Autor Thema: Gemeinsamkeiten Fate/BRP  (Gelesen 7108 mal)

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Achamanian

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Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« am: 26.10.2017 | 20:54 »
Da ich jetzt schon mehrmals meine Überzeugung ausgesprochen habe, dass Fate aus der BRP-Designschule kommt und das mehrfach mit Unglauben quittiert wurde, zähle ich mal kurz die Gemeinsamkeiten dieser Systeme (bzw. Systemfamilien) auf, die mich zu dieser Behauptung veranlassen:

Fate und BRP sind Fertigkeitsbasierte Systeme; sie bewerten Spielsituationen immer von den Fähigkeiten der SC her, die mittels eines einheitlichen Mechanismus gegen Herausforderungen geprüft werden. Die aus der Fiktion hervorgehende und durch die SL numerisch bewertete Schwierigkeit der Herausforderung spielt dabei oft eine wichtige Rolle (bei BRP über Erschwernisse/Erleichterungen, bei Fate über den Zielwert und Situationsaspekte). Das unterscheidet beide Systeme z.B. von Old-School-D&D und PbtA (dort werden Spielsituationen eher von den für Setting und Core Story typischen Herausforderungen und von den Spezialfertigkeiten der SC - im Gegensatz zu ihren allgemeinen Fertigkeiten - her angegangen).

Fate und BRP sind klassen- und stufenfreie Systeme; Eventueller Nischenschutz muss von der Gruppe selbst organisiert werden. Die weitere Entwicklung der SC wird von den erspielten Ereignissen her gedacht, d.h. (bei BRP je nach System in unterschiedlichem Grade) es wird zumindest tendenziell davon ausgegangen, dass die Handlungsentwicklung sich in der Fähigkeitsgestaltung des SC niederschlägt (bei Fate ist das zugegebenermaßen bezüglich der Fähigkeiten ziemlich "freiwillig", scheint mir aber doch stark vorausgesetzt zu werden, und bezüglich der Aspekte ist es relativ klar so verregelt). Man könnte zwar argumentieren, dass Fate durch die Meilensteine ein Stufensystem ist, es unterscheidet sich aber doch grundsätzlich von klassenbasierten Stufensystemen wie D&D, in denen die Entwicklungsrichtung klar vorgegeben ist.

Bei Fate und BRP sind negative Konsequenzen fast immer etwas innerhalb der Fiktion greifbares - erhältst du bei Fate irgendeine Art von Schaden, der nicht mehr durch den Stressbalken abgedeckt ist, dann handelt es sich dabei um eine benannte Konsequenz, also etwas, das auch innerhalb der Fiktion unmittelbares Gewicht über rein spieltechnische Auswirkungen hinaus hat. Das gleiche gilt bei BRP-Systemen mit Trefferzonen für so ziemlich jeden physischen Schaden; die Lokalisierung der Treffer hält einen automatisch dazu an, die Verletzung zu konkretisieren. Auch bei den trefferzonenfreien Systemen wie Cthulhu liegt es nahe, jeden Treffer über einem Schadenspunkt als Verletzung und innerhalb der Fiktion benennbare Verletzung aufzufassen. Ähnliches gilt für den Sanity-Wert in Cthulhu - der ist zwar ein höheres Polster, aber auch hier repräsentiert jeder auch nur halbwegs nennenswerte Verlust eine ganz konkrete Schocksituation oder Phobiegefahr. Systeme mit HP-Polster wie D&D, DSA 1-3, FantasyAge, CypherSystem und wer noch alles lassen das in der Regel nicht zu, HP sind hier eine abstrakte Ressource.


Diese drei Eigenschaften sehe ich als gemeinsame Basis dieser Systeme. Dass sie sich völlig anders spielen, liegt m.E. daran, dass Fate auf diese Basis eine außerordentlich elegante narrative Punkteökonomie aufsetzt, die das an sich recht "gnadenlose" und auf SC-Fähigkeiten basierte Skillsystem einer Pulp-Dramaturgie unterwirft, die das Ausspielen von "Signature Moves" belohnt. BRP macht eben genau das in fast allen Varianten explizit nicht und trifft damit auch eine Entscheidung zur Storydramaturgie - nämlich, dass bei BRP auch die größten Helden noch an einem Dolch zwischen den Rippen krepieren können. Zieht man bei Fate abe die Punkteökonomie ab, landet man m.E. ziemlich dicht bei BRP und weit weg von z.B. D&D und PbtA.

Und ja, ich bin mir bewusst, dass Fate ohne Fate-Punkte nicht Fate ist. Aber das ändert ja nichts daran, dass die Punkteökonomie auf einer soliden Basis aufsetzt, die deutlich mehr mit BRP oder von mir aus auch GURPS zu tun hat als mit den Systemen des "anderen" Entwicklungshauptstrangs um D&D.

Online aikar

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #1 am: 26.10.2017 | 21:19 »
Naja, die Punkte hätten sie auch mit DSA und den meisten anderen RP-Systemen, die nicht gerade aus der D&D-Linie kommen oder extreme Indy-Experimente sind, gemeinsam.
Ich versteh ehrlich gesagt nicht ganz, worauf du hinauswillst.
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Achamanian

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #2 am: 26.10.2017 | 21:30 »

Ich versteh ehrlich gesagt nicht ganz, worauf du hinauswillst.

Ich habe im Tanelorn an zwei Stellen erwähnt, dass Fate für mein Gefühl aus der BRP-Traditionslinie stammt und nicht aus der D&D-Traditionslinie; da hat Blechpirat überrascht gefragt, wo ich die Gemeinsamkeiten sehe. Eigentlich ist der Thread hier nur für ihn zur Beantwortung dieser Frage.

