Autor Thema: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte - Sa., 17.09.1927  (Gelesen 33520 mal)

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #100 am: 27.07.2018 | 18:46 »
IN DER STERNWARTE

Der Schupo mischt sich ein und lässt seinen Knüppel tanzen.
"Aufstehen, Du Lump. LOS! HOCH MIT DIR!"

Krassimir schreit auf. "Ahhh! AHHH! Net! Net! Net! AHHHHH!"

Nach einigen Schlägen seht Ihr, wie der Beamte mitten im Satz stockt. "Du gehst ins Loch, Bur..."

Das Gesicht des Mannes erbleicht. Seine Augen werden grösser, als seine Lippen sich bräunlich zu verfärben beginnen und seine Zunge zu einem ledrigen Klumpen Fleisch wird.

Er lässt seinen Schlagstock fallen, der geräuschvoll auf dem Boden klappert, und greift sich dann hektisch mit beiden Händen an seine Kehle, als würde er ersticken.

Währenddessen schiebt Krassimir seinen Körper mit beiden Beinen nach hinten, bis er mit seinem Rücken an die Wand stösst.
« Letzte Änderung: 27.07.2018 | 18:48 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #101 am: 27.07.2018 | 19:08 »
Anton
IN DER STERNWARTE

Der Student schaut Dich ungläubig an. "WAAAS? Was passiert mit mir?"

Der junge Mann schaut Dir direkt in die Augen. Sein Gesicht ist nur eine Handbreit von Deinem entfernt. "NEEEIIIIIN!"

Der blonde Bursche versucht sich hektich von Dir zu befreien. Doch es ist ihm unmöglich, sich loszureissen.

Dann scheint er
voller Panik den Verstand zu verlieren. "LASSEN SIE MICH LOS!"

"HÖÖÖÖÖREN SIIIIIEEE AUUUUUF DAMIIIIIT. HIII...L...FEEE!"
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #102 am: 29.07.2018 | 15:48 »
Ludwig
IN DER STERNWARTE


Der Tumult vor mir geht nicht spurlos an mir vorüber. Die Schreie dröhnen mir in den Ohren, bis ich das Gefühl habe, mein Schädel müsse gleich zerplatzen.

Das halte ich nicht mehr aus, hört auf! Hört auf!

Noch immer neben mir stehend, ohne recht zu wissen, was ich tue, stehe ich auf. Wie durch einen Schleier nehme ich die Quelle des zermürbenden Lärms wahr. Ich laufe wortlos auf das ringende Duo zu, erst mit unsicheren Schritten, dann zielstrebiger. Den letzten Meter überwinde ich mit einem Satz und reiße mit meinem ganzen Gewicht den Studenten von Anton herunter. Ich begrabe ihn halb unter mir, presse ihm meine verstümmelte Linke auf den Mund und schlage mit der Rechten zu, zwei, drei kräftige Schläge voll gegen seine Schläfe.

Sei still, sei still, sei endlich still!
Dr. Ludwig Gotthold Degebach
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #103 am: 30.07.2018 | 20:53 »
Ludwig
IN DER STERNWARTE


Du ziehst mit höchster Kraft an dem Blondschopf, dessen Hände sich von Antons Arm partout nicht lösen lassen wollen. Mit dem Studenten ziehst Du auch Antons Arm zur Seite.

Der Verstand des jungen Mannes hat sich offensichtlich verabschiedet. Er schreit nur noch, völlig von Sinnen.

"AAAAAGHHHHHI! AAAAAGHHHHHI! AAAAAGHHHHHI!"

Du fällst auf den jungen Mann drauf und reisst gleichzeitig Anton mit zu Boden.

Auf den kühlen Steinen schlägst Du wie besessen auf den armen Mann ein, bist seine hysterischen Schreie endlich verstummt sind und er blutend am Boden liegt.
« Letzte Änderung: 31.07.2018 | 16:20 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #104 am: 31.07.2018 | 16:06 »
Anton
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Die Hände des Studenten krallen sich in Deinen Arm, wie schlanke, aber kräftige, kleine Würgeschlangen. Wie Schmarotzer-Pflanzen, die ihre Wurzeln in die Rinde der parasitierten Wirte graben.


Die Finger des Blondschopfs sind elastisch und sehr stabil. Es gibt anscheinend kein Entkommen aus diesem Griff.

Das Gesicht des jungen Mannes ist schweissgebadet, rot von der Anstrengung und
mittlerweile vor Entsetzen und Schrecken furchtbar entstellt.
Seine Augen sind so verdreht, dass nur noch das Weisse darin sichtbar ist.
Und während er sich windet wie ein Epileptiker, tropft ihm schaumiger Sabber aus seinen Mundwinkeln herab.

Du siehst es nicht, aber Dein Arm wird an den Stellen, wo die Hände des Mannes zupacken, mit Sicherheit Blutergüsse davontragen. Du spürst es.

Sein Geschrei "AAAAAGHHHHHI!" ist dermassen enervierend, nervenzerreissend, schrill und laut, dass Du froh bist, dass Ludwig ihn, mit einigen Schlägen ins Gesicht und auf die Schläfe, zum Schweigen bringt.

