Autor Thema: [PbtA] Kritik und Remmidemmi  (Gelesen 24286 mal)

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Achamanian

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #75 am: 14.11.2017 | 09:58 »
Und dass dann im Brustton der Überzeugung Banalitäten und Selbstverständlichkeiten als Alleinstellungsmerkmal oder grandiose Innovation dargestellt werden, oder Dinge schlicht nur einen neuen Namen bekommen, die vom Kern her nix neues sind, macht es dann noch schlimmer.

[...]

Ich beschäftige mich außerhalb des Tisches damit, verinnerliche das und gewöhne mir entsprechendes Verhalten an und am Spieltisch wende ich es an. Das ist aber etwas völlig anderes, als es permanent am Spieltisch zu reflektieren oder gar zu diskutieren. Oder im Regelwerk dauernd aufs Auge gedrückt zu bekommen.

Solche Spiele sind mir schlicht zu pratentiös. Zu viel Gelaber, zu viel heiße Luft. Oder mit Shakespeare: Ich will "Mehr Inhalt, weniger Kunst!"

Bist du dir sicher, dass da nicht noch irgendwas anderes bei deiner Ablehnung reinspielt? Ich finde nämlich an dem, was du aus "The Sprawl" zitiert hast, gar nichts prätentiöses, das ist doch eine ganz und gar schnörkellose und nüchterne Aufzählung von Dingen, auf die man beim Spiel achten sollte. Wie gesagt, vergleich mal das ausufernde Gammastering-Kapitel in FantasyAge, bei dem man eher das Gefühl vermittelt bekommt, drei Semester Psychologie wären Minimum für SL (der eine Grund, warum ich immer wieder zögere, es als Einsteiger-Spiel zu empfehlen).
Vielleicht hast du auch nur erwartet, dass pbtA was revolutionär Neues wäre, und liest jetzt in jedes Stück Text die Haltung der Autoren rein, dass sie ihr Werk als was ganz tolles Neues verkaufen wollen. Dabei wollen sie vielleicht nur ein paar Grundprinzipien ohne viel Gelaber auf den Punkt bringen.

Offline Teylen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #76 am: 14.11.2017 | 10:07 »
Nur das Witzige ist das ich das in bisher noch keinem pbtA Spiel so beobachtet habe. Ich fühle mich da nirgends verarscht, bevormundet oder mit der eigenen Genialität zugebomt.
Vielleicht spielst / hast du dann noch nicht genügend PbtA Spiele?
Mir fällt gerade keins ein wo die MC/ST/GM Moves nicht zum Großteil Allgemeinplätze sind.
 
Das heißt es braucht doch wohl kaum PbtA damit du auf die Idee kommst z.B. sowas zu machen wie "trenne deine Spieler", "kündige schlimmes an", "einen Unschuldigen in Gefahr zu bringen"  und dergleichen mehr?
Wie hast du den sonst davor geleitet? Wie ein Roboter der nur mechanisch Würfel/Regeln verlangte?
 
Es ist meines Erachtens eine sehr valide Kritik an PbtA das es so ziemliche Allgemeinplätze nimmt, die jedem Spielleiter mit einer Empathie über "Stein" irgendwo gewahr sein sollten und als Technik beim Leiten in der Kiste liegen, und dann behauptet diese Allgemeinplätze seien Regeln,..
Und da kann man sich durchaus verarscht und bevormundet fühlen.
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #77 am: 14.11.2017 | 10:38 »
Es gibt aber einfach einen Unterschied zwischen "irgendwo gewahr sein" und "Hier ist eine konkrete Liste mit Werkzeugen, die du dir ausdrucken kannst und die du zu Rate ziehen kannst, wenn du nicht weißt wie du reagieren sollst". Mir hilft das, gerade bei improvisationslastigem Spiel, da ich manche Sachen doch vergesse, und etwas Struktur auf die man zurückfallen kann - da man ja keine do detaillierte Vorbereitung gemacht hat - eine tolle Stütze ist. Es ist wie gesagt toll, wenn man kein SL Kapitel braucht und alles super läuft; ich finde es allerdings um einiges prätentiöser, das für alle voraus zu setzen, und anderweitig mit der Empathie eines Steins belegt zu werden ;)
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Offline LushWoods

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #78 am: 14.11.2017 | 10:40 »
Vielleicht liegt es daran, wie Suro ja auch schon bemerkt hat, das ich die MC-Moves gar nicht benutze oder maximal als Inspiration nutze.
Und genau ja ich mach halt das was mir in der Situation angemessen erscheint. Oft stimmt das mit den Moves überein, das ist dann aber Zufall.
Ich benutze also sowohl keine spieltechnischen Begriffe, als auch das ich mich nur am Rande an den Moves orientiere.
Nein, ich brauche die MC Moves eigentlich gar nicht. Aber das liegt vermutlich daran das ich seit ca. 25 Jahren Rollenspiele spiele und seit über 20 Jahren leite. Ein neuer SL ist wahrscheinlich sehr froh über die Moves.