Offline Blechpirat

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #3 am: 26.10.2017 | 21:34 »
Wenn man jetzt mal Gegenargumente sammeln würde, um die These zu prüfen:
- Genauigkeit. BRP ist mit dem d100-System in die Fitzeligkeit genau in der Abbildung der Werte. Fate ist gröber als BRP und f20
- Simulation: BRP versucht realweltliche Physik zu simulieren. Fate simuliert nicht, oder wenn, dann einen bestimmten dramturgischen Ablauf. f20 ist sicherlich interpretationsfähig - aber m.E. sind zumindest in gewissen Umfang Fragen wie "Ist das Realistisch?" gestellt worden.
- Einheitliche Probenmechanismen sind einfach State of the Art gewesen, als Fate entwickelt wurde. Du wirst kaum ein jüngeres System finden, dass über- und unterwürfeln so schön bunt mischt wie OD&D. Das als "Designschule" zu betrachten geht zu weit - auch pbtA hat einen einheitlichen Mechanismus.
- Die Erhöhung von Refresh ist fast mit einem Stufenaufstieg zu vergleichen, oder gar den hitdice von damals - gleich viel Refresh gilt als grob gleich mächtig. Das gilt doppelt, wenn du mit Templates (wie DFRPG) oder Mantles (DF Acc) arbeitest, da hier der Aufstieg tatsächlich verregelt ist.
- Fate hat mit den vier Aktionen die Mechanik im Rollenspiel brutal eingedampft. BRP ist ein Freund von Sonderregeln.
- Schwierigkeiten: Ich meine mich bei AD&D (sicher aber bei D&D3) daran zu erinnern, dass Schwierigkeiten durchaus "benannt" wurden. Bei D&D3 bei Fertigkeiten und Rettungwürfen, bei AD&D nur bei Rettungwürfen.


(Für deine Argumentation spricht, dass D&D immer Heldenreise ist, BRP und Fate beide nicht)
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 21:37 von Blechpirat »

Achamanian

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #4 am: 26.10.2017 | 21:42 »
@Blechpirat:
Würde ich bis auf die Feinkörnigkeit alles gelten lassen. Auf welcher Zahlenskala sich ein System bewegt, ist mir eigentlich immer völlig egal; und fast alle neueren BRP-Varianten nutzen Schritte unter 5% hautpsächlich, wenn es um Steigerung von Fähigkeiten geht (okay, und für kritische Treffer).

Und klar sind beide Systeme in vieler Hinsicht ganz weit auseinander. Aber wenn ich ganz große Gruppen aufmachen müsste, dann wären Fate, BRP, Gurps und Traveller bei mir wahrscheinlich alle in der einen (die ich von den Grunprinzipien her auf RuneQuest/BRP zurückführen würde), während D&D, PbtA, Cypher System und ein paar andere in der anderen wären.

Vielleicht ist es aber einfach so, dass BRP designmäßig doch einen größeren Einfluss auf die RSP-Entwicklung insgesamt hatte als D&D (wobei man dann natürlich auch nicht unterschlagen darf, dass RuneQuest selbst stark von D&D beeinflusst war, dann aber eben ein paar sehr andere Entscheidungen getroffen hat ...).

Offline Blechpirat

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #5 am: 26.10.2017 | 21:51 »
Oh, ich glaube, dass eine solche Gruppenbildung fast unmöglich ist. Klar, Cypher zeigt ganz deutlich D&D-Spuren. Aber pbtA und BRP in einer Gruppe erfordert einen so weiten Oberbegriff, dass die Kategorisierung nur noch "D&D unähnlich" lauten kann. Und das ist dann nicht mehr besonders hilfreich.

EDIT: Und dann kommt noch hinzu, dass "Unähnlich D&D" ja auch noch sehr relativ ist. Mit was vergleichen wir denn? Poker? Es gibt da einfach keine Referenzwerte, und wir können bestenfalls bestimmte Designideen verfolgen. Wobei eben super schwer zu erkennen ist, was bei OD&D eine bewusste Designentscheidung ist, und was sich einfach als genial erwiesen hat.

Ich würde übrigens eher so kategorisieren:

D&D

->mehr Realismus: GURPS, BRP
->weniger Simulation: pbtA, Fate
« Letzte Änderung: 26.10.2017 | 21:55 von Blechpirat »

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #6 am: 26.10.2017 | 22:04 »
Aber pbtA und BRP in einer Gruppe

Ist doch bei Rumpel nicht so  wtf?


Aber grundsätzlich habe ich da aus dem Bauch raus einen ähnlichen Eindruck:
Unter den genannten Aspekten kann man die beiden Gruppen schon so zusammenfassen, aber das ist eine sehr abstrakte Betrachtung und hilft spätestens bei der Einordnung der Systeme für deren jeweilige Spielpraxis nicht groß weiter.
Bei einer Betrachtung aus so großer Flughöhe kann man mit geschickter Wahl der Kriterien die Gruppen nach Belieben sortieren.


Wobei eben super schwer zu erkennen ist, was bei OD&D eine bewusste Designentscheidung ist, und was sich einfach als genial erwiesen hat.

Oder was irgendwie gemacht wurde und sich aus den verschiedensten Gründen in dieser Form gehalten hat.


Vielleicht ist es aber einfach so, dass BRP designmäßig doch einen größeren Einfluss auf die RSP-Entwicklung insgesamt hatte als D&D

Da gehe ich zumindest so weit mit, dass D&D mMn nicht so zentral und wegweisend war, wie man oft liest und hört - was dann natürlich heißt, dass (auch) BRP einen größeren Einfluss hatte als man oft meint.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Achamanian

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #7 am: 26.10.2017 | 22:14 »
Klar, Cypher zeigt ganz deutlich D&D-Spuren. Aber pbtA und BRP in einer Gruppe erfordert einen so weiten Oberbegriff, dass die Kategorisierung nur noch "D&D unähnlich" lauten kann.

