Autor Thema: [Essay] Ohne Spielleitung  (Gelesen 16369 mal)

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #75 am: 16.10.2017 | 19:00 »
Ich habe auch Spiele gesehen, wo die stilleren Mitspieler von ein paar Lautsprechern gnadenlos an den Rand gedrückt wurden.
(OK, das waren jetzt keine hochstrukturierten Designerspiele, sondern eben freeform oder nur grob an eine System angelehnt)
Schön, dass Du Deine eigene Aussage gleich wieder wegrelativiert hast. :)
(Btw. ich sehe dieser ständigen Forderung im Spiel durchaus auch skeptisch gegenüber. Ich selber will beim Rollenspiel eben nicht unbedingt immer ständig gefordert sein)
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Offline Archoangel

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #76 am: 16.10.2017 | 19:02 »
Weil es auch aus meiner Erfahrung heraus nicht stimmt. In sämtlichen GM-losen Runde wurde jeder Mitspieler gefordert. Einfaches Zurücklehnen wie bei einer traditionellen Runde geht nicht, eben weil Du keinen Typen "da vorne" hast, der überspitzt ausgedrückt sich um alles kümmert.

Dann mögen deine Mitspieler andere sein. Ich habe aber durchaus eben "ruhige" Mitspieler, die eben gar nicht so oft angespielt werden wollen. Da ist es auch als GM ein Fingerspitzengefühl, die im richtigen Verhältnis anzuspielen. Ein Verhältnis, dass mE eine GM-lose Gruppe kaum leisten kann, es sei denn, der ehemalige GM übernimmt eben wieder eine besondere Rolle, aber dann ist eh alles für den Arsch ... darum geht es ja gerade.

Wie gesagt: ein GM-loses Spiel mit einer Gruppe von Leuten die ohnehin alle gerne zumindest leiten könnte ich mir zumindest als lustig vorstellen. Aber eine Gruppe bestehend aus:

Spieler A, Hauptschulabschluss und Berufsausbildung, stressiger Job und selten Zeit, klassisch "ungebildet", devot
Spieler B, Schulabbrecher und Gelegenheitsjobber mit unmöglichen Arbeits-/Freizeiten, ein Spezielgebiet mit persönlichem Interesse, sonst eher geringe Bildung, rechthaberisch und laut
Spieler C, Hausfrau und Mutter, wenig Freizeit, da sehr stark gefordert, hohe Bildung aber kein strategisches Denken, liebt "Frauenromane" und "Diablo", schüchtern
Spieler D, mittlerer Abschluss und Weiterbildung, Handwerksmeister mit hoher Verantwortung für eigene Mitarbeiter, liest nie, zurückhaltend
Spieler E, Hochschulabschluss, aber keine entsprechende Stelle, sondern "nur" Sekretärfunktion, hoch narzistisch und dominant

wird sich vermutlich mit einer klassischen Spielweise deutlich wohler fühlen, als mit einem SL/GM-losen Spiel. Die Dynamik ist auch eine ganz andere, als wenn du jetzt eben fünf Studenten der Geisteswissenschaften versammelst, die alle gerade eine Proseminar "Psychodrama-Pädagogik" abgeschlossen haben ...
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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #77 am: 16.10.2017 | 19:07 »
Dann mögen deine Mitspieler andere sein. Ich habe aber durchaus eben "ruhige" Mitspieler, die eben gar nicht so oft angespielt werden wollen. Da ist es auch als GM ein Fingerspitzengefühl, die im richtigen Verhältnis anzuspielen. Ein Verhältnis, dass mE eine GM-lose Gruppe kaum leisten kann, es sei denn, der ehemalige GM übernimmt eben wieder eine besondere Rolle, aber dann ist eh alles für den Arsch ... darum geht es ja gerade.
Äh. Das hat mit meinem Text (und mit dem Zitat Deines Textes) nichts zu tun. :)
Es ging doch darum, ob ein Spieler in einer GM-losen Runde stärker gefordert wird oder in einer Runde mit GM.
Ob und welches Fingerspitzengefühl Du bei einem Mitspieler brauchst, oder welche Spieler an GM-losen Spiel Freude haben, ist da eine komplett andere Baustelle und dazu steht auch nichts in meinem Posting.
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Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #78 am: 16.10.2017 | 19:09 »
Weil es auch aus meiner Erfahrung heraus nicht stimmt. In sämtlichen GM-losen Runde wurde jeder Mitspieler gefordert. Einfaches Zurücklehnen wie bei einer traditionellen Runde geht nicht, eben weil Du keinen Typen "da vorne" hast, der überspitzt ausgedrückt sich um alles kümmert.