Trotz der wenigen Zeit, die vergangen ist, seit die Hände nach Deinem Arm gegriffen haben, spürst Du bereits jetzt ein Kribbeln in Deiner Hand. Die Blutzufuhr ist abgeschnitten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Deine Hand taub sein wird.
« Letzte Änderung: 31.07.2018 | 23:01 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #105 am: 1.08.2018 | 12:40 »
IN DER STERNWARTE

Das Innere der Sternwarte hat sich mittlerweile geleert. Von draussen dringen verwirrte und laute Stimmen zu Euch herein.


Das Gesicht des Schupos hat sich derweil bläulich verfärbt. Klägliches, trockenes Luftschnappen ist zu vernehmen. Versuche einzuatmen, ohne Aussicht auf Sauerstoff. Der Beamte geht in die Knie.

Seine Hände verkrampfen sich um seinen Hals, so dass dort Kratzspuren zurück bleiben.

Dann fällt in der Nähe von Euch eine Tür kräftig ins Schloss.
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #106 am: 1.08.2018 | 16:18 »
Anton
IN DER STERNWARTE


Verzweifelt merke ich, wie das Leben aus meiner Hand zu weichen beginnt. "Was würde aus mir ohne meine rechte Hand? Meine Hände sind mein einziges Kapital … mein Garant für Lohn und Brot! Vorbei mit der Kraftfahrerei!" Schon sehe ich mich als nutzlosen Krüppel um ein paar Groschen betteln oder als vermeintlich kriegsversehrter Kofferträger am Bahnhof einen kargen Lohn mitleidvoller feiner Damen zusammenkratzen, zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. "Nein, nie wieder arm!" Meine Furcht vor dem Ruin wandelt sich in verzweifelte Wut. "NEIN!", brülle ich zornig. Ich habe kein Werkzeug, keine Waffe, nichts das mir helfen könnte, außer meiner Stärke. Ich reiße und zerre, stemme und drehe: Meinen Arm kann ich nicht befreien ... aber ich kann den Körper des bewusstlosen Studenten ohne große Mühen hochheben! Mit der Linken greife ich mir den Gürtel des Hänflings. Ich will den Blondschopf wie einen Schild oder einen Rammbock vor mich halten und mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft und der Masse unserer beiden Körper auf Krassimir zustürmen, auf den Kopf des Russen zielen und dem Spuk ein für alle mal ein Ende bereiten. … Aber als ich mich mit dem Studenten am Schlafittchen aufgerichtet habe und nach Krassimir umsehe, ist der wahnsinnige Russe fort.

Verzweifelt stöhne ich auf. "Wenn die Kräfte dieses Dämons in Menschengestalt fortwirken, auch nachdem er verschwunden ist, bleibt mir nur noch, das unvermeidliche hinzunehmen."

Resigniert lasse ich den Blondschopf wieder zu Boden sinken. Meine Schultern hängen kraftlos herab. Dieser Verfall ist ein Feind, den ein Mensch nicht bekämpfen kann, ein Gegner, den man nicht greifen kann …

Neben dem bewusstlosen Studenten sinke ich auf den Boden zurück und beobachte das unvermeidliche Absterben meiner gefühllosen Hand.
« Letzte Änderung: 3.08.2018 | 09:30 von Joran »

Offline Katharina

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #107 am: 2.08.2018 | 23:30 »
IN DER STERNWARTE

Als das Gerangel vorbei und der Russe getürmt ist, wage ich mich endlich wieder in den Raum. "Dr. Degelbach, Herr Hempel - sind Sie verletzt? Können Sie gehen? Wir sollten verschwinden, bevor der Russe zurückkommt!" Hektisch blicke ich mich um und erst da fällt mein Blick auf die Körper des Polizisten und des Studenten. Ich stürze hin, knie mich neben die beiden und kontrolliere Puls und Atmung, was mit meinen zitternden Händen und dem rasenden Herzschlag gar nicht so einfach ist. Aber immerhin, die Aufgabe lenkt ab, und ich vermeide ich es bewusst, dass mein Blick auf die Hand des Studenten fällt.
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #108 am: 3.08.2018 | 07:35 »
Agathe
IN DER STERNWARTE

Der blonde Student ist am Leben, wenn auch bewusstlos. Er hat Verletzungen von stumpfer Gewalteinwirkung im Gesicht und seine beiden Arme sind bis oberhalb der Ellenbogen mumifiziet und verschrumpelt.

Der Schupo ist tot. Sein Mund und seine Zunge, vermutlich auch die oberen Teile seiner Luft- und Speiseröhre, sind ebenfalls vertrocknet, so dass er qualvoll erstickt ist.

Der zweite Russe, Kirill, ist ebenfalls tot. Sein gesamter Körper wurde mumifiziert. Er sieht aus wie eine Moorleiche.
« Letzte Änderung: 3.08.2018 | 09:49 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #109 am: 3.08.2018 | 11:33 »
IN DER STERNWARTE

Von ausserhalb sind Trillerpfeifen zu hören. Die Polizei scheint auf dem Weg zu sein.

Blumberg stürzt von draussen in den Gang hinein. Er ist ausser Atem.
"Alle... Besucher... sind... draussen."


Er schaut sich um.
"Wo ist... Krassimir... hin?"

"Er muss... unbedingt... festgesetzt werden. Er... darf nicht... nochmals entkommen."

Dann bleibt sein Blick an Anton hängen.
"Was... Wer ist das? ... Wie? Legen Sie den Mann... hin."

