Da das Thema ja anscheinend derzeit zur Diskussion freigegeben ist:
Dunkelhäutiger (Halb-)Elben: Mein Kopfkanon macht mir da zumindest keine Probleme. Erstens bin ich mir wirklich nicht sicher, ob die Elben wirklich von Tolkien als grundsätzlich hellhäutig beschrieben werden (mag schon sein, aber meine Silmarillion-Lektüre liegt etwas zu weit zurück). Insbesondere bei Halbelben macht mir das noch weniger einen Kopf, schließlich spielt die Serie zur Hochzeit Numenors, das eine Seefahrer-Weltmacht gewesen sein soll und ganz sicher auch in regem Austuasch mit ferneren Regionen stand; und da wir wissen, dass nicht allzuweit im Süden Mittelerdes auch zahlreiche vorwiegend dunkelhäutige Völker leben, wäre es geradezu seltsam, wenn die sich nicht auch in einem gewissen Grad mit den Numenoern gemischt hätten (es sei denn, die Numenoer hätten eine straff eugenische "Reinheitspolitik" gefahren, was aber noch viel ahistorischer in Bezug auf die Vergleichspunkte der wirklichen Welt wäre und auch wohl kaum den Intentionen des erklärten Antifaschisten Tolkien entsprochen hätte).
In meinem Kopfkanon kommt hinzu, dass ich Numenor wegen des Atlantis-Bezugs immer mit einer Mittelmeer-Ästhetik verbunden habe, was natürlich Nordafrika einschließ. Keine Ahnung z.B., wie Tolkien auf den Namen Ar-Pharazon gekommen ist, aber mit englischer Bleiche bringe ich den im Kopf irgendwie nicht zusammen ...
Von daher: Dunkelhäutige (Halb-)elben verwirren mich kein bisschen.
Dunkelhäutige Zwerge: Ich kann mich nicht erinnern, ob Tolkien mal die typische Hautfarbe von Zwergen erörtert hat, aber sie sind explizit aus dem Fels erschaffen; da macht mir die Vorstellung, dass sie ganz wie der Fels verschiedene Farbtöne haben, nun auch kein bisschen zu schaffen. Ich bezweifle zudem stark, dass aus dem Fels erschaffene Geschöpfe "Gene" oder etwas Vergleichbares haben.
Dunkelhäutige Hobbits: Okay, nehmen wir die Assoziation Hobbits=Englische Kleinbürger=hellhäutig mal so hin. Trotzdem liefert schon Tolkien einen ganz leichten Ausweg, man muss nicht weiter denken als zu Smeagol und Deagol, die zu einem den Hobbits ähnlichem Volk gehörten. Die "Hobbits" in der Serie sind übrigens wohl auch offiziell keine Hobbits, sondern "Harefoots". Wahrscheinlich liegt da einfach die (durch Tolkiens Werk gestützte) Idee zugrunde, dass es eben zahlreiche kulturell völlig unterschiedliche Halblingsvölker auf Mittelerde gab und gibt, die einfach alle ziemlich unauffällig bleiben. Dass da dann auch dunkelhäutige Halblinge dabei sind, macht mir ebenfalls alles andere als schlaflose Nächte.
Dass übrigens auch Tolkien ganz allgemein die Geschichten Nicht-Weißer für erzählenswert erachtete (auch, wenn er sie nicht explizit selbst erzählt hat), macht er ja an der Stelle im HdR deutlich, an dem Sam über das Leben und die Träume eines toten Haradrim nachdenkt - finde leider das Zitat im Moment nicht. Von daher ist mir nicht klar, warum er Probleme mit dem halbwegs plausiblen auftauchen dunkelhäutiger Figuren haben sollte, auch wenn sein Ausgangspunkt für die Erschaffung von Mittelerde die Erschaffung einer "englischen" Mythologie war.
Irgendwie erinnert mich die ganz Diksussion auch in ironischer Weise an die Diskussion um die Erdsee-Verfilmung des Scifi-Channels vor einigen Jahren. LeGuin hat ja die meisten Hauptfiguren von Erdsee bewusst dunkelhäutig erschaffen (die Hellhäutigen gehörten halt größtenteils zu bedrohlichen Piratenvölkern), und in der Verfilmung wurden dann fast alle plötzlich weiß - mit der Begründung, man hätte ganz Colorblind nur "die Besten für die Rollen" ausgewählt. Den berechtigten Shitstorm fanden damals viele ja völlig übertrieben und haben lieber selbst verkündet, dass sie ja so absolut colorblind wären, dass es ihnen in jedem Fall egal sei, welche Hautfarbe die/der Schauspieler*in habe.
Keine Ahnung, ob es irgendjemand in diesem Thread betrifft, aber wer damals so ein wunderbar "unrassistischer", colorblinder besserer Mensch war, sollte es vielleicht auch heute sein und die Hautfarbe der Schauspieler*innen in Rings of Power einfach nciht wahrnehmen.