Deshalb sind pbtA und BRP bei mir ja auch in unterschiedlichen Gruppen.


Ich würde übrigens eher so kategorisieren:

D&D

->mehr Realismus: GURPS, BRP
->weniger Simulation: pbtA, Fate

Mit den Realismus/Simulations-Kriterien kann ich nun wieder sehr wenig anfangen. Mich interessiert hier vor allem die direkte Rückbindung der Spielmechanismen an die fiktiven Figuren und die Plausibilität (nicht der Realismus), mit der diese Figuren sich im Spiel entwickeln. Und da sind sich BRP und Fate eben wieder sehr ähnlich, und pbtA und Fate eher unähnlich.

Ich muss aber auch zugeben, dass ich gar nicht damit gerechnet habe, dass die These, Fate komme aus der BRP-Traditionslinie, gar nicht für strittig gehalten hätte, und deshalb erst noch mal überlegen musste, warum mir die Gemeinsamkeit so offensichtlich scheint und sie für dich so absurd klingt ... evtl. sitze ich also auch nur meinem Gefühl auf, dass beides eben klassen- und levelfreie Skillsysteme sind und damit deutlich anders als die Sachen, die enger an der D&D-Tradition sitzen.

Aber ich denke mal, du wirst mir zumindest zustimmen, dass sowohl BRP als auch Fate die Spielregeln sehr stark von den SC her denken und das bei Old SChool D&D oder pbtA so nicht gegeben ist, oder? Ob man darüber jetzt gleich eine Kategorisierung aufmachen kann, darüber lässt sich sicher streiten. Mir erscheint das durchaus angemessen, es ist aber letztendlich für die Betrachtung dieser Systeme keine wichtige Frage.

Offline Blechpirat

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #8 am: 26.10.2017 | 23:30 »
Aber ich denke mal, du wirst mir zumindest zustimmen, dass sowohl BRP als auch Fate die Spielregeln sehr stark von den SC her denken und das bei Old SChool D&D oder pbtA so nicht gegeben ist, oder? Ob man darüber jetzt gleich eine Kategorisierung aufmachen kann, darüber lässt sich sicher streiten. Mir erscheint das durchaus angemessen, es ist aber letztendlich für die Betrachtung dieser Systeme keine wichtige Frage.

pbtA ist sicher nicht von SC her gedacht, sondern idealerweise aus der Genresimulation heraus. Fate und BRP ähneln sich da insoweit, dass sie generische Systeme sind - die können ja eigentlich nur aus dem Charakter denken. Bei OD&D bin ich mir da keineswegs so sicher, dass du Recht hast. Ich will da aber vorweg schicken, dass ich mich keinesfalls damit auskenne. Mein Eindruck ist aber, dass man dort in Charakterklassen denkt - wegen des Wargaming-Hintergrundes. Und das ist für mich dann doch wieder ähnlicher dem immerhin noch klassischen BRP als dem pbtA.

trendyhanky

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #9 am: 26.10.2017 | 23:50 »
Zitat
Unter den genannten Aspekten kann man die beiden Gruppen schon so zusammenfassen, aber das ist eine sehr abstrakte Betrachtung und hilft spätestens bei der Einordnung der Systeme für deren jeweilige Spielpraxis nicht groß weiter.
Bei einer Betrachtung aus so großer Flughöhe kann man mit geschickter Wahl der Kriterien die Gruppen nach Belieben sortieren.

 :d
Hier ist leider aus Fate-Sicht substanziell nix zu holen.

Finde aber weiterhin die Begründung für die Einführung der Fatepunkte-Ökonomie (siehe anderer Thread) witzig ^^

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #10 am: 27.10.2017 | 00:20 »
Und klar sind beide Systeme in vieler Hinsicht ganz weit auseinander. Aber wenn ich ganz große Gruppen aufmachen müsste, dann wären Fate, BRP, Gurps und Traveller bei mir wahrscheinlich alle in der einen (die ich von den Grunprinzipien her auf RuneQuest/BRP zurückführen würde), während D&D, PbtA, Cypher System und ein paar andere in der anderen wären.

Mit anderen Worten, Gruppe 1 sind die "fertigkeitsbasierten" Systeme, während Gruppe 2 aus den klassen- und stufenorientierten besteht. Okay, ja, auf der Basis kann man BRP und Fate prinzipiell schon zusammenschmeißen. ;)

Online aikar

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #11 am: 27.10.2017 | 09:06 »
Auch D&D (Vielleicht abgesehen von den frühesten Varianten) verwendet doch Fertigkeitswerte. d.h. die einzige Kategorie, nach der hier gruppiert wurde, ist "Klassen oder keine Klassen".

Das sagt imho überhaupt nichts über das Spielgefühl aus und das ist bei Fate doch deutlich anders. Klar, wenn man die Aspekte weglässt, ist es ein RP wie jedes andere. Aber das ist es doch, was Fate ausmacht.
Und mit den Aspekten wird es ein deutlich stärker Story-zentriertes als Charakter-zentriertes Spiel.
Die Spieler spielen eben nicht (nur) In-Charakter, sondern werden ermutigt auf der Meta-Ebene zu entscheiden, wie ihr Charakter sich in der Story verhält und die Umgebung auf sie einwirkt(Wofür sie Punkte erhalten).