Er schaut sich hektisch um.
"Wir müssen dem jungen Mann helfen."
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #110 am: 3.08.2018 | 14:24 »
Anton
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"Helfen? Dem armen Schwachkopf ist nicht mehr zu helfen! … Wer hätte je von einem solchen … Befall … gehört oder wie man ihn heilen könnte?" Obwohl offensichtlich sein sollte, was ich meine, hebe ich müde meinen tauben Arm und mit ihm die mumifizierten Hände des Studenten. "Dafür gibt es keine Medizin. Vielleicht versuchen Sie es mal mit Exorzismus, das wäre erfolgversprechender. Ansonsten können sie ihm nur die Arme abschlagen, bevor sich DAS weiter ausbreitet."

"Andererseits … die Kiste … ich meine Lydias Päckchen aus Port Blair … vielleicht besteht da ein Zusammenhang? Man hat doch schon von abscheulichen Tropenkrankheiten gehört … oder von Giften eingeschleppter Spinnen oder Reptilien", greife ich nach jedem Strohhalm, der sich mir bietet. "Aber selbst wenn es sich um eine Tropenkrankheit handelte, könnte die vermutlich niemand heilen."

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #111 am: 3.08.2018 | 15:03 »
Anton
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Blumberg schaut auf das blutige Gesicht des Studenten.

"Hören Sie auf. Hören Sie sofort auf, so etwas zu sagen." Seine Stimme ist energisch, aber gedämpft.

Und wird schneidend, fast militärisch und gut vernehmbar.
"Sie haben kein Recht, SO über diesen jungen Mann zu reden."

Um dann wieder leise zu werden. Fast wie in einem inneren Monolog.
"Er wollte nur helfen... und das ist jetzt sein Lohn?"

Dann schaut er auf die Arme des Mannes. "So etwas hat niemand verdient."

Vorsichtig berührt er einen Arm des Blonden. "Faszinierend. Aber... Wie kann so etwas sein? Es fühlt sich ledrig, holzig an... wie eine Baumwurzel. Was kann so etwas bewirken?"

"Und wir müssen ihn von Ihnen los bekommen."

Er greift Deinen Unterarm mit einer Hand und den Daumen einer verschrumpelten Hand.


Nach einigen Versuchen bekommt er den Daumen gut zu greifen und schliesslich hörst Du ein trockenes Knacken und Dein Arm ist von einer der Mumien-Hände befreit.
« Letzte Änderung: 4.08.2018 | 01:31 von Der Läuterer »
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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #112 am: 5.08.2018 | 21:00 »
Anton
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Verblüfft über Blumbergs Erfolg und die ihm offenbar innewohnenden Kräfte reibe ich meinen rechten Arm, um den Blutfluss anzuregen. Dabei bleibe ich auf dem Boden sitzen und bedenke den Berufssohn neben mir mit einem abfälligen Blick. Sein Schicksal berührt mich nicht. Rührseligkeit gehörte nie zu meiner Lebenswirklichkeit. Solche Empfindungen anerzogen zu erhalten, setzt gewisse wirtschaftliche Sicherheiten voraus. In den Arbeitersiedlungen spielt das Leben nach anderen Regeln.

"Wollte, hätte, könnte … die Friedhöfe sind voll von Leuten, denen nur jemand helfen wollte!"

Aber ich weiß, wann ich besser den Mund halte.

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #113 am: 11.08.2018 | 13:57 »
Ludwig
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Endlich Stille. Eine warme, klebrige Flüssigkeit läuft an meiner Hand herunter und tropft neben dem reglosen Studenten auf den Boden. Ich kann den Blick nicht abwenden von den roten Tropfen, die den Steinboden sprenkeln. So vertraut und nun doch so fremd. Bisher nur ein unverzichtbarer Sauerstoffträger, eine physiologische Flüssigkeit. Nun aber Schuld, Ekel, Horror.

Noch immer wie betäubt wandert mein Blick über das Schlachtfeld. Der Schupo ist zu Boden gesunken, die Hände im Todeskampf um den Hals gekrallt. Kirill ist nur noch eine vertrocknete Moorleiche. Anton reißt den Studenten in die Höhe und lässt ihn wieder sinken; mein ausdruckloser Blick folgt seinen Bewegungen.

Trillerpfeifen wie aus weiter Ferne. Blumberg stürzt wieder herein. Er spricht mit gedämpfter Stimme, presst die Sätze gehetzt hervor, und langsam fokussiert mein Blick auf ihn, die Welt wird wieder schärfer, die Farben kehren zurück.

"....so etwas sein? Es fühlt sich ledrig, holzig an... wie eine Baumwurzel. Was kann so etwas bewirken?"

Ja, was? Eine Tropenkrankheit, wie wir vermutet hatten? Ein Parasit? Ein Gift? Aber nichts könnte Muskeln und Gewebe so schnell umwandeln und austrocknen, absolut nichts... das ist völlig unmöglich.

Ich zucke zusammen, als der Daumen des Studenten mit einem trockenen Knacken nachgibt. Unwillkürlich huscht mein Blick zu meinen eigenen verschrumpelten Fingern, die wie Fremdkörper von meiner Hand abstehen. Ich zwinge mich, meine Augen von dem Schreckensbild zu lösen.

Keine Zeit dafür, Lutz! Gleich ist die Polizei da... können wir uns rechtfertigen, können wir das hier erklären? Werden wir des Polizistenmordes angeklagt? Oder sollten wir fliehen...

"Krassimir!" entfährt es mir plötzlich. "Wo ist er hin?"

