Thema: Sie oder Du - Wie wollt ihr in einem Rollenspielbuch angesprochen werden?

[Eulenspiegel]

Geht mir auch so. Und ich werde zum gnadenlosen "Für Sie immer noch Sie" oder "Seit wann Duzen wir uns?", wenn jemand meint, er könne mich wegen meines lockeren Kleidungsstils von oben herab behandeln und spontan das "Du" als Machtposition gebrauchen. Dann werde ich zum arroganten Ar***, der mal kurz Bescheid stößt.

Da irren Sie sich. Das "Du" drückt keine Machtposition aus, sondern Freundschaft. Wenn Sie jemand duzt, dann möchte dieser jemand Ihnen Freundschaft anbieten. Leute, die ihre Machtposition ausspielen, verwenden eher das "Sie".

ACHTUNG: Der Umkehrschluss gilt natürlich nicht! Natürlich gibt es auch Leute, die das "sie" verwenden, ohne eine Machtposition auszunutzen. Aber ich kenne zumindest im deutschsprachigen Raum niemanden, der das "Du" für die Machtposition ausnutzt.

In Berufen kenne ich es auch so, dass zwei Ranggleiche Leute sich gegenseitig duzen, während zwei Leute mit unterschiedlichen Rang sich siezen. Das heißt, sowohl der Vorgesetzte als auch der Untergebene benutzt das "sie".

Hier ist dann die Frage: Sieht man den Rollenspielautoren eher als einen Ranggleichen an? Oder denkt man, dass zwischen Leser und Autor ein Rangunterschied existiert?

[Rhylthar]

Nein, wenn mich jemand Fremdes in der Bahn duzt, weil er mich als (zu) jung ansieht, um mit ihm auf Augenhöhe zu diskutieren, dann will er nicht mein Freund sein.

[Eulenspiegel]

OK, da haben wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Wenn mich jemand in der Bahn duzt, dann will er etwas Privates/Freundschaftliches von mir. Ob ich diese Freundschaft will, ist eine andere Sache. - Wenn mich jemand nur nach der Uhrzeit fragt, duze ich zurück. Wenn jemand intimer werden will, fange ich mit dem Siezen an, um klar zu machen, dass ich an einer Freundschaft nicht interessiert bin.

Leute, die geschäftlich etwas von mir wollen (in der Bahn eigentlich nur Fahrkarten-Kontrolleure), siezen mich.

[Bildpunkt]

ich will in RPG Büchern gar nicht angesprochen werden. "bei einem Angriff wuerfelt man..." Formulierungen sind prima u treten einem nicht zu nahe

[Bad Horse]

Irgendwer hat mal angemerkt, dass man üblicherweise Tiere, Kinder und Gott duzt. 

[D. M_Athair]

Nein, wenn mich jemand Fremdes in der Bahn duzt, weil er mich als (zu) jung ansieht, um mit ihm auf Augenhöhe zu diskutieren, dann will er nicht mein Freund sein.

Jup! Es gibt einen Grund, warum Kinder - z.B. in der Schule - erst mit "Du" und später mit "Sie" angesprochen werden.
Beide Worte "Du" und "Sie" sind mehrdeutig. In Bezug auf Macht: Das "Du" kennzeichnet den unreifen, zu belehrenden Gesprächspartner.
Das "Sie" wird im Machtkontext benutzt um z.B. ne formale Differenz zu festigen. Oder: Patronizing vs. hierarchy.


Das lockere, belehrende und die-distanz-vergessende "Du" ist für mich z.B. ein Grund, weshalb ich die deutsche Übersetzung von Savage Worlds nicht mag. Obwohl die Übersetzung im Ganzen sehr gelungen ist. Der Umangston des amerikanischen Originals ist - für meine Begriffe - nicht adäquat an deutschsprachige kulturelle Gepflogenheiten angepasst worden.

[KhornedBeef]

OK, da haben wir unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Wenn mich jemand in der Bahn duzt, dann will er etwas Privates/Freundschaftliches von mir. Ob ich diese Freundschaft will, ist eine andere Sache. - Wenn mich jemand nur nach der Uhrzeit fragt, duze ich zurück. Wenn jemand intimer werden will, fange ich mit dem Siezen an, um klar zu machen, dass ich an einer Freundschaft nicht interessiert bin.