Das sehe ich auch so.

Mein Punkt im Originalbeitrag war ja, dass man eben keinen 'Tisch voller SL' braucht. Ich habe allerdings auch eine andere Sicht auf Leute, die Rollenspiele spielen. Ich denke, die Mehrheit hat egal in welcher Rolle Spaß daran, ihre eigenen kreativen Beiträge zum Spiel zu machen - was anderes ist es denn, wenn Spielerinnen ihre Figur lebhaft ausspielen, beschreiben, was sie in der Fiktion konkret tut, beschreiben, wie ihre Figur aussieht, einen Plan machen, eine Hintergrundgeschichte für ihre Figur schreiben und so weiter. Und mehr als diesen Spaß an und die Bereitschaft zu eigenen Beiträgen braucht man für ein SL-loses Spiel nicht.

Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #79 am: 16.10.2017 | 19:48 »
...was übrigens nicht heißt, dass man für ganz andere Sachen wie Regeln lesen, auf deren Einhaltung achten, Leuten helfen, das Spiel zu lernen und generelle Moderation, Spielrunden organisieren et cetera nicht trotzdem oft genug eine Person hat, die sie allein in die Hand nimmt. Einige SL-lose Rollenspiele nennen das "facilitator".
« Letzte Änderung: 16.10.2017 | 19:50 von Ucalegon »

Offline Archoangel

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #80 am: 16.10.2017 | 20:14 »
@Ucalegon: Meines Erachtens schon: wenn du Mitspieler hast, die nicht gerne im Vordergrund stehen, die fast schon panisch werden, wenn alle sie ansehen, weil sie jetzt etwas sagen sollen, Spieler die sich als unkreativer als andere wahrnehmen und sich deshalb schlecht fühlen, wenn du sie dazu zwingst etwas zu beschreiben/sich mitzuteilen. Passive Spieler. Spieler die ihren Spielspass daraus ziehen zuzuhören, zuzusehen und ab und an einen Würfel zu würfeln. Spieler die immer einen hirnlosen Schläger spielen, der Dinge tötet und generell daruf angewiesen sind, dass ihnen jemand sagt was sie tun sollen. Spieler die devot sind. Spieler, die nie sprechen. Spieler die nie Eigeninitiative zeigen, die generell Mitläufer sind. Und. Und. und.

Da liegt mE das Problem (auf Spielerseite): ich gehe mal davon aus, dass Vertreter der SL/GM-losen Spielweise eine oder zwei Runden erlebt haben, in denen das ganz gut funktioniert hat und nun (oftmals) der meinung sind, dass das für alle Runden so sein könnte/sollte. Rollenspieler sind allerdings eine sehr heterogene Gruppe, die sich aus einer sehr heterogenen Bevölkerung rekrutieren. DEN Spielspaß gibt es nicht. Frag 10 Spieler da kriegst du 15 Definitionen für Spielspaß. Weshalb ich ja postulliere, das das GM/SL-lose Spiel für bestimmte Personen geeignet sein mag, aber eben niemals Mainstream sein wird (zumindest zweifle ich stark an, dass es zu meinen Lebzeiten Mainstream sein wird).