Dunkel erinnere ich mich an eine zuschlagende Tür. Wie lange ist das her? Minuten? Sekunden?

Ich eile zur Tür, durch die dieses Monster von einem Mann verschwunden sein muss, reiße sie auf... keine Spur von ihm.

Ratlos drehe ich mich zu meinen Leidensgenossen um. "Wir sollten..." beginne ich mit rauer, kratziger Stimme. "Wir sollten vielleicht von hier verschwinden. Wir können nichts von alldem plausibel erklären." Zweifelnd blicke ich zu Blumberg hinüber. "Was meinen Sie? Wird man uns glauben?"

Das Trillern der Polizeipfeifen wird lauter.
Dr. Ludwig Gotthold Degebach
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #114 am: 13.08.2018 | 11:33 »
Anton
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Die Polizei ist mir nicht fremd. Am besten geht man ihr aus dem Weg. Und wo es unvermeidlich ist: mal lässt sie mit sich reden, mal muss man zusehen, nicht erwischt zu werden. Bisher konnte ich meine Weste sauber halten ... Aber DAS HIER ist etwas ganz anderes ...

"Tun Sie sich keinen Zwang an", antworte ich Dr. Degebach resigniert und achselzuckend. "Aber ich sehe keinen Sinn darin, wegzulaufen. Das hat Krassimir bereits getan und lässt ihn schuldig genug wirken. ... Dazu die anderen 'Moorleichen' der letzten Tage ... Ganz gleich, ob man uns glaubt, was wir hier gesehen haben, uns wird man kaum verdächtigen, für DAS HIER verantwortlich zu sein. Dafür müsste die Polizei selbst erst einmal erklären können, wie wir das hier gemacht haben sollten."

"Und sehen Sie sich doch nur um", setzte ich einen Augenblick später nach und lasse meine kräftige Linke über Blumberg, den Polizisten und die Besucher aus dem Vorraum schweifen. "Was sollte es nutzen, jetzt wegzulaufen?"

"Wenn sich hier jemand Sorgen machen muss, dann wohl allenfalls ich", denke ich bitter. "Die Polizei wird sicher nicht einen Professor, seine Frau oder einen Doktor ... sämtlich unbescholtene Bürger von untadeligem Ruf ... beschuldigen, wenn sie mich als Alternative zur Auswahl haben!" Also setze ich meine Hoffnung auf den flüchtigen Krassimir. Der sollte für die Polizei ein plausibleres Ziel abgeben als ich. Dann fällt mir der Finger in meiner Tasche ein. "Wie soll die Polizei wissen, wann und wo der in meinen Besitz gekommen ist? Verflucht! Selbst dem Fräulein Bischof habe ich den Finger nicht gezeigt ... natürlich nicht ... sonst könnte sie jetzt bestätigen, wann und wie das Leichenteil in meine Tasche gekommen ist." Ich suche hektisch nach einem Ausweg. 'Die Wahrheit sagen' erscheint mir nicht sehr erfolgversprechend, weil Fräulein Bischof hier eher als Zeugin gegen mich fungieren würde. 'Den Finger Kirill unauffällig zustecken' erscheint mir angesichts der vielen Schaulustigen aussichtslos. Es bleibt mir wohl nur, darauf zu vertrauen, dass nicht alle Anwesenden durchsucht werden ... "Warum auch?", versuche ich mich zu beruhigen. "Nur die Ruhe bewahren ... keinen schuldigen Eindruck machen ..." Aber ich weiß nur zu gut, welchen Anschein mein grobschlächtiges Äußeres bei den Menschen erweckt.

Offline trondetreublatt

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #115 am: 14.08.2018 | 19:05 »
Ludwig
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"Sie haben sicherlich recht, Herr..." pflichte ich Anton bei und schweife etwas ab, mein Blick sinkt in mich gekehrt zu Boden. "...weiß gar nicht, was in mich gefahren ist. Ein Fluchtreflex. Die Nerven völlig überspannt...verständliche Reaktion, nur zu verständlich..." Meine Augen bleiben an meiner blutverschmierten Rechten hängen. War ich das wirklich? Habe ich diesen Kerl zusammengeschlagen?

Plötzlich fällt mir ein, dass der junge Mann meine ärztliche Hilfe gebrauchen könnte. Im Gegensatz zu Schupo und Kirill weilt er immerhin noch unter den Lebenden...hoffe ich zumindest.

Mit zwei schnellen Schritten bin ich bei dem jungen Mann und knie neben ihm nieder. Das Herz schlägt, der Brustkorb bewegt sich... dem Himmel sei Dank! Schnell begutachte ich den selbst angerichteten Schaden. Eine Rippenprellung, eine Kopfplatzwunde...nichts wirklich Ernstes. Womöglich hat er aber zumindest noch eine Gehirnerschütterung davongetragen, immerhin ist der Gute ja ohnmächtig geworden von meinen... Zuwendungen. Als ich ihn auf die Seite drehe, damit er nicht an seiner Zunge erstickt, bleiben die holzigen versteiften Arme an mir hängen und reißen an meiner Kleidung. Fast hätte ich es geschafft, das Wissen um diese schrecklichen mumienhaften Arme zu verdrängen und auch jetzt bringe ich es nicht über mich, den Blick darauf zu richten. Stattdessen säubere ich notdürftig die Wunde, wobei meine Hände noch blutiger werden, und schaue zu Blumberg hinüber: "Gibt es hier irgendwo einen Erste-Hilfe-Kasten?" Meine Frage klingt fast lächerlich ob der Zerstörung, die hier gewütet hat. Als ob ein paar Mullbinden so etwas rückgängig machen könnten.