Das ist aber dann u.a. auch GENAU das was den HEXer so aufregt, denke ich: Er sieht hier die Optionalität nicht, die ich schon öfter angesprochen habe. Er sieht da ein Muss das ihn, als erfahrenen SL ärgert. Aber dieses Muss gibt's ja gar nicht. Mag sein das das vielleicht in einem Spiel irgendwo so rüberkommt als ob der MC sich sklavisch an die MC Moves halten müsste. Möglich. Wenn das so ist hab ich's aber nie so empfunden.
Und da ist der Bruch zu FATE. Bei FATE MUSST du dich an diese "Bevormundung" halten. Als Spieler, aber auch als SL. Hier gibt es die Optionalität eigentlich nicht.
Beispiel:
FATE: "Hey, ich hab ne coole Idee meine Consequence auszuhebeln! Jap, die is echt cool, gib mir nen FATE Punkt. Hab keinen mehr. Sorry, dann is deine Idee für'n Arsch so cool und logisch sie auch sein mag. Aha."
pbtA: "Hey, ich hab ne coole Idee um XY zu machen. Jap, die is cool das wäre der A-Specialmove. Den hab ich nicht weil ich ein anderes Playbook hab. Hhhmm, dann fall auf den A-Basicmove zurück (vielleicht mit nem -1 oder etwas schwereren Konsequenzen bei einem Miss). Alles klar, cool das es ja immer irgendwie weitergeht."

Ich find das übrigens gut das der Thread mit Remmidemmi betitelt is. Warum nicht kritisieren (und evtl. ein paar Kritikpunkte ausräumen)?

Edit: Noch zu den Erfolgswahrscheinlchkeiten und dem Erfolgsgefühl. Ich verklicker den Spielern das sie einen 10+ als sowas wie einen kritischen Erfolg sehen sollten, die 7-9 als Erfolg und der Miss ... naja mal sehen.
Headspace z.B. geht da sogar ganz bewusst noch weiter. Hier gelingen unter bestimmten Voraussetzungen Aktion in der besten denkbaren Weise ganz ohne Roll und ein Miss ist auch nur unter bestimmten Voraussetzungen sowas wie ein Misserfolg. Daraus resultiert natürlich auch das die Spielercharaktere dementsprechend seeehr kompetent rüberkommen, was aber ein Feature von Headspace ist.
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 10:45 von LushWoods »

Offline Suro

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #79 am: 14.11.2017 | 10:56 »
Und ich bitte, was das angeht, wirklich nochmal ins Buch zu schauen. Zu MC Moves:
Zitat
The move lists are there to inspire you when you need it. [...]
As long as you respect the fiction, the agenda and the tone of the game, you
shouldn’t feel constrained by the move lists.
[...] MC moves are inspirational guidelines,
not rigid categories.

(The Sprawl, Look at your lists, 189)

Expliziter wird das wohl kaum noch. Ich würde entgegen Lush Woods aber schon etwas abschwächen, was die Optionalität angeht: Zwar ist in PbtA Spielen wie in anderen Rollenspielen alles irgendwie verhandelbar, RAW ist aber schon gedacht, so zu spielen, wie es da steht. Spieler machen moves, SL reagiert mit moves, und er sollte sich schon zumindest an der Agenda orientieren. Aber erstens soll das während dem Spiel nicht im Vordergrund stehen und zweitens ist das kein rigides Regelwerk, sondern ein Satz an sehr allgemeinen Grundprinzipien, zu deren Umsetzung ein paar Orientierungshilfen gegeben werden, gerade für neue SL, aber auch für solche Idioten wie mich.
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eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #80 am: 14.11.2017 | 10:58 »
Und da hyped ihr/sich PbtA für genau das, was in jedem Regelwerk irgendwo steht: Ignoriert die Regeln, wenn es dem Spielspaß im Wege steht, seid kreativ, sozial...
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 11:00 von HEXer »