Du gehst also - nach meiner Erfahrungsdimension - davon aus eine Mehrheit von Spielern mit Attributen auszustatten, die wahrscheinlich eben keine Mehrheit in sich vereinen wird.

1. es gibt keine Mehrheit, die "egal welche Rolle" spielt. Die Mehrheit der 400 Spieler, die ich in meiner Hobby-Karriere beglücken durfte spielt genau ein und denselben Charakter wieder und wieder. Egal in welchem Setting, egal mit welchem System, egal in welcher Zeitlinie.
2. die Mehrheit der Spieler wird sich nicht darauf einigen können, was ein "kreativer Beitrag" ist. ich kenne viele Leute, die ihren Charakter z.B.: als "großen Mensch mit zweihänder" beschreiben würden - und das wäre in ihrer Sicht bereits superkreativ! Das werden aber nicht eben wenige anders sehen. Oder du kriegst ein Bild aus dem Internet vorgelegt: "Mein Charakter sieht so aus" oder eine Beschrfeibung alla "Mein Char ist so ein Allister-Typ mit dem Charakter von Malfoy". Erlebe ich mit erschreckender Häufigkeit.
3. Ich kenne eine erkleckliche Zahl von Spielern die nicht über "mein Charakter macht/tut" hinaus spielen wollen. Die finden direkte Rede befremdlich und wollen auch keine Fäntelaltersprache benutzen. ums verrecken nicht. Hintergrundgeschichte? "Woher soll ich das wissen, wir fangen doch gerade erst an" bis hin zu "mein Char ist Vollwaise und leidet unter Amnesie".

...

 Du hingegen postullierst einen bestimmten Spielertyp als DEN Spieler - und den gibt es nicht. Für jeden Spieler, der dir eine ellenlange Hintergrundgeschichte liefert gibt es einen mit zwei-drei Sätzen und einen Vollwaisen/Amnesiker. Für jeden der Spaß daran hat kreative Beiträge zu leisten gibt es einen "KILL!"-Typen und einen von dem du selten mehr als "Hallo" und "Tschüss" hörst. Für jeden der lebhaft beschreibt und ausspielt hast du einen, der sich aufregt: "Könnt ihr mal bitte mit dem Rollenspiel aufhören - wir haben hier ein Abenteuer zu erledigen!" und einen der die Beschreibungen grundsätzlich den anderen überlässt.

Und genau deshalb ist für mich das SL/GM-lose Spiel eben eine Randerscheinung, die mE eine sehr begrenzte Zielgruppe hat und eben nicht eine "Neuerung", die die Zukunft des Hobbys beschreibt. Die Rolle des SL/GM mag sich gewandelt haben, aber überflüssig ist er/sie nicht geworden und wird es auch auf absehbare Zeit eher nicht.
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Offline Archoangel

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #81 am: 16.10.2017 | 20:15 »
...was übrigens nicht heißt, dass man für ganz andere Sachen wie Regeln lesen, auf deren Einhaltung achten, Leuten helfen, das Spiel zu lernen und generelle Moderation, Spielrunden organisieren et cetera nicht trotzdem oft genug eine Person hat, die sie allein in die Hand nimmt. Einige SL-lose Rollenspiele nennen das "facilitator".

Ah ... man gibt dem GM einen neuen Namen und weniger direkten Einfluss aufs Spiel. Komische Lösung, aber solange sich Leute finden, die das O.K. finden ist es wohl O.K.
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trendyhanky

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #82 am: 16.10.2017 | 20:23 »
Ich frage mich gerade fundamental, was eigentlich der Mehrwert bei GM-less Spielen ist gegenüber Spielen mit GM.

Aus dem Eingangsbeitrag geht da nix hervor, außer "macht auch Spaß, mal anders zu spielen."