Dennoch bekomme ich ein kurzes Nicken von Blumberg, der selbst ziemlich aufgelöst zu sein scheint. Er verschwindet kurz durch die offene Tür und kommt mit einem kleinen Verbandskasten zurück.

Als ich anfange, den Kopf des Studenten zu verbinden, stocke ich immer wieder in der Bewegung. Erst verstehe ich überhaupt nicht, warum diese tausendfache geübte Bewegung mir plötzlich so schwer fällt, doch dann, bei der nächsten Umrundung, bleiben wieder meine beiden verkümmerten, abstehenden Finger am Ohr des Studenten hängen und kratzen über seine Wange. Das Gefühl, das davon in meiner Hand ankommt, ist ein scheußliches Kratzen wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Der Anblick treibt mir erneut den kalten Schweiß auf die Stirn. Schnell beende ich meine Arbeit und stehe auf. Der Raum hat wieder angefangen sich zu drehen, doch ich will mir nichts anmerken lassen.
Reiß dich zusammen, Lutz! Du bist ein gestandener Mann! Du hast schon Schlimmeres gesehen!

"Lebt er überhaupt noch?" fragt Blumberg unvermittelt. Er steht neben mir, blickt auf den jungen Burschen mit dem Kopfverband hinunter. Das Heben und Senken des Brustkorbs ist in der Tat kaum noch zu sehen.

In diesem Moment ertönen noch einmal die schrillen Trillerpfeifen, schwere Schritte stürmen in den Raum. Die Polizei ist da.
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« Antwort #116 am: 15.08.2018 | 17:26 »
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Die Hand vor den offenen Mund geschlagen, beobachte ich mit schreckgeweiteten Augen die Szenerie. "Es...es gibt zahlreiche unbekannte Krankheiten.", stammle ich, bemüht, dem ganzen eine Erklärung zu geben. "Es wird sich bestimmt eine Erklärung finden lassen. Immerhin, er ist  am Leben, das ist es, was zählt." Dann wage ich mich ein paar Schritte in den Raum, um Doktor Degenbach bei der Behandlung zu assiszieren. Mein Blick bleibt dabei immer wieder an der Hand hängen, die zu berühren ich jedoch tunlichst vermeide.

Als die Trillerpfeifen zu hören sind, blicke ich auf. Kurz blitzt Angst in meinen Augen auf, dann erkläre ich jedoch mit fester Stimme: "Meine Herren, wir sind doch keine Verbrecher. Eine Flucht kommt gar nicht in Frage." Kurz schweift mein Blick über die Szenerie - mir ist nur zu bewusst, welchen Eindruck die Ordnungshüter bekommen müssen. "Kümmern Sie sich um den jungen Herren, ich werde versuchen, mit der Polizei zu reden. Mir wird man wohl kaum dieses Massaker zutrauen."

Auch wenn meine Beine sich seltsam taub anfühlen und meine Finger leicht zittern, strecke ich den Rücken durch, hebe das Kinn und gehe auf das Geräusch der Trillerpfeifen zu. Als ich die anrückenden Polizisten sehe, rufe ich ihnen schon von einiger Entfernung zu: "Endlich! Endlich, sind Sie da! Wir brauchen einen Krankenwagen! Und Sie müssen sofort ausschwärmen! Bitte! Der Mörder konnte flüchten! Dabei hatten die Männer ihn schon fast überwältigt!"
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« Antwort #117 am: 16.08.2018 | 20:57 »
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Drei Schupos kommen ins Gebäude, während draussen noch immer eine Trillerpfeife zu hören ist.

"PO-li-ZEI!"
                "Zurücktreten. Lassen Sie uns vorbei."

"Machen Sie PLATZ!"

"Oh gütiger Gott." Einer der Polizisten wendet sich ab.
Er fasst einen Kollegen bei der Schulter "Dort liegt Walter."

"Ja. Ich sehe ihn. Geh. Such ein Telefon. Ruf die Ambulanz. Und Verstärkung."

Als der Mann verschwunden ist, wendet sich der Schupo Euch zu. "Was ist hier los?"

"Los. Aufstehen. Gehen Sie von dem Mann weg." wendet sich der andere Polizist an Euch, während Ihr den Blonden versorgt.
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« Antwort #118 am: 17.08.2018 | 11:49 »
Anton
IN DER STERNWARTE


Gefolgsam komme ich der Anweisung der Polizei nach. Nur zu gerne trete auch ich vom Tatort zurück, indem ich mich unter die gaffenden Besucher mische. Ich schiebe mich bis an die Seite von Kassandra Bischof und lächele sie an. Dann beuge ich mich zu Fritzchen herab und widme meine Aufmerksamkeit dem Hund, der mein Streicheln mit wedelndem Schwanz erwidert. Auf diese Weise steche ich nicht mehr durch meine Größe aus der Menge heraus. Ich tuschele mit Kassandra und verhalte mich, als sei ich immer an ihrer Seite gewesen.

"Weder laufe ich davon, noch dränge ich mich auf. Mit ein wenig Glück beachtet mich die Polizei nicht weiter."

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #119 am: 17.08.2018 | 18:19 »
IN DER STERNWARTE

"Bleiben Sie bitte hier, bis wir Ihre Namen und Adressen aufgenommen haben. Wir brauchen auch noch ihre Zeugenaussagen zu den Vorkommnissen." Der Polizist ist freundlich, aber bestimmt.