Offline Suro

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #81 am: 14.11.2017 | 11:05 »
Ich habe viel Spaß damit, und diese Regeln helfen mir dabei, das Spiel strukturiert so aufzubauen, dass ich mehr Spaß habe, was mir bei vielen anderen SL-Kapiteln in anderen Büchern so nicht passiert ist. Das kann subjektiv sein, und ich denke, jeder hier hat betont, dass PbtA erstens nicht für alle Rollenspieler und zweitens nicht für alle Gelegenheiten optimal ist. Für mich passt das einfach sehr gut (aber es ist nicht so, dass ich nicht andere Sachen auch super finden kann und andere Sachen spiele). Die Kritikpunkte, die teilweise angebracht wurden, werden eben nur teilweise explizit verneint im RAW, und deswegen fühlte ich mich angehalten, dass mal aufzubringen.

Wie gesagt, viele der Reaktionen scheinen mir irgendwie darauf zu beruhen, dass man sich von "dem Hype" (tm) in seiner eigenen Spielweise oder seiner Systemwahl angegriffen fühlt; das ist zumindest von mir nicht so beabsichtigt. 

Edit: Und ich finde es ehrlich gesagt etwas befremdlich, wie das hier interpretiert wird: Ich hype PbtA nicht dafür, dass es Teile (und ja, nur Teile davon) als Prinzipien, Werkzeuge und Inspirationsquellen und nicht als starre Regeln einführt, ich halt es nur für merkwürdig, es dafür zu kritisieren, dass es das nicht tut. Weil das tut es doch wtf? Was mir hier gefällt, ist der Inhalt, d.h. diese strukturierten Allgemeinplätze; weil ich mit ihnen übereinstimme, sie nachvollziehen kann (zumindest oft, ich habe manche Probleme mit Undurchsichtigkeit schon angesprochen) und sie mir genützt haben.
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 11:13 von Suro »
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Offline Teylen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #82 am: 14.11.2017 | 11:14 »
Vielleicht liegt es daran, wie Suro ja auch schon bemerkt hat, das ich die MC-Moves gar nicht benutze oder maximal als Inspiration nutze.
Dann wiederum hat man als Spielleiter das Problem das man im Grunde nicht mitspielt.
Weil, wenn man die wegläßt, dann hat man weder etwas zu Würfel, noch Regeln.
Was HEXer auch so anspricht. Wenn man die (MC) Moves nicht als Handlungsimperativ betrachtet, als der sie in so manchen PbtA Spiel rüber kommen, bleibt da für Spieler nicht viel und für Spielleiter nichts.

Zitat
Ich find das übrigens gut das der Thread mit Remmidemmi betitelt is. Warum nicht kritisieren (und evtl. ein paar Kritikpunkte ausräumen)?
Ich finde es leicht ätzend das man keinen Kritikpunkt äußern kann ohne sich verbale Watschen zu fangen.
Das mag man aber anders sehen wenn man auf der kritikfreien Seite steht...
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Offline LushWoods

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #83 am: 14.11.2017 | 11:25 »
Dann wiederum hat man als Spielleiter das Problem das man im Grunde nicht mitspielt.
Weil, wenn man die wegläßt, dann hat man weder etwas zu Würfel, noch Regeln.
Was HEXer auch so anspricht. Wenn man die (MC) Moves nicht als Handlungsimperativ betrachtet, als der sie in so manchen PbtA Spiel rüber kommen, bleibt da für Spieler nicht viel und für Spielleiter nichts.
Ich finde es leicht ätzend das man keinen Kritikpunkt äußern kann ohne sich verbale Watschen zu fangen.
Das mag man aber anders sehen wenn man auf der kritikfreien Seite steht...


Hä?  wtf?

Der SL spielt dann nicht mit wenn man die MC Moves nicht as written benutzt??
Der MC würfelt dann nicht??
Dann bleibt nichts??
Wer wurde hier denn für Kritik abgewatscht???

Sorry, aber dein kompletter Post geht irgendwie an mir vorbei.

Offline Teylen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #84 am: 14.11.2017 | 11:47 »
Wenn der Spielleiter die MC-Moves nicht benutzt, weil ihr ja behauptet die wären komplett optional, bleibt dem Spielleiter nicht viel an eigentlichen PbtA-Spielinhalt.
Es gibt keine Stelle in einem normalen PbtA-Regelwerk an dem er würfelt und die Moves beschreiben die von PbtA vorgesehene Interaktion. Wenn man nun nicht Würfelt und eurer Argumentation folgt nachdem die Moves gänzlich optional sind, bleibt dem Spielleiter von PbtA so ziemlich genau nichts.