Diese Option hast du bei BRP genauso wenig wie bei D&D. d.h. wenn du die Aspekte drin lässt, würde ich eher BRP und D&D in einen Topf schmeißen und Fate eigenständig stehen lassen.

Wie YY sagt:
Unter den genannten Aspekten kann man die beiden Gruppen schon so zusammenfassen, aber das ist eine sehr abstrakte Betrachtung und hilft spätestens bei der Einordnung der Systeme für deren jeweilige Spielpraxis nicht groß weiter.
Bei einer Betrachtung aus so großer Flughöhe kann man mit geschickter Wahl der Kriterien die Gruppen nach Belieben sortieren.

Je nachdem, welche Kriterien du dir rauspickst und welche du ausblendest, werden sich die Gruppen ändern.
Lass bei Dungeonworld die Moves weg und du hast die selben Attribute wie bei D&D. Und es hat Klassen! d.h. Dungeonworld = D&D?

Dann gäbe es noch die Unterteilung Stufen/Keine Stufen (Wobei einige Systeme sowohl das eine als auch das andere anbieten oder eine Mischform), Einzelwurf vs. Pool,...

Ich weiß nicht, für welche Diskussion deine Einteilung relevant war, aber sie war willkürlich gewählt und ist daher imho nicht oder nur in einem sehr beschränkten Rahmen aussagekräftig.


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Achamanian

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #12 am: 27.10.2017 | 10:53 »

Ich weiß nicht, für welche Diskussion deine Einteilung relevant war, aber sie war willkürlich gewählt und ist daher imho nicht oder nur in einem sehr beschränkten Rahmen aussagekräftig.

Klar, nach welchen Merkmalen man kategorisiert, ist immer willkürlich. Die Frage ist dann, ob die Kategorisierung einem eine interessante Perspektive verschafft. Musst du ja nicht finden.

Offline Blechpirat

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #13 am: 27.10.2017 | 11:37 »
Klar, nach welchen Merkmalen man kategorisiert, ist immer willkürlich. Die Frage ist dann, ob die Kategorisierung einem eine interessante Perspektive verschafft. Musst du ja nicht finden.

Auch wenn ich jetzt vielleicht nicht in der Wikipedia Rollenspiele nach den hier angesprochenen Kategorien aufschlüsseln würde: Für den Diskurs ist das doch spannend! Denn auch wenn ich Rumpel vielleicht nicht zustimme: Erhellend ist es doch, sich noch mal vor Augen zu führen, dass einige der Gemeinsamkeiten eben nicht nur Selbstverständlichkeiten sind, sondern bewusste Entscheidungen.

Ich vergesse immer wieder die Wargame-Wurzeln von D&D. Stimmt, wenn man von einem Spiel mit Einheiten kommt, die mehr als nur eine Person repräsentieren, dann ergeben natürlich auch Hit Points einen (simulationistischen) Sinn. Übertragen auf individuelle Figuren knirscht da für mich aber der Bezug zur fiktiven Wirklichkeit doch gehörig.
Ich denke, dass wir beide, die wir nicht unseren Erstkontakt mit D&D hatten, nicht ausreichend würdigen, wie sehr die Designer der frühen Jahre aus der D&D-Perspektive gedacht haben.

Und aus diesem Gedanken ergibt sich vielleicht auch eine Entwicklungslinie. D&D entsteht aus dem Wargaming mit Fokus auf einzelnen Personen. BRP übernimmt das, versucht aber die Fragmente des Wargaming loszuwerden (ohne den Fokus auf Kampfregeln aufzugeben!), in dem so "unrealistische" Dinge wie Hitpoints zugunsten eines "realitätsnäheren" detaillierten Trefferzonensystems aufgegeben werden, Attribute in Fertigkeiten und d20 in d100 ausdifferenziert werden.

Fate gibt die feine Differenzierung auf, aber nicht die Distanz zum Wargame, sondern verstärkt diese weiter, indem Simulation der Spielfeldrealität (insbesonderes des Kampfes) noch weiter aus den Regeln in die Geschichte genommen wird und statt dessen Drama zum Ziel des Regelwerks gemacht wird (Kampf nach Regeln des Actionkinos, nicht nach Brettspielart). Zudem ermöglichen die Aspekte, einen Charakter mit Worten zu beschreiben, was immer interessanter ist, als Zahlenwerte.

pbtA geht den Schritt der Ausrichtung der Regeln auf Story denn auf Realitätssimulation dann noch weiter, indem es auf die klassischen Elemente von Fate (Fertigkeiten z.B.) verzichtet. Gleichzeitig wird der Kampf auch noch (mechanisch) unschärfer aufgelöst. Der Charakter wird noch weniger über das Blatt beschrieben, sondern erspielt. (Übrigens wäre das wieder einer für deine Liste: BRP und Fate haben eine Vorstellung vom SC vor dem Spiel, D&D und pbtA gehen davon aus, dass der SC im Spiel seinen Charakter erhält.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 12:06 von Blechpirat »

Offline Blechpirat

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #14 am: 27.10.2017 | 11:50 »
Oder was irgendwie gemacht wurde und sich aus den verschiedensten Gründen in dieser Form gehalten hat.

Wenn jemand etwas irgendwie macht, und damit eine eigene Szene aus dem Nichts heraus erzeugt, die 100.000en von Leuten viel Spaß bringt: Dann ist das genial.

Offline Chruschtschow

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #15 am: 27.10.2017 | 20:18 »
Wenn jemand etwas irgendwie macht, und damit eine eigene Szene aus dem Nichts heraus erzeugt, die 100.000en von Leuten viel Spaß bringt: Dann ist das genial.