"Wo ist der Chef der Sternwarte."

Dann lauter. "WEISS JEMAND WO SICH DER CHEF DER STERNWARTE AUFHÄLT?"

Blumberg geht zu dem Polizisten und beide unterhalten sich kurz.

Dann verschwindet der Polizist in einem Büro, das ihm Blumberg anscheinend zugewiesen hat und alle Besucher werden in der Folge ins Büro gebeten, um ihre Zeugenaussage zu Protokoll zu geben.
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- Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -

Offline Katharina

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #120 am: 20.08.2018 | 23:27 »
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Ich stolpere, als mich der Polizist zur Seite drängt um zum Tatort zu kommen. Einen Augenblick bin ich perplex, dann fasse ich ihm von hinten auf die Schulter, nur um einen Augenblick später meine Hand zurückzuziehen. "Bitte, so hören Sie doch! Der Mörder ist auf der Flucht! Es ist der Russe, der in der Zeitung war. Er kann noch nicht weit sein! Sie erkennen ihn sofort an seinem Auge - aber weichen Sie bloß seinem Blick aus!" Ich blicke den Polizisten an, verzweifelt, da Krassimir wohl mit jeder verlorenen Sekunde mehr Abstand gewinnt. Erst als der Schupo mir zusagt, zwei Männer auszuschicken, werde ich ein wenig ruhiger, wenngleich ich kaum Hoffnung hege, dass die beiden jungen Polizisten den Russen auffinden und festsetzen können.

Als ich zur Aussage in das Büro gebeten werde, ordne ich zuvor kurz meine Haare und streiche mein Gewand glatt. Mit durchgestrecktem Rücken betrete ich dann das Büro, nehme auf dem Sessel Platz und blicke den Polizisten an. "Agathe Lohenstein, 41 Jahre alt, wohnhaft am Kaiserdamm 118, Bezirk Wilmersdorf.", gebe ich mechanisch meine Daten zu Protokoll. "Ich wurde Zeugin dieses schrecklichen Ereignisses und ich bevor ich hierzu nähere Aussagen mache, möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass der Täter kurz vor Ihrem Eintreffen geflohen ist und daher noch nicht weit sein kann." Kurz halte ich inne, das ruhige, druckreife Sprechen strengt an, wenngleich die Konzentration auf meine Worte mir wenigstens hilft, die furchtbaren Bilder der letzten Stunde aus meinem Gedächtnis zu verbannen.

"Bitte, Frau Lohenstein!", erklärt mein Gegenüber mit ungeduldiger Stimme, "Lassen Sie uns unsere Arbeit machen und erzählen Sie uns einfach von Anfang an, was passiert ist."

"Mein Mann und ich haben Herrn Doktor Blumberg gestern auf der Beerdigung eines gemeinsamen Bekannten kennen gelernt", beginne ich schließlich meinen Bericht, "Wir haben uns eine Weile unterhalten und es stellte sich heraus, dass Herr Blumberg und ich eine gemeinsame Leidenschaft teilen: de Liebe zur Astronomie. Doktor Blumberg hat Hans - ich meine Herrn Professor Hans Hermann Lohenstein - und mich daraufhin eingeladen, diese Sternwarte, die sich in seinem Besitz befindet, zu besichtigten." Kurz halte ich inne, damit der Polizist alles notieren kann, dann fahre ich fort: "Wir kamen also heute morgen hierher und Doktor Blumberg bot uns eine sehr interessante Führung. Zum Abschluss führte er uns noch in sein Büro, also diesen Raum hier." Kurz lasse ich meinen Blick über die Umgebung schweifen und schlucke, als mir bewusst wird, dass hier alles seinen Ausgang nahm. "Plötzlich fiel die Türe zu und wir waren eingesperrt. Und da bemerkte ich erst diesen Russen, der mir uns im Raum stand. Es war dieser Wahnsinnige, der laut Zeitung aus einer Irrenanstalt geflohen war - groß, kräftig und er redete wirres Zeug. Er wollte uns nicht gehen lassen und ich hatte den Eindruck, dass wir alle sterben müssen. Doch dann, plötzlich, hat Herr Hempel, unser Fahrer, von Außen die Türe aufgebrochen. Ich konnte dadurch fliehen und versuchte Verstärkung zu holen. Es ist daher wohl meine Schuld, den jungen Studenten, der am Boden lag, und den Schupo in diese Sache hingezogen zu haben. Ich dachte, gemeinsam würde es uns schon gelingen, den Russen zu überwältigen. Doch als ich zurückkehrte, war bereits ein wildes Gerangel entbrannt, an dessen Ende der Russe fliehen konnte."

Ich halte kurz inne, blicke meinem Gegenüber direkt in die Augen: "Bitte, Herr Kommissar, Sie müssen diesen Russen fassen! Ich werde sonst niemehr ruhig schlafen können!"
« Letzte Änderung: 21.08.2018 | 19:54 von KAW »
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #121 am: 21.08.2018 | 11:42 »
IN DER STERNWARTE

Als Agathe Lohenstein das provisorische Büro verlässt, in dem die Polizei Quartier genommen hat, ruft der Polizist meinen Namen in den Flur. Einen Augenblick bin ich unentschlossen, doch dann stößt Kassandras Ellenbogen in meine Rippen. "Sie sind an der Reihe", raunt die junge Frau und ich meine eine Spur von Anerkennung in der Stimme wahrzunehmen. "Vermutlich ist es nur die Sensationslust, aber schaden tut es jedenfalls nicht."