Natürlich in der Annahme das eure Aussage das die MC-Moves vollkommen optional sind.
Eine These die sich mit meinem Verständnis von Apocalypse World und den meisten PbtA Spielen die ich dahingehend gelesen habe nicht verträgt.

Hinsichtlich des abwatschen,... man kann die Minuten zählen zwischen der Äußerung einer Kritik und dem auftauchen des kleinen Fan-Mob der einen informiert das man unrecht hat und es nicht verstand. Womit imho der Thread von wegen "hier kann Kritik geäußert" werden, mehr wie ne Falle für zukünftige Prügelopfer wirkt.
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #85 am: 14.11.2017 | 12:15 »
Ersteinmal, danke an Teylen, die mich daran erinnert hat, hier etwas genauer zu sein: Es ist gut möglich, dass manche PbtA Systeme manche der bisher vorgebrachten Kritikpunkte besser erfüllen, als andere. Ich habe mich hier bisher explizit auf the Sprawl bezogen, weil das als einziges konkretes Beispiel genannt wurde. In dem von Teylen jetzt genannten Apocalypse World ist das zum Beispiel anders; da wird etwa nirgendwo explizit gemacht, dass MC Moves weniger harte Regeln sind als andere. Ich wäre nicht so hundertprozentig sicher, dass sich das nicht mit den Aussagen in the Sprawl verträgt, aber das kann man sicher so lesen, und kann auch so kritisiert werden :)

Zweitens habe ich ja schon gesagt, dass ich nicht ganz bei Lush Woods bin, was die "Optionalität" angeht. Ein Spiel schreiben und dann behaupten, die Regeln wären alle Optional, ist dieser alte "Goldene Regel"-Schachzug, der meiner Ansicht nach zu Recht kritisiert wird. Die Regeln im SL Kapitel (wieder hier bezogen auf das "The Sprawl" Beispiel) sind meiner Ansicht nach nicht optional, sondern weich. Das ist der Unterschied zwischen einer "Richtlinie" und einem starren Gesetz (das eine dient zur Inspiration und Orientierung, das andere ist strikt zu befolgen).
Prinzipiell sollte ein spaßiges Spiel rauskommen, wenn man RAW spielt; die "Sprawl" Interpretation finde ich nur attraktiver als AW an dieser Stelle, genau weil man sonst zu einer Interpretation kommen kann, die nach starrem Korsett ausieht.

Letztlich noch zu der These, wenn MC Moves optional wären, hätte der SL nichts mehr: Natürlich hat der Spielleiter dann noch einige andere Sachen zu tun. Die Fiktion vorantreiben, die Spielwelt und NSCs darstellen ist schonmal eine der wichtigsten (wenn nicht die wichtigste) Aufgabe(n), die ich als SL in RPGs grundsätzlich für mich sehe. Eine andere Frage ist es, ob man dann noch Regeln hat. Darauf lässt sich erwiedern, dass es natürlich auch ohne MC Moves noch Regeln gibt, die den SL betreffen; sehr viele Züge aus des Playbooks beispielsweise weisen ja den SL an, in bestimmter Weise zu reagieren. Außerdem gilt für mich was ich oben gesagt habe: Die Regeln für den MC sollten imho nicht alle weggelassen, sondern nur nicht so starr interpretiert werden.

Um wieder zur Subjektivität zurückzukehren: Ich hatte als SL für Dungeonworld noch nie das Gefühl, zu wenig zu tun zu haben oder unterfordert zu sein, fühlte mich aber auch nicht orientierungslos (dazu habe ich ja die SL-Systeme). Aber hier auch von meiner Seite dann etwas Kritik: Manchmal, gerade wenn  man von anderen Systemen kommt und wenn man die Prinzipien beachtet, ist es schon manchmal unklar, wie man reagieren sollte (Stichwörter, die denke ich bisher auch genannt wurden: unterschiedliche Schwierigkeiten für bestimmte Situationen; Handlungen der Spieler die spannender wären wenn sie ungewiss sind, aber zu denen kein richtig passender Move bereit steht; Spieler versucht irgendwelchen Kram der unpassend wirkt). Diese Situationen kann man öfters lösen, indem man sich an dem vorgegebenen System orientiert, oft ist das aber weder offensichtllich - hier kommt die nötige Spielpraxis ins Spiel, die die SL-Hilfen ja eigentlich ausmerzen soll - noch imho sonderlich elegant.