Ohne Frage. Nur muss deshalb aber nicht jede Designentscheidung sakrosankt sein. Da ist eine Menge Kram drin, der aus heutiger Sicht durchaus das ein oder andere Kopfschütteln verursachen darf. Privileg der späteren Generationen ist halt, dass man hinterher immer sagen kann, wie es noch besser geht. Passiert halt zwangsläufig nach ein paar Jahrzehnten Evaluation. ;)
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline YY

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #16 am: 27.10.2017 | 22:28 »
Wenn jemand etwas irgendwie macht, und damit eine eigene Szene aus dem Nichts heraus erzeugt, die 100.000en von Leuten viel Spaß bringt: Dann ist das genial.

Erstmal +1 zu Chruschtschow.

Ansonsten gilt wie immer: Man hatte ja nichts früher.
Aber dass man etwas haben wollte, sieht man daran, wie viel da in sehr ähnlichen Töpfen am Köcheln war.
Von "aus dem Nichts heraus" kann man also nur bedingt sprechen - jedenfalls nicht in dem Sinne, dass es Rollenspiel im heutigen Sinne gar nicht gäbe, wenn es die Rote Box (oder was auch immer man symbolischerweise rauspicken will) nicht gegeben hätte.


Der quasi augenblicklich einsetzende Wildwuchs sowohl an Hausregeln als auch an komplett eigenständigen Systemen, die sehr früh deutlich andere Ansätze verfolgt haben (erwartbarerweise teils in geradezu krampfhafter Abgrenzung von D&D), zeigt jedenfalls, in welchem Maß viele Spieler trotz Begeisterung für das Konzept mit den konkreten Regeln und Herangehensweisen nicht einverstanden waren.


Die Betrachtung, warum sich welche Regelelemente bis heute gehalten haben, sprengt hier wohl den Rahmen.
Ich stelle hier erstmal nur die Behauptung auf, dass es nicht deswegen war, weil man auf Anhieb einen der sinnvollsten Lösungswege erwischt hat.
« Letzte Änderung: 27.10.2017 | 22:30 von YY »
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline D. M_Athair

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #17 am: 1.11.2017 | 22:49 »
Ich kann der Grundidee recht viel abgewinnen, den Ausführungen aber nicht.

Da ich gerade keinen Kopf für ne umfangreiche Darstellung habe (und die ist gerade bei solchen Themen, die versuchen Beobachtungen, Empfindungen, Systematiken NEU zu beschreiben enorm wichtig), hier kurz die Schlagworte.


BRP und Fate ähneln sich dahingehend, dass sie prozessuale Spielregeln haben. Diese moderieren und begleiten den Spielfluss/Spielprozess. Sie setzten an der Schnittstelle von Spielwelt und Charakter an.

Die Funktion der Regeln ist die Codifizierung von Fiktion. Die grundlegende Überlegung ist: Wie bekomme ich durch die Regeln die aktuellen Spielinhalte als Fakten etabliert? BRP-Spiele haben dabei Plausibilitäten (Genre, "Realismus"-Konzepte, ...) im Sinn, Fate setzt dagegen auf die Erzähl-Interessen der Spielenden. (Dabei bilden die Regeln ein flexibles System, bei dem man theoretisch jede beliebige Spiel-Situation durch die Anwendung des Regelsystems (oft bieten sich sogar mehrere konkrete Regeln/Regelkomplexe) für die Verifierzung des Fiktionalen an.   


D&D funktioniert da grundsätzlich anders. Dort erlauben die Regeln Fiktion oder produzieren sie. Feats, Powers, Zauber, Zufallstabellen, Abenteuer-Fähigkeiten, Monsterreatktionstabellen oder -würfe generieren Fiktion. Man kann diese einzelnen Elemente benutzen wie eine einzelne Magic-Karte ... und man kann sie kombinieren. Die Art von Spiel bezeichne ich gern als "effektbasiertes Spiel".

pbtA ... ist nochmal was anderes. Da begleiten die Regeln nicht das Spiel sondern die Regeln werden durch Fiktion mehr oder weniger klar getriggert.


... so ungefähr.


[Und eigentlich ist so ein System-Analyse-Thema ein waschechtes "Theorie-Thema", weil Konzepte und Vorstellungen von Rollenspiel, Begriffe, Design, systmatisches Vorgehen, ... eine wichtige Rolle Spielen.]
« Letzte Änderung: 1.11.2017 | 22:52 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

trendyhanky

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #18 am: 1.11.2017 | 22:58 »
Finde diese Ausführungen zu Fate am Spiel vorbei, leider

Zitat
Dort erlauben die Regeln Fiktion oder produzieren sie.

Was hier für DnD gilt und als Gegenentwurf zu Fate beschrieben ist gilt witzigerweise erst recht für Fate und damit noch mehr als für DnD.

Um nur ein Beispiel zu nennen: die ASPEKTE bei Fate sind genau solche Regeln, die Fiktion (erst) erlauben und produzieren.


Offline D. M_Athair

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #19 am: 1.11.2017 | 23:07 »
(Übrigens wäre das wieder einer für deine Liste: BRP und Fate haben eine Vorstellung vom SC vor dem Spiel, D&D und pbtA gehen davon aus, dass der SC im Spiel seinen Charakter erhält.
Wobei pbtA und D&D da im Vergleich zu TSoY/Solar System und WFRP noch eher schwach aufgestellt sind. Allerdings glaube ich dass die Charakterentwicklung nicht zwangsläufig was mit dem System bzw. den Systemfunktionen in Bezug auf den Spielfluss zu tun hat bzw. haben muss. Das wäre wahrscheinlich noch mal später zu prüfen.