Leute, die geschäftlich etwas von mir wollen (in der Bahn eigentlich nur Fahrkarten-Kontrolleure), siezen mich.

Du musst ein ausgesprochen utopisches Bahnklima haben. Geh mal nicht davon aus, dass das woanders auch so ist. Sie drückt respektvolle Distanz aus, korrekt. Das Weglassen bedeutet aber nicht unbedingt Kuschelbedarf (ist mir außer bei Frauen auch noch nie aufgefallen), sondern einfach nur den Wegfall von einem Teil davon. Meistens der Distanz. Wenn ich also jemand bitte seine Musik leiser zu machen und der antwortet "WAS willst du?" dann kann ich die garantieren, dass er mir keine Freundschaft anbietet.

Bei einem Buch ist die Lage anders. Es ist bereits privat, beide Seiten haben den "Dialog" bewusst initiiert.

[Marask]

Ich habe gerade erst ein Produkt aus 2017 vom 13Mann Verlag in den Händen gehalten (Solo-Abenteuer-Sammlung) in dem ich immer mit "Sie" angesprochen wurde. Es war mir nicht möglich, das Ding zu spielen...

[Der Nârr]

Falsche Anrede im Regelwerk?

Literally Unplayable

Wer macht das Mem-Bildchen dazu?

[D. M_Athair]

Es war mir nicht möglich, das Ding zu spielen...

Krass. Damit scheint sich die Anrede - wie Format und Schriftgröße - zu nem Ausschlußkriterium zu entwickeln.
Zu ner Produkteigenschaft, die über Kauf oder Nicht-Kauf entscheidet.

Kann man sich drüber lustig machen - ändert aber nichts an den Tatsachen.

[Der Nârr]

Hm. Ich hatte das als Ironie verstanden. Wenn jemand wirklich dieses Problem hat, möchte ich mich darüber nicht lustig machen und meinen Post so auch nicht verstanden wissen.

Besteht das Problem denn auch bei Fachbüchern oder sind die lesbar? Oder Wissen aus Fachbüchern dann nicht anwendbar, weil man gesiezt wurde?

Ich finde Stil auch wichtig. Ich finde z.B. den Stil des Firefly-Regelwerkes absolut fürchterlich. Aber soweit gehen, dass ich wegen des Stils das Buch für unspielbar halte, würde ich nicht. Wegen schlecht erklärter Regeln, schlechter Struktur, ja, das sind Probleme, aber der reine Stil, den finde ich nur fürchterlich, aber da kann ich mich dann durchquälen. Und nur eine Anrede ist ja eigentlich doch nur eine kleine Sache (wundert mich auch, wie hier teils die Emotionen sich darüber entfalten).

[Marask]

Also ich habe explizit von dem Solo-Abenteuer geredet. Dort fand ich Sätze wie: "Sie sehen einen großen Findling, auf dem ein kleiner Mann sitzt. Möchten Sie ihn ansprechen oder gehen Sie einfach weiter?"

Ich finde es einfach befremdlich im Zusammenhang eines Abenteuers, das in sich in meinem Kopf abspielt, gesiezt zu werden, nachdem ich fast 20 Jahre Pen&Paper spiele und immer nur mit einem "Du" konfrontiert wurde.

In einem Regelwerk würde es mir wohl gar nicht auffallen. Ich kann gerade aus dem Kopf nicht sagen, wie das in all den Regelwerken, die ich besitze, gelöst wurde.

[Der Nârr]

Ok, bei einem Solo ist das auch noch mal was anderes wegen der Immersion, die man ja in der Regel anstrebt. Siezen wird da sicher von vielen als gegenwirkend empfunden.

[Greifenklause]

Ich habe mit Sie und Du gleichermaßen wenig Probleme und empfinde Diskussionen darüber (subjektiv!) als unnötiges Bohei.
Deshalb konnte ich hier nicht abstimmen, da diese Option fehlte.