Edit: Ah, noch ein Disclaimer - ich besitze bei weitem nicht alle PbtA Spiele (AW, DW, Sprawl, Urban Shadows, Monster of the Week, The Veil, Uncharted Worlds, City of Mist und, wenn das eins ist, Blades in the Dark) und habe nur eines (DW) intensiv gespielt (mehrfach als Spieler und SL), daher kann es gut sein, dass mir die Kritikpunkte bei anderen Spielern auch stärker auffallen würden, und meine Repliken haben keinerlei Allgemeingültigkeitsanspruch. Bisher war mein Hauptanliegen wie gesagt, den Text von the Sprawl, der als Beispiel im Raum stand, nochmal in Erinnerung zu rufen.

Edit2: Bitte entschuldigt die vielen nachträglichen Änderungen am Beitrag, ich gelobe, in Zukunft die Vorschaufunktion intensiver zu nutzen.
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 12:26 von Suro »
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #86 am: 14.11.2017 | 12:45 »
Ich selbst habe bisher nur Apocalypse World und Blades in the Dark selber gespielt und kenne viele andere Titel oder Details der PbtA-Engine einfach nicht oder nur sehr oberflächlich, aber trotzdem vermisse hier etwas Trennschärfe, weil nicht alle PbtA-Systeme identisch in ihren Mechaniken, Ansprüchen und Auslegungen sind. Es wirkt zumindest auf mich so, als wenn hier eine verzerrte Version der angenommenen Gemeinsamkeiten kritisiert wird, die im Einzelfall nur noch teilweise auf das tatsächliche Spiel zutreffen. Und PbtA-Systemen anzukreiden, dass sie neue Vokabeln benutzen oder am Ende doch auch nur Rollenspiele und kein Allheilmittel sind, riecht schon sehr nach Beißreflex.

Gerade dass einige PbtA-Titel sagen "So wird das gespielt, so funktioniert das, mach das so und so und nicht anders, sonst spielst du das Spiel falsch" finde ich total klasse, weil es erfrischend direkt ist und einen nicht den bekannten und oft wenig hilfreichen "Kann man so machen, kann man aber auch ganz anders machen - entscheide du!" Tipps alleine lässt. Wenn man dann beginnt, vom System as-written abzuweichen, dann oft in einem deutlich ausgeprägteren Bewusstsein warum und wofür man abweicht, und ich glaube damit haben alle gewonnen weil mMn unreflektierte Hausregeln oder Rulings, deren Nachvollziehbarkeit durch ein kaugummiweiches Regelsystem erschwert wird, langfristig einfach ätzend sind.
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #87 am: 14.11.2017 | 13:39 »
Es ist meines Erachtens eine sehr valide Kritik an PbtA das es so ziemliche Allgemeinplätze nimmt, die jedem Spielleiter mit einer Empathie über "Stein" irgendwo gewahr sein sollten und als Technik beim Leiten in der Kiste liegen, und dann behauptet diese Allgemeinplätze seien Regeln,..
Und da kann man sich durchaus verarscht und bevormundet fühlen.
Ich werd mir Sagas nochmal anschauen, um zu prüfen ob hinter der Kritik das steckt, als das sie erscheint.

Zur Empathiefähigkeit von SL: Die wird im Spiel vom Großteil der SL - nach meinen Erfahrungen, die von beiden Seiten Schirms herrühren - regelmäßig und massiv überschätzt. Auch von ansonsten außergewöhnlich empathischen Menschen.
In dem Kontext wäre die Abwehr der pbtA-SL-Regeln nachvollziehbar. Wer wird schon gern - gerade in dem aufgeregten Ton von pbtA-Spielen-  auf die Unzulänglichkeiten von SL hingewiesen. (Kann sein, dass sowas dahinter steckt oder nur das, was formuliert wurde oder ne Mischung aus beidem oder ganz was anderes. Das wäre zu prüfen. Mal schauen, ob ich demnächst in Urban Shadows und Sagas of the Icelanders zu diesen Zwecken schauen will.)
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Offline LushWoods

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #88 am: 14.11.2017 | 13:43 »
Wenn der Spielleiter die MC-Moves nicht benutzt, weil ihr ja behauptet die wären komplett optional, bleibt dem Spielleiter nicht viel an eigentlichen PbtA-Spielinhalt.
Es gibt keine Stelle in einem normalen PbtA-Regelwerk an dem er würfelt und die Moves beschreiben die von PbtA vorgesehene Interaktion. Wenn man nun nicht Würfelt und eurer Argumentation folgt nachdem die Moves gänzlich optional sind, bleibt dem Spielleiter von PbtA so ziemlich genau nichts.