Um nur ein Beispiel zu nennen: die ASPEKTE bei Fate sind genau solche Regeln, die Fiktion (erst) erlauben und produzieren.
Nein. Sie erlauben erzählerische Eingriffe zu tätigen/produzieren (genau wie Einzelregeln bei BRP irgendeine Art von Plausibilität erzeugen [unabhängig davon ob das Ergebnis im eigenen Koordinatensystem nun "plausibel" erscheint oder nicht!]). Das ist aber etwas ganz anderes als vordefinierte Effekte ins Spiel zu bringen. Der fiktionale Impuls geht bei Aspekten genau nicht von den Regeln aus. Aspekte erlauben die Fiktion aus dem Spiel heraus zu modifizieren (und leisten genau dadurch den erzählerischen Interessen der Spieler Vorschub).

Die Differenzierung mag vielleicht artifiziell erscheinen. In Wirklichkeit ist sie aber essentieller Art.
« Letzte Änderung: 1.11.2017 | 23:11 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

trendyhanky

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #20 am: 1.11.2017 | 23:18 »
Zitat
Der fiktionale Impuls geht bei Aspekten genau nicht von den Regeln aus. Aspekte erlauben die Fiktion aus dem Spiel heraus zu modifizieren (und leisten genau dadurch den erzählerischen Interessen der Spieler Vorschub).

Nope, die Aspekte ERMÖGLICHEN meistens erst bei Fate, dass eine bestimmte Erzählweise (Fiktion, Handlung) stattfinden kann. Gleichzeitig verhindern sie, dass bestimmte Erzählweisen (Fiktionen) stattfinden.
Um wiederum eine spezifische, gewünschte Erzählweise (Fiktion) in Fate zu vollziehen, die durch einen speziellen Aspekt verhindert wird, ist man hin und wieder gezwungen, diesen Aspekt umzuwandeln oder aus der Welt zu schaffen. Was wiederum bedeutet, dass der Aspekt im Vorfeld die Grundlage is für die Produktion einer ANDEREN Fiktion ("ich erzähle wie ich den Aspekt negiere, damit ich x machen kann/damit ich y erzählen kann")

Zitat
Der fiktionale Impuls geht bei Aspekten genau nicht von den Regeln aus.

Also in den Fate-Regeln liest man hauptsächlich dass dies der Fall ist. Das ist glasklar in der Fate-Engine beschrieben. Anders gesagt: Die Regeln geben eine formale Anleitung dafür, wie Aspekte Fiktion ermöglicht/produziert. Im Spielgeschehen wird diese Anleitung mit Inhalten gefüllt, aber die "Formel" dazu steht in den Regeln

Kann natürlich auch sein, dass ich völlig an dir vorbeischreibe und dich missverstehe

Edit zu:
Zitat
generieren Fiktion. Man kann diese einzelnen Elemente benutzen wie eine einzelne Magic-Karte ... und man kann sie kombinieren. Die Art von Spiel bezeichne ich gern als "effektbasiertes Spiel".

Was du hier für DnD beschreibst ist genau bei Fate der Fall. Man bedenke z.B. fail forward/die Ergebnisse der Aktionen, die totalen Impact auf die Fiktion haben und noch viel drastischer als ein Wurf auf eine Monstertabelle, da hier noch weitere Schritte nötig sind, um vom Wurf zur Fiktion zu kommen. Bei Fate liegt Regel und Fiktionsproduktion so nahe wie selten
« Letzte Änderung: 1.11.2017 | 23:24 von hanky-panky »

Offline D. M_Athair

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #21 am: 1.11.2017 | 23:37 »
Kann natürlich auch sein, dass ich völlig an dir vorbeischreibe und dich missverstehe.
Scheint mir so. Ich wüsste auch nicht, wie ich das sofort ändern könnte.

edit: Ein erster Hinweis: Die Gleichsetzung von Erzählweise und Fiktion funktioniert für das, was ich schrieb nicht.
Wenn Aspekte genau vorabdefiniert wären (wie z.B. Hindrances in Savage Worlds) und ihr Einsatz ganz konkrete Wirkungen ins Spiel bringen würde (im Sinn einer wenig variablen "wenn-dann-Kette" in Bezug auf die Fiktion, die produziert wird), dann würde deine Analyse von 23:18 passen.

Das "vermittelnde" Moment bei den Aspekten ist aber: Spieler oder SL leiten aus der Fiktion des Bisherigen (die - wenn es um SC-Aspekte geht - auch die Charakterbeschreibung/-vorstellung, bzw. die Aspektbenennung selbst sein kann) die Begründung für die Benutzung des Aspekts ab. Das ist der "fiktionale Impuls" - wegen mir auch die notwendige fiktionale Vorarbeit. Das Fortune System ("fate light") beschreibt das ganz treffend so: "name an aspect which applies to the situation" (Hunters of Alexandria, p. 15).

Der Einsatz von Powers bei D&D4 (weil es da am deutlichsten ist) funktioniert grundsätzlich ohne fiktionalen Kontext. Die wirklich nötigen Kontexte sind Regeln. Encounter, regeltechnische Vorbedingung, regeltechnische Wirkung. Letzters kommt dann mit einer fixen fiktionalen Wirkung, die der erzählerischen Konkretion und Kontextualisierung bedarf (Erfordernis des Mediums Rollenspiel). Oder: Wenn der Eladrin einen "Fey Step" durchführt, dann wirkt das auf die Fiktion (weil er sich 5 Felder teleportiert). "Teleport" ist die fixe fiktionale Wirkungsbeschreibung. "Steht nun bis zu 5 Felder entfernt" die regeltecchnische. Erklärt werden kann - im Sinne des Rollenspiels - wie das aussieht (aber es muss nicht immer passieren).