Keines der Argumente spricht für ein Ergebnis, das sich ausschließlich mit GM-less realisieren ließe. Okay, ich komme aus der Fate-Ecke und habe da wohl einen speziellen Blickwinkel als jmd, der hauptsächlich DnD oder DSA spielt.

Trotzdem würde ich gerne mal lesen in paar Stichpunkten und ohne den "Ich werbe hier für einen anderen Spielstil"-Ton, was genau der Mehrwert von GM-less ist.
Außer "macht auch Spaß, mal anders zu spielen".

Offline 1of3

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #83 am: 16.10.2017 | 20:44 »
Ist Leistungssport. Deutlich anstrengeder als Runden mit SL. Wenn du dich mal so richtig verausgaben willst.

Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #84 am: 16.10.2017 | 21:17 »
1. es gibt keine Mehrheit, die "egal welche Rolle" spielt.

Das "egal in welcher Rolle" bezog sich darauf, dass die ganzen trad-Runden da draußen ja alle SL haben, die sie leiten und Leute, die nur hin und wieder mal SL sind oder nur für bestimmte Systeme und auf die "empowerten" Spielerinnen in Systemen, die weit entfernt davon sind SL-los zu sein und, ja, auch diejenigen, die einfach spielen.

Du hingegen postullierst einen bestimmten Spielertyp als DEN Spieler - und den gibt es nicht. Für jeden Spieler, der dir eine ellenlange Hintergrundgeschichte liefert gibt es einen mit zwei-drei Sätzen und einen Vollwaisen/Amnesiker. Für jeden der Spaß daran hat kreative Beiträge zu leisten gibt es einen "KILL!"-Typen und einen von dem du selten mehr als "Hallo" und "Tschüss" hörst. Für jeden der lebhaft beschreibt und ausspielt hast du einen, der sich aufregt: "Könnt ihr mal bitte mit dem Rollenspiel aufhören - wir haben hier ein Abenteuer zu erledigen!" und einen der die Beschreibungen grundsätzlich den anderen überlässt.

Und genau deshalb ist für mich das SL/GM-lose Spiel eben eine Randerscheinung, die mE eine sehr begrenzte Zielgruppe hat und eben nicht eine "Neuerung", die die Zukunft des Hobbys beschreibt. Die Rolle des SL/GM mag sich gewandelt haben, aber überflüssig ist er/sie nicht geworden und wird es auch auf absehbare Zeit eher nicht.

Ich will mich jetzt nicht darüber streiten, ob das Verhältnis 50/50 oder 20/80 oder sonstwas ist. Ich habe meine persönliche Sicht geschildert.

Zum Thema: SL-lose Rollenspiele heute und in Zukunft schrieb ich übrigens schon in Lord Verminaards Thread,

dass solche Rollenspiele geschrieben, finanziert, enthusiastisch gespielt und übersetzt werden und ein breiteres Publikum erreichen als früher. [Die beiden großen SL-losen Rollenspiele sind da offensichtlich Fiasco und Microscope. Mit Dialect hat bspw. ein SL-loses Rollenspiel 190000$ über KS geholt. Es gibt zahllose weitere Beispiele.] Sie alle scheinen von demselben Aufwind zu profitieren, in dem sich die Szene momentan befindet, obgleich der sie natürlich trotzdem nicht aus ihrer Nische blasen wird.

Insofern widerspreche ich dir da nicht im Geringsten. Die gewandelte Rolle der SL darf darüber hinaus gerne in anderen Threads besprochen werden. Hier geht es nicht darum.