Natürlich in der Annahme das eure Aussage das die MC-Moves vollkommen optional sind.
Eine These die sich mit meinem Verständnis von Apocalypse World und den meisten PbtA Spielen die ich dahingehend gelesen habe nicht verträgt.

Hinsichtlich des abwatschen,... man kann die Minuten zählen zwischen der Äußerung einer Kritik und dem auftauchen des kleinen Fan-Mob der einen informiert das man unrecht hat und es nicht verstand. Womit imho der Thread von wegen "hier kann Kritik geäußert" werden, mehr wie ne Falle für zukünftige Prügelopfer wirkt.

Ah, jetzt verstehe ich. Glaub da lag jetzt ein Missverständnis vor.

Also, genauere Definition:
Für einen SL, der ein gewisses Maß an Erfahrung hat sind sie optionaler als für einen neuen SL.
Ich persönlich sehe sie höchstens als Richtwerte an.

Jetzt verstehe ich das mit dem "es bleibt nichts" auch.
Nein, kurz gesagt: Ersetze "Ich benutze die beschriebenen MC Moves" mit "Ich lass mir spontan eine Reaktion aka MC Move der Situation entsprechend einfallen". Verständlicher?
Daher auch die Behauptung von mir das sich alte SL-Hasen damit leichter tun auf die genau beschriebenen Moves zu verzichten.

Zum Abwatschen:
Was wäre jetzt die korrekte Vorgehensweise? Soll ich jetzt die Zeilen schwarz auf weiß in diversen pbtA Büchern ignorieren in denen steht das durchaus Boni/Mali vergeben werden können (es wurde hier behauptet das es das nicht gibt), damit sich keiner angegriffen fühlt?
Von einem Fan-Mob sehe ich hier rein gar nichts, nur Fakten und Erklärungsversuche.
Also sollte das deiner Meinung nach ein Thread sein in dem jeder ungestört kritisieren und meckern darf? Is auch ok, muss man dann halt nur im Titel oder Eingangspost klar machen oder einen neuen Thread nur für die Kritiker eröffnen. So eine Art Circle Jerk.

Ucalegon

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #89 am: 14.11.2017 | 14:14 »
Ich selbst habe bisher nur Apocalypse World und Blades in the Dark selber gespielt und kenne viele andere Titel oder Details der PbtA-Engine einfach nicht oder nur sehr oberflächlich, aber trotzdem vermisse hier etwas Trennschärfe, weil nicht alle PbtA-Systeme identisch in ihren Mechaniken, Ansprüchen und Auslegungen sind. Es wirkt zumindest auf mich so, als wenn hier eine verzerrte Version der angenommenen Gemeinsamkeiten kritisiert wird, die im Einzelfall nur noch teilweise auf das tatsächliche Spiel zutreffen.

Stimmt. Agenda und Principles sind dahingehend recht unproblematisch. Selbst in AW, das sie explizit zu Regeln erklärt, sind z.B. "Barf forth apocalyptica" oder "Be a fan of the players’ characters" immer noch schwammig genug, dass sie auch als best practices durchgehen können - Monsterhearts bezeichnet sie dann auch so. Einen wesentlichen Unterschied sehe ich da nicht. Übrigens auch nicht zu anderen Rollenspielen: Delta Green sagt zur SL "Trust the Players" und "Set the Mood", Remember Tomorrow (SL-los) sagt zu allen "Put your people in motion." Ist das jetzt weniger provokant?

Bei den SL-Moves macht es dagegen schon einen Unterschied, ob ich wie in Alas for the Awful Sea etwas von der Liste sagen darf oder ob ich wie in Bluebeard's Bride etwas von der Liste sagen muss. Wichtige Gemeinsamkeit - gibt es ein PbtA-System das das aufweicht? Ich glaube nicht: Ein SL-Move ist eine Reaktion. Oft auf ein Würfelergebnis.

Offline 1of3

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #90 am: 14.11.2017 | 14:36 »
Ein Spiel schreiben und dann behaupten, die Regeln wären alle Optional, ist dieser alte "Goldene Regel"-Schachzug, der meiner Ansicht nach zu Recht kritisiert wird. Die Regeln im SL Kapitel (wieder hier bezogen auf das "The Sprawl" Beispiel) sind meiner Ansicht nach nicht optional, sondern weich. Das ist der Unterschied zwischen einer "Richtlinie" und einem starren Gesetz (das eine dient zur Inspiration und Orientierung, das andere ist strikt zu befolgen).

