schon zuhause vorbereitet hatte. Spontan dazu kam aus der Schlüsselbeschreibung (ein sehr einfacher Schlüssel), dass es sich um ein privates Versteck handelte und später aus einem Shiver from fear-Move nach dem Fund von bitter gemachtem Tee und dem Wandbild einer alten Frau (Befürchtung: Blaubart könnte seine Mutter vergiftet haben), dass hier Blaubarts getötete Schwester zuhause war. Vor dem vergifteten Tee hatte diese nämlich auch ihr Rückzugsort nicht schützen können. Den durch das Gift verursachten Haarausfall versuchte ihr Geist zu beheben, indem sie sich einzelne Haare mit der Nadel wieder in die kahlen Stellen ihrer Kopfhaut nähte. Ihre verbliebenen Haare waren vom Blut rot gefärbt. Die Braut half ihr dabei, erhielt dafür Andeutungen über Blaubart und die tote Schwester überließ ihr Versteck schließlich der neuen Frau ihres Bruders. Ort und Schrecken waren der Gruppe merkbar sympathisch. (Token of Disloyalty).
Das verbotene Zimmer: Die illoyale Braut entschied sich, die verbotene Tür zu öffnen und stand barfuß im Blut der toten Frauen in der Kammer, von denen sie die Schrecken aus den vier Zimmern wiedererkannte. Die eigentliche Entscheidung, dem Preister im Dorf von Blaubarts Taten zu erzählen, war bereits gefallen und die fünf Epilogszenen endeten mit der toten Braut, die eine Schusterwerkstatt in Blaubarts Anwesen als ihr eigenes Zimmer im Anwesen heimsucht.
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Feedback:Der zentrale Kritikpunkt der Runde war, dass es große Unklarheit darüber gab, wann wer als die Braut sprechen und handeln darf. Das war im Spiel sichtbar, weil gefühlt viel geschwiegen und wenig interagiert wurde. Die Maiden-Moves sollen alle Schwestern machen können, aber schon im ersten Raum gab es Verwirrung, weil die Braut noch mit der alten Frau beschäftigt war und zugleich eines der Kästchen untersucht werden sollte. Ist hier Streit beabsichtigt? Und selbst wenn, hat das laut der Runde für viel zu viel Holpern (gerade für Horror!) gesorgt. Die Idee war, Handeln immer zu erlauben und der Schwester mit dem Ring ein Veto-Recht zu geben. Aus dem Regeltext geht das für mich auch nicht wirklich hervor. Von der an BB so gelobten Dynamik habe ich jedenfalls nichts gesehen, aber ich war vielleicht als SL zu beschäftigt.
Ein Mitspieler hätte BB gerne SL-los gehabt, weil ihm das Erstellen der Räume als der spannendste Teil erschien (er kam am Ende selbst ein bisschen dazu, weil seine Fatale am Trauma zerbrochen war). Kann ich nachvollziehen, müsste es aber auch selbst mal spielen.
Ein Mitspieler fand die Ermittlung im Detail ermüdend und hätte sich mehr und konkretere Infos aus den untersuchten Objekten gewünscht. Ich habe mich da an den APs orientiert und versucht nur Dinge zu erzählen, die die Braut tatsächlich aus den Gegenständen ablesen kann. Das waren tatsächlich oft Dinge, die ohnehin offensichtlich waren. Ich schätze, Pacing ist hier grundsätzlich schwierig, weil manche Leute lieber alles besehen, andere schnell voranmachen wollen. Vielleicht gab es auch falsche Erwartungen darüber, was in den Zimmern zu finden sei.
Zu den Moves:
Gar nicht oder kaum genutzt wurden Cry Out for Help und Take Stock. Letzterer vielleicht, weil ich tense situation als akute Bedrohung fehlinterpretiert habe bzw. aus meiner Beschreibung nicht klar genug hervorging, dass der Move möglich ist. Da würde ich beim nächsten Mal mehr drauf achten.
Shiver from Fear wurde ausschließlich aus der Perspektive der jeweiligen Schwester und nicht wie beabsichtigt der Person dahinter benutzt. Ich finde die Linie zwischen Angst, Spannung und der Bewunderung für gut konstruierte Horror-Momente ohnehin sehr schwer zu ziehen. Auf mich wirkt der Move ein bisschen wie die Aufforderung, sich selbst was einzureden.
Ich denke aber - und hier habe ich das Gefühl, dass BB tatsächlich erreicht, was es sich zum Ziel setzt - dass letztlich unbeschadet des Horrors die tragischen Schicksale der anderen Ehefrauen im Mittelpunkt stehen sollen. 'Feminine horror.' Fast alle Moves zielen mechanisch darauf ab.
"You know that Bluebeard is a murderous bastard. That’s not what this game is about.
It is about the Bride and what she chooses to do with the information she gathers."
Und über die Frauen vor ihr, möchte ich ergänzen.
Eine Mitspielerin kritisierte, dass BB dadurch verliert, dass man die Geschichte schon kennt. Ich würde dem entgegenhalten, dass - siehe oben - es BB eben um neue Geschichten geht, die daraus entstehen, dass die Braut die Räume und Objekte, die sie findet, mit Bedeutung auflädt. Das steht allerdings ein bisschen im Wiederspruch zu einer SL, die sich ja irgendwo schon eine kohärente Geschichte des Schreckens im Raum zurechtlegen muss.
Eine improvisatorische Herausforderung war für mich auch, dass die Gruppe oft Objekte untersucht, an die man nicht denkt und die man dann spontan in die Geschichte der toten Frau im Raum einbauen muss.
Grundsätzlich finde ich es schade, dass wenigstens für mich viele von den Hilfen im Buch spontan und improvisiert schlicht nicht nutzbar schienen. Wenn mich die ganze Runde anschaut und eine Raumbeschreibung erwartet, kann ich doch nicht erst einen dreischrittigen Room Threat, vierschrittige Objekte und einen zweischrittigen Horror bauen. Das ist schade, weil gerade da all die Themen stecken, die BB intellektuell und atmosphärisch am Herzen liegen. Andererseits hat es nun ganz ordentlich funktioniert.
Das man am Ende im Idealfall einen interessanten neuen Raum mit der Braut als Schrecken geschaffen hat, den man wiederverwenden kann, finde ich cool.
Ich würde BB gerne mal bei einer Spielleiterin spielen.
Beim Wiederspielwert habe ich keine Bedenken mehr. Es gibt 6 mögliche Enden mit jeweils nochmal 5 loaded questions für den Epilog, die immer anders beantwortet werden. Vor allem aber sollten sich aus der Kombination aus Wedding Prep-Antworten und Raumerstellung immer wieder neue, düstere Geschichten anderer Frauen in Blaubarts Anwesen ergeben und das ist wenigstens das, was mir an dieser Runde am meisten gefallen hat. Ich denke, das wird es in weiteren Runden auch.