"Sie entschuldigen mich, Fräulein Bischof." Ich streiche noch einmal über Fritzchens Kopf. Dann schreite ich durch die Gasse, die die schaulustigen Besucher für mich bilden, in Richtung Büro. Obwohl ich nichts Unrechtes getan habe ... diesmal ... ist mir ein wenig flau im Magen. Als sich die Eichentür hinter mir schließt, scheint mir dies kein gutes Omen.

"Nun, Herr ...," ich zögere verunsichert in Ermangelung eines Namens, "... Kommissar, was möchten Sie von mir wissen?" Automatisch nehme ich das schlichte Gemüt an, das die Menschen meist mit meinem Äußeren verbinden und nehme mir vor, viel zu erzählen, ohne viel zu sagen. Das war in der Vergangenheit schon öfters eine gute Strategie.

Der Polizist fragt nach meinem Namen und meiner Anschrift, was ich pflichtschuldig beantworte: "Anton Hempel, wenn's beliebt, geboren 19.02.1888 hier im schönen Berlin. Ich arbeite für die Eheleute Professor Lohenstein. Ich bin der Chauffeur! Ich wohne in der Villa der Lohensteins, Kaiserdamm 118. Hab' da 'ne Kammer unter'm Dach. ... Gestern gab's da 'nen Verkehrsunfall! Man, das war vielleicht 'n Rumms! ..." Der Polizist sieht von seinem Notizblock auf, räuspert sich und murmelt ein paar Worte. "Ja, Sie haben recht, das tut hier nichts zur Sache. Natürlich ..."

Ich schütze vor, aus dem Konzept gebracht worden zu sein, und komme ich ins Stocken. Als ich bemerke, wie ich nervös meine Mütze in den Händen drehe, hänge ich diese lieber über die Armlehne meines Stuhls und rutsche dabei unbequem auf der Sitzfläche. Der Beamte muss mir die Informationen aus der Nase ziehen.

"Ich weiß garnich' viel zu sagen. ... Wirklich nich'!"

"Ich hab' die Lohensteins heute Morgen zur Sternwarte gefahren. Der Professor hat gesagt, es werde eine Weile dauern. Also bin ich derweil innen Park. ... Hatte mir 'ne Stulle mitjenommen. ... Da habe ich 'nen Hund aus dem Schilf gezogen. Ich mag Hunde, wissen'Se? Der gehörte zum Fräulein Bischof!" Ich lächele kurz verschwörerisch. "Also er gehörte genaugenommen nicht ihr ... sie hat ihn nur für ihre Herrschaft ausgeführt ... im Park ... bei dem herrlichen Wetter ..."

Der Polizist hebt kritisch eine Augenbraue.

"Ja, richtig! ... Ich wollte dann sicher gehen, dass der Professor und die gnä' Frau nich' auf mich warten. Darum bin ich dann zurück zur Sternwarte. ... Das lag für's Fräulein Bischof sowieso auf'm Weg ... ein nettes Mädchen."

Ich lächle erneut. Der Polizist seufzt vernehmbar. Ich blicke schuldbewusst zu Boden.

"Naja, das Fräulein Bischof meinte, wir sollten doch ruhig mal reingehen in die Sternwarte. Sie war wohl schon öfters hier ... als Besucher. Also bin ich mit rein. Ich konnte genausogut drinnen auf die Lohensteins warten."

"Wir haben dann die Besuchergruppe gesehen und wollten uns anschließen. Die standen vor der verschlossenen Tür. ... Ja, die Tür vom Flur meine ich ... die ich aufgebrochen habe ... Aber ich musste das tun! Was hätte ich sonst tun sollen? ... Durch die Tür hab' ich wen russisch sprechen hören. Ich habe auch von diesem verrückten Russen in der Zeitung gelesen und der hat ja wohl mal hier gearbeitet ... und dann noch der tote Wachmann der Sternwarte im Park. ... Ich hab' also mal an der Tür gerüttelt. Die gnä' Frau hat durch die Tür um Hilfe gerufen. ... Und das hörte sich ... nun, sie wissen schon ... wirklich ernst an. ... Ich hatte ein ungutes Gefühl.  ... Na, da musste ich doch was unternehmen! Was hätten Sie denn da gemacht? ... Das mit der kaputten Tür tut mir wirklich leid! Vielleicht kann ich das richten? ... Erst habe ich noch gefragt, ob man irgendwie anders in den Raum dahinter kommt, aber niemand konnte mir helfen. ..."

"... Also ich durch die Tür und da standen se alle: Die gnä' Frau sucht Schutz hinterm Professor. Der Blumberg redet auf den Russen ein, versucht ihn zu beruhigen. Der Doktor ist auch da ... wie heißt der noch? Ich habe ihn auf der Beerdigung vom Professor von Eisenstein gesehen. ... Naja, se alle standen da rum und hatten Angst. ... Der kleine Kerl mit Brille ... der Tote ... stand direkt hinter der Tür. ... Ich denke, der muss die abgeschlossen haben, oder? ... Jedenfalls ist der hingefallen, als ich reinkam. ... Und er hat auf russisch mit dem Irren geredet. ... Dann ging alles ganz schnell: Der Doktor hat sich auf den Irren geworfen. Der Irre hat ... nun, wie soll ich's beschreiben ... der hat wild um sich geblickt!"