Offline ArneBab

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #85 am: 16.10.2017 | 21:19 »
@Arnebab: witzig ... deine Grafik mit SL ist ein Spiel, wie ich es seit 30 jahren nicht mehr erlebt habe, letztlich also nur ein Vorurteil, dass ich in solchen Diskussionen immer wieder höre ... dann eben dazu passend der Standardkonter der GMs: "Man, musstest du schlechte Spielleiter gehabt haben." <Beisreflex aus>

Will sagen: mit dieser Grafik unterstellst du den "klassischen" Rollenspielern etwas, was so an keiner Spielrunde stattfindet, außer möglicherweiße vereinzelt im DungeonHack Sub-Genre (aber auch da nur vereinzelt). Passender wäre es du würdest die obere Grafik nehmen und in die Mitte noch den GM einfügen. Dann hat das deutlich mehr Pfeile, was du vermutlich nicht willst.
Man kann sie so verstehen, das stimmt leider, ist aber nicht, wie sie gemeint ist.

Was gemeint ist ist die Komplexität, um eine konsistente Vorstellung zu erhalten. Im klassischen Spiel moderiert die SL, was wirklich ist, sie führt im Endeffekt die Vorstellungen der anderen über die Spielwelt zusammen und lässt dann die Spielwelt konsistent damit handeln.

Ohne SL müssen die Spielenden auf alle anderen Vorstellungen gleichzeitig achten und wenn sie etwas über die Welt erzählen jede der anderen Vorstellungen und Setzungen berücksichtigen.
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Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #86 am: 16.10.2017 | 21:20 »
Ah ... man gibt dem GM einen neuen Namen und weniger direkten Einfluss aufs Spiel. Komische Lösung, aber solange sich Leute finden, die das O.K. finden ist es wohl O.K.

Also ich finde das nicht komisch. Funktioniert wunderbar.

Offline ArneBab

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #87 am: 16.10.2017 | 21:27 »
Ich frage mich gerade fundamental, was eigentlich der Mehrwert bei GM-less Spielen ist gegenüber Spielen mit GM.
Ein Vorteil könnte sein, dass es Niemanden gibt, ohne den die Runde gar nicht geht.

Für kleine Runden ist ein Vorteil, dass alle spielen können. Wenn du zu dritt bist und eineR die Rolle als SL übernimmt, gibt es nur zwei SCs. Ohne SL gibt es drei SCs. Zweiergruppen haben eine völlig andere Dynamik als Dreiergruppen. Ohne SL kannst du auch zu zweit noch spielen.

Und Dreiergruppen die auch zu zweit noch spielen können können viel, viel einfacher regelmäßige Treffen organisieren als z.B. Fünfergruppen. Das geht sogar noch, wenn alle einmal im Monat an einem zufälligen Wochenende verhindert sind.
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Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #88 am: 16.10.2017 | 21:34 »
Keines der Argumente spricht für ein Ergebnis, das sich ausschließlich mit GM-less realisieren ließe.

D.h. weil man z.B. ein Drama-Rollenspiel nicht ausschließlich ohne SL realisieren kann, hat es keinen Mehrwert, genau das mit gutem Grund zu tun? Merkwürdige Argumentation.

Mal ganz abgesehen davon, dass die vielen SL-losen Rollenspiele ja nicht gespielt würden, wenn sie für die Leute keinen Mehrwert hätten.

trendyhanky

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #89 am: 16.10.2017 | 21:42 »
Zitat
Ist Leistungssport. Deutlich anstrengeder als Runden mit SL. Wenn du dich mal so richtig verausgaben willst.

lol, okey

Zitat
Ein Vorteil könnte sein, dass es Niemanden gibt, ohne den die Runde gar nicht geht.

Für kleine Runden ist ein Vorteil, dass alle spielen können. Wenn du zu dritt bist und eineR die Rolle als SL übernimmt, gibt es nur zwei SCs. Ohne SL gibt es drei SCs. Zweiergruppen haben eine völlig andere Dynamik als Dreiergruppen. Ohne SL kannst du auch zu zweit noch spielen.

Hm, das kann ich mir gut vorstellen

Zitat
Mal ganz abgesehen davon, dass die vielen SL-losen Rollenspiele ja nicht gespielt würden, wenn sie für die Leute keinen Mehrwert hätten.

