Ich wundere mich ja auch immer wieder darüber, wieso Neuerscheinungen auf der Messe von großen Vertreibern am Donnerstag Nachmittag ausverkauft sein können. Man kann doch im Vorfeld absehen, wieviel Wind beispielsweise um Gaia Project oder The Expanse gemacht wurde, und entsprechend große Stückzahlen produzieren. Da entgehen einem fette Gewinne, denn in diesem schnelllebigen Geschäft kann es problemlos sein, dass das Interesse bis Weihnachten erlahmt und der nächste Hype die Käufer anzieht.
Gestern getestet:
Jagged Alliance - The Board Game
Meines Erachtens ein Muss für Leute mit Faible für Skirmisher-Brettspielen oder für Fans der ersten beiden Computerspiele, die keine Allergie gegen Skirmisher-Brettspiele haben. Die Regeln sind richtig gut durchdacht und fangen die Stimmung der Computerspiele sehr gut ein. Die Verheiratung von taktischer und strategischer Ebene ist ebenfalls hervorragend gelungen. Das einzige Manko, das ich erkennen konnte, war der fehlende Flufftext auf den Missionskarten. Aber das soll in der finalen Version anders sein.
A Tale of Pirates
Echtzeit-Koop, bei dem man gemeinsam ein Piratenschiff steuert. Jeder Spieler hat eine Sanduhr, die er auf ein Aktionsfeld stellt, um die entsprechende Aktion auszuführen. Die Aktionen lauten Segel setzen/raffen, Kanonen laden, Kanonen abschießen, nach Schiffen Ausschau halten, das Schiff steuern, entern. Sobald die Sanduhr durchgelaufen ist, ist die Aktion ausgeführt und die Sanduhr kann umgedreht und woanders aufgestellt werden. Sehr cool, wesentlich thematischer als Magic Maze, außerdem auch wesentlich weniger hektisch. Letzteres ist wohl für manche ein Vor-, für andere ein Nachteil.
Exodus Fleet
Spieler bauen eine Raumschiffflotte, mit der sie die Menschheit oder zumindest Teile davon von der zerstörten Erde durchs All retten. Ein Spieler wählt in seinem Zug aus den fünf Aktionen Einkommen, Schiffe bauen, Rohstoffe produzieren, Siedler transportieren, Forschungskarten nehmen eine aus, wobei nicht zwei mal die gleiche Aktion nacheinander gewählt werden kann. Die Aktion wird dann von allen Spielern ausgeführt. Im Gegensatz zu vielen anderen Action Selection-Spielen erhält der Spieler, der die Aktion wählt, nicht automatisch einen Vorteil, sondern die Reihenfolge der Ausführung wird über einen Bietmechanismus bestimmt, bei dem der auswählende Spieler als letztes bieten kann und so die Chance hat, alle anderen zu überbieten. Am Ende gibt es Siegpunkte für Kolonisten und diverse andere Dinge. Gutes Spiel, aber kein Kracher. Gegenüber dem verwandten Puerto Rico ist es leichtgewichtiger und verträgt wohl stark unterschiedliche Spielerkompetenzen besser. Puerto Rico wird bei sehr ungleichem Spielerlevel meistens nicht vom besten Spieler gewonnen, sondern von demjenigen, der hinter dem schlechtesten Spieler sitzt.
Dreamscape
In sechs Traumregionen müssen die Spieler verschiedenfarbige Traumsplitter aufsammeln und dann im eigenen Dreamscape Träume aus diesen Splittern zusammen bauen. Dafür müssen sie bestimmte Muster abbilden. Außerdem können einem noch Alpträume quer schießen. Was simpel klingt, ist ein absoluter Brain Burner. Kommt im Januar auf Kickstarter. Fans von Euros, die aus einfachen Regeln hochkomplexe Spiele werden lassen, dürfen sich freuen. Sehr hohes Analysis Paralysis-Risiko!
Dawn of the Peacemakers
Ein Miniaturenspiel, bei dem man nicht den Gegner besiegen, sondern als Gruppe neutraler Kombatanten zwei aufeinander treffende Heere so manipulieren muss, dass keine der beiden Seiten gewinnt und sich am Ende alle zurückziehen. Schöne Mechanismen, spielt sich flüssig, hat eine 12 Missionen andauernde Kampagne, die auch weiter läuft, wenn Missionen verloren werden. Im Lauf der Kampagne werden die zunächst sehr einfachen Regeln immer komplexer. Außerdem bietet das Spiel einen Skirmisher-Modus, bei dem man nicht die Peacemaker spielt, sondern die zwei Heere. Kommt im November auf Kickstarter.
Angeschaut habe ich noch
Wrath of Magmaroth
Ein Spiel, bei dem mehrere Helden, dargestellt durch Powertableaus der Größe 5x6, also mit 30 Powers ausgestattet, sich einen Dämonenfürsten entgegen stellen. Jede Runde würfelt man mit fünf Würfeln, die fünf der 30 Powers aktivieren. Es gib noch gewisse Möglichkeiten, Würfelergebnisse zu manipulieren etc. Der Eindruck war zugegebenermaßen sehr meh. die Würfel, von denen jeder auf Basis der Farbkodierung nur auf eine der fünf Reihen anwendbar ist, übernehmen einen Großteil der Entscheidungen für den Spieler. Wrath of Magmaroth ist das einzige der Spiele, das mich so gar nicht anmacht.
Gekauf habe ich
Of Dreams And Shadows
Ein sehr klassisches Fantasy-Abenteuerspiel, das große Teile seiner Konzepte von Eldritch Horror entlehnt, sich dabei aber schneller spielt und in den Kämpfen neben den Würfeln noch ein paar tiefer gehende Entscheidungen einbindet.
Mystery of the Temples
Ein kleines Spiel, das wie Dreamscape darauf beruht, mit bunten Steinchen, die man auf dem eigentlichen Spielbrett aufsammelt, in einem kleinen Areal Muster abzubilden. Diese Muster brechen Flüche über den auf dem Spielbrett plazierten Tempeln, wofür man wiederum Punkte bekommt. Das Spiel dürfte deutlich weniger brainburnig und analysis paralysis-lastig sein als Dreamscape, weil die eigenen Zügel wesentlich kürzer sind und man somit nicht so viele Dinge beachten muss.