[Angua]

Ich bevorzuge deutlich das Sie, auch im sonstigen Umgang könnte es mir durchaus etwas häufiger vorkommen, nicht geduzt zu werden. In puncto Augenhöhe ist sich das gleich, sofern es jeweils auf Gegenseitigkeit ist. Sie kann auf unterschiedliche Weise verwendet werden und rüberkommen. Da kommt es halt noch ganz auf die umliegenden Faktoren an. Ich empfinde das Sie bei DSA (4.1) und Splittermond als sehr angenehm umgesetzt. Das Du bei Savage Worlds kommt bei mir irgendwie offensiv rüber, so als ob jemand, während er mit mir spricht, mit dem Finger auf mich zeigen würde. Gewöhnungsbedürftig. Sonstige Dus fand ich neutral-naja.

[Caranthir]

Wenn ich mir jetzt überlege, dass die meisten Rollenspiele aus dem englischen Sprachraum kommen und Spielleiter da garantiert nicht mit "Keep in mind, Sir..." angesprochen werden, dann habe ich auch im Deutschen kein Problem mit dem "Du". In den meisten Spielen wird man als Leser ohnehin nicht angesprochen.

Es kann aber ein Stilmittel sein. Was mich dann eher stört, ist, als "Spielleitung" angesprochen zu werden. Da rollen sich mir die Fußnägel hoch. Ich bin keine Spielleitung! Das klingt nach Rollenspielpolizei, Finanzamt, Institut für sonstwas, aber nicht nach einem netten Abend mit Kumpels.

Es ist nunmal im Deutschen so, dass die männliche Form für die Berufe überwiegt und die weibliche Form nur benutzt wird, wenn es sich explizit um Frauen handelt. Niemand will Frauen durch die Verwendnung des Wortes Spielleiter diskriminieren. Wenn es sein muss, schreibt man das in den Discrambler. Spielleiterinnen und Spielleiter, Spielleiter*innen, Spielleiter/innen: Das liest sich einfach schlecht. Dann lieber die konsequente Nutzung der weiblichen Form. Im Herr der Ringe Rollenspiel wurde zum Beispiel "Erzählerin" verwendet. Damit hätte ich auch kein Problem.

[Grimtooth's Little Sister]

Natürlich mit du. Siezen ist sowas von altmodisch und hat mich mein Leben lang gestört.

Allerdings hab ich überwiegend englisches Zeug so dass das eh nicht relevant ist.

In den meisten Fällen könnte man aber die direkte Anrede vermeiden.

[Grimtooth's Little Sister]

... mich würde mal interessieren, ob die "Du-Fraktion" sich auch beim Einkaufen gern duzen lässt?
Gibt es nen Unterschied zwischen online und offline? 


[Das ist übrigens ne ernstgemeinte Frage. Denn: Ich beobachte die Erosion des "Sie" insbesondere auch da.]

Im Rollenspielladen? Ja klar.

[Grimtooth's Little Sister]

Solang meine Ärzte nicht anfangen mich zu duzen...

Meine Ärzte duzen mich zum Teil auch 

[Angua]

Meine Ärzte duzen mich zum Teil auch 

Und duzt du auch deine Ärzte?

[Caranthir]

Ein Arzt, den ich zum ersten Mal gesehen hatte, hat mich mal sofort geduzt. Das fand ich mehr als unangebracht. Ich bin jetzt auch keine 18 mehr und sooo jung sehe ich auch nicht mehr aus.

[dunklerschatten]

Das Thema "Sie" ist wohl primär ein teutonisches ......und zum Glück auch nicht überall, bzw. wohl sehr regional gefärbt
Alles in allem finde ich den Umgang mit dem Thema im Rheinland ganz charmant und unverkrampft.


Oder polemisch, die 30er Jahre haben telegraphiert und wollen ihr "Sie" zurück haben 



Im RPG Buch bin ich auch für: Pluralis Majestatis

[Rorschachhamster]

"Sie" ist in diesem Zusammenhang nicht höflich - professionell vielleicht. Aber professionell - Spiel? Das schließt sich doch gegenseitig aus. 

[Angua]

Das Thema "Sie" ist wohl primär ein teutonisches

Warum das? Es gibt doch in vielen Sprachen verschiedene Varianten der Ansprache.

[Rorschachhamster]

Übrigens: Jedes Jungvolk, das mich, mit grauem Bart, siezt, hat in meinen Augen schon verloren. Das wird dann gehörig mit Verachtung gestraft und nicht für vollgenommen. Nur mal so, das es verschiedene Ansichten diesbezüglich gibt.