[...] Ergebnisse der Aktionen, die totalen Impact auf die Fiktion haben und noch viel drastischer als ein Wurf auf eine Monstertabelle, da hier noch weitere Schritte nötig sind, um vom Wurf zur Fiktion zu kommen. Bei Fate liegt Regel und Fiktionsproduktion so nahe wie selten.
Dem letzen Satz kann ich nur zustimmen (und würde ihn auch für RQ/BRP proklamieren). Das war auch, was ich versuchte zu erklären/beschreiben. Die unvermittelte Reihenfolge Fiktion -> Regel -> Fiktion ... ist für mich, worin sich RQ und Fate nahe stehen. Man könnte auch sagen: Ohne die fiktionale Einbettung funktionieren die Regeln nicht, ist Regelanwendung sinnlos. Oder: Die Fiktion vermittelt sich an die Regeln, deren Wirkung wieder v.a. fiktional ist. An welche Detailregeln sich die Fiktion vermittelt ist oft Runden-/SL-/Spielerentscheid, denn es bieten sich nicht selten mehrere Regelmöglichkeiten an.

PbtA würde ich eher als Fiktion <->>Regel/Fiktion beschreiben. Fiktion löst eine Regel aus, die fiktionale Wirkung hat.

D&D (weiter mit 4E, weil es da mit am eindeutigsten ist): Fiktion/Regelkontext -> Regel -> Regelwirkung->Fiktion->Regelkontext.
Die Fiktion beschreibt einen Regelkontext. Innerhalb dieses Regelkontextes wird auf eine Regel zurückgegriffen. Diese Regel erzeugt eine Regelwirkung, die eine bestimmte regeltechnische und fiktionale Wirkung hat und ggf. einen anderen Regelkontext erzeugt.
(Bei OSR-Spielen ist der Regelkontext jeweils deutlich schwächer, bis dahin, dass er gar nicht mehr augenfällig ist.)


Wenn ich genau diese "Theorie" für Fate übertrage, so gibt es keinen Unterschied zwischen Feats und Charakteraspekten [...]
Gut beobachtet. Feats sind irrtümlich in die Reihe gepackt worden.   
« Letzte Änderung: 2.11.2017 | 02:03 von D. Athair »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

trendyhanky

  • Gast
Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #22 am: 1.11.2017 | 23:47 »
Weiteres Bspl wo ich Dir widerspreche

Zitat
D&D funktioniert da grundsätzlich anders. Dort erlauben die Regeln Fiktion oder produzieren sie. Feats, Powers, Zauber, Zufallstabellen, Abenteuer-Fähigkeiten, Monsterreatktionstabellen oder -würfe generieren Fiktion. Man kann diese einzelnen Elemente benutzen wie eine einzelne Magic-Karte ... und man kann sie kombinieren. Die Art von Spiel bezeichne ich gern als "effektbasiertes Spiel".

Wenn ich genau diese "Theorie" für Fate übertrage, so gibt es keinen Unterschied zwischen Feats und Charakteraspekten, die durch einen kleinen Meilenstein bei Fate umgeschrieben/ausgestauscht werden.

Der neue Aspekt liefert der Figur neue Optionen für Fiktionen und Kräfte, wird ähnlich erworben wie bei DnD der Feat, nämlich bei Charakter-Progression
Nur dass hier auch wieder Fate noch näher an deinem Modell "Fiktion ermöglichen/produzieren" ist als es bei DnD passiert
Bei DnD ist der Feat ersteinmal neuer Crunch, der Effekte auf den Crunch hat und mittelbar auf die Fiktion, während der (neue) Charakteraspekt bei Fate unmittelbar die Fiktion ermöglicht/produziert


Achamanian

  • Gast
Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #23 am: 2.11.2017 | 09:11 »

Der neue Aspekt liefert der Figur neue Optionen für Fiktionen und Kräfte, wird ähnlich erworben wie bei DnD der Feat, nämlich bei Charakter-Progression
Nur dass hier auch wieder Fate noch näher an deinem Modell "Fiktion ermöglichen/produzieren" ist als es bei DnD passiert
Bei DnD ist der Feat ersteinmal neuer Crunch, der Effekte auf den Crunch hat und mittelbar auf die Fiktion, während der (neue) Charakteraspekt bei Fate unmittelbar die Fiktion ermöglicht/produziert

Wenn überhaupt, würde ich Feats und Stunts vergleichen - die Aspekte funktionieren ja anders als die meisten Feats nicht so, dass sie auf Regelebene Möglichkeiten freischalten, sondern so, dass sie auf Fiktionsebene ggf. Möglichkeiten plausibel machen, vor allen Dingen aber Aktionen verstärken, die ohnehin schon möglich sind. "Mit Stark wie ein Ochse" kannst du vielleicht einen Felsbrocken hochheben, ohne "Stark wie ein Ochse" kannst du es, wenn alle das halbwegs plausibel finden, immer noch versuchen.

Bei Fate und den Aspekten komme ich von der Fiktion her und sehe dann, mit welchen Regeln ich diese verstärken/unterfüttern kann.
Bei D&D und Feats triggert der Einsatz des Feats etwas in der Fiktion, das ohne den Feat einfach nicht stattfinden würde. Ohne "Cleave" machst du halt keinen Rumdumschlag gegen mehrere Gegner, Punkt.


@D.Athair:
Ich finde deine Unterscheidung sehr überzeugend und wollte auch auf Ähnliches hinaus, es aber nicht ganz so theoretisch machen. Ich bemühe da auch gerne den Vergleich des Playmobil-Spiels (D&D) mit vielen coolen vorgefertigten Teilen und des Lego-Spiels (BRP, Fate).