Es wird ja alles mögliche gespielt aus allen möglichen Gründen. Der Haupgrund ist aber immer, auf den sich es eigentlich reduziert: "weil es (mehr) Spaß macht."
Ist mir zuwenig als Antwort.
Hätte nur gerne nochmal kurz heruntergebrochen, was der spezifische Mehrwert von GM-less ist den nur GM-less bietet.
Bin da wirklich interessiert und finde schade dass es dazu kaum Infos gibt außer jetzt das von Arne

Zitat
D.h. weil man z.B. ein Drama-Rollenspiel nicht ausschließlich ohne SL realisieren kann, hat es keinen Mehrwert, genau das mit gutem Grund zu tun?

Wenn DAS jetzt die Quintessenz ist, dann okey


Offline ArneBab

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #90 am: 16.10.2017 | 21:57 »
Es wird ja alles mögliche gespielt aus allen möglichen Gründen. Der Haupgrund ist aber immer, auf den sich es eigentlich reduziert: "weil es (mehr) Spaß macht."
Es könnte auch sein, dass das ist, woran Leute gerade neues entwickeln, so dass die innovativen Sachen für SL-lose Rollenspiele entwickelt werden. Effektiv Netzwerkeffekte: Weil SL-loses Spiel gerade in Mode ist, arbeiten die kreativen Leute eher an SL-losen Spielen, so dass diese Spiele in vielen anderen Aspekten sehr gut sind — die aber vielleicht mit SL genauso gut wären.
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trendyhanky

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #91 am: 16.10.2017 | 21:59 »
Zitat
Es könnte auch sein, dass das ist, woran Leute gerade neues entwickeln, so dass die innovativen Sachen für SL-lose Rollenspiele entwickelt werden. Effektiv Netzwerkeffekte: Weil SL-loses Spiel gerade in Mode ist, arbeiten die kreativen Leute eher an SL-losen Spielen, so dass diese Spiele in vielen anderen Aspekten sehr gut sind — die aber vielleicht mit SL genauso gut wären.

Kannst du das ausführen?
Vor allem weil ich wie Archoangel den Eindruck habe, dass GM-less ne Nische ist.

Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #92 am: 16.10.2017 | 22:02 »
Hätte nur gerne nochmal kurz heruntergebrochen, was der spezifische Mehrwert von GM-less ist den nur GM-less bietet.

Also, was für mich der spezifische Mehrwert an SL-losen Rollenspielen ist, kannst du meinem Eingangsbeitrag entnehmen. Obwohl ich es für unwahrscheinlich halte, will ich jetzt nicht ausschließen, dass ich das theoretisch alles irgendwie auch mit SL haben könnte, aber praktisch ist da bei allen traditionellen Rollenspielen Fehlanzeige. Ein paar alternative Meinungen von Leuten, die SL-lose Rollenspiele schreiben und das also gerade wissen müssen, habe ich ja auch noch verlinkt.
« Letzte Änderung: 16.10.2017 | 22:05 von Ucalegon »

Offline ArneBab

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #93 am: 16.10.2017 | 22:11 »
Kannst du das ausführen?
Vor allem weil ich wie Archoangel den Eindruck habe, dass GM-less ne Nische ist.
Das ist auch meiner Meinung nach eine Nische, aber eben die Nische, in der ganz neue Wege gegangen werden. Und das ist immer spannend. Dass jetzt größere Summen über Kickstarter reinkommen, deutet darauf hin, dass die Nische gerade ein paar sehr gut gemachte Spiele hat, und gute Leute gehen oft dahin, wo gute Sachen geschaffen werden.

Ein großer Teil des Mehrwertes eines Spiels ist seine Produktionsqualität (die nicht immer mit den Produktionskosten gleichzusetzen ist).
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Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #94 am: 16.10.2017 | 22:18 »
Das ist auch meiner Meinung nach eine Nische, aber eben die Nische, in der ganz neue Wege gegangen werden. Und das ist immer spannend. Dass jetzt größere Summen über Kickstarter reinkommen, deutet darauf hin, dass die Nische gerade ein paar sehr gut gemachte Spiele hat, und gute Leute gehen oft dahin, wo gute Sachen geschaffen werden.