Das fasst es ganz gut zusammen.

Grundsätzlich sind alle Dinge in den Büchern nur Vorschläge. Es gibt keine Regeln, die optionaler sind als andere. Regeln sind, was die Runde macht bzw. machen will.

Die SL-Regeln unterscheiden sich von - ich sag mal - Mechaniken dahingehend, dass die SL ihr einziger Adressat ist. Die Interpretation und Anwendung ist also auch ihr allein anheim gestellt. Die SL soll ja noch nicht mal sagen, welchen Move sie gerade benutzt hat. Es kann also durchaus sein, dass sich einige an der Formulierung stören. Ich aber sage euch: So muss man Rollenspiele schreiben.

eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #91 am: 14.11.2017 | 14:37 »
Und ich sage dir: So'n Rollenspiel muss ich nicht lesen. Geschweige denn kaufen.

Daheon

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #92 am: 14.11.2017 | 14:50 »
Ich aber sage euch: So muss man Rollenspiele schreiben.

Amen!

Und ich sage dir: So'n Rollenspiel muss ich nicht lesen. Geschweige denn kaufen.

Und Amen! auch hierzu.

alexandro

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #93 am: 14.11.2017 | 15:16 »
Die SL soll ja noch nicht mal sagen, welchen Move sie gerade benutzt hat.

In dieser Hinsicht ist das Spiel aber auch ziemlich inkonsequent.

Ucalegon

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #94 am: 14.11.2017 | 15:17 »
Die SL-Regeln unterscheiden sich von - ich sag mal - Mechaniken dahingehend, dass die SL ihr einziger Adressat ist. Die Interpretation und Anwendung ist also auch ihr allein anheim gestellt. Die SL soll ja noch nicht mal sagen, welchen Move sie gerade benutzt hat.

Und solche Listen, an deren Elementen sich die SL bedient, die sie interpretiert und anwendet ohne den Prozess selbst dabei groß zu kommentieren, sind ja nun nicht schockierend neu.

Offline 1of3

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #95 am: 14.11.2017 | 15:25 »
In dieser Hinsicht ist das Spiel aber auch ziemlich inkonsequent.

Ist das so? Woran zeigt sich das?
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 16:32 von Selganor »

Offline YY

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #96 am: 14.11.2017 | 19:41 »
Soll heißen: Ja, manche Elemente wie Agenda und Countdown clocks gehören wirklich fest dazu, und Regeln sind das schon auch. Aber ich lese das nicht als "Besserspieler-SL-Machtbeschränkung", sondern als Hilfe, and der man sich entlanghangeln soll, wenn man nicht weiter weiß, und so habe ich es immer präsentiert empfunden.

Für mich kommt da gerade beim Lesen halt immer eine gewisse Diskrepanz auf.
Einerseits wird an vielen Stellen explizit in eigens erfundenen Regelbegriffen gesprochen und auf der anderen Seite sind das dann nur ungefähre Richtlinien.

Wenn ich diese Regeln als Richtlinien betrachte, bleibt so gut wie nichts mehr an System übrig und wenn ich sie andersrum als feste Regeln sehe, fehlt einiges.

Ich führe meine Schwierigkeiten da u.A. darauf zurück, dass Torchbearer in vielerlei Hinsicht einen ähnlichen Ton anschlägt - und dort ist das alles ganz klar nicht als Richtlinie gemeint, sondern als unverrückbare Regel.
Torchbearer ist jetzt zwar auch nicht so wirklich mein Spiel, aber die reine "Ingenieursleistung" beim Regelwerk finde ich schon bemerkenswert und kann sie anerkennen.
So macht man starke Verregelung und Machtbeschränkung mit Plan und Ziel auf beiden Seiten des SL-Schirms.
Bei pbtA frage ich mich dagegen, warum man sich so viel Mühe mit eigenen Regelbegriffen und -konstrukten gibt, wenn die am Ende doch keine rechte Substanz haben.


Mir wäre also sowohl eine deutlich weiter gehende Mechanisierung recht als auch ein größerer Schritt Richtung freies Spiel, aber man landet da irgendwie genau dazwischen und damit kann ich so gar nichts anfangen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

alexandro

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #97 am: 14.11.2017 | 19:48 »
Ist das so? Woran zeigt sich das?

Daran, dass es als Feature des Spiels verkauft wird.

