VOR DER STERNWARTE
"Herr Inspektor", rufe ich dem Mann zu, noch während ich auf ihn zulaufe. Mein Atem geht schwer, einzelne Haare haben sich gelöst und hängen ins Gesicht, wo sie an der von Schweiß feuchten Stirn hängen bleiben. "Herr Inspektor, sie müssen mir helfen!" Nun habe ich die beiden endlich erreicht und stütze mich schwer atmend auf meinen Oberschenkeln ab. "In der Sternwarte, dort drüben ist der Mörder. Dieser russische Irre, von dem die Zeitungen schreiben. Er ist bewaffnet und....". Ich stocke kurz und beschließe, das Auge nicht zu erwähnen. "Und er hat meinen Mann in seinem Gewahrsam", ergänze ich stattdessen. "Bitte, bitte kommen Sie mit mir." Flehend blicke ich den Schupo an und unterdrücke den Impuls, ihn einfach an der Uniform zu packen und mitzuzerren.
"Nun beruhigen Sie sich doch, gute Frau.", antwortet der Schupo mit sonorer Stimme. Dann streckt er sich in seiner etwas zu klein gewordenen Uniform durch und wendet sich der älteren Frau zu, die ich bis jetzt gar nicht recht beachtet habe. Sie zuckt zusammen, so als habe man sie beim Belauschen eines Gesprächs erwischt, das nicht für ihre Ohren gedacht war. Ich meine sogar zu erkennen, wie die dünne Haut auf ihrem runden Gesicht leicht rot wird. "Sie entschuldigen mich bitte, gnä' Frau", erklärt der Schupo ihr, während sein blonder Schnurbart sich sogar zu einem leichten Lächeln verzieht. "Aber wenn hier wirklich ein gesuchter Mörder herumlauft, dulded dies keinen Aufschub." Seine langsame Art zu sprechen steht in absurdem Widerspruch zu seinen Worten, wie ich mit zunehmender Unruhe bemerke. Doch ich sage nichts, immerhin bin ich auf seine Hilfe angewiesen. "Aber ich habe ja Ihre Adresse und werde spätestens heute Nachmittag bei Ihnen vorbeisehen, damit wir uns weiter darüber unterhalten, wer in Ihrem Garten Rosen gestohlen hat." Der Schupo hebt zur Verabschiedung seine Kappe. "Kommen Sie gut nach Hause!"
Dann, endlich, wendet er sich wieder mir zu. "Nun, Frau...." - "Lohenstein.", unterbreche ich ihn, "Agathe Lohenstein." Mit diesen Worten beginne ich zu der Sternwarte zu gehen, da ich es nicht aushalte, noch länger still zu stehen. "Also gut, Frau Lohenstein. Dann wollen wir einmal sehen, was uns in der Sternwarte erwartet."