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Re: Gemeinsamkeiten Fate/BRP
« Antwort #24 am: 2.11.2017 | 10:49 »
Stunts sind die Regelbrecher, eben so wie Fests. Das ist ja auch eine der Beschreibungen für das Bauen von Stunts im Regelwerk. Passt schon. Wo ich so gar nicht mitkomme, ist eine Ähnlichkeit zwischen BRP (das ist nur als Regelsystem von CoC kenne) und Fate bei der Anbindung an die Fiktion über den Charakter.

Einen Fate-Charakter mit seinen Aspekten verstehe ich sehr stark als Beschreibung der Figur in meinen Kopf für die anderen. Dazu benutze ich besonders prägnante Phrasen, Stichworte etc., um zu sagen: Das isser. Daraus ergibt sich unter anderem, was die weiterführenden Regeln ergeben. Beispielsweise wird ein Feuermagier unter der Fertigkeit Schießen was anderes verstehen als der Äxte werfende Barbar, bei dem beim Fernkampf wiederum ein leichter Unterschied zum Navy SEAL besteht. Schlimmmer wird es bei Methoden. Wenn der Feuermagier, der Barbar und die A.I. aus der Matrix kraftvoll eine Tür öffnen, dann hat das drei Mal wenig Ähnlichkeit. Stehen mir die Fertigkeitswerte in der Darstellung und der Anbindung im Weg habe ich in den Regeln durch Fatepunkte und Aspekte umfassende Mittel, um die Regelantwort des System an die Fiktion anzupassen, indem ich Fakten schaffe, mir einen Bonus kaufe, Fail Forward bei einem Misserfolg nehme. Das System unterliegt fest der Fiktion. Das ist das feste Mantra hinter Fate und nennt sich im Regelsystem "goldene Regel". Wenn ich die unterlaufe, spielt sich Fate holperiger.

Und bei CoC habe ich Geologie 20. Gut, CoC-Runden leben oft von der Nichtanwendung des Systems. Wie oft habe ich gehört: "Es steht dem Spiel nicht im Weg." Ich kann die Qualität eines Systems aber nun ein Mal nicht an seiner erfolgreichen Nicht-Anwendung messen. Also sitze ich da mit Geologie 20. Was hatte ich gebaut? Einen ehemaligen Artilleriemajor und Ingenieur. Sammelt Steine. Irgendwo im Niederadel verortet im Kaiserreich, aber so niedrig, dass er sein Geld tatsächlich im Militär erarbeitet hat. Und dann gibt mir das System einen Etat an Punkten und einen Eimer Fertigkeiten, die meine Figur in der Folge in einem ganz anderen Maße determiniern werden. Während die Figur in Fate beschrieben wird, also nach meinem Verständnis das Charakterblatt also eher die Figur kommuniziert, ist die Designentscheidung hier, die Figur auf dem Charakterblatt zu definieren. Und dann steht Major Ebersberg im Schwarzwald und kann nichts mit dem Gestein in dieser Abbruchkante anfangen, weil in dem Wust an Werten nur noch 20 Punkte für Geologie übrig waren. Das gleiche Gefühl, das ich von DSA, Shadowrun etc. kenne: diese grundsätzlich andere Form mit Fiktion umzugehen als Fate.

Andersherum habe ich bei Fate bislang nie ein Problem gehabt, meine Figur als das zu formulieren, was ich vor Augen hatte. Bei Fate hätte ich auf meinen Aspekt mit dem Ingenieur gezeigt, es vielleicht noch ein bisschen erläutert. Fatepunkt raus, wenn's ausreichend wichtig ist. Und schon sind sich Fiktion und Regeln einig. Bei CoC musste an der Stelle mit der Hand gewedelt werden.

Und so empfinde ich den ganzen Ansatz zwischen Fiktion und System. Mich halt Rumpels These mit einem wirklich dicken "WTF?!?!??" zurückgelassen. Auf der anderen Seite ist Fate für mich ganz nahe an meinem Empfinden von "ursprünglichem" Rollenspiel, wie ich es in den späten 80ern und frühen 90ern erlebt habe, an "Macht es, wie es euch in den Kram / die Story / was auch immer passt" (Plural, weil es für alle am Tisch gilt), nur dass ich dieses Mal Regeln bekomme, die dabei helfen. ;)

Entsprechend stimme ich auch weiterhin Rumpel nur eingeschränkt zu, wenn er die freiere Charaktergestaltung bei BRP dadurch sieht, dass es keine Klassen und Stufen hat. Seine Herangehensweise (CoC / BRP, nicht Rumpel) folgt recht stark einem Vollständigkeitsanspruch und ist stark festlegend. BRP sagt: "Die Regeln sagen, wer du bist." D&D sagt: "Da sind reichlich freie Stellen. Fülle oder sie oder lass es bleiben. Wir kümmern uns nur um den Dungeonkram." Fate sagt: "Denk dir eine Figur und dann sage durch die Regeln den anderen, wer das ist." Da sind mir D&D durch die Freistellen und Fate durch die Möglichkeit, diese klassisch freien Stellen mit Regelmacht zu versehen, viel näher zusammen.

Von daher:
Fate = Lego
D&D = Playmobil
CoC = Zinnfiguren ohne jedes bewegliches Teil, für das ich noch nicht mal die richtigen Farben zum Bemalen hatte (außer man ignoriert die Regeln, aber da landet man bei jedem System bei Calvinball)

(Übrigens finde ich CoC als Regelsystem Kacke. Das mag meine Betrachtung ein wenig einfärben ;))
« Letzte Änderung: 2.11.2017 | 11:30 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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