Kurz reiße ich die Augen weit auf und verzerre mein Gesicht, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Dann runzle ich nachdenklich die Stirn.

"... Da war so ein ... wahnsinniges Leuchten in seinen Augen, ... nachdem er seine Augenbinde ausgezogen hatte. ... Das war ... schon ... beängstigend. ..."

Ich schüttle langsam den Kopf, als könnte ich damit die Erinnerung verscheuchen.

"Die gnä' Frau is' rausgerannt. Das war das beste, was sie tun konnte! ... Hat den Kopf bewahrt und die Polizei gerufen, denke ich. ... Der Doktor schreit und hält seine Hand. Der Wahnsinnige faselt wieder irgendwas ... auf Russisch vermute ich. ... Also werfe ich mich auf den Irren. ... Sie können mir glauben, ich hatte ihn am Boden! Der konnte sich nicht mehr rühren. ... Alles schien damit in Ordnung ... bis dieser junge Blondschopf sich einmischte und mich wie von der Tarantel gestochen von dem irren Russen runterstößt!!!"

Ich reibe mir demonstrativ die Rippen.

"... Der Blonde konnte sich garnicht beruhigen! Wie ein Verrückter ging der auf mich los, der Dummkopf! ... Entschuldigung, wenn ich das so deutlich sage. Ich wees ja, über Tote soll man nich' schlecht reden und so ... Ich meine, ich will den Teufeln nich' an die Wand malen, aber um den Jungen steht es doch ziemlich schlimm, nicht wahr? ... Jedenfalls stimmt es nun mal: Der Kleene hat alles verdorben! ... Er hielt mich für den Verrückten und den Russen für den Professor. Können Se sich det vorstellen?!? ... Also: Ich ringe mit der Knalltüte ... hmm, dem Studiosus ..., da schreit eine Frau und die Arme des Blonden werden plötzlich so komisch ... so trocken ... genau, wie sie's in den Zeitungen beschrieben haben ... und sein Griff wird unglaublich stark ... viel stärker als man's dem Hänfling zutrauen würde! ... Und der irre Mörder nimmt natürlich Reißaus!"

"... Dabei hätte ich die Belohnung gut brauchen können! Kann ja nicht viel an die Seite legen als Fahrer, wissen Se?", setze ich nach einem kurzen Moment nach, als sei ich aus der Erinnerung erwacht. "Jetzt ist das Geld futsch, wegen dem Studierten." Ich blicke traurig auf die Hände in meinem Schoß.

"Mehr weiß ich auch nich' ... auf's Gewissen! ... Ich wollt' nur helfen ... der gnä' Dame ... und dem Professor natürlich. ... Weil, das ist doch meine Pflicht, nich'wahr?"

Um Zustimmung heischend blicke ich den Polizisten fragend an. "Los, lass mich gehen!" Dabei hoffe ich, dass der Kriminale mir den arglosen Dummkopf abgekauft hat und mir keine weitere Beachtung mehr schenkt.
« Letzte Änderung: 21.08.2018 | 19:55 von Joran »

Offline Der Läuterer

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #122 am: 26.08.2018 | 21:03 »
IN DER STERNWARTE

"Also, Herr..." Der Polizist kratzt sich mit dem Bleistift am Kopf und schaut auf seinen Block. "Hempel."
Dann steckt er sich den Stift hinters Ohr und beugt sich leicht vor. "Die Polizei dankt Ihnen für Ihre Mithilfe. Ich begleite Sie heraus."
Der Polizist bringt Dich zur Tür und holt den nächsten Zeugen ins Büro.

Es ist später Nachmittag, als Ihr alle die Sternwarte verlassen könnt.

Blumberg entschuldigt sich wiederholt für die Unannehmlichkeiten und wünscht Euch ein erholsames Wochenende. "Es tut mir leid. Hoffentlich kann ich diesen Tag wieder gutmachen."

"Kommen Sie gut nach Hause. Ich werde die Belohnung auf die Ergreifung von Krassimir erhöhen, damit dieser Spuk endlich endet."
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Joran

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #123 am: 27.08.2018 | 09:47 »
Anton
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Ich horche auf, als Blumberg erklärt, die Belohnung für die Ergreifung von Krassimir sei von ihm ausgesetzt worden. "Dann wurde Krassimir also nicht in der Sternwarte verborgen, sondern Blumberg ... und vielleicht auch Kirill ... haben sich mit ihm überworfen? War der Tod des Wachmanns das Ergebnis eines ersten Übergriffs Krassimirs auf die Sternwarte? ... Oder hat die ausgesetzte Belohnung lediglich eine Alibifunktion? ... Vielleicht gibt ein Besuch in der Königsallee 133a weitere Aufschlüsse?"

Mein Magen knurrt, als ich mich von Fräulein Bischof verabschiede. "Ich hoffe, sie bekommen keine Unannehmlichkeiten wegen der Verspätung! ... Vielleicht sehe ich Sie und Fritzchen ja einmal wieder ... im Park?"

Offline Der Läuterer

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Re: [SoA 2. Akt] In der Sternwarte
« Antwort #124 am: 27.08.2018 | 09:52 »
Anton
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Kassandra dreht sich leicht weg von Dir. "Vielleicht. Wer weiss. ... Auf Wiedersehen."
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