Wenn der SL es tatsächlich nur "einfach so" macht, dann merken die Spieler tatsächlich keinen Unterschied zu anderen Rollenspielen -das Maximum, was man rausholen kann ist also ein apologetisches "Naja, es ist schonmal nicht schlechter, als...". Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass Spieler (gerade in Kennenlernrunden neuer Systeme) gerne mal nachfragen, welche Regel der SL gerade angewendet hat (man will ja schließlich verstehen, wie das alles funktioniert, damit man Entscheidungen besser abwägen kann) - da ist dieses "Nein, das Mysterium muss erhalten bleiben!" ziemlich unbefriedigend und wirkt auch ziemlich affig und gekünstelt.
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 20:01 von alexandro »

Offline 1of3

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #98 am: 14.11.2017 | 19:59 »
Bei pbtA frage ich mich dagegen, warum man sich so viel Mühe mit eigenen Regelbegriffen und -konstrukten gibt, wenn die am Ende doch keine rechte Substanz haben.

Weil sie so Dinge werden. Ich kann schlecht fragen: "Welche Richtlinien hast du denn in deinem Spiel?" Ich kann aber z.B. schon lange fragen: "Welche Kampfregeln hast du in deinem Spiel?" Mit diesen komischen Begriffen kann man jetzt fragen: "Welche Prinzipien hast du in deinem Spiel?"

Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass Spieler (gerade in Kennenlernrunden neuer Systeme) gerne mal nachfragen, welche Regel der SL gerade angewendet hat (man will ja schließlich verstehen, wie das alles funktioniert, damit man Entscheidungen besser abwägen kann) - da ist dieses "Nein, das Mysterium muss erhalten bleiben!" ziemlich unbefriedigend und wirkt auch ziemlich affig und gekünstelt.

Dann hast du die Regel falsch verstanden. Du sollst nicht damit hausieren gehen; nicht sagen: "Ok, ich benutze jetzt Put them on a spot." Tu es! Wenn jemand nachfragt, dann darfst du selbstverständlich sagen: "Ja, also ich wollte Put them on a spot."

eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #99 am: 14.11.2017 | 20:15 »
Mir wäre also sowohl eine deutlich weiter gehende Mechanisierung recht als auch ein größerer Schritt Richtung freies Spiel, aber man landet da irgendwie genau dazwischen und damit kann ich so gar nichts anfangen.

Dafür gibt es einen Begriff. Das nennt man Geschwurbel. Und weil es eben ein solches Geschwurbel ist, können sich die Befürworter eben immer mit irgendeiner Interpretation bei Kritik rausreden, haben auf der anderen Seite aber - wie man ja hier deutlich sieht - das Problem, dass sie sich untereinander (und manche sogar mit sich selbst) nicht einig über das Geschwurbel sind.

Dann hast du die Regel falsch verstanden. Du sollst nicht damit hausieren gehen; nicht sagen: "Ok, ich benutze jetzt Put them on a spot." Tu es! Wenn jemand nachfragt, dann darfst du selbstverständlich sagen: "Ja, also ich wollte Put them on a spot."

"Ja ich wollte Put them on a spot." Super. Damit hast du dann sowohl bei Einführungsrunden und auch bei kritischen Mitspielern das Rechtfertigungsproblem und die ewige Diskussion. Genau das wo wir uns ja wohl alle einig sein dürften, dass es am Spieltisch negativ ist. Du hast weder als SL genug Freiheit um zu sagen 'das entscheide ich jetzt halt so' noch hast du genug Regeln um Handlungen eindeutig begründen zu können. Und wenn du dann mal in der glücklichen Position bist, dich rechtfertigen zu können, dann kommt das Totschlagargument "aber du solltest doch Fan der Spielercharaktere sein!" Das ist doch alles weder Fleisch noch Fisch, und es ist ganz sicher kein Feature, sondern ein Bug.

Die sagen mir in dem Regelwerk nix neues, blenden mit nicht scharf definierten Begriffen und Anweisungen, sind sich nicht einig, ob das jetzt so angewendet werden muss oder nicht und verkaufen mir das als The Next Big Thing™! Yaaayyy!

Der Trend der letzten Jahren, halbfertige, halbgare Settings und Regelwerke unter der Prämisse eines freieren Spieles und der Kreativität rauszuhauen, sich dann wenn der Kram am Tisch nicht funzt oder Kritik kommt, damit rauszureden, dass man das Geschwurbel ja auch gar nicht richtig verstanden habe, geht mir aber sowas von auf den Zünder.


« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 20:21 von HEXer »