Ich würde jetzt nicht behaupten wollen, dass die Nische SL-loser Rollenspiele gerade besonders im Trend liegt oder so. Der Ball liegt momentan unbestreitbar im Feld 'Powered by the Apocalypse', würde ich sagen.

Offline Chiarina

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #95 am: 16.10.2017 | 23:45 »
Zitat von: hanky-panky
Ich frage mich gerade fundamental, was eigentlich der Mehrwert bei GM-less Spielen ist gegenüber Spielen mit GM.

Ich versuche die Frage auch mal zu beantworten. Das kann ich aber natürlich nur aus meinen Erfahrungen heraus. Auf Grundsatzdiskussionen lasse ich mich hier gar nicht erst ein, weil sie aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen und Vorlieben zum Scheitern verurteilt und in meinen Augen völlig nutzlos sind.

Spielleiterlose Rollenspiele bedeuten für mich, dass die Ungewissheit, in welche Richtung sich das Spiel entwickelt, größer ist, als beim Rollenspiel mit Spielleiter. Die Handlung ist aufgrund des fehlenden Spielleiters oft genug weniger stromlinienförmig und weist stärkere Umwege und Komplikationen auf. Bei spielleiterlosen Rollenspielen steht in meinen Augen häufig nicht nur ein Spielinhalt zur Debatte (Wie gehen die Charaktere mit diesem Problem um?), es steht gleich das ganze Spiel zur Debatte (Bekommen die Spieler einen dramatischen Handlungsverlauf auf die Reihe?), es steht also mehr auf dem Spiel. Für mich ist das eine spannende Angelegenheit.

Wenn bei einem Rollenspiel mit Spielleiter offene Fragen entstehen, kann ich in der Regel ganz beruhigt sein: Entweder finden meine Mitspieler oder ich eine Antwort, die der Spielleiter dann abnickt, oder der Spielleiter beantwortet sie. Bei einem spielleiterlosen Rollenspiel erlebe ich es oft, dass die Situationen, in denen offene Fragen auftauchen, die sind, in denen das Spiel entsteht. Weil es keinen Spielleiter gibt und die Spieler unterschiedlich sind, müssen unterschiedliche Antworten überprüft werden. In der Regel wird Folgendes ausgehandelt: Welche Antworten sind besonders vielversprechend? Inwieweit bekommen wir sie unter einen Hut? Was kann man aus ihnen machen? Wenn das nicht geklärt wird, kann das Spiel zerfasern, können Szenen aufeinander folgen, die nichts miteinander zu tun haben, kann das Spiel spannungsarm vor sich hin plätschern. Das will niemand, denke ich. Das Allertollste ist aber, dass dieser Klärungsprozess eigentlich nur dann funktioniert, wenn sich alle gegenseitig gut zuhören und aufeinander eingehen. Dieses Miteinander-Gefühl habe ich in dieser Intensität bei Rollenspielen mit Spielleiter nicht und das ist deshalb auch eine Qualität für mich.

Ich mag übrigens auch Rollenspiele mit Spielleiter (und wundere mich regelmäßig über Leute, die gleich an entweder-oder denken, wenn jemand spielleiterlose Rollenspiele erwähnt). Tolle, raffinierte Plots und in sich geschlossene Welten entstehen mit Spielleiter wahrscheinlich häufiger. Ich habe versucht, zu beschreiben, dass das spielleiterlose Rollenspiel für mich trotzdem ein paar Qualitäten hat, die ich nicht missen möchte.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

trendyhanky

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #96 am: 16.10.2017 | 23:50 »
Cool, danke Chiarina

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #97 am: 17.10.2017 | 07:47 »
Im Grunde können beim SL-losen Spiel mehr Spieler kreativen Output einbringen, als bei weichem oder gar hartem SL.
Wobei das bereits stark vereinfacht ist.
Es gibt auch SL, die massiv auf Player-Empowerment setzen und harte SL, die massiv Ideen und Vermutungen der Mitspieler aufgreifen (wie weiter oben erwähnt).
Die Grenzen sind da sicherlich fließend, aber das "gewollte Mindestmaß" an kreativem Output und Playerempowerment ist im SL-losen Spiel einfach höher.
Spielt Gnomberserker und Dachgaubenzorros

Ucalegon

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Re: [Essay] Ohne Spielleitung
« Antwort #98 am: 27.11.2017 | 22:02 »
Nachtrag

Der folgende, etwas versteckte Artikel:

Beyond the Game Master von Emily Care Boss, Ivan Vaghi und Jason Morningstar (S.163-169).

Anhand der SL-losen Rollenspiele Lexicon, Breaking the Ice, Polaris, Archipelago, Shock, Geiger Counter, Fiasco, Kagematsu, (Game Poems), Microscope

werden diese Gemeinsamkeiten herausgearbeitet

Zitat
Simplicity
Prescriptive Procedures
Fictional Positioning
Stats are not physics
Immersion isn't mandatory
Formal transparency
Shared ephemera
Prescribed story arcs
Collaboratively competitive
Redundantly reinforced focus
Roll to be surprised
You play to know your character
Free play
Metagaming
Autorailroading

in dem Versuch zu zeigen, wie ohne eine Spielleitung Aufgaben und Verantwortung umverteilt werden.

Für diesen Überblick lohnt es sich, den Artikel zu lesen. Stand ist allerdings 2012, die Betrachtung endet also an einem Punkt, ab dem es durchaus nochmal interessant wird. 

Ähnlich der frühere (2010) Versuch hier, das Ganze zu systematisieren:

Zitat
A. "GMless" with Homogeneous Player Roles
1. Everyone Has the Same Quasi-GM Powers: the best one here may be Universalis.
2. Players Take Turns Narrating Stuff: as in Once Upon a Time and Baron Munchausen.
3. Board-Game-Like Rules, All Players Have Same Role: Montsegur 1244, as far as I know.

B. "GMless" with Heterogenous Player Roles
1. Rotate the GM: Rune is probably the best example of this.
2. Restrict the GM Role + Broaden The Player Roles: every post-Forge game ever, plus some others.
3. Add "More GM's" With Specific Responsibilities: How We Came to Live Here, Great Ork Gods.
4. Carefully Specify Multiple Different Player Roles: Kazekami Kyoko Kills Kublai Khan, probably others.

C. By Our Powers Combined
1. Heterogenous, Rotating Specified Player Roles/Multiple GM's(?): Polaris.
2. Board-Game-Like Rules, Rotating GM: alpha and beta of Geiger Counter.

Hängt natürlich trotzdem alles sehr an der SL (Stichwort: ex negativo).

Der andere Ansatz ist, die Vorstellung von einer SL ganz rauszulassen und zu schauen, was diese Rollenspiele wie machen statt sich über die Umverteilung traditionell anzunehmender Aufgaben Gedanken zu machen.

Ben Lehman (Polaris) schrieb schon 2007:
Zitat
There is no inherent need for a GM in a role-playing game. So just write your game,
say who does what when, and playtest it. If it isn't fun, or if you see people doing
things that are not part of your who does what when, then clearly you need different
rules.

Für ein Rollenspiel wie Okult macht die Vorstellung von einer SL z.B. überhaupt keinen Sinn.

[Und: Dassselbe gilt auch für die Frage nach der möglichen Spieldauer, die nicht an einer SL hängt. Sign in Stranger, Archipelago oder Remember Tomorrow sind als Kampagnenspiele geschrieben worden